Kingmans Koaleszenz

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Kingmans Koaleszenz ist ein stochastischer Prozess aus der Koaleszenztheorie, einer Theorie, die sich mit stochastischen Prozessen von Partikeln beschäftigt, die mit der Zeit Cluster formen. Solche Prozesse finden Anwendung in der Populationsgenetik, wobei man die Cluster wieder als Partikel interpretiert. Kingmans Koaleszenz hat die besondere Eigenschaft, dass sie in einer Partition von unendlich vielen Partikeln beginnt, sich aber nach jeder positiven Zeit fast sicher endlich viele Cluster formen. Eine Art Big Bang der Stochastik.

Kingmans -Koaleszenz ist der einfachste nicht-triviale stochastische Prozess, um die stochastische Populationsgenetik zu modellieren. Sie lässt sich als Ahnen-Prozess interpretieren, wobei man in der jüngsten Generation beginnt. Es ist ein Markov-Prozess auf einer Population der Größe , so dass sich jeweils zwei Ahnen mit der Rate verbinden.

Der Prozess ist nach dem britischen Mathematiker John Kingman benannt.[1]

Kingmans n-Koaleszenz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stochastische Partition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine zufällige Partition auf ist eine zufällige Äquivalenzrelation auf . Mit bezeichnen wir die Anzahl Äquivalenzklassen, anschaulich bilden diese Blöcke.

Sei die Menge der zufälligen Partitionen von , mit bezeichnen wir die Untermenge der -Partitionen. Wobei bedeutet.

Mit bezeichnen wir, dass durch Verschmelzen zweier Äquivalenzklassen aus entstanden ist, das heißt, es gilt und .

Kingmans n-Koaleszenz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wir definieren einen stochastischen Prozess auf dem Raum mit folgenden Eigenschaften:

  1. ist die triviale Partition in Singletons.
  2. ist ein starker Markov-Prozess mit Übergangsraten

Dann nennt man den Prozess Kingmans -Koaleszenz oder kurz -Koaleszenz.

Erläuterungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Prozess kann als Prozess auf einem Stammbaum interpretiert werden, wobei man in der jüngsten Generation beginnt

,

und an einem Zeitpunkt endet, wenn es nur noch ein Cluster gibt

.

Jeder Block verschmilzt mit Rate , egal wie groß er ist. Wegen der Endlichkeit von haben die Markov-Ketten alle die gleiche endlich-dimensionale Verteilung.

Konsistenz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Betrachtet man die Restriktion auf mit , so erhält man den Prozess , dessen Verteilung gerade die Verteilung von Kingmans -Koaleszenz ist und somit unabhängig von .[2]

Kingmans Koaleszenz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es existiert ein eindeutiger Prozess auf , so dass die Restriktion auf eine Kingman--Koaleszenz ist. nennt man Kingmans Koaleszenz.[3]

Big Bang: von ∞ zu n[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Besonderheit von Kingmans Koaleszenz ist, dass sie zwar in einer unendlichen Menge von Singletons startet, aber nach jeder Zeit fast sicher in einer Partition mit endlich vielen Blöcken landet.

Sei die Anzahl Blöcke von . Mit bezeichnet man das Ereignis . Dann gilt .

Heuristisch lässt sich das damit erklären, dass die Zeit des Überganges eine Exponentialvariable mit ist. Für sehr groß, gilt , somit verhält sich ungefähr wie die Lösung folgender Differentialgleichung: mit . Die Lösung dieser Differentialgleichung ist , welche endlich für jedes ist, aber unendlich für .

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. J.F.C. Kingman: The coalescent. In: Bernoulli Society for Mathematical Statistics and Probability (Hrsg.): Stochastic Processes and their Applications. September 1982, S. 235–248, doi:10.1016/0304-4149(82)90011-4.
  2. Nathanaël Berestycki: Recent progress in coalescent theory. In: Ensaios Matematicos. Brazilian Mathematical Society, arxiv:0909.3985.
  3. Nathanaël Berestycki: Recent progress in coalescent theory. In: Ensaios Matematicos. Brazilian Mathematical Society, arxiv:0909.3985.