Johann Nicolaus Friedrich Brauer

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Johann Nicolaus Friedrich Brauer

Johann Nicolaus Friedrich Brauer (* 20. Februar 1754 in Büdingen[1]; † 17. November 1813 in Karlsruhe) war ein badischer Beamter und Politiker.

Leben und Wirken

Brauer war Sohn von Christoph Friedrich Brauer und dessen Ehefrau Sabine (geb. Rücker)[2] Der Vater war Canzlei-Direktor im Dienste des Hauses Isenburg. In erster Ehe war Brauer selbst mit Wilhelmine Luise Friderike Hemeling und in zweiter Ehe mit Luise Preuschen verheiratet. Aus der ersten Ehe gingen sechs und aus der zweiten Ehe drei Kinder hervor, darunter der Jurist und Dichter Eduard Brauer.

Brauer studierte in Gießen und Göttingen Rechtswissenschaften. Im Jahr 1774 trat er in den badischen Staatsdienst ein. Im Jahr 1775 war er Assessor, 1777 wirklicher Hof- und Regierungsrat und 1788 Geheimer Hofrat. Er war seit 1790 Hofratsdirektor und als Referendar in den katholischen geistlichen Angelegenheiten Mitglied im Geheimen Ratskollegium, allerdings noch mit eingeschränkter Beteiligung.[3] Im Jahr 1792 wurde Brauer dann zum wirklichen geheimen Rat im Geheimen Ratskollegium, dem noch nicht in Ressorts untergliederten Kabinett Karl Friedrichs von Baden, und Direktor des lutherischen Kirchenrats ernannt. Seit 1790 für den baden-badischen Landesteil, seit 1793 dann für beide Landesteile oblag Brauer auch die Oberaufsicht über das Schulwesen. [4] Während der Rheinbundzeit war Brauer zeitweise der führende Politiker Badens. Nach den Reformen der Verwaltung übernahm Brauer 1807 in dem als Polizeidepartement bezeichneten Innenministerium die Leitung. Ein Jahr später wurde er stellvertretender Minister im Justizdepartement und Mitglied des Staatsrates. Im Jahr 1810 war er Ministerialrat und stellvertretender Minister im Außenministerium. Seit 1811 war Brauer referierender Kabinettsrat im Innen- und Außenministerium. Brauer war wichtiger Ratgeber von Karl Friedrich sowie Karl Ludwig Friedrich von Baden. Lediglich in der Regierungszeit von Sigismund von Reitzenstein 1809/10 verlor er zeitweise an Einfluss.

Bereits seit 1789 war Brauer maßgeblich an der Erarbeitung zahlreicher wichtiger Gesetze beteiligt. Im Zuge der Säkularisation und Mediatisierung nach 1803 hat er die Eingliederung der neuen Landesteile wesentlich mitgeprägt. Auch die Reformgesetze in der ersten Phase der Rheinbundzeit ab 1806 gingen wesentlich auf Brauer zurück. Von zentraler Bedeutung war Brauers Rezeption des Code civil und dessen Umarbeitung auf die badischen Verhältnisse. Als badisches Landrecht trat das Gesetzeswerk 1810 in Kraft und galt bis 1899. Ein erster badischer Verfassungsentwurf von 1809, der ebenfalls auf Brauer zurückgeht, wurde nicht umgesetzt. Bis zu seinem Tode war Brauer weiterhin mit der badischen Verfassungsreform befasst, erlebte jedoch den Abschluss des Verfassungsprojekts von 1818 unter Karl Ludwig Friedrich von Baden nicht mehr.[5] Für seine Verdienste, insbesondere um die Reform der Universität Heidelberg, erhielt er von dieser 1803 die juristische Ehrendoktorwürde.[6]

Neben seiner Tätigkeit im Staatsdienst war Brauer auch als Autor und Herausgeber vielfältig tätig.[7] Darunter sind seine Erläuterungen über den Code Napoléon in sechs Bänden (Karlsruhe 1809–1812). Außer juristischen Schriften war er auch Verfasser theologischer Werke und sogar von Kirchenliedern. Brauer hatte Kontakt zu Johann Peter Hebel sowie Johann Heinrich Jung-Stilling.

Brauersche Rubriken

„Maßgeblich verantwortlich für die Organisation des Archivwesens […] – war der Geheime Rat Johann Nikolaus Friedrich Brauer (1754–1813): Seine bereits 1801 geschaffene Archivordnung sollte die Arbeit sowohl im Generallandesarchiv als auch in den Registraturen der badischen Behörden für ein Jahrhundert bestimmen und bis in die Gegenwart fortwirken.“ (Archivnachrichten Nr. 28, 2004 [1]; PDF; 3,2 MB). Die bis heute in den Findbüchern des Generallandesarchivs Karlsruhe anzutreffenden Brauerschen Rubriken, die alles Schriftgut in Sachgruppen von A-Z ordneten, sind eines der herausragendes Beispiele für eine auf dem Pertinenzprinzip beruhende Archivsystematik.

Einzelnachweise

  1. Kirchenbuch Büdingen (der Eintrag in der ADB ist somit falsch)
  2. Anm.: Ehefrau Sabine war Tochter des ehemaligen Frankfurter Bürgermeisters Rücker
  3. Würtz (s.unten Literatur), S. 66.
  4. Würtz (s.unten Literatur), S. 69f.
  5. Zur Geschichte der badischen Verfassungsreform vgl. Würtz, Johann Niklas Brauer, S. 211-269; S. 351-383; Andreas, S. 56-73; S. 81-85; S. 153-227; S. 259-271; S. 322-350; S. 356; von Weech, dort auch die Texte der verschiedenen Verfassungsentwürfe (alle s. unten Literatur)
  6. Vgl. Würtz (s. unten Literatur), S. 182 mit Anm. 311.
  7. Vgl. das Verzeichnis seiner Schriften bei Würtz (s. unten Literatur), S. XIX-XXI.

Quellen

Politische Correspondenz Karl Friedrichs von Baden 1783–1806; Bd. 1-6, hg. von Bernhard Erdmannsdörffer, Karl Obser. Winter, Heidelberg 1888-1915. Siehe auch unten im Kapitel "Literatur" die Arbeiten von Andreas; Landgraf; von Weech; Würtz.

Literatur

  • Willy Andreas: Brauer, Johann Nikolaus Friedrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 542 f. (Digitalisat).
  • Gerald Maria Landgraf: „Moderate et prudenter“ – Studien zur aufgeklärten Reformpolitik Karl-Friedrichs von Baden (1728-1811). Diss. Regensburg 2008 (online). [2]
  • Hans Merkle: Der „Plus-Forderer“. Der badische Staatsmann Sigismund von Reitzenstein und seine Zeit. Braun, Karlsruhe 2006. ISBN 978-3-7650-8352-5
  • Christian Würtz: Johann Niklas Friedrich Brauer (1754-1813). Badischer Reformer in napoleonischer Zeit (Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg Reihe B Forschungen 159) Stuttgart 2005.
  • Bernhard R. Kroener: Johann Nikolaus Friedrich Brauer (1754–1813). In: Kurt G. A. Jeserich und Helmut Neuhaus (Hrsg.): Persönlichkeiten der Verwaltung. Biographien zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1648–1945. Kohlhammer, Stuttgart u.a. 1991, ISBN 3-17-010718-6, S. 61–64.
  • Friedrich von Weech: Brauer, Johann Nicolaus Friedrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 3, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 263 f.
  • Christian Würtz: Johann Nicolaus Friedrich Brauer. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 27, Bautz, Nordhausen 2007, ISBN 978-3-88309-393-2, Sp. 179–186.
  • Willy Andreas: Geschichte der badischen Verwaltungsorganisation und Verfassung in den Jahren 1802-1818, Bd. 1 (mehr nicht erschienen). Quelle & Meyer, Leipzig 1913.
  • Carl Friedrich Nebenius: Karl Friedrich von Baden, hg. von Friedrich von Weech. Müller, Karlsruhe 1868. [3]
  • Friedrich von Weech: Das achte und neunte badische Konstitutionsedikt. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 46, 1892, S. 249-313.
  • Friedrich von Weech: Geschichte der badischen Verfassung. A. Bielefeld, Karlsruhe 1868. [4]
  • Carl Wilhelm Friedrich Ludwig von Drais: Geschichte der Regierung und Bildung von Baden unter Carl Friedrich, Bd. 1-2. Müller, Karlsruhe 1816-1818, hier Bd. 2. [5]

Weblinks