Kugelfische

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Kugelfische

Schwarzflecken-Kugelfisch (Arothron nigropunctatus)

Systematik
Ctenosquamata
Acanthomorphata
Stachelflosser (Euacanthomorphacea)
Barschverwandte (Percomorphaceae)
Ordnung: Kugelfischverwandte (Tetraodontiformes)
Familie: Kugelfische
Wissenschaftlicher Name
Tetraodontidae
Bonaparte, 1832

Die Familie der Kugelfische (Tetraodontidae (= Vierzähner)) gehört zur Unterordnung der Kugelfischähnlichen (Tetraodontoidei) in der Ordnung Kugelfischverwandte (Tetraodontiformes). Zu den Kugelfischen gehören etwa 200 Arten. Ihre Körperlänge variiert zwischen 2 Zentimetern beim Zwerg- oder Erbsenkugelfisch (Carinotetraodon travancoricus) und 120 Zentimetern beim Riesenkugelfisch (Arothron stellatus).

Erscheinungsbild

Aufgepumpter Perlhuhn-Kugelfisch (Arothron meleagris) im Nationalpark von Amerikanisch-Samoa

Die Körperform von Kugelfischen weicht stark von der typischen Fischgestalt ab. Er hat eine rundliche, gedrungene Gestalt. Kopf und Augen sind stark ausgebildet. Der schnabelähnliche Beißapparat besteht aus zu Zahnleisten verwachsenen Zähnen, wobei je zwei Zahnleisten oben und unten stehen. Hierauf bezieht sich auch die wissenschaftliche Namensgebung dieser Familie hochentwickelter Knochenfische: Tetraodontidae = Vierzähner. Ihre lederartige, widerstandsfähige Haut ist nackt, die Schuppen sind zu kurzen Stacheln reduziert.

Der Antrieb erfolgt überwiegend durch die Brustflossen. Rückenflosse und Afterflosse schwirren nur zur Unterstützung mit. Schwanzstiel und Schwanzflosse dienen als Steuerruder. Dadurch ist der Kugelfisch zwar recht langsam, aber äußerst wendig. Er kann sowohl vorwärts als auch rückwärts schwimmen sowie aufwärts und abwärts steigen. Eine Besonderheit der Kugelfische ist, dass sie keine Bauchflossen besitzen.

Kugelfische können sich bei Gefahr aufpumpen, indem eine kräftige Muskulatur ruckweise Wasser aus der Mundhöhle in eine bauchseitige, sackartige Erweiterung des Magens presst. Dies soll auf Angreifer abschreckend wirken. Starke Ringmuskeln am Mageneingang verhindern das Rückfließen des Wassers. Die Stacheln, die sonst eng am Körper anliegen, stehen nun nach außen und fungieren als Widerhaken. Dadurch und durch die enorme Volumenvergrößerung ist es einem Raubtier fast unmöglich, den Kugelfisch zu verschlingen. Jacques Cousteau berichtet, dass sich Kugelfische im Rachen großer Raubfische (Haie) noch aufblasen, so dass sie feststecken und der Räuber erstickt. Werden Kugelfische durch Menschen gezielt zum Aufblasen provoziert, ist dies mit großem Stress für die Fische verbunden – es fällt ihnen schwer, das aufgenommene Wasser wieder auszustoßen. Außerhalb des Wassers pumpen sie Luft in den Magensack, ersticken so aber bald.

Verbreitung

Verbreitungsgebiet

Kugelfische kommen weltweit in einem Gürtel von ca. 47 Grad nördlicher bis 47 Grad südlicher Breite in den Küstenregionen tropischer und warmer Meere vor, zumeist über Korallenbänken oder Seegraswiesen. Manche Arten leben in Amazonien, im tropischen Afrika, im östlichen Indien und in Südostasien auch in Süß- und Brackwasser.

Verhalten gegenüber Menschen

Kugelfische sind eher scheu und gehen Tauchern und Schnorchlern in der Regel aus dem Weg. Versucht der Mensch den Fisch zu fangen, so beißt dieser mit seinem kräftigen Gebiss. Dies kann bei großen Kugelfischen zu schweren Verletzungen bis zum Verlust des Fingers führen.

Giftigkeit

Hauptbestandteil des Giftes der Kugelfische ist Tetrodotoxin (TTX), das sich besonders in Haut, Leber und Eierstöcken des Fisches befindet, aber nicht im Muskelfleisch. Tetrodotoxin verdankt seinen Namen der Familie der Kugelfische (Tetraodontidae) und wurde erstmals 1950 aus den Ovarien eines Kugelfisches isoliert.

Arothron hispidus

Dieses Nervengift ist eines der stärksten bekannten, nicht proteinartigen Gifte: Die letale Dosis beträgt nur etwa 10 µg/kg Körpergewicht. Es wirkt nur auf die Körpernerven, nicht auf das Gehirn − die Opfer werden vollständig gelähmt und können sich weder bewegen noch sprechen, bleiben aber bei Bewusstsein. Sie sterben dann an lähmungsbedingtem Atemstillstand oder aber an Herzstillstand. Wenn Atmung und Kreislauf schnell genug durch Notfallmaßnahmen in Gang gehalten werden, klingt die Giftwirkung innerhalb etwa 24 Stunden ab und die Opfer erleiden keinen bleibenden Schaden.

Es wird davon ausgegangen, dass die verschiedenen Arten der Kugelfische das Nervengift nicht selbst synthetisieren. Bakterien, die der Fisch vermutlich durch die Nahrung (z. B. verschiedene Krebstiere, Würmer und Rotalgen) aufnimmt, werden hierfür verantwortlich gemacht. So wurden beispielsweise Pseudomonasbakterien bei der Art Takifugu poecilonotus[1] und verschiedene Vibrionen, z. B. das Bakterium Vibrio aIginolyticus bei Takifugu vermicularis, gefunden.[2] Diese Bakterien gelten als TTX-Produzenten. Die These, dass Bakterien die Giftbildung verursachen, wurde allerdings wieder angezweifelt.[3]

Um die Gefahr einer Vergiftung beim Verzehr von Fugu zu vermeiden, wird unter anderem die Art Takifugu rubripes in Gefangenschaft gezüchtet. Es wird ein spezielles Futter verwendet und darauf geachtet, dass keine TTX-haltigen Organismen von den Fischen aufgenommen werden. Die gezüchteten Fugu sind dadurch tatsächlich ungiftig.[4] Dies wird als Beweis dafür angesehen, dass der Fisch Tetrodotoxin nicht selbst bildet.

Der Schutz durch die Bildung von Tetrodotoxin ist im Tierreich weit verbreitet. Beispielsweise findet man diesen Schutzmechanismus auch bei den Blaugeringelten Kraken und verschiedenen Amphibien wie dem Rauhäutigen Gelbbauchmolch. Die Art Takifugu vermicularis ist hierbei ein wichtiger Modellorganismus zur Erforschung der Tetrodotoxinbildung im Tierreich. Einige weitere durch Tetrodotoxin giftige Arten der Kugelfische sind Canthigaster valentini, Lagocephalus lagocephalus, Chelonodon patoca und Tetraodon lineatus.

Gattungen und Arten

Innere Systematik nach Yamanoue et al.[5]
 Kugelfische  

 Lagocephalus


   

  Klade B  

 Sphoeroides


   

 Colomesus



   
  Klade C  

 Marilyna


   

 Tetractenos


   

 Tylerius


   

 Polyspina


   

 Torquigener


   

 Takifugu







  Klade D  




 Carinotetraodon


   

 Tetraodon



   

 Tetraodon



   

 Auriglobus



   


 Tetraodon


   

 Pelagocephalus


   

 Canthigaster




   


 Tetraodon


   

 Chelonodon



   

 Omegophora


   

 Arothron










Vorlage:Klade/Wartung/Style
Lagocephalus laevigatus
Marilyna pleurosticta
Sphoeroides annulatus
Sphoeroides maculatus
Sphoeroides spengleri
Palembang-Kugelfisch (Tetraodon biocellatus)
Tetraodon cutcutia
Grüner Flusskugelfisch (Tetraodon fluviatilis)
Tetraodon lineatus
Goldringelkugelfisch (Tetraodon mbu)
Brauner Kugelfisch (Tetraodon miurus)
Grüner Kugelfisch (Tetraodon nigroviridis)
Torquigener hypselogeneion

Es gibt über 25 Gattungen mit etwa 200 Arten. Die Einteilung in die Unterfamilien Rundkopf- und Spitzkopfkugelfische wird hier nicht vorgenommen, da die Rundkopfkugelfische kein Monophylum sind.

Nutzung

Aquarienhaltung

Assel-Kugelfisch (Colomesus asellus)

Einige Kugelfische können als Aquarienfische im Süß-, Brack- oder Meerwasseraquarium gehalten werden. Im Süßwasseraquarium können sie zur biologischen Bekämpfung von Schnecken eingesetzt werden. Als relativ unproblematisch gelten der Zwerg-Kugelfisch (Carinotetraodon travancoricus) und der Assel-Kugelfisch (Chelichthys asellus), die allerdings gelegentlich, z. B. im Gerangel um Futter, nach den Flossen anderer Fische schnappen. Im Meerwasseraquarium sieht man manchmal Arten der Gattung Canthigaster oder Arothron. Generell sind Kugelfische im Aquarium nicht einfach zu vergesellschaften und werden daher oft im Artaquarium oder in Einzelhaltung gehalten.

Verwendung als Speisefisch

Kugelfische werden in Japan trotz ihres Giftes nach besonderer Zubereitung als Spezialität (Fugu), die insbesondere aus dem Muskelfleisch von Kugelfischen besteht, gegessen.

Forschungsobjekt in der Genetik

Die Art Takifugu rubripes wird in einigen biologischen Labors als Forschungsobjekt genutzt. Die Sequenzierung seines Genoms wurde 2002 abgeschlossen. Es hat eine Größe von 365 Megabasen und ist damit das kleinste bekannte Genom eines Wirbeltiers.[7]

Sonstiges

Das freie Betriebssystem OpenBSD verwendet einen stilisierten und auf den Namen Puffy getauften Kugelfisch als Logo bzw. Maskottchen.

Siehe auch: das Shanghaier Kugelfischabkommen.

Belege

Literatur

Weblinks

Commons: Kugelfische – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Yotsu, M., T. Tamazaki, Y. Meguro, A. Endo, M. Murata, H. Naoki, and T. Yasumoto: Production of tetrodotoxin and its derivatives by Pseudomonas sp. isolated from the skin of a pufferfish. In: Toxicon 25 (1987):225–228. PMID 3576639
  2. T. Noguchi, D. F. Hwang, O. Arakawa, H. Sugita, Y. Deguchi, Y. Shida and K. Hashimoto: Vibrio alginolyticus, a tetrodotoxin-producing bacterium, in the intestines of the fish Fugu vermicularis vermicularis. In: Marine Biology 955, 625–630 (1987). Zusammenfassung
  3. Kim, D.S., Kim, C.H.: No ability to produce tetrodotoxin in bacteria — authors reply. In: Applied and Environmental Microbiology, May 2001, p. 2393–2394 AEM Online
  4. Tamao Noguchi, Osamu Arakawa, Tomohiro Takatani: Toxicity of pufferfish Takifugu rubripes cultured in netcages at sea or aquaria on land. In: Comparative Biochemistry and Physiology Part D: Genomics and Proteomics Volume 1, Issue 1, March 2006, Pages 153–157, doi:10.1016/j.cbd.2005.11.003.
  5. Yusuke Yamanoue, Masaki Miya, Hiroyuki Doi, Kohji Mabuchi, Harumi Sakai, Mutsumi Nishida: Multiple Invasions into Freshwater by Pufferfishes (Teleostei: Tetraodontidae): A Mitogenomic Perspective. PLoS ONE 6(2): e17410. doi:10.1371/journal.pone.0017410
  6. Maurice Kottelat: The fishes of the inland waters of Southeast Asia: A catalogue and core bibliography of the fishes known to occur in freshwaters, mangroves and estuaries. (PDF; 6,6 MB) The Raffles Bulletin of Zoology, November 2013, Supplement No. 27, S. 483–484.
  7. Das Fugu-Genom-Projekt (englisch)