Johann Philipp Thelott

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Johann Philipp Thelott (* 19. Mai 1639 in Augsburg; † 20. August 1671 in Frankfurt am Main) war ein Kupferstecher und Buchillustrator.

Signatur von Johann Philipp Thelott

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Gartenhaus der Familie, Augsburg, Kohlergasse 8A

Seine Herkunftsfamilie war in den 1560er Jahren aus den Niederlanden geflohen[1] und nach einer Zwischenstation in Frankfurt am Main in Augsburg sesshaft geworden. Sein Vater war Abrahan Thelott (1600–nach 1677) und in zweiter Ehe mit seiner Mutter, Magdalena, geborene Wagner († nach 1670) verheiratet.[2] Ein Schwager aus der ersten Ehe des Vaters, Zacharias Stenglin, war Stadtsyndicus der Reichsstadt Frankfurt und übernahm das Patenamt für Johann Philipp Thelott. Die Eltern bauten ein repräsentatives, dreigeschossiges Haus mit überbauter Durchfahrt in der Kohlergasse in Augsburg, das im Zweiten Weltkrieg 1944 zerstört wurde. Das zugehörige Gartenhaus – heute Kohlerstraße 8A – steht noch.[3]

Aus der Kindheit und Jugendzeit von Johann Philipp Thelott ist nichts bekannt, eine Lehre als Gold- oder Silberschmied oder als Stecher bei einem der zahlreichen in Augsburg tätigen Meister, zu deren Familien zum Teil auch verwandtschaftliche Bindungen bestanden, ist wahrscheinlich.[4] Unbekannt ist auch, wann er nach Frankfurt am Main übersiedelte.

Am 16. Oktober 1665 heirateten Johann Philipp Thelott und Susanna Elisabeth Mylius, Tochter von Ernst Mylius[5] (1599–1641), ehemals Professor der Mathematik an der Universität Marburg. Die Mutter von Susanna Elisabeth Mylius stammte aus der Frankfurter Kaufmannsfamilie Beck, die das Haus „Zum goldenen Engel“ in der Buchgasse besaß, wo auch Johann Philipp Thelott und seine Frau wohnten.[6]

Bis 1670 bekam das Paar vier Kinder, einen Sohn, von dem fast nichts bekannt ist, und drei Töchter, von denen eine bald nach der Geburt starb. Die Taufpaten der Kinder belegen eine Vernetzung von Johann Philipp Thelott und seiner Frau in die Buchhändler- und Verleger-Szene, zu Patrizierfamilien und zu den diplomatischen Kreisen in der Reichsstadt.[7] Zum Freundeskreis der Familie gehörte auch Philipp Jacob Spener.[8] Das Bürgerrecht der Stadt Frankfurt erwarb Johann Philipp Thelott allerdings nie.[9]

Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Porträt der Gräfin Katharina Juliane von Wied-Runkel, geborene Gräfin von Hanau-Münzenberg, 1669
Karte von Hanauisch Indien[Anm. 1]

Johann Philipp Thelott war sehr produktiv. Allein 120 Einzelblätter sind von ihm bekannt. Hinzu kommen zahlreiche Arbeiten für Verlage, so etwa auch für die Topographia Germaniae und das Theatrum Europaeum des Frankfurter Verlags Thomas Matthias Götze[10], damals der bedeutendste deutsche Buchhändler und Verleger.[11] 1664 erschienen dort die frühesten, heute bekannten, von Johann Philipp Thelott gefertigten Kupferstiche. Vorlagen für seine Stiche stammen unter anderem von:

Neben Porträts fertigte er auch Frontispize und anatomische Werke[32] und andere Illustrationen.

Tod[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach einer Krankheit verstarb Johann Philipp Thelott bereits am 20. August 1671. Die Witwe heiratete erneut und zwar Thomas Hirschmann, einen Kupferstecher und Mitarbeiter ihres ersten Mannes, aus Nürnberg.[33]

Die Quellenlage zum Wirken von Johann Philipp Thelott weist die Besonderheit auf, dass ein Geschäftsbuch von ihm fragmentarisch als Ego-Dokument „zufällig“ erhalten blieb: Es wurde von der Bäcker-Zunft in der oberhessischen Stadt Grünberg von 1675 bis 1762 zweitverwendet und blieb so im dortigen Stadtarchiv[34] erhalten.[35]

Hinweis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der älteren Literatur[36] finden sich aufgrund von Verwechslungen mit namensähnlichen Verwandten zahlreiche unzutreffende Angaben zu den Lebensdaten und Verwandtschaftsverhältnissen von Johann Philipp Thelott.[37]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Holger Th. Gräf: Künstlervita. In: Holger Th. Gräf und Andreas Tacke (Hg.): Von Augsburg nach Frankfurt. Der Kupferstecher Johann Philipp Thelott (1639–1671) = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 93. Marburg 2022. ISBN 978-3-942225-55-7, S. 3–12.
  • Holger Th. Gräf: Die zeitgenössische Verwendung von Thelotts Kupferstichen in Leichenpredigten und Funeralwerken. In: Holger Th. Gräf und Andreas Tacke (Hg.): Von Augsburg nach Frankfurt. Der Kupferstecher Johann Philipp Thelott (1639–1671) = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 93. Marburg 2022. ISBN 978-3-942225-55-7, S. 117–126.
  • Holger Th. Gräf: Von Augsburg nach Frankfurt. In: Archivnachrichten aus Hessen 23/1 (2023), S. 45–47.
  • Lea Hagedorn: Buch-Bildnisse. Thelotts Porträtarbeiten für Verlagshäuser. In: Holger Th. Gräf und Andreas Tacke (Hg.): Von Augsburg nach Frankfurt. Der Kupferstecher Johann Philipp Thelott (1639–1671) = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 93. Marburg 2022. ISBN 978-3-942225-55-7, S. 75–85.
  • Reinhard Hildebrand: Anatomie und Medizin im 17. Jahrhundert. In: Holger Th. Gräf und Andreas Tacke (Hg.): Von Augsburg nach Frankfurt. Der Kupferstecher Johann Philipp Thelott (1639–1671) = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 93. Marburg 2022. ISBN 978-3-942225-55-7, S. 139–157.
  • NN: Werkverzeichnis. In: Holger Th. Gräf und Andreas Tacke (Hg.): Von Augsburg nach Frankfurt. Der Kupferstecher Johann Philipp Thelott (1639–1671) = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 93. Marburg 2022. ISBN 978-3-942225-55-7, S. 265–432.
  • Hole Rößler: Ein Lohnarbeiter des Ruhms. Johann Philipp Thelotts Porträts von Gelehrten. In: Holger Th. Gräf und Andreas Tacke (Hg.): Von Augsburg nach Frankfurt. Der Kupferstecher Johann Philipp Thelott (1639–1671) = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 93. Marburg 2022. ISBN 978-3-942225-55-7, S. 87–102.

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Aus: Johann Joachim Becher: Gründlicher Bericht von der Beschaffenheit und Eigenschafft, Cultivirung und Bewohnung, Privilegien und Beneficien dess in America zwischen dem Rio Orinoque und Rio de las Amazones an der vesten Küst in der Landschafft Guiana gelegenen […] Landes, welche die edle priviligirte West-Indische Compagnie der Vereinigten Niederlanden […] an den […] Herrn Friedrich Casimir, Grafen zu Hanaw […] den 18. Juli 1669 cedirt und überlassen hat. J Kuchenbecker, Frankfurt 1669 (vgl.: NN: Werkverzeichnis, S. 405, Nr. 3.07).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Gräf: Künstlervita, S. 3.
  2. Gräf: Künstlervita, S. 5.
  3. Gräf: Künstlervita, S. 6.
  4. Gräf: Künstlervita, S. 6.
  5. Mylius, Ernst. In: Marburger Professorenkatalog; abgerufen am 16. April 2023.
  6. Gräf: Künstlervita, S. 7.
  7. Gräf: Künstlervita, S. 5, 7.
  8. Gräf: Künstlervita, S. 12.
  9. Gräf: Künstlervita, S. 7.
  10. Goetze, Thomas Matthias. In: Deutsche Biographie; abgerufen am 16. April 2023.
  11. Gräf: Künstlervita, S. 7, Anm. 33.
  12. NN: Werkverzeichnis, S. 268.
  13. Hagedorn: Buch-Bildnisse, S. 83.
  14. NN: Werkverzeichnis, S. 272.
  15. NN: Werkverzeichnis, S. 303.
  16. Rößler: Ein Lohnarbeiter des Ruhms, S. 91f.
  17. NN: Werkverzeichnis, S. 297.
  18. NN: Werkverzeichnis, S. 397.
  19. NN: Werkverzeichnis, S. 323.
  20. NN: Werkverzeichnis, S. 278.
  21. Hagedorn: Buch-Bildnisse, S. 81; NN: Werkverzeichnis, S. 279.
  22. NN: Werkverzeichnis, S. 267.
  23. NN: Werkverzeichnis, S. 287–290.
  24. Gräf: Künstlervita, S. 7; Hildebrand: Anatomie, S. 151.
  25. NN: Werkverzeichnis, S. 315.
  26. Peter Mortzfeld: Die Porträtsammlung der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, Nr. A 28170; abgerufen am 16. April 2023.
  27. Gräf: Die zeitgenössische Verwendung, S. 129; NN: Werkverzeichnis, S. 276.
  28. NN: Werkverzeichnis, S. 299.
  29. NN: Werkverzeichnis, S. 286.
  30. NN: Werkverzeichnis, S. 292.
  31. NN: Werkverzeichnis, S. 281.
  32. Hildebrand: Anatomie.
  33. Gräf: Künstlervita, S. 7.
  34. Homepage des Stadtarchivs Grünberg; abgerufen am 16. April 2023.
    Stadtarchiv Grünberg im Archivinformationssystem Hessen; abgerufen am 16. April 2023.
  35. Signatur: Bestand XXIII, 5F, 21,6 – Holger Th. Gräf: Das Arbeitsbuch von Johann Philipp Thelott und seine Überlieferung. In: Holger Th. Gräf und Andreas Tacke (Hg.): Von Augsburg nach Frankfurt. Der Kupferstecher Johann Philipp Thelott (1639–1671) = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 93. Marburg 2022. ISBN 978-3-942225-55-7, S. 197–200, Anm. 1.
  36. Johann Heinrich Füssli: Allgemeines Künstlerlexikon, oder: Kurze Nachricht von dem Leben und den Werken der Mahler, Bildhauer, Baumeister, Kupferstecher, Kunstgiesser, Stahlschneider etc. etc.: nebst angehängten Verzeichnissen der Lehrmeister und Schüler, auch der Bildnisse, der in diesem Lexikon enth. Künstler. Orell & Füssli & Co, Zürich, 1806, S. 1851; Georg Kaspar Nagler: Neues allgemeines Künstler-Lexikon oder Nachrichten von dem Leben u. d. Werken d. Maler, Bildhauer, Baumeister, Kupferstecher, Lithographen, Formschneider, Zeichner, Medaillleure, Elfenbeinarbeiter etc. Manz, Wien 1835–1852, Bd. 18, S. 304.
  37. Gräf: Künstlervita, S. 3.