Istanbul – Erinnerung an eine Stadt

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Orhan Pamuk, der Autor des Romans

Istanbul – Erinnerung an eine Stadt (Originaltitel: İstanbul – Hatıralar ve Şehir) ist ein autobiografischer Roman des türkischen Schriftstellers Orhan Pamuk aus dem Jahre 2003. Im Oktober 2006 wurde er von der Schwedischen Akademie dafür, dass er „auf der Suche nach der melancholischen Seele seiner Heimatstadt Istanbul neue Sinnbilder für Streit und Verflechtung der Kulturen gefunden habe“, mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet.[1]

Hintergrund

Photochromdruck von Istanbul aus den 1890er Jahren

Istanbul ist die bevölkerungsreichste Stadt der Türkei und deren Zentrum für Kultur, Handel, Finanzen und Medien. Das Stadtgebiet erstreckt sich am Nordufer des Marmarameeres auf beiden Seiten des Bosporus, der Meerenge zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer. Durch diese Lage sowohl im europäischen Thrakien als auch im asiatischen Anatolien ist Istanbul die einzige Metropole der Welt, die sich auf zwei Kontinenten befindet. Das städtische Siedlungsgebiet beherbergt rund 14,3 Millionen Einwohner und nimmt damit den vierten Platz unter den bevölkerungsreichsten Städten der Welt ein. Mit zwei zentralen Kopfbahnhöfen, zahlreichen Fernbusbahnhöfen, zwei großen Flughäfen und einem ausgeprägten Schiffsverkehr bildet Istanbul den größten Verkehrsknotenpunkt des Landes. Seine Transitlage zwischen zwei Kontinenten und zwei Meeresgebieten macht es zu einer wichtigen Station der internationalen Logistik.

Die Metropole kann seit der Gründung ihrer ursprünglichen Stadtteile auf eine 2600-jährige Geschichte zurückblicken, in der sie drei großen Weltreichen als Hauptstadt diente. Die Architektur ist von antiken, mittelalterlichen, neuzeitlichen und zuletzt modernen Baustilen geprägt. Sie vereint Elemente der Griechen, Römer, Byzantiner, Osmanen und Türken miteinander zu einem Stadtbild. Aufgrund dieser Einzigartigkeit wurde die historische Altstadt von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Lange Zeit war Istanbul ein bedeutendes Zentrum des orthodoxen Christentums und des sunnitischen Islams. Es ist der Sitz des ökumenischen Patriarchen und hat zahlreiche Moscheen, Cemevi, Kirchen und Synagogen. Im Jahr 2010 war Istanbul Kulturhauptstadt Europas.

Inhalt

In seinen Erinnerungen schreibt er über sein Leben in Istanbul und thematisiert insbesondere die weitgehende kulturelle Veränderung, die die Türkei erschüttert hat, sowie den anscheinend unendlichen Kampf zwischen Moderne und Vergangenheit. Er beschreibt die tiefe Melancholie (türk. hüzün) seiner Bewohner, die aus der Alltagskultur Istanbuls nicht wegzudenken sei.[2] Orhan Pamuk versteht hüzün als „das Gefühl, mit dem sich im letzten Jahrhundert Istanbul und seine Bewohner auf intensivste Weise infiziert haben“.[3] Daneben trauert Pamuk in seinem Roman über die verloren gegangene gemeinsame Familientradition.[4] Das Buch ist mit zahlreichen Fotografien des „Istanbul der frühen 1950er Jahre bis heute“ ausgestattet, die zum großen Teil von Ara Güler stammen.[5]

Kritik

Der Historiker Norman Davies warf Pamuk vor, seine Sicht auf Istanbul sei "vollkommen turkozentrisch" und "durch eine bemerkenswerte historische Kurzsichtigkeit geprägt". Pamuk sei "ein Schriftsteller, der nur die jüngste Vergangenheit in den Blick nimmt und alles andere ausblendet." "Die Vergangenheit, so scheint es, reicht nicht weiter zurück als bis zur Welt seiner Eltern und Großeltern."[6]

Literatur

  • Orhan Pamuk: İstanbul – Hatıralar ve Şehir. 22. Auflage. İletişim Yayınları, Istanbul 2012, ISBN 978-975-05-0458-7.
  • Orhan Pamuk: Istanbul – Erinnerung an eine Stadt. Aus dem Türkischen von Gerhard Meier. 15. Auflage. Carl Hanser Verlag, München 2006, ISBN 978-3-446-20826-1.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Orhan Pamuk erhält Literaturnobelpreis. Deutschlandradio, 12. Oktober 2006, abgerufen am 27. Juni 2013.
  2. Orhan Pamuk: „Hüzün“, das Istanbul-Gefühl. Süddeutsche Zeitung, 19. Mai 2010, abgerufen am 27. Juni 2013.
  3. Patrick Batarilo: Hüzün: Die türkische Melancholie. SWR2, 7. Januar 2010, abgerufen am 27. Juni 2013.
  4. Hubert Spiegel: Der bittersüße Honig der Mutlosigkeit. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. November 2006, abgerufen am 27. Juni 2013.
  5. Orhan Pamuk: Istanbul – Erinnerung an eine Stadt. 2006, S. 419.
  6. N. Davies, Verschwundene Reiche, Darmstadt 2013, S. 348f.