Kaltleiter

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Kaltleiter, PTC-Widerstände oder PTC-Thermistoren (englisch Positive Temperature Coefficient) sind stromleitende Materialien, die bei tieferen Temperaturen den Strom besser leiten können als bei hohen. Ihr elektrischer Widerstand vergrößert sich bei steigender Temperatur. Diese Art von Widerständen, die zur Gruppe der Thermistoren gehört, besitzt somit einen positiven Temperaturkoeffizienten. Prinzipiell haben alle Metalle einen positiven Temperaturkoeffizienten, sind also Kaltleiter; im Unterschied zu den hier behandelten Bauelementen ist ihr Temperaturkoeffizient jedoch wesentlich kleiner und weitgehend linear, ähnlich wie bei den wegen ihrer Linearität als Temperatursensoren eingesetzten „Pt100“.

Das Gegenteil von Kaltleitern sind Heißleiter (auch NTC-Widerstände oder NTC-Thermistoren), die bei höheren Temperaturen besser leiten, also einen negativen Temperaturkoeffizienten haben.

Verschiedene PTC-Widerstände

Arten und Anwendungsgebiete

Schaltzeichen eines Kaltleiters

In der Elektronik finden drei grundsätzlich verschiedene Klassen von Kaltleitern Anwendung:

Widerstand steigt etwa linear mit der Temperatur an
Temperaturmessung, Temperaturkompensation, Widerstandsthermometer-Material: Dickfilmtechnologie auf verschiedenen Trägersubstraten oder Aufbau ähnlich einer Glühlampe; siehe auch Eisen-Wasserstoff-Widerstand
Keramikbasis mit nichtlinearem Widerstandsverlauf
Überstromschutz (als Sicherungselement), Übertemperaturschutz, selbstregelndes Heizelement, Schaltelement (Stichworte „Motorstart PTC“, „Degaussing PTC“: in Kombination mit einer Heizscheibe zur Entmagnetisierung von Bildröhren) Material: Bariumtitanat
Polymerbasis mit nichtlinearem Widerstandsverlauf
Selbstrückstellende Sicherung (Sicherungselement zum Überstromschutz) Material: mit winzigen Rußpartikeln befüllter Kunststoff

Material

Als elektronische Bauteile sind Kaltleiter meistens aus halbleitenden, polykristallinen Keramiken gefertigt (zum Beispiel BaTiO3), die in einem bestimmten Temperaturbereich eine Sperrschicht an den Korngrenzen aufbauen. Neuere Entwicklungen führten zu Bauteilen mit sehr steilem Anstieg des Widerstandes ab einer charakteristischen Temperatur (ca. 80...130 °C). Weiterhin wurden die Materialien dahingehend verbessert, dass selbstrückstellende Sicherungen auch für Netzspannungsanwendung geschaffen werden konnten.

Temperatur-Widerstands-Kennlinie

Auf Siliziumbasis

Widerstand des Temperatursensors auf Basis von n-dotiertem Silizium als Funktion der Temperatur

Kaltleiter auf Basis von dotiertem Silizium[1] werden im Temperaturbereich von −50 °C bis +150 °C eingesetzt und zeichnen sich durch geringe Baugröße, Einstellzeit, enge Toleranzen und gute Langzeitstabilität aus. Für den KTY11-6 gilt ein parabelförmiger Zusammenhang zwischen Widerstand und der Temperatur T[2]:

mit den Konstanten

In Anwendungen wird normalerweise RT gemessen und die Temperatur T gesucht. Die Auflösung („Umkehrung“) dieser Formeln nebst der dazugehörigen Linearisierung wird hier beschrieben.

Bariumtitanat

Charakteristische Kennlinie eines PTC-Kaltleiters

In der Herstellung werden Mischungen von Bariumcarbonat und Titan(IV)-oxid zusammen mit anderen Materialien, die die gewünschten elektrischen und thermischen Eigenschaften ergeben, gemahlen, gemischt und dann, je nach Verwendungszweck, in Scheiben-, Stab- oder Rohrform gepresst. Anschließend werden die Körper bei hohen Temperaturen (zwischen 1000 °C und 1400 °C) gesintert.

Durch an den Korngrenzen befindliche Akzeptoren werden Elektronen aus den Körnern gebunden. Dies führt zur Entstehung von Verarmungsrandschichten an den Kornoberflächen, welche Potentialbarrieren verursachen. Unterhalb der Curie-Temperatur werden diese Potentialbarrieren durch die spontane Polarisation größtenteils kompensiert. Unterhalb der Curie-Temperatur beruht der Leitungsmechanismus daher im Wesentlichen auf der Ladungsträgerdichte, welche mit steigender Temperatur zunimmt. Dies ist zunächst ein typisches Heißleiterverhalten. Mit steigender Temperatur nimmt die Polarisation ab, bis sie oberhalb der Curie-Temperatur schließlich vollkommen verschwindet. Zwar nimmt nun die Ladungsträgerdichte mit steigender Temperatur weiter zu, aber durch die jetzt fehlende Polarisation kommt die isolierende Wirkung der Verarmungsrandschichten voll zur Geltung, so dass der Widerstand stark exponentiell ansteigt.

Die einzelnen Formelzeichen stehen für folgende Größen:

Wird der Kaltleiter noch weiter erwärmt, so wirkt der Anstieg der Ladungsträgerdichte nun wieder der Isolierung durch die Verarmungsrandschichten entgegen, so dass es zu einer leichten Abnahme des Widerstands kommt. Dieses Verhalten ähnelt wiederum dem eines Heißleiters.

Metalle

Widerstandsverlauf einer Glühlampe bei verschiedenen Betriebsspannungen; der Kaltwiderstand beträgt nur etwa 7 % des Widerstandes bei Nennspannung.

Reine Metalle besitzen einen mit der Temperatur recht linear steigenden elektrischen Widerstand. Ein bekannter Vertreter ist der Pt100, ein Platin-Widerstand (Draht oder Schicht) zur Temperaturmessung.[3]

Glühlampen eignen sich auch als Überlastschutz; sie besitzen im kalten Zustand einen Kaltwiderstand von nur wenigen Prozent des Widerstandes bei Betrieb an Nennspannung.

Kleine Glühlampen wurden auch in RC-Generatoren zur Amplitudenstabilisierung eingesetzt.

Früher wurden Eisen-Wasserstoff-Widerstände zur Stromstabilisierung im Heizkreis von Röhren-Geräten eingesetzt. Sie besaßen über einen Betriebsspannungsbereich von etwa 1:3 eine nahezu konstante Stromaufnahme.

Legierungen besitzen einen wesentlich kleineren Temperaturkoeffizienten, der in bestimmten Temperaturintervallen sogar null sein kann (siehe Konstantan).

Schaltung

Es ist selten sinnvoll, Kaltleiter mit konstantem Strom zu versorgen, da dann keine stabile Temperatur möglich ist. Steigt diese ein wenig, vergrößert sich auch der Widerstand des Kaltleiters. Deshalb steigt wegen des Zusammenhangs P=I²·R die erzeugte Wärmeleistung und die Temperatur weiter. Physikalisch spricht man von einem labilen Gleichgewicht. Sinnvoller ist der Betrieb mit konstanter Spannung. Dann sinkt bei steigender Temperatur wegen P=U²/R die erzeugte Wärmeleistung und der Kaltleiter kühlt sich wieder ab. Daher können Kaltleiter nicht ohne weiteres in Reihe geschaltet werden, eine Parallelschaltung ist jedoch unkritisch.

Für eine Temperaturmessung in Verbindung mit Mikroprozessoren wird der Kaltleiter oft über einen Vorwiderstand mit der konstanten Betriebsspannung verbunden, wodurch der Zusammenhang Temperatur – Spannung S-förmig verläuft und sich die Möglichkeit einer Linearisierung um den Wendepunkt ergibt. Voraussetzung ist, dass sich die zu messende Temperatur in der Nähe des Wendepunktes der Kurve befinden muss. Der Vorwiderstand muss den Strom soweit begrenzen, dass keine relevante Eigenerwärmung des Sensors auftritt.

Einzelnachweise

  1. Reines Silizium hat wie alle Halbleiter einen negativen Temperaturkoeffizienten und ist somit ein Heißleiter, vgl. Earl D. Gates: Introduction to electronics. Cengage Learning, 2000, ISBN 0-7668-1698-2, S. 181 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Datenblatt des KTY11
  3. Seine Kennlinie findet sich u. a. hier (Memento vom 13. November 2006 im Internet Archive) (PDF; 41 kB).

Weblinks

Commons: Positive temperature coefficient thermistors – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien