Kurantmünze

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Kurant-Dukat mit dem Konterfei Frederiks V. aus dem Jahr 1762

Eine Kurantmünze (ältere Schreibung: Courantmün(t)ze, zu frz. courant „laufend“) ist eine „vollwertige, umlaufende, gangbare, kursierende“ Münze, deren Nominalwert durch das Metall, aus dem sie besteht, (nahezu) vollständig gedeckt ist. Gegenbegriff ist die Scheidemünze, deren Nominalwert nicht durch ihren Metallwert gedeckt ist. Der Nominalwert der Kurantmünzen war bis zur Aussetzung der Gold- beziehungsweise Silberstandards im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts offiziell über einen Münzfuß definiert, d. h. unmittelbar durch die enthaltene Menge an Edelmetall pro Münze. Kurantmünzen bestehen meist aus Silber oder Gold, ausnahmsweise auch Platinmetalle oder Kupfer. Kleinere Abweichungen der vorgeschriebenen Edelmetallmenge – etwa durch Abnutzung oder einen prozentual geringen Schlagschatz zu Gunsten des Münzherrn – waren oft akzeptiert.

Alle Kurantmünzen sind Warengeld – im Gegensatz zu Scheidemünzen, dem Papier- und dem Buchgeld, die alle Fiatgeld sind. Der übliche Bargeldbegriff bezog sich vor 1915 in Deutschland immer nur auf Kurantmünzen. Kurantmünzen wie Scheidemünzen sind Kursmünzen.

Allgemeines

Voraussetzung für die Ausgabe von Kurantmünzen war eine große zeitliche Wertbeständigkeit des verwendeten Materials. Keinesfalls sollte es so leicht vermehrbar wie etwa Papier sein; gewünscht waren eine allgemeine Akzeptanz, Ästhetik, Propagandafunktion, Teilbarkeit in Unternominale, mechanische Festigkeit und Korrosionsbeständigkeit sowie eine hohe Wertdichte. Viele Legierungen der Edelmetalle Gold und Silber erfüllen seit Jahrhunderten als Münze oder Barrengeld diese Bedingungen.

Eine offiziell eingesetzte Kurantmünze ist in ihrem Währungsgebiet ein unbeschränkt gültiges Zahlungsmittel. Dies bedeutet, dass sie in beliebiger Höhe zur Begleichung von Geldschulden („zur Schuldbefreiung“) vom Gläubiger akzeptiert werden muss.

Normalerweise wurden Kurantmünzen „vollwertig“, d. h. mit einem gesetzlich festgelegten Gehalt an Edelmetall geprägt. Diese Regelungen werden historisch als Münzfuß bezeichnet. So bestimmt der Münzfuß des Wiener Münzvertrags von 1857, dass genau 30 einfache Vereinstaler aus einem Pfund Feinsilber (500 g) geprägt werden. Ein vollwertiger Kuranttaler enthielt demnach knapp 16,7 g reines Silber.

Einige zur Münzprägung berechtigte Personen bzw. Institutionen, die Münzherren, hielten sich nicht an den vorgeschriebenen Münzfuß und brachten „unterwertige“ Münzen mit einem geringeren Gehalt an Edelmetall heraus. Sie konnten daher mit einer geringeren Menge Edelmetall eine größere Menge Münzgeld herstellen. Entweder setzte so ein schleichender Prozess der Umwandlung des entsprechenden Münznominals in eine Scheidemünze ein, oder der Münzfuß wurde offiziell an die geänderte Prägung angepasst (siehe auch: Bankotaler).

Abweichungen im Edelmetallgehalt einer Kurantmünze konnte auch andere Gründe haben als betrügerische Absichten der Münzherrn. So vermindert der normale Abrieb im Umlauf den Edelmetallgehalt der Münze. Gelegentlich wurde auch vom Rand der Münzen Edelmetall abgefeilt oder auf andere Weise Material entnommen (siehe auch Passiergewicht).

Ein komplizierter Fall liegt vor, wenn sich das faktische Gewichtsmaß des Münzfußes mit der Zeit ändert oder zwischen verschiedenen Münzstätten abweicht. Dies war beispielsweise für die Cölnische Mark der Fall, die dem Münzfuß mehrerer Münzwährungen zu Grunde lag. So hatte die Cölnische Mark in Köln eine Masse von 233,8123 g, in Bayern von 233,95 g und in Preußen von 233,8555 g. Dies war ein Problem, weil reichseinheitlich die Münzfüße etwa des Reichstalers und des Guldens bezogen waren.

Auf „Approbationstagen“, die für das Gebiet des alten Deutschen Reichs abgehalten wurden, wurden derartige Unterschiede festgestellt. Münzen, die nur kleine Unterschiede aufweisen, galten gegenseitig als vollwertig. Sie wurden im Geschäftsverkehr aber mit einem Disagio oder Agio im Vergleich zum Münznominal bzw. zur Rechnungsmünze bewertet. Diese Unterschiede im Edelmetallgehalt („Feingehalt“) der verschiedenen Münzen wurden in Valvationstabellen festgehalten.

Kurantmünzen haben wie Scheidemünzen einen natürlichen Kurs, der sich aus ihrem „inneren“ Metallwert ergibt. Zusätzlich haben sie zur Zeit ihrer Gültigkeit in einem bestimmten Währungsgebiet meist einen gesetzlichen Zwangskurs: sie mussten im jeweiligen Währungsgebiet als Zahlungsmittel zu festgelegten Kursen angenommen werden.

In der Literatur ab etwa 1920 und in der Bankumgangssprache werden gelegentlich alle „kursierenden“ Münzen, also auch Scheidemünzen, als „Kurantmünzen“ bezeichnet.

Kurantmünzbeispiel 20 Goldmark Deutschland 1871 bis 1915

Nach dem Gesetz vom 4. Dezember 1871, „Gesetz, betreffend der Ausprägung von Reichsgoldmünzen“, waren in mehreren Paragraphen der Münzfuß, die Legierung und Toleranzen (Remendium) sowie das Passiergewicht für die 10- und 20-Mark-Goldmünzen festgelegt worden:

Münzfuß: 69 3/4 Stück aus 1 Pfund (500 g) Feingold (entspricht theoretisch 7,16845 g Feingold pro 20-Mark-Münze)

Legierung: 900 Teile Feingold und 100 Teile Kupfer

(Fertigungs-)Toleranzen: 2/1000 Teile vom Feingewicht und 2,5/1000 Teile vom Rauhgewicht

Passiergewicht: 5/1000 Teile vom Rauhgewicht

Münzen, die unterhalb des Passiergewichtes wogen, brauchten von den deutschen Reichskassen nicht mehr in vollgewichtige Münzen zu Lasten des Reiches umgewechselt zu werden. In der Praxis erfolgte das dennoch, sofern sie keine Beschädigungen aufwiesen – also nur etwas stärker durch den Umlauf abgenutzt waren.

Viele Händler und Kaufleute führten damals noch eine kleine, zusammenklappbare Münzwaage, oft noch mit einer Durchmesserlehre ausgestattet, zur Gewichts- und Durchmesserkontrolle für 5-, 10- und 20-Mark-Goldmünzen mit sich.

Geschichte

Zur Zeit des Kurantgeldes wurden Münzen, deren Metallwert meistens wesentlich geringer war als ihr Nominalwert, Scheidemünzen genannt; andere Bezeichnungen waren auch Land- oder Stadtmünzen, was zumindest für die kleinen Nominale galt, die nicht nach dem vorgeschriebenen Reichsfuß ausgeprägt wurden. Zu den Scheidemünzen zählten nicht nur Bronze- und Kupfermünzen, sondern auch viele Silbermünzen, deren Metallwert durch die Legierung mit Kupfer teilweise erheblich im Vergleich zu ihrem Nominalwert gemindert wurde. Diese Silber-Kupferlegierung mit weniger als 50 % Silberanteil wurde Billon genannt. Die Zeit der reinen Kurantmünzenwährung kann bis etwa 1570 angesetzt werden, wo auch die kleinen Münzsorten noch fast vollwertig waren – sieht man von einem kleinen Remendium von ca. 3 bis 6 % ab, das zur Deckung des relativ erhöhten Prägeaufwandes diente.

Vom Altertum bis zum Ersten Weltkrieg kam den Kurantmünzen eine sehr große Bedeutung zu. Sie waren praktisch immer aus Gold (Goldmünze) oder Silber (Silbermünze) geprägt. In Russland waren Anfang des 19. Jahrhunderts auch Dukaten-Münzen zu 3, 6 und 12 Rubel aus Platin im Umlauf. Spätere Platinmünzen waren meistens Abschläge von kursierenden (Gold-)Münzen oder vergoldete Fälschungen zu einer Zeit, als Platin noch weniger Wert hatte als Gold. Im Schweden des 18. Jahrhunderts gab es Kupferplattenmünzen mit erheblichem Gewicht vom ein- bis mehrfachen Talernominal, da hier das wesentlich billigere Kupfer den Münzwert zu decken hatte und Münzsilber knapp war. Die großen und schweren kupfernen russischen 1/4- bis 5-Kopeken-Stücke (Pjataks) und die englischen 1- und 2-Penny-Münze (Cartwheel Penny) des ausgehenden 18. Jahrhunderts könnten auch fast als „Kleinkupferkurantmünzen“ angesehen werden, da sie die vormaligen wesentlich kleineren silbernen Nominale ablösten und anfangs keine Scheidemünzen sein sollten.

Bis 1872 hatten deutsche Silberkurantmünzen in ihrem Gepräge neben der Nominalwährungsangabe fast immer eine zusätzliche Angabe ihres Gewichtes, z. B. 1 Thaler, 30 (Stück = Zählmaß) ein Pfund fein(es Silber). Gold(kurant)münzen hatten meistens keine Gewichtsangabe.

Größere Zahlungen wurden vor 1871 immer mit genauer Angabe der Kurantwährung in den Verträgen vereinbart, z. B. „preußisch Courant“ oder „Friedrich d’or“. Wurde versucht, mit Scheidemünze eine Kurantschuld abzulösen, war meistens Aufgeld fällig. Das galt besonders bei Rückzahlungen in ausländischer Scheidemünze, aber auch häufig bei Banknoten.

War Silber das Hauptwährungsmetall, spricht man von einer Silberstandardwährung und die parallel umlaufenden Goldmünzen waren meistens Handelsmünzen mit einem schwankenden Kurs, der meistens Aufgeld war. War jedoch das Gold das Währungsmetall, so war das Silber fast immer Scheidemünze. In einer relativ kurzen Phase um 1865 bis 1875 gab es in Deutschland und in der Lateinischen Münzunion Bimetallismus, d. h. Gold und Silber waren relativ zueinander fast wertstabil im Verhältnis 1 : 15,5, so dass Gold und Silber einige Jahre lang gleichzeitig gleichberechtigte Kurantmünzen waren; dann verfiel allerdings der Silberpreis.

In Deutschland waren bis zur Einführung der Goldmark im Jahre 1871 alle großen (groben) Silbermünzen Kurantmünzen und das meistens bis zum 1/6 Taler herunter. Der letzte deutsche Kurantgroschen war der sächsische Groschen im 13-1/3-Talerfuß von 1827 mit dem Gepräge „24 einen Taler, 320 eine feine Mark“.

Die deutsche Goldstandardwährung von 1871 bis 1907 wird wegen des Umlaufes der Taler parallel zu den 10- und 20-Mark-Goldmünzen manchmal als „hinkende Goldwährung“ bezeichnet.

Einfache Vereinstaler behielten ihre Kurantgeld-Eigenschaft noch bis zu ihrer Außerkurssetzung 1907 de jure. Die Silbermünzen in Mark-Währung des Kaiserreichs hingegen waren von Anfang an Scheidemünzen und mussten nur bis zu einer Höhe von 20 Mark angenommen werden; für Pfennig-Münzen galt nur eine Mark als begrenzter Annahmezwang.

In der Lateinischen Münzunion waren neben den Goldmünzen nur die silbernen 5-Franken-Stücke um 1870 praktisch und de jure Kurantmünzen. Hier kann man durchaus eine Parallele zum deutschen Taler sehen. Die übrigen Silbermünzen ab 2 Franken abwärts wiesen einen relativ niedrigeren Feingehalt aus – ähnlich wie die silbernen Markstücke, die einen ca. 10 % relativ niedrigeren Feingehalt zum Mark-Wert hatten als die (Kurant-)Taler.

Die Begriffe „Kurant- und Scheidemünze“ wurden seit etwa 1871 im offiziellen Sprachgebrauch vermieden, sind jedoch im österreichischen Recht noch heute gebräuchlich.

Das letzte deutsche Kurantgeld waren die 20- und 10-Mark-Stücke, die bis etwa August 1914 noch im Umlauf waren (siehe Goldmark). Das im Jahre 1915 noch geprägte goldene preußische 20-Mark-Stück kam nicht mehr in den Umlauf.

Vom Kurantgeld zu unterscheiden ist das Bankgeld, das es in verschiedenen deutschen Territorien parallel zum umlaufenden Kurantgeld gab und das einen hiervon abweichenden Wert besaß. So existierte in Hamburg ab 1725 und bis 1871/74 neben der Hamburger Mark Kurant (oder Mark Courant) die dem Geschäftsverkehr vorbehaltene Mark Banco, die bei gleichem Nominalwert einen um etwa ein Viertel höheren Wert besaß. Die beiden Währungen hatten trotz gleichen Geltungsgebiets keinen festen Umrechnungskurs zueinander.

Erst ab dem 1. Januar 1910 galten im Deutschen Reich Banknoten als Zahlungsmittel mit unbegrenzt schuldbefreiender Wirkung. Dies gilt auch für die heutigen Euro-Banknoten. Schon im 19. Jahrhundert wurde in Preußen bei Steuerzahlungen mit Bargeld an den Staat ein bestimmter Prozentsatz an Staatspapiergeld verlangt. Andernfalls war Strafgeld fällig. Dieser Umstand zwang die Bürger, Banknoten anzunehmen, obwohl ja Kurantgeld normalerweise unbegrenzt schuldbefreiend war. Dieser Staatszwang sollte die Einführung von (untergedeckten) Geldersatzzeichen beim Bürger erwirken, was seine Ursache letztendlich in der Staatsverschuldung hatte. Allerdings hatte und hat Papiergeld auch Vorteile, z. B. was das Gewicht betrifft. Um beispielsweise einen Betrag von 1000 Talern in bar zu zahlen, mussten ca. 18 kg Silber transportiert werden.

Heutige Entwicklung

Heute ist der Wert von Kursmünzen – und erst recht Banknoten –, die als offizielle Zahlungsmittel eingesetzt werden, meist nicht mehr durch ihren Materialwert gedeckt. Auch sind die Zahlungsmittel nicht mehr nach einem festgelegten Kurs auf Verlangen in Edelmetall umtauschbar. Es handelt sich um Kredit- und nicht mehr um Kurantgeld (siehe auch Fiat Money). Herstellungskosten und der Materialwert von Münzen sind nicht dieselben. Ein gutes Beispiel war die letzte deutsche 1-Pfennig-Münze, die in der Herstellung ca. 2 Pfennig kostete, aber im Materialwert deutlich unter einem Pfennig lag. Bei Kurantmünzen wurden früher dagegen die relativ geringen Herstellungskosten und Beilegierungskosten im Vergleich zum hohen Nominalwert der Kurantmünze vernachlässigt; sie betrugen bei Goldmünzen weit unter 1 % und bei den Talern maximal 3 %. Siehe auch Seigniorage oder Schlagschatz.

Bei modernen Edelmetallmünzen, die am Bankschalter angeboten werden, handelt es sich nicht um Kurantmünzen, da sie nicht für den Zahlungsverkehr, sondern für Anleger (Bullionmünzen) oder Sammler geprägt werden. Meistens tragen sie eine Nominalangabe einer Währung, die aber wesentlich unter ihrem (Gold-, Platin-) Materialwert liegt. Durch Inflation und/oder Metallpreiserhöhungen kann sich eine Scheidemünze über die Jahre hinweg durchaus langsam zu einer „Kurantmünze“ entwickeln, welchem dann verschiedene Länder durch den Wegfall der kleinsten Münznominale, Münzmaterialverbilligung (Aluminium- statt vormaliger Kupferlegierung), Feingehaltverringerungen oder kleineren Münzabmessungen begegneten. Beispiele: Wegfall des britischen Farthings (1/4 d) ab 1957, Wegfall der 1- und 2-Rappen-Stücke in der Schweiz, Umstellung der 5-Schilling-Münzen von Silber auf Kupfer-Nickel in Österreich ab 1968, Umstellung der 5-DM-Kursmünzen von Silber auf Nickelkern mit Kupfer-Nickel plattiert 1975. Als Beispiel einer zeitgenössischen Umlaufmünze, deren Metallwert beinahe dem Nominalwert gleichkommt, die somit als „moderne Kurantmünze“ gelten kann, ist das 5-Cent-Stück (Nickel). Es wiegt 5 Gramm und wird aus Kupfernickel (Cu75Ni25) angefertigt. Der Metallwert beläuft sich auf 4,3 US-Cent (Stand: 24. Oktober 2014).

Literatur

  • Heinz Fengler: transpress Lexikon Numismatik. Verlag für Verkehrswesen, Berlin 1988, ISBN 3-344-00220-1.
  • Verein Gelehrter und praktischer Kaufleute: Handels-Lexikon oder Encyclopädie der gesamten Handelswissenschaften für Kaufleute und Fabrikanten. Verlag Ernst Schäfer, Leipzig 1847.
  • Rudolf Hilferding: Das Finanzkapital. Verlag JHW Dietz Nachfolger, Berlin 1947. (unveränderter Nachdruck von 1910)
  • Carl Schaeffer, Heinrich Brode: Allgemeine Volkswirtschaftslehre. Verlag C. L. Hirschfeld, Leipzig 1927.
  • Hans Schwenke: Deutsche Geldzeichen 1871–1914. Verlag der Wissenschaften, Berlin 1980, S. 45ff