Kredittheorie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Kreditgeld)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Systematisierung dreier Kredittheorien durch IWF gegenüber der OECD (2019):
1. Klassische Theorie,
2. Geldschöpfungsmultiplikator-Theorie (als obsolete „Hybrid-Theorie“) und
3. Moderne Kredittheorie (als „accounting reality“ postuliert).

Kredittheorie ist in der Volkswirtschaftslehre ein Sammelbegriff für mehrere, nebeneinander stehende, sich ganz oder teilweise gegenseitig widersprechende Theorien, die sich mit Entstehung, Funktionen, Wesen sowie Wirkungen von Krediten auf den Kreditmärkten befassen.

Die Kredittheorie wird wie die Geldtheorie von dem Theorienstreit darüber tangiert, ob Geldguthaben oder Kreditgewährungen den Ausgangspunkt für eine Theorie bilden. Im Zentrum dieser Diskussion steht die Frage, ob das Geld aus dem Kredit oder der Kredit aus angesammeltem Geld(guthaben) abzuleiten ist.[1] Funktional erklärt die Geldtheorie unter anderem den Geldmarkt (mit Geldangebot und Geldnachfrage), die Kredittheorie insbesondere den Kreditmarkt (mit Kreditangebot und Kreditnachfrage).

Begriffsbestimmung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Modell Wirtschaftskreislauf innerhalb (veralteter) VWL-Lehrbücher geht entsprechend der klassischen Kredittheorie von Geschäftsbanken als reinen Finanzintermediären (Kapitalsammelstellen) aus.

Unterschieden wird zwischen klassischer und moderner Kredittheorie.

Klassische Kredittheorie

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erkenntnisobjekt der klassischen Kredittheorie ist das Kreditgeschäft der einzelnen Kreditinstitute.[2] Die klassische Kredittheorie geht davon aus, dass eine Bank die im Einlagengeschäft unterhaltenen Bankeinlagen als Refinanzierung für Kredite nutzt. Ihr Standpunkt ist: „Am (logischen) Anfang steht das Geld“.[3] Die Höhe der Kreditgewährung werde durch den Bestand an Spareinlagen determiniert.[4] Das Bankwesen übt bei ihr eine vermittelnde Rolle des Finanzintermediärs aus. In der klassischen Kredittheorie brachte der Kreditzins die Kreditnachfrage mit dem Kreditangebot auf dem Kreditmarkt in Einklang.[5]

Ein wesentlicher Übergang von den Paradigmen der klassischen zur modernen Kredittheorie wurde im deutschen Sprachraum durch Karl Knies (1879)[6], ab 1918 (durch H. G. Moulton) als Shiftability-Theorie bezeichnet, ausgelöst. Fortan galten Wertpapiere (inkl. Kreditforderungen des jeweiligen Kreditinstitutes) mit hoher Bonität als in Primärliquidität tauschbare sekundärliquide Mittel[7].

Moderne Kredittheorie

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Versuch einer Synthese zwischen klassischer und moderner Kredittheorie (einzel- und gesamtwirtschaftliche Betrachtung durch die Bank of England, 2014).

Die moderne Kredittheorie hat erreicht, den Unterschied zwischen kurzfristigen und langfristigen Krediten durch fristenlose Modelle der Kreditschöpfung verschwinden zu lassen.[8] Sparen als freiwilliger Konsumverzicht ist nicht mehr die einzige Finanzierungsquelle für Investitionen, sondern hinzu kommt die Kreditschöpfung des Bankensystems (Giralgeldschöpfung).

Die moderne Kredittheorie wurde von Henry Dunning Macleod ab 1891 begründet. Für ihn war Geld die höchste und allgemeinste Form des Kredits.[9] Er gilt gleichzeitig als Begründer der Kreditschöpfungslehre, die ein zentraler Bestandteil der modernen Kredittheorie ist. Er war der Auffassung, dass die Geldschöpfung unterausgelastete Produktionsfaktoren (beispielsweise Unterbeschäftigung auf dem Arbeitsmarkt) deren Kapazitätsauslastung mobilisieren könne. Bereits 1882 hatte Macleod in Lectures on Credit and Banking erklärt,[10] dass Banken keinerlei Einlagen verleihen.[11]

Weitere Vertreter sind u. a. John Law (1705) und Adolph Wagner (1862).[12] Die Einführung eines auf Grund und Boden basierenden Papiergeldes (Bodengeldtheorie) empfahl John Law im Jahre 1705 mit der Begründung, dass eine Vermehrung des Geldes „eine Beschäftigung der bislang Arbeitslosen“ ermögliche.[13]

Joseph Schumpeter und Ralph George Hawtrey haben die moderne Kredittheorie weiterentwickelt, diese bestimmt den Kredit an den logischen Anfang: „Praktisch wie auch analytisch ist möglicherweise eine Kredittheorie des Geldes einer Geldtheorie des Kredites vorzuziehen“.[14]

Nach Schumpeter (1911) entwickelte in Deutschland L. Albert Hahn (1920),[15] inspiriert von Mcleod, Wicksell (1898),[16] Schumpeter, seine Volkswirtschaftliche Theorie des Bankkredits und spricht darin von Banken als „Kreditmanufakturen“.[17][18]

John Maynard Keynes (1930) schreibt innerhalb seines Werkes A treatise on money (dt. Vom Gelde): „Eine solche Bank schafft Ansprüche gegen sich selbst auf Hergabe von Geld, oder, wie wir diesen Tatbestand späterhin nennen wollen, sie schafft Depositen. […] Aber es gibt noch einen zweiten Weg, auf dem die Bank einen Anspruch gegen sich selbst schaffen kann. Sie kann selbst Werte kaufen, das heißt ihre Anlagen erhöhen und diesen Kauf, wenigstens zunächst, dadurch begleichen, dass sie einen Anspruch gegen sich selbst einräumt. Oder die Bank kann einen Anspruch gegen sich selbst zugunsten eines Kreditnehmers schaffen, und zwar gegen sein Versprechen späterer Rückzahlung; das heißt, sie kann Darlehen oder Vorschüsse geben. In beiden Fällen schafft die Bank das Guthaben.“[19]

Der modernen Kredittheorie entsprechend[20] gibt die Europäische Zentralbank seit 2017 wie folgt an: „Geschäftsbanken können auch ‚Innengeld‘ schaffen, d. h. Bankeinlagen – dies geschieht bei jeder neuen Kreditvergabe.“[21] Eine differenziertere Darstellung findet sich bei der Bank of England (2014)[22] bzw. ab der dritten Phase der Kredittheorie innerhalb der Kreditmechanik.

Kreditmechanik

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Modellfall: Kreditgewährung im Gleichschritt (Gestrich 1936).
Vier kreditmechanische Gegenabhängigkeiten hinsichtlich (Un-)Veränderungen der Geldmenge[23]

„Credit mechanics overcomes a one-sided, bank-centric view of money creation, which is often encountered in monetary theory. [...] the money supply is influenced by the interplay of loan creation and repayment rates.“

Frank Decker, Charles Goodhart 2018

Nach Wolfgang Stützel stellt die dritte Phase der Theorie, die Kreditmechanik, gewissermaßen eine Synthese zwischen klassischer und moderner Kredittheorie dar und ist vor allem auf Wilhelm Lautenbach,[24] Hans Gestrich,[25] Otto Pfleiderer[26] und Leonhard Gleske[27] zurückzuführen. Nicht jede Kreditgewährung führt in voller Höhe zu Geldschöpfung.[28] Es hängt davon ab, wem die Zahlungsströme zufließen[29][30][31] – inwieweit aus Kreditgewährungen entstehende Zahlungsströme (von anderen Schuldnern) zur Tilgung offener Kreditschulden verwendet werden.[32] Die aggregierte Bankbilanz verkürzt sich in dem Fall, wenn Kreditoren an Debitoren leisten und letztere ihre Kredite bedienen („Nettogeldvernichtung“)[33].

Ob durch Kreditgewährungen der Geschäftsbanken (Geschäftsbankengeld) die Geldmenge signifikant steigt oder nicht,[34] ist nicht nur von der jeweiligen Geldpolitik, sondern u. a. von Marktstimmung sowie von der gegebenen Wirtschaftslage abhängig.[35][36][37]

Zu Kreditbedarf der Unternehmen[38][39]

Aus der Kreditmechanik resultiert die Erkenntnis, dass, um keine Konjunkturabkühlung zu riskieren, nicht nachfragende Geldsparvermögen, solange diese inaktiviert, der Kaufkraft entzogen werden, durch Kreditgewährung notwendig zu kompensieren sind.[40] Von den Neoklassikern etwa wird dieser Sachverhalt (weiterhin) bestritten (siehe auch: Loanable Funds Theorie).

Ferner relativiert die Kreditmechanik die klassische Theorie des Crowding-out-Effektes,[41] da Kreditgewährungen an Private mit Kreditgewährungen an den Staat (durch das Bankensystem) nicht als in Konkurrenz stehend betrachtet werden, im Gegenteil.[42][43]

In seiner Saldenmechanik bringt es Wolfgang Stützel auf den Punkt: „Die Unternehmergewinne bleiben stets nur genau um jenen Betrag hinter dem Unternehmeraufwand für Konsum und Investition zurück, um den die Nichtunternehmer Einnahmeüberschüsse bilden.“[44] Das bedeutet, dass bei Bildung von monetären Überschüssen der privaten Nichtunternehmer (wie dies in der Gesamtheit üblicherweise auftritt)[45] und gleichzeitig angestrebter Entschuldung der inländischen Unternehmen, dies überhaupt nur durch einen zusätzlichen Ausgabenüberschuss des eigenen und/oder eines ausländischen Staatshaushalts finanziert werden kann – umgekehrt können Budgetdefizite nur dann erfolgreich reduziert werden, wenn andere Haushalte entweder entsparen (bereits gebildete Geldvermögen aus kumulierten Einnahmeüberschüssen verbrauchen) und/oder ihrerseits ihre Ausgabenüberschüsse erhöhen.[46]

Gold-Kreditgeld

Entstehen aus dem „schöpferischen Bankkredit“ (aus der Nettokreditaufnahme der Nichtbanken) zusätzliche Zahlungsmittel, wird heute von Kreditgeld[47] gesprochen. Kreditgeld ist so alt wie die materielle Schuld selbst bzw. genau so alt wie die Übertragung von Schuldforderungen zu Zahlungszwecken.[48] Hierzu schrieb Keynes: „Denn die Verwendung von Bankgeld hängt von nichts anderem ab, als allein von der Entdeckung, daß in vielen Fällen die Übertragung der Schulden selber für die Abwicklung von Geschäften ebenso zweckdienlich ist wie die Übertragung des Geldes, auf das jene lauten. Ein Anspruch auf eine Schuld ist gleichzeitig ein Anspruch auf Geld, und soweit man auf die prompte Umwechslung eines Schuldtitels in Geld vertraut, spielt das Element der Entfernung bei der Tauglichkeit des Bankgeldes zur Abwicklung von Geschäften keine Rolle. Bankgeld in der Form von Wechseln war für die Zwecke der Abwicklung von Geschäften bei größeren Entfernungen in der alten Welt nicht weniger tauglich und notwendig als heute, wegen der geringen Kosten der Übermittlung im Vergleich zu den Kosten und Risiken eines Transportes von Bargeld.“

Heinrich Rittershausen wies darauf hin, dass genauso Einnahmeüberschüsse aus konventionellen Formen der Kreditvergabe als Kreditgeld zu verstehen sind.[49] In beiden Fällen stehen Einnahmeüberschüsse monetären Schulden in gleicher Höhe gegenüber.

Der ökonomische Althistoriker Edward Cohen weist darauf hin, dass bereits die ersten Privatbanken der Welt, die Trapeziten im antiken Athen, (Gold-)Kreditgeld verwendeten.[50]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Hans-Georg Backhaus, Dialektik der Wertform, 2018, S. 185
  2. Hermann Feifel, Die Anwendbarkeit der modernen Kreditschöpfungslehre auf die besondere Art des Sparkassengeschäfts, 1959, S. 67.
  3. Joseph Schumpeter, Geschichte der ökonomischen Analyse, Band 2, 1954, S. 1350
  4. Karl Ockel, Zur volkswirtschaftlichen Problematik des Teilzahlungskredites, 1962, S. 117.
  5. Rudolf Stucken, Geld und Kredit, 1957, S. 87.
  6. Karl Knies, Geld und Kredit, 1879/1885 (Band 2).
  7. Vgl. Gabler Banklexikon: Bankenliquidität: „Bankenliquidität bezeichnet alle jederzeit verfügbaren Mittel einer Bank, die eine kontinuierliche Zahlungsfähigkeit garantieren. Dazu zählen Aktiva, die permanent in Zahlungsmittel liquidiert werden können.“
  8. Heinrich Rittershausen, Bankpolitik: Eine Untersuchung des Grenzgebiets zwischen Kredittheorie, Preistheorie und Wirtschaftspolitik, 1956, S. 44.
  9. Henry Dunning Macleod, The Theory of Credit, 1891 (Band 1), 1894 (Band 2)
  10. Lectures on Credit and Banking – Internet Archive Henry Dunning Macleod, Lectures on Credit and Banking, London, 1882
  11. Hans Christoph Binswanger, The Growth Spiral, Money, Energy and Imagination in the Dynamics of the Market Proces, Berlin und Heidelberg 2013, S. 38.
  12. „Gegen die Ansichten der Currencytheorie machten die Vertreter der Bankingtheorie wie Tooke [1844], Fullarton [1844] und später Adolph Wagner [1862] geltend, die Vermehrung von ‚bankmäßig‘, d. h. gegen Diskontierung von Warenwechseln, ausgegebenen Noten können niemals inflationistisch wirken, da die Ausdehnung der Geschäftsumsätze und die Steigerung der Warenpreise die Ursachen eines größeren Zirkulationsbedarfes seien.“ (Gerhard Stavenhagen: Geschichte der Wirtschaftstheorie, Göttingen 1969, S. 431). Vgl. Manfred Borchert: Geld und Kredit. Einführung in die Geldtheorie und Geldpolitik, 8. Auflage, München 2003, S. 60.
  13. John Law, Money and Trade Considered with a Proposal for Supplying the Nation with Money, 1705, S. 121 f.
  14. Joseph Schumpeter: Geschichte der ökonomischen Analyse, Band 1, 1954, S. 876.
  15. „Hierbei ist noch einmal zu betonen, daß die Liquiditätstheorie des Zinses keine neue Entdeckung von Keynes ist. Ganz ausführlich und in aller Form hat sie in Deutschland A . H a h n , der auf Wicksells und Schumpeters Arbeiten fußt, schon in seiner 1920 erschienenen Volkswirtschaftlichen Theorie des Bankkredits entwickelt, wo er den Zins, in fast wortwörtlicher Übereinstimmung mit Keynes, als den ‚Preis des Liquiditätsverlustes‘ bezeichnet.“ (Wilhelm Lautenbach: Der Streit um J. M. Keynes´ Theorie [PDF, S. 7 f], erstveröffentlicht in: Die Bank 1937).
  16. Knut Wicksell: Geldzins und Güterpreise, 1898.
  17. C. Müller: Entstehung und Entwicklung der „Neuen Wirtschaftslehre“ in Deutschland, in: Der Keynesianismus, Band III, Die geld- und beschäftigungstheoretische Diskussion in Deutschland zur Zeit von Keynes, Dokumente und Analysen (Hrsg.: Bombach, Netzband, Ramser, Timmermann), Berlin 1981, S. 34; ISBN 978-3-540-10679-1
  18. Von Hahn (1920) wurde dann wiederum Schumpeter zu seiner 2. Auflage von Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung (1926) beeinflusst. In Deutschland war ab 1929/30 die mögliche Kreditausweitung durch das Bankensystem anerkannter Konsens, etwa bei Heinrich Rittershausen in: Arbeitslosigkeit und Kapitalbildung, zugleich ein bankpolitisches Programm zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise. Vgl. C. Müller: Entstehung und Entwicklung der „Neuen Wirtschaftslehre“ in Deutschland, in: Der Keynesianismus, Band III, Die geld- und beschäftigungstheoretische Diskussion in Deutschland zur Zeit von Keynes, Dokumente und Analysen (Hrsg.: Bombach, Netzband, Ramser, Timmermann), Berlin 1981, S. 34, 47. Siehe auch vier Beiträge im Handelsteil der Frankfurter Zeitung (August 1929) von Hahn, Neisser, Palyi, Lautenbach – wiedergegeben in: Die Reparationsbank – kritische Betrachtungen, Frankfurter Societäts-Verlag, Frankfurt am Main, 1929 und 1930.
  19. John Maynard Keynes, Vom Gelde, 1930/1932, 3. Auflage, Berlin, 1983, S. 18 f.
  20. Durch Michael Kumhof (BoE, WP 529) wurde ab 2015 die Begrifflichkeit Financing through money creation (FMC) etabliert, dies entspricht der (bankbilanz-)aggregierten Perspektive der Modernen Kredittheorie und stellt keine Neuerung dar.
  21. EZB (2017): Was ist Geld?
  22. BoE, McLeavy et al. (2014): Money creation in the modern economy. Kritik an der Darstellung der BoE 2014 ("partially true") findet sich bei Charles Goodhart (2017): The determination of the money supply, S. 10 f sowie bei Decker/Goodhart (2021), S. 31 ff.
  23. Frank Decker, Charles A.E. Goodhart (2021): Wilhelm Lautenbach’s credit mechanics – a precursor to the current money supply debate, S. 8
  24. Frank Decker/Charles A.E. Goodhart, Wilhelm Lautenbach’s credit mechanics – a precursor to the current money supply debate, 2021, S. 3 ff.
  25. Hans Gestrich (1936): Neue Kreditpolitik (PDF, 2. korrigierte Auflage 2018).
  26. Otto Pfleiderer: Die Mechanik des Kreditvolumens. In: Bankwirtschaft, Nr. 13, 1. Oktober 1943.
  27. Leonhard Gleske: Die Liquidität in der Kreditwirtschaft, Frankfurt 1954.
  28. Wolfgang Stützel: Volkswirtschaftliche Saldenmechanik. (2. Auflage) Tübingen 2011, S. 219.
  29. Wolfgang Stützel: Volkswirtschaftliche Saldenmechanik. (2. Auflage) Tübingen 2011, S. 220.
  30. Leonhard Gleske: Die Liquidität in der Kreditwirtschaft. Frankfurt 1954. S. 53: „Die Menge des vom Banksystem durch Kreditgewährung kreierten Geldes hängt ganz entscheidend davon ab, ob die Zahlungen der Schuldner anderen Schuldnern oder aber Kreditoren zufließen oder umgekehrt davon, ob die Zahlungen der Kreditoren anderen Kreditoren oder aber Debitoren zufließen. In der Regel führt eine verstärkte Kreditgewährung, ein verstärkter Krediteinsatz der Banken doch zum Anstieg des Geldvolumens, es braucht aber nicht notwendig so zu sein.“
  31. Wolfgang Stützel (Hrsg.), Wilhelm Lautenbach: Zins, Kredit und Produktion (PDF; 1,2 MB), Tübingen 1952, S. 48: „Leistet ein Kreditor an einen Debitor, so schrumpft die Kreditsumme, leistet ein Debitor oder einer, der durch die Zahlung Debitor wird, an einen, der nicht Debitor ist, so erhöht sich die Kreditsumme. Sie bleibt aber gleich, wenn ein Debitor an einen anderen Debitor oder ein Kreditor an einen anderen Kreditor leistet.“
  32. Hermann Feifel: Die Anwendbarkeit der Modernen Kreditschöpfungslehre auf Die besondere Art des Sparkassengeschäfts. Berlin 1959, S. 38 f: „Ferner berücksichtigen die Vertreter der Theorie der ausschließlich giralen Kreditschöpfungstätigkeit der Banken die von Lautenbach entwickelten Regeln der Kreditmechanik nicht. Wird nämlich ein Kredit derart beansprucht, daß der Debitor an einen anderen Debitor zahlt, dann entsteht keine neue Sichteinlage. Eine neue Sichteinlage kann nur dann entstehen, wenn der Debitor bei der Kreditinanspruchnahme an einen Kreditor zahlt.“
  33. Vgl. etwa M3-Geldmengen-Entwicklung Eurozone (absolute Relation) ab 1999 bei Statista (2023 rückläufig, also Geldvernichtung, gesamtsektoral negative Nettokreditaufnahme).
  34. Vgl. Lautenbach: „Wie in der Depression die Abnahme der Gesamtlohnsumme den Umlauf an Bargeld reduziert, so steigert die Zunahme der Gesamtlohnsumme ihn im Aufschwung.“ (Wilhelm Lautenbach: Zins, Kredit und Produktion [Hrsg.: Wolfgang Stützel], Tübingen 1952, S. 95).
  35. Vgl. Claus Köhler, Probleme der Zentralbankgeldmengensteuerung (Auszug; PDF), in: Probleme der Geldmengensteuerung (Hrsg. Werner Ehrlicher, Alois Oberhauser), Berlin 1978, S. 32 f.
  36. „Besteht eine starke eingefrorene Verschuldung der wirtschaftlichen Unternehmungen, so werden die neu entstehenden Girogelder in der ersten Periode einer Kreditausweitung zunächst von den Empfängern zum Abbau ihrer Schulden benutzt.“ (Hans Gestrich: Neue Kreditpolitik, Stuttgart und Berlin 1936, S. 40). „Umgekehrt bedeutet die Tilgung einer Bankschuld eine Sterilisierung von Kredit. Auch hier liegt wieder einer der Fälle vor, auf welche die Banken und die staatliche Wirtschaftspolitik nur sehr wenig Einfluß nehmen können: so war die Stagnation der 30er Jahre in Deutschland und anderen Ländern besonders dadurch gekennzeichnet, daß die Versuche der Banken und der staatlichen Stellen, den Kredit auszudehnen, jahrelang an der Neigung der Kundschaft scheiterten, vorhandene Schulden zurückzuzahlen. Es kam immer wieder durch die deflationären Wirkungen von Tilgungen zu einer Kompensation und damit Vernichtung jener aktiven Effekte, welche eingeleitet worden waren.“ (Heinrich Rittershausen: Bankpolitik, Frankfurt 1956. S. 32).
  37. „Arguably, one of the key reasons why the monetary aggregate M3 did not significantly increase despite the rapid increase of central bank reserves following the great financial crisis [2007/8] was limited wage growth.“ (Frank Decker/Charles Goodhart, Wilhelm Lautenbach´s credit mechanics, A precursor to the current money supply debates, 2021, S. 33)
  38. Wilhelm Lautenbach, in: Wolfgang Stützel (Hrsg.), Zins, Kredit und Produktion, Tübingen, 1952, S. 49: „Der Kreditbedarf der Unternehmer entsteht hier also gerade dadurch, dass Nichtunternehmer sparen, einerlei, ob es Private sind oder ob es die öffentliche Hand ist ...“
  39. Ewald Nowotny, Gründe und Grenzen der öffentlichen Verschuldung, in: Ökonomie in Theorie und Praxis, Berlin/Heidelberg, 2002, S. 261: „Typischerweise weisen dabei die privaten Haushalte erhebliche Überschüsse (Nettoersparnisse) auf.“
  40. Wilhelm Lautenbach, in: Wolfgang Stützel (Hrsg.), Zins, Kredit und Produktion, Tübingen, 1952, S. 62: „Wenn die ersparten Beträge als Depositen bei den Banken gehalten werden, verschlechtert sich ceteris paribus die Liquidität [des Gesamtbankensystems]. Das Kreditvolumen wächst bei gleicher Kasse, so daß das Verhältnis von Gesamteinlagen zu Kasse sich verschlechtert. Denn hätten die Sparer nicht gespart, sondern ihr Einkommen verausgabt, so wären die Geldbeträge genau so nach Durchfluss durch den Einzelhandel unweigerlich im Kreislauf an die Banken gekommen; der Barmittelbestand der Banken wäre also der gleiche gewesen, das Kreditvolumen aber geringer, weil die zum Konsum verausgabten Beträge von Unternehmern vereinnahmt worden wären mit der Folge, daß ihr Kreditbedarf entsprechend geringer, ihr Umsatz aber höher gewesen wäre. Das ist ein nach jeder Richtung hin paradoxes Ergebnis. Verdienst, Liquidität und infolgedessen Neigung zu investieren, sind größer, wenn Lohn- und Gehaltsempfänger weniger sparen. Das Sparen erzeugt gerade erst Kreditbedarf bei verringertem Umsatz, umgekehrt wird, wenn Sparer frühere Ersparnisse verzehren, die Liquidität sowohl der Banken wie der Unternehmungen, gesteigert und zugleich das Unternehmereinkommen.“
  41. Hans Gestrich: Neue Kreditpolitik (PDF; 652 kB), Stuttgart und Berlin 1936, S. 61: „Wenn die moderne Theorie vom Geld- und Kreditwesen etwas am Hergebrachten zu korrigieren hat, so ist es eine gewisse rein quantitative Betrachtungsweise, die sich daraus ergibt, daß die traditionelle Theorie sich den Kredit, der zur Verfügung gestellt werden kann, als einen starr begrenzten Vorrat vorstellt. Anhänger dieser Vorstellung können daher in Erstaunen geraten, daß am Höhepunkt einer Konjunktur, wenn die Menge sowohl des Bar- und Notenbankgeldes wie auch des auf Bankkredit beruhenden Giralgeldes stark vermehrt ist, der Zins hoch ist, während er am Ende einer Depression, wo die umlaufenden Barmittel und das Giralgeld durch Rückzahlungen und Konsolidierung verringert ist, der Zins niedrig ist.“
  42. Leonhard Gleske: Die Liquidität in der Kreditwirtschaft. Frankfurt 1954. S. 41: „Der Bankkreditbegriff hat in diesem Zusammenhang einen weiteren Inhalt. Er umfasst nicht allein kurzfristige Wechsel- und Kontokorrentkredite, sondern auch die langfristigen Ausleihungen und Anlagen jeder Art in den Bankbilanzen, soweit ihnen Depositen und nicht aus der Emission von Wertpapieren entstandene Verpflichtungen der Banken gegenüberstehen. In diesem Sinne zählen also zu den Bankkrediten auch die auf der Aktivseite der Bankbilanz aufgeführten Hypotheken und Wertpapiere, im besonderen Pfandbriefe, Industrie- und Kommunalobligationen, Staatsanleihen und Aktien. Es ist zwar nicht üblich Wertpapiere in das Bankkreditvolumen mit einzuordnen, aber sofern sie sich im Besitz des Banksystems befinden, lässt ihr wirtschaftlicher Charakter eine solche Interpretation zu.“
  43. Wilhelm Lautenbach: Über Kredit und Produktion. Frankfurt 1937, S. 18: „Wie funktioniert der Kreditapparat, wenn der Staat große Ausgaben durch Kredit finanziert? Woher kommen die Mittel?“
    „Die meisten, die die Frage stellen, und es sind keineswegs nur Laien, haben dabei die Vorstellung, als gäbe es irgendeinen begrenzten Vorrat an Geld oder Kredit. Mit dieser Vorstellung verknüpft sich gewöhnlich die besorgte Frage, ob der Staat durch seine Kreditansprüche nicht der Wirtschaft den Kredit verknappe. In Wahrheit verhält es sich aber genau umgekehrt. Wenn der Staat in großem Stil Kredit nimmt, wird die ganze Kreditwirtschaft aufgelockert. Die Geld- und Kreditmärkte werden flüssig, die Unternehmer werden liquide, ihre Bankkredite nehmen ab, die Geschäftsdepositen steigen […].“
  44. Wolfgang Stützel, Volkswirtschaftliche Saldenmechanik, Nachdruck der 2. Auflage, Tübingen, 2011, S. 80.
  45. Heinz-J. Bontrup nach Daten aus der Gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung der Deutschen Bundesbank, Tab. 8, S. 26, kooperationsstelle-osnabrueck.de (PDF; 348 KB)
  46. Ewald Nowotny, Gründe und Grenzen der öffentlichen Verschuldung, in: Ökonomie in Theorie und Praxis, Berlin / Heidelberg, 2002, S. 261: „Wirtschaftspolitisch bedeutungsvoll ist dabei die zwingende saldenmechanische Beziehung, dass eine Politik zur Reduzierung von aufgetretenen Budgetdefiziten („Budgetkonsolidierung“), nur dann erfolgreich sein kann, wenn es gelingt, den Finanzierungsüberschuss der privaten Haushalte zu reduzieren (z. B. durch erhöhten privaten Konsum) und/oder die Verschuldungsbereitschaft der Unternehmen zu erhöhen (z. B. durch Investitionen) und/oder eine Verbesserung der Leistungsbilanz (z. B. durch zusätzliche Exporte) zu erreichen.“
  47. Kreditgeld meint Schuldscheine im weitesten Sinne (bis zu Kerbhölzern), die übertragbar und zu Zahlungszwecken allgemein akzeptiert sind/werden. Während Zeiten goldgedeckter Währungen waren mit Kreditgeld der jeweiligen Währung Geldscheine sowie Münzen gemeint, da diese eine Verbindlichkeit des Emittenten, etwa der Zentralbank bzw. des ausgebenden Goldschmieds darstellten. Siehe auch: Hanno Beck: Volkswirtschaftslehre, Mikro- und Makroökonomie, München 2012, S. 370 f.
  48. John Maynard Keynes, Vom Gelde, 1930/1932, 3. Auflage Berlin, 1983. S. 12 f.
  49. Heinrich Rittershausen, Bankpolitik. Eine Untersuchung des Grenzgebiets zwischen Kredittheorie, Preistheorie und Wirtschaftspolitik, 1956
  50. Edward Cohen, Athenian Economy and Society, A Banking Perspective, Princeton University Press, 1997, ISBN=978-0-691-01592-7, S. 14 f: „Die athenischen Bankiers schufen Kredit und Geld über das verfügbare Angebot an Edelmetallen hinaus ... die Trapezai stellten Kreditgarantien aus, beschleunigten den Handel, indem sie die Verfügbarkeit von Geldern auf Bankkonten bestätigten, und führten Zahlungsanweisungen aus, durch die geschäftliche Transaktionen abgewickelt und Verpflichtungen erfüllt wurden, ohne dass tatsächlich Münzen übertragen wurden ... die breite Nutzung solcher ‚fiktiven‘ Kredite ermöglichte eine deutliche Ausweitung der Geschäftstätigkeit, ohne dass es zu einer tatsächlichen Zunahme der Münzprägung oder des Goldes kam.“ (originär: „The Athenian bankers did create credit and money beyond the available supply of precious metals … the trapezai issued guarantees of credit, expedited commerce by confirming availability of funds in bank accounts, and executed payment orders through which commercial transactions were settled and obligations met without the actual transfer of coins … wide use of such ‚ficititious‘ credit permitted a marked expansion in business activity without any actual rise in coinage or bullion.“)