Irrsinnig Menschlich

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Irrsinnig Menschlich
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Rechtsform eingetragener Verein
Gründung 2000
Gründer Manuela Richter-Werling, Matthias Claus Angermeyer
Sitz Leipzig
Umsatz 1.178.473 Euro (2020)
Beschäftigte 8 (2020)
Freiwillige 400 (2019)
Mitglieder 105 (2020)
Website www.irrsinnig-menschlich.de

Irrsinnig Menschlich e.V.: Stärkt Ihre Psyche, Deine auch ist ein deutscher gemeinnütziger Verein und Träger der freien Jugendhilfe. Er wurde im Jahre 2000 gegründet und hat seinen Sitz in Leipzig. Der Verein führt Projekte durch, um die psychische Gesundheit von Schülern, Auszubildenden und Studenten zu verbessern und über psychische Erkrankungen aufzuklären. Gleichzeitig soll der Stigmatisierung von psychisch Kranken entgegengewirkt werden.[1] Die Projekte werden von ehrenamtlichen Mitarbeitern durchgeführt. Eine besondere Rolle kommt dabei Menschen zu, die selbst psychische Krisen erfahren haben oder Angehörige von psychisch erkrankten Menschen sind.[2]

Geschichte

„Irrsinnig Menschlich e.V.“ ist ein gemeinnütziger Verein und Träger der freien Jugendhilfe, gegründet im Jahr 2000 in Leipzig. Ausgangspunkt für die Vereinsgründung waren die Ergebnisse der beiden Bevölkerungsumfragen 1990 und 2000 zum Thema „Einstellungen zu psychischer Krankheit und psychisch kranken Menschen“ von Matthias Claus Angermeyer.[3] Angermeyer war bis 2006 Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik an der Universität Leipzig.[4] Sein Forschungsschwerpunkt waren die negativen Einstellungen und Vorurteile gegenüber Menschen mit psychischen Gesundheitsproblemen.[5][6]

Weltweit diskutieren Psychiater, Betroffenen- und Angehörigeninitiativen wie man Stigmata, Vorurteile und Diskriminierung gegenüber Menschen mit psychischen Gesundheitsproblemen verringern kann.[7][8] Vor diesem Hintergrund startete die World Psychiatric Association (WPA) 1999 die weltweite Bewegung „Open the doors“, um Stigmatisierung und Diskriminierung psychisch erkrankter Menschen abzubauen. Als Mitglied der WPA gründete Professor Angermeyer zusammen mit der Journalistin Manuela Richter-Werling den Verein „Irrsinnig Menschlich“.

Im Jahr 2001 führte der Verein in Leipzig und Umgebung ein Pilotprojekt mit dem Namen „Verrückt? Na und! Seelisch fit in der Schule“ durch.[9] Im Rahmen des Pilotprojektes wurden Workshops für Schulklassen zum Thema psychische Gesundheit angeboten. Dieses Projekt wurde nach dem Abschluss des Pilotphase schrittweise über verschiedene Regionalgruppen bundesweit verbreitet.

Von 2001 bis 2005 nahmen 5.000 Schüler aus sieben Bundesländern an diesem Projekt teil. Das Schulprojekt wurde bis zu diesem Zeitpunkt ausschließlich durch Spenden finanziert. 2006 begann die bundesweite Verbreitung, gefördert durch die Aktion Mensch. Seit 2009 wird das Projekt in der strategischen Kooperation mit der Barmer GEK und dem Kooperationsverbund gesundheitsziele.de verbreitet.[10] Das Projekt wird von über 400 Ehren- und Hauptamtlichen in mehr als 40 Landkreisen und Städten angeboten. 2012 konnten laut eigenen Angaben des Vereins über 10.000 Schüler erreicht werden.[1][2] Die Gründerin und Hauptverantwortliche für das Projekt, Manuela Richter-Werling, wurde 2009 in die internationale Ashoka-Organisation, zur Förderung von Sozialunternehmertum, aufgenommen.[11] Im Rahmen eines EU-Projektes 2005 konnte das Projekt zum ersten Mal international in Michalovce (Slowakei) und Prag (Tschechien) umgesetzt werden.[12]

Das Projekt wurde 2006 und 2008–2010 durch das bundesweite Filmfest „Ausnahme|Zustand“ in fast 80 Städten Deutschlands begleitet.[13] Seit 2010 wird das Projekt an fünf Schulen in Sachsen von den „Schulcoaches“ ergänzt, um das Thema psychische Gesundheit nachhaltig an den Schulen zu verankern.[14][15][16] „Irrsinnig Menschlich“ ist Mitglied des Movement for Global Mental Health (MGMH).[17] Einem Netzwerk zur Verbesserung der Lebensqualität psychisch kranker Menschen.

Netzwerk

Hauptsitz des Vereins ist Leipzig. Die Projekte werden über Regionalgruppen verbreitet, die zum bundesweiten Netzwerk von „Verrückt? Na und!“ gehören. „Irrsinnig Menschlich e.V.“ trainiert und unterstützt die Regionalgruppen für ihren Einsatz in Schule und Ausbildung, entwickelt das Projekt weiter, sorgt für interne und externe Evaluation und setzt Qualitätsstandards. Die Regionalgruppen führen die Projekte in den Schulen und anderen Bildungseinrichtungen ihrer Stadt oder ihres Landkreises durch. An allen Projekten von Irrsinnig Menschlich e.V. sind Menschen mit seelischen Gesundheitsproblemen beteiligt.[1]

Die Regionalgruppen sind in ganz Deutschland vertreten. Ihre Träger sind Verbände der freien Wohlfahrt, Einrichtungen der psychosozialen Versorgung, Selbsthilfegruppen von Betroffenen und Angehörigen, Kliniken, Gesundheits- und Jugendämter. Die Mitgliedschaft im Netzwerk ist von dem erfolgreichen Abschluss eines Trainingsworkshops abhängig.

Die Regionalgruppen führen das Projekt selbstständig durch und sind wirtschaftlich unabhängig und tauschen sich auf jährlichen bundesweiten Netzwerktreffen aus.[2] Seit 2012 gibt es auch in Schleswig-Holstein im Landkreis Dithmarschen einen regionalen Ableger von Irrsinnig Menschlich. Irrsinnig Menschlich e.V. arbeitet mit dem Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) der Universität Leipzig zusammen, welches die Evaluation der Projekte übernimmt.[18]

Projekte

Die Regionalgruppen von Irrsinnig Menschlich bieten in Schulen und Bildungseinrichtungen „Verrückt? Na und! Seelisch fit in der Schule“ an. Ein Team aus Moderatoren (Psychologen, Ärzte oder Sozialarbeiter) und „Experten in eigener Sache“, Menschen die selbst von einer psychischen Erkrankung betroffen sind, führt in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen klassenweise Workshops zum Thema psychische Gesundheit durch. „Verrückt? Na und!“ richtet sich an Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 13 und 25 Jahren sowie ihre Lehrkräfte.

Mit dem Projekt „Schulcoaches - Seelische Fitness und Selbsthilfe aktivieren“ entwickelt und erprobt Irrsinnig Menschlich e.V. ein Modell, wie emotionale Erziehung ausgehend vom Konzept der Resilienz in der Schule systematisch und nachhaltig verankert werden kann. Beteiligt sind 5 sächsische Mittelschulen und Gymnasien.[14][15][16]

Zusätzlich entwickelt Irrsinnig Menschlich Materialien und Medien und veranstaltet Fortbildungen für Schulen, Bildungseinrichtungen, Hochschulen, Unternehmen und Eltern zu Themen wie Resilienz, psychische Fitness, Mobbing, Verhaltensauffälligkeiten und psychischen Störungen.

Das Filmfest „Ausnahme|Zustand“ wurde 2006 und 2008–2010 in fast 80 Städten Deutschlands zur Stärkung der seelischen Fitness von Heranwachsenden durchgeführt. Im Mittelpunkt des Festivals standen Filme, die die Gedanken- und Gefühlswelt Heranwachsender thematisieren.[13] Schirmherrin war Inka Bause.[19]

Ab 2013 wird das Projektportfolio um „Psychisch fit durchs Studium“ erweitert.

Auszeichnungen

Der Verein Irrsinnig Menschlich und die Gründerin und Geschäftsführerin Manuela Richter-Werling wurden für ihre Arbeit mehrfach ausgezeichnet. 2009 wurde Richter-Werling als Fellow in das Ashoka-Netzwerk aufgenommen.[11] 2011 erhielt der Verein den 2. Preis "Gesundes Land Nordrhein-Westfalen".[20] Richter-Werling wurde im gleichen Jahr von der Robert-Bosch-Stiftung im Rahmen des Projekts "Die Verantwortlichen" für besonderes Engagement ausgezeichnet.[21] 2012 wurde die Wirksamkeit des Konzepts und der Arbeit des Vereins von der wirtschaftsnahen Non-Profit Beratung PHINEO bestätigt und mit dem "Wirkt!"-Siegel für "empfohlene Qualität im Themenfeld Depression" ausgezeichnet.[1] 2013 erhielt der Verein für sein Schulprojekt den Hessischen Gesundheitspreis in der Kategorie "gesund aufwachsen",[22] sowie den Förderpreis zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde.[23]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d PHINEO Projektporträt Irrsinnig Menschlich 2012 (PDF; 783 kB)
  2. a b c Irrsinnig Menschlich Wirkungsbericht 2012 (PDF; 1,0 MB)
  3. König, H.H., Bernert, S. und Angermeyer, M.C. (2005). Gesundheitszustand der deutschen Bevölkerung: Ergebnisse einer repräsentativen Befragung mit dem EuroQol-Instrument. Gesundheitswesen, 67, 173–182.
  4. Irrsinnig-menschlich.de, Geschichte
  5.  Angermeyer, M.C. und Matschinger, H. (1997). Social distance towards the mentally ill: results of representative surveys in the Federal Republic of Germany. Psychological Medicine, 27, 131-141.
  6. Angermeyer M.C. und Matschinger H. (2005). Causal beliefs and attitudes to people with schizophrenia. Trend analysis based on data from two population surveys in Germany. British Journal of Psychiatry, 186, 331-334.
  7. Byrne, P. (2000). Stigma of mental illness and ways of diminishing it. Advances in Psychiatric Treatment. 6, S. 65-72.
  8. D. L. Penn, S. M. Couture: Strategies for reducing stigma toward persons with mental illness. In: World psychiatry : official journal of the World Psychiatric Association (WPA). Band 1, Nummer 1, Februar 2002, S. 20–21, PMID 16946808, PMC 1489812 (freier Volltext).
  9. Conrad, I., Dietrich, S., Heider, D., Blume, A., Angermeyer, M. C. and Riedel-Heller, S. (2009). ""Crazy? So what!" A school programme to promote mental health and to reduce stigma - results of a pilot study." Health Education, 109(4), 314-328. (PDF; 1,2;MB; 1,2 MB)
  10. Modellprojekt gesundheitsziele.de „Verrückt? Na und!“
  11. a b Ashoka, Manuela Richter-Werling
  12. http://www.blaznis-no-a.cz/
  13. a b http://www.ausnahmezustand-filmfest.de/
  14. a b http://www.verrueckt-na-und.de/schulcoaches.html
  15. a b „Jeder hat Stärken - Schulcoach Modellprojekt läuft an fünf sächsischen Schulen“ (PDF; 544 kB), Leipziger Volkszeitung, 9. November 2011.
  16. a b „Lebensweltmeister gesucht - In einem sächsischen Modellprojekt helfen Schulcoaches Jugendlichen und Lehrern, große seelische Belastungen und Nöte zu bewältigen“ (PDF; 216 kB), Sächsische Zeitung, 25. November 2011.
  17. http://www.globalmentalhealth.org/irrsinnig-menschlich-ev
  18. Conrad, I., Heider, D., Schomerus, G., Angermeyer, M. C. und Riedel-Heller, S. (2010). Präventiv und stigmareduzierend? Evaluation des Schulprojekts «Verrückt? Na und!» Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie, 4, 257–264. (PDF; 1,2;MB)
  19. http://www.irrsinnig-menschlich.de/wer-wir-sind/organisation/prominente-fuersprecher.html, Abgerufen am 2. Dezember 2013
  20. http://www.mgepa.nrw.de/gesundheit/gesundheitspreis/index.php
  21. http://www.bosch-stiftung.de/content/language1/html/34350.asp
  22. http://www.fr-online.de/rhein-main/hessischer-gesundheitspreis-fuer-ein-gesundes-leben,1472796,25040318.html
  23. http://www.dgppn.de/ehrungen-preise/dgppn-preise.html