Lampert von Hersfeld

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Lampert von Hersfeld[1] (* vor 1028 vermutlich in Franken; † zwischen 1082 und 1085 vermutlich in Hersfeld) war ein Geschichtsschreiber und erster Abt des Klosters Hasungen.

Leben und Werk

Die Biographie des Lampert ist nur aus Andeutungen bekannt, die er selbst in seinem Werk gemacht hat.

Lampert von Hersfeld wurde vor 1028 vermutlich in Franken als Sohn einer wohlhabenden Familie geboren. Seine Ausbildung zum Mönch erhielt er wohl in Bamberg von Erzbischof Anno II. von Köln, zeitgleich mit dem späteren Domscholaster Meinhard von Bamberg. Als Mönch trat er am 15. März 1058 in das Benediktinerkloster Hersfeld ein und erhielt am 16. September 1058 von Erzbischof von Mainz Luitpold in Aschaffenburg die Priesterweihe.

Die Vita Lulli

Im gleichen Jahr machte er eine Pilgerreise nach Jerusalem. Am 17. Oktober 1059 kam er von dort wieder zurück. Die Lebensbeschreibung des heiligen Lul, Vita Lulli war sein erstes Werk. Durch sein Wirken in der Hersfelder Klosterbibliothek und der Klosterschule erwarb er sich hohe Verdienste. Es ist wahrscheinlich, dass er zumindest zeitweise Scholaster an der Schule war. Sein zweites Werk, wohl um 1073 verfasst, war ein Gedicht in Hexametern und ist verloren. Es enthielt unter anderem die jüngste Geschichte des Klosters Hersfeld. Eine Hersfelder Klostergeschichte (Libellus de institutione Herveldensis ecclesiae), sein drittes Werk, ist nur fragmentarisch erhalten.

Im Jahr 1071 hielt er sich für einige Wochen im Kloster Siegburg und Saalfeld auf, um sich mit den Klosterreformen (Cluniazensische Reform) zu befassen. Er war überzeugter Anhänger der Benediktinerregel und Gegner des Reformmönchtums.

Die Annales

Mit den Annalen entstand 1078/1079 sein viertes und letztes Werk und zugleich das Hauptwerk. 1525 wurde das Werk das erste Mal gedruckt. Es behandelt die Geschichte der Welt von den Anfängen bis 1077, jedoch ist nur die Zeit ab 1040 von Lambert eigenständig geschrieben worden. Ab 1069 erreicht die Darstellung eine geradezu epische Breite.[2] Die Deutlichkeit, die Schreibart und die geschickte Anordnung zeichnen diesen Abschnitt aus und stellen einen Höhepunkt der Geschichtsschreibung des 11. Jahrhunderts dar.

Letzte Jahre und Tod

Er war ein überzeugter Gegner von Heinrich IV., was vermutlich der Grund seines Wechsels im Jahre 1077 von Hersfeld zum Stift Hasungen (heute bei Zierenberg, Stadtteil Burghasungen) war. Er wandelte es auf Wunsch der Kanoniker zum Benediktinerkloster um. Mit der Einführung der Hirsauer Reform (Hirsau) 1081 brachte er dies zum Abschluss und wurde erster Abt von Hasungen.

Vermutlich starb er kurze Zeit nach seiner Weihe zum Abt im Jahr 1082, spätestens aber 1085, auch der Ort ist nicht sicher. Vieles spricht für das Kloster Hersfeld, aber auch das Kloster Saalfeld kommt in Frage.

Nachwirkung der Werke Lamperts

Die Annalen wurden in den neunziger Jahren des 11. Jahrhunderts von zwei Mönchen, dem unbekannten Verfasser des Liber de unitate ecclesiae und von Ekkebert, in der Vita Haimeradi verwendet. Bis in die Zeit der Humanisten sind sie jedoch wenig benutzt worden. Der Erstdruck erfolgte 1525 in Tübingen durch Kaspar Kurrer bei der Buchhandlung Mohardt. Lamperts Vita Lulli lässt sich jedoch noch bis in das 14. Jahrhundert verfolgen und wird wohl auch weiterhin in der Klosterbibliothek geblieben sein.

Die ältere Forschung hat Lamperts Zuverlässigkeit häufig in Zweifel gezogen. Als Anhänger des Papstes habe es ihm an Objektivität gefehlt, was besonders deutlich bei der Darstellung des Investiturstreits zu beobachten sei.[3]

Seine Darstellung und Bewertung von Heinrichs Gang nach Canossa hat lange Zeit sowohl die ältere Forschung als auch die allgemeine Einschätzung (siehe Reichskanzler Otto von Bismarck in seiner Rede vor dem Reichstag am 14. Mai 1872: „Seien Sie außer Sorge, nach Canossa gehen wir nicht – weder körperlich noch geistig.“) geprägt.

Das lange umstrittene Werk ist vor allem durch die Untersuchungen Tilman Struves in seinen Eigenarten erkannt worden. Dem konservativen Lampert ging es um die Erhaltung der alten, christlich-monastischen und politischen Werte, die er in der Regierungszeit Heinrichs III. noch verkörpert sah. Seine Annalen schloss er 1077 mit der Wahl Rudolfs von Rheinfelden zum König und demonstrierte damit die Wiederdurchsetzung seiner Ideale, denen Heinrich IV. so gar nicht entsprach.[4]

In der Walhalla ist ihm unter dem Namen Lambrecht von Aschaffenburg die Gedenktafel Nr. 43 gewidmet.

Werke

  • Gedicht in Hexametern, der Libellus de institutione Herveldensis ecclesiae, eine Hersfelder Klostergeschichte, die wohl um 1073 geschrieben wurde und nur in geringen Bruchstücken erhalten ist.
  • Annalen. Neu übersetzt von Adolf Schmidt. Erläutert von Wolfgang Dietrich Fritz. 4., gegenüber der 3. um einen Nachtrag erweiterte Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2000, ISBN 3-534-00176-1.
  • Annalen. In: Oswald Holder-Egger (Hrsg.): Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi 38: Lamperti monachi Hersfeldensis Opera. Anhang: Annales Weissenburgenses. Hannover 1894, S. 1–304 (Monumenta Germaniae Historica, Digitalisat)
  • Vita Lulli archiepiscopi Mogontiacensis. In: Oswald Holder-Egger (Hrsg.): Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi 38: Lamperti monachi Hersfeldensis Opera. Anhang: Annales Weissenburgenses. Hannover 1894, S. 305–340 (Monumenta Germaniae Historica, Digitalisat)
  • Das Leben des heiligen Lullus. Herausgegeben, eingeleitet, übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Michael Fleck. Marburg 2007, ISBN 3-7708-1308-1.
  • Libellus de institutione Herveldensis ecclesiae. In: Oswald Holder-Egger (Hrsg.): Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi 38: Lamperti monachi Hersfeldensis Opera. Anhang: Annales Weissenburgenses. Hannover 1894, S. 341–354 (Monumenta Germaniae Historica, Digitalisat)

Literatur

Weblinks

Wikisource: Lampert von Hersfeld – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. In älterer Literatur wird auch die Schreibweise Lambert oder Lambrecht verwendet. Auch von Aschaffenburg.
  2. Vgl. Herbert Grundmann: Geschichtsschreibung im Mittelalter. 3. Auflage, Göttingen 1978, S. 27.
  3. In Meyers Konversationslexikon von 1888 heißt es etwa: „Seine Beurteilung Heinrichs IV. ist von den verleumderischen Berichten der Gegner des Königs bestimmt und daher ungerecht.“
  4. Zusammenfassend Hans-Werner Goetz: Der Investiturstreit in der deutschen Geschichtsschreibung von Lampert von Hersfeld bis Otto von Freising. In: Canossa. Erschütterung der Welt. Geschichte, Kunst und Kultur am Aufgang der Romanik. Essays (Begleitband zum Ausstellungskatalog). München 2006, S. 47–59, hier: S. 49.