Josef Loschmidt

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Josef Loschmidt

Johann Josef Loschmidt (* 15. März 1821 in Putschirn, Böhmen; † 8. Juli 1895 in Wien) war ein österreichischer Physiker und Chemiker.

Leben

Josef Loschmidt (er verwendete zeitlebens nur seinen zweiten Vornamen und ist auch in der Literatur nur unter Joseph Loschmidt bekannt) wurde als Kind armer Bauern in Putschirn bei Karlsbad geboren. Auf Anraten des Priesters Adalbert Czech erhielt er eine Ausbildung, die ihn nach der Schulzeit am Piaristenkloster in Schlackenwerth (1833 bis 1837) nach Prag führte, wo er 1839 auf die deutschsprachige Universität ging. Hier kam er mit Franz Serafin Exner, Professor für Philosophie in Prag in Berührung. Auf den Vorschlag Exners hin, versuchte Loschmidt mathematische Modelle auf psychologische Fragen anzuwenden. Zwar schlug dieses Projekt fehl, doch wurde Loschmidt dadurch ein guter Mathematiker. 1841 ging er nach Wien, wo er 1846 in Physik und Chemie vom Polytechnischen Institut graduierte. Nachdem es ihm nicht gelungen war, eine wissenschaftliche Stelle zu finden, arbeitete er zuerst in einer Stahlfabrik, bevor er in Wien eine Firma zur Herstellung von Kaliumnitrat gründete. Diese Firma ging aber bankrott, worauf er ab 1856 als Lehrer bei einer Wiener Realschule arbeitete. 1866 erhielt er eine Anstellung an der Universität Wien, wo er bereits 1868 Assistenzprofessor wurde, bevor er von 1872 bis 1891 Professor für physikalische Chemie war. Er war außerdem ein Lehrer von Ludwig Boltzmann.

Im Alter von 66 Jahren heiratete Loschmidt seine Haushälterin Karoline. Kurze Zeit darauf, 1887, wurde Loschmidts einziges Kind Josef geboren, das allerdings noch im Kindesalter 1889 verstarb. Das ehrenhalber gewidmete Grabmal der Familie befindet sich auf dem Wiener Zentralfriedhof (56B-2-23).

Im Jahr 1953 wurde in Wien Floridsdorf (21. Bezirk) die Loschmidtgasse nach ihm benannt. In Berlin-Charlottenburg wurde eine Straße nach ihm benannt. 2010 wurde der Große Hörsaal II der Chemischen Institute der Universität Wien in Joseph-Loschmidt-Hörsaal umbenannt.[1]

Leistungen

Er forschte auf den Gebieten der Thermodynamik, Elektrodynamik und Optik und über Kristallformen. 1861 machte er erstmals Vorschläge für die Konstitution des Benzols als ringförmige Struktur.

1865 bestimmte er – auf gaskinetischer Grundlage – zum ersten Mal die Größe der Luftmoleküle.[2] Damit war er gleichzeitig in der Lage, erstmals die später nach ihm benannte Loschmidt-Konstante zu berechnen, die zur heute gebräuchlichen Avogadro-Konstante umgerechnet werden kann.

In seinem Werk „Chemische Studien. Constitutions-Formeln der organischen Chemie in graphischer Darstellung“ (erschienen 1861) beschrieb Loschmidt 368 (davon 121 aromatische) Moleküle mit Hilfe seiner „Constitutionsformeln“, diese sind bis heute für Chemiker sehr gut verständlich und zeigen die räumliche Orientierung der Atome. Seine Formeln zeigen Doppel- und Dreifachbindungen mit entsprechender Anzahl der Striche, so wie es heutzutage noch üblich ist. Auch enthalten sind Formeln für Ozon und das – erst 21 Jahre später offiziell von August Freund entdeckte – Cyclopropan. Loschmidt schrieb, dass für Phenylringe vermutlich ähnliche Konstitutionen anzunehmen seien wie für Cyclopropan, also wusste er vermutlich vom ringförmigen Aussehen des Benzols. August Kekulé kannte Loschmidts „Constitutionsformeln“, bevor er seine Version des Aufbaus des Benzolringes veröffentlichte, deshalb sind einige Historiker der Meinung, dass Kekulé mindestens seine Inspiration für den Aufbau des Benzols aus Loschmidts Werk habe.

Schema von „Benzoylwasserstoff“ (Benzaldehyd) aus Loschmidts Chemischen Studien (1861)

Wegen seiner Leistungen wurde ihm die Mitgliedschaft der Wiener Akademie der Wissenschaften verliehen.

1995 gab die österreichische Postverwaltung anlässlich des 100. Todestages von Josef Loschmidt eine Sonderpostmarke mit Nennwert ATS 20,- heraus.

Werke

  • 1861: Chemische Studien, Constitutions-Formeln der organischen Chemie in graphischer Darstellung. Loschmidt finanzierte die Herausgabe des Buches selber, da er zu diesem Zeitpunkt nicht sehr bekannt war. Die wichtigsten Kapitel dieses Werkes wurden später von Richard Anschütz auf Grund ihrer Bedeutung erneut herausgegeben.
  • 1865: Zur Grösse der Luftmolecüle[2]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Festakt und Hörsaalumbenennungen an der Fakultät für Chemie, Archiv der Online-Zeitung der Universität Wien vom 28. Oktober 2010, abgerufen am 14. März 2014
  2. a b Josef Loschmidt: „Zur Grösse der Luftmolecüle“ in Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften Wien, 52, Abt. II, S. 395-413 (1866), online in der Google-Buchsuche

Weblinks