Kloster Gotteszell (Schwäbisch Gmünd)

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Ansicht vom Schießtalplatz

Das Dominikanerinnenkloster Gotteszell lag außerhalb der Stadtmauern der Reichsstadt Schwäbisch Gmünd und wird heute als Frauen-Strafvollzugsanstalt genutzt.

Geschichte

Kloster

Das zum Bistum Augsburg gehörige Dominikanerinnenkloster wurde der Tradition nach im Jahr 1240 gegründet, der erste urkundliche Nachweis stammt von 1246 und sprach schon von einer festen, klösterlichen Gemeinschaft. 1259 wird die Klosterkirche erstmals erwähnt, auch die Steinmetzzeichen am Chor lassen sich auf Mitte des 13. Jahrhunderts datieren. Sie unterstand bis 1289 den Dominikanern in Esslingen, ab diesem Zeitpunkt übernahm dann das neu gegründete Gmünder Dominikanerkloster die geistliche Aufsicht. Das Kloster Gotteszell war im Gegensatz zu den Seelschwestern von St. Ludwig im Gmünder Klösterle, zum Zweck der Versorgung der ledigen Frauen des Stadtpatriziats und des Adels der umliegenden Orte gegründet worden, so soll auch das Leben im Kloster Gotteszell dem adligen Stil entsprochen haben.

Die Schirmherrschaft über das Kloster lag bei der Reichsstadt Schwäbisch Gmünd, wobei das Kloster schon 1309 von Abgaben und Steuern durch König Heinrich VII. befreit worden war. 1659 kam es dann zum Prozess, bei dem das Kloster den Gmündern vorwarf ihrer Pflichten nicht nach zu kommen. 1449 wurde das Kloster im Städtekrieg so schwer beschädigt, dass das Kloster in den folgenden Jahren zu Notverkäufen gezwungen war. 1525 wurde das Kloster von Bauern überfallen und zum Teil niedergebrannt, 1546 durch hessische Soldaten, sodass es zu umfangreichen Ausbesserungsarbeiten und Neubauten kam. 1609 kam es abermals zu einem Brand, der zwar als "erschröckliche Brunst" beschrieben wurde, dessen Ausmaße aber sich in Grenzen gehalten haben mussten, denn schon 1610 waren die Beschädigungen wieder behoben. Im 18. Jahrhundert wurde das Kloster um einen schlossähnlichen Repräsentationsflügel im Westen erweitert. 1803 kam es im Zuge der Säkularisation zur Aufhebung des Klosters. Der Kirchenschatz wurde nach Ludwigsburg gebracht, die Altäre verkauft. Der Konvent durfte noch fünf Jahre bis 1808 in den Klausurgebäuden leben, während die restlichen Gebäude wie Viehställe, Mühle, Fruchtscheuer etc. anderweitig verpachtet oder umgenutzt wurden.

Wahrscheinlich in Gotteszell entstand ein Schwesternbuch mit Aufzeichnungen über Gnadenerfahrungen der Nonnen, das dann irreführend als so genanntes Ulmer Schwesternbuch überliefert wurde.

Gefängnis

Vorlage:Justizvollzugsanstalt

Nach Auszug der letzten Klosterbewohner 1808 wurde das Kloster als Zuchthaus und württembergisches Landesgefängnis genutzt. Dabei wurden am Anfang sowohl Männer als auch Frauen in Gotteszell inhaftiert. Zum besseren Schutz baute man um die 9 Fuß hohe Klostermauer eine 12 Fuß hohe Gefängnismauer. Am 26. Dezember 1871 trat das neue Reichsstrafgesetzbuch auch in Württemberg in Kraft, das den Strafvollzug von Männern und Frauen trennte, weshalb Gotteszell zu einem Frauenzuchthaus und Landesgefängnis für Frauen wurde. 1893 wurden die Räumlichkeiten durch einen heute denkmalgeschützten Backsteinbau erweitert.[1]

Zu Beginn der NS-Diktatur im März 1933 wurde im ehemaligen Kloster Gotteszell in der Herlikofer Straße das erste Frauenkonzentrationslager in Württemberg eingerichtet, in dem bis zum Herbst etwa 50 Frauen inhaftiert waren. Am 21. Januar 1934 wurden die verbliebenen inhaftierten Frauen aus der „Schutzhaft“ entlassen und die Abteilung aufgelöst.

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wird das ehemalige Kloster als Justizvollzugsanstalt genutzt. Es hat eine Kapazität von 335 Plätzen und beschäftigt 220 Angestellte. 2008 lag die Belegung bei durchschnittlich 322 Insassen. Eine Mutter-Kind-Abteilung ermöglicht, die Trennung von bis zu drei Jahre alten Kindern von ihren Müttern zu vermeiden. Neben dem Schloss Kapfenburg bei Lauchheim befindet sich eine Außenstelle der Anstalt, in der landwirtschaftliche Arbeitsmöglichkeiten bestehen.[1][2]

Klosterkirche

Die gotische, barockisierte vormalige Klosterkirche Mariä Verkündigung dient als Kirche der Justizvollzugsanstalt.

Literatur

  • Gerhard Kolb: Das Dominikanerinnenkloster Gotteszell, eine Gründung der Stauferzeit. In: K. J. Herrmann (Hrsg.): Die Staufer und Schwäbisch Gmünd. Schwäbisch Gmünd 1977, S. 95–128.
  • Klaus Graf: Nonnenviten aus Kloster Gotteszell bei Schwäbisch Gmünd. Zum Entstehungsort des sogenannten "Ulmer Schwesternbuchs". In: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte. 3 (1984), S. 191–195. (online)
  • Markus Kienle: Gotteszell – das frühe Konzentrationslager für Frauen in Württemberg: die „Schutzhaftabteilung“ im Frauengefängnis Gotteszell in Schwäbisch Gmünd März 1933 bis Januar 1934. Klemm und Oelschläger, Ulm 2002, ISBN 3-932577-39-6.
  • Richard Strobel, Landesdenkmalamt Baden Württemberg: Die Kunstdenkmäler der Stadt Schwäbisch Gmünd. Band 4: Kirchen und Profanbauten außerhalb der Altstadt, Ortsteile. Deutscher Kunstverlag, München 2003, ISBN 3-422-06381-1.

Film

Weblinks

Wikisource: Ulmer Schwesternbuch – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. a b Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Gmünd – Geschichte und Gebäude, abgerufen 3. Dezember 2010
  2. 200 Jahre Gefängnis in Schwäbisch Gmünd - die JVA „Gotteszell“ feiert Jubiläum, Justizministerium Baden-Württemberg, abgerufen 3. Dezember 2010
  3. Gotteszell – Ein Frauengefängnis (PDF; 61 kB) Katalogeintrag des Panorama der Berlinale 2001.

Koordinaten: 48° 48′ 16,6″ N, 9° 48′ 39,6″ O