Maria Osten

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Maria Osten (eigentlich Greßhöner, * 20. März 1908 in Muckum; † 16. September 1942 (erschossen) in Saratow, damals Sowjetunion) war eine deutsche Schriftstellerin.

Leben

Osten/Greßhöner wuchs im westpreußischen Neugolz (Golce) auf. Fünfzehnjährig brach sie die Gymnasiumsausbildung ab, trennte sich von ihrer deutschnational eingestellten Familie und ging nach Berlin. Dort arbeitete sie zunächst in einer Lungenheilstätte. Sie nahm privaten Unterricht bei den expressionistischen Malern Ludwig Meidner und Willy Jäckel, kam in Kontakt zu linken Künstlerkreisen und trat 1926 oder 1927 in die KPD ein.

1928–32 war sie Mitarbeiterin, zeitweise Lektorin und Autorenbetreuerin im kommunistisch orientierten, aber parteiunabhängigen Malik-Verlag von Wieland Herzfelde. Ihr literarisches Debüt gab Greßhöner mit der Erzählung Mehlgast in der Anthologie 24 neue deutsche Erzähler, die im Leipziger Kiepenheuer-Verlag herausgegeben wurde. 1932 erschien die Erzählung Zigelski hatte Glück. Im selben Jahr begleitete sie den sowjetischen Schriftsteller und Prawda-Korrespondenten Michail Kolzow (1898–1940) auf einer Reportagereise durch das Ruhrgebiet und folgte ihm anschließend nach Moskau, wo sie als Journalistin arbeitete.[1] Das Paar nahm 1933 den zehnjährigen Hubert L’Hoste als Pflegesohn mit nach Moskau. Dieser wurde Protagonist ihres Buches Hubert im Wunderland (1935), in dem sie euphorisch den Aufbau des Sozialismus in der Sowjetunion schilderte.

Seit 1933 engagierte sie sich reisend und schreibend unter dem Pseudonym „M. Osten“ für die antifaschistische Volksfront, so 1934 während des Abstimmungskampfs zur Saarabstimmung und ab 1935 in der Internationalen Schriftstellervereinigung zur Verteidigung der Kultur (ISVK) in Paris. 1936 beteiligte sich Osten maßgeblich an der Planung der literarischen Exilzeitschrift Das Wort. Als Sonderkorrespondentin der Deutschen Zentralzeitung (DZZ) nahm sie auf der Seite der Internationalen Brigaden am Spanischen Bürgerkrieg (1936–1939) teil. 1937 wurde sie in einem Brief des in Spanien eingesetzten französischen Komintern-Funktionärs André Marty an Stalin als deutsche Spionin denunziert.[2] Nach ihrer Rückkehr nach Paris 1938 übernahm sie die Redaktion von Das Wort.

Als Kolzow am 12. Dezember 1938 im Rahmen der stalinschen Säuberungen von der Geheimpolizei NKWD verhaftet wurde, hielt sie das für ein Missverständnis und reiste mit ihrem spanischen Adoptivkind José von Paris nach Moskau, um Kolzow beizustehen, obwohl er selbst sie davor gewarnt hatte. Auch andere Freunde und Bekannte, darunter Lion Feuchtwanger, Arthur Koestler und André Malraux, hatten ihr von der Reise nach Moskau abgeraten.[3] Ihr inzwischen mit einer Partnerin zusammenlebender Adoptivsohn Hubert L’Hoste verweigerte ihr als „Frau eines Volksfeindes“ die ehemalige Wohnung, und sie musste in ein Hotel ziehen. Für Kolzow konnte sie nichts mehr erreichen. Da sie die sowjetische Staatsbürgerschaft angenommen hatte, um Arbeitserlaubnis und Wohnrecht zu erhalten, war eine Ausreise für sie nicht mehr möglich. Kolzow wurde am 2. Februar 1940 in Butowo erschossen.[4]

Zuletzt kümmerte sich Osten um die todkranke Margarete Steffin, die Bertolt Brecht auf seiner Flucht vor den Nationalsozialisten in Moskau zurückgelassen hatte und die ebenfalls unter Beobachtung des NKWD stand.[5] Am 25. Juni 1941 wurde sie vom NKWD verhaftet. Am 8. August 1942 wurde Osten als angebliche Spionin zum Tode verurteilt und sofort von einem NKWD-Kommando erschossen.[6] 1957 wurde sie vom Militärtribunal in Moskau »rehabilitiert«, das heißt, ihre Verurteilung wurde aufgehoben.

Viele ihrer Texte sind verschollen, aber schon die überlieferten Teile ihres Romans Kartoffelschnaps, einer autobiographisch gefärbten ostelbischen Chronik, verraten Ostens Talent zu atmosphärisch intensiver Schilderung, ihren psychologisch scharfen Blick auf die Gutsbesitzerschicht und ihr unbedingtes Engagement für die ausgebeutete Landbevölkerung. Ostens Beiträge für die deutschsprachige Exilpresse handeln von der Verantwortung der Intellektuellen und Schriftsteller im Kampf gegen den Faschismus, weniger allerdings auf der Ebene politischer Parolen als auf der einer praktischen Solidarität. Nicht alle ihre Arbeiten konnten seinerzeit erscheinen; eine Sammlung der verstreuten Texte steht noch aus.

Werke

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Arkadi Waksberg: Die Verfolgten Stalins. Aus den Verliesen des KGB. Reinbek 1993, S. 31.
  2. Waksberg (1993), S. 33.
  3. Waksberg (1993), S. 34.
  4. Maria Osten in Deutsche Kommunisten ...
  5. Waksberg (1993), S. 32.
  6. Georg Lukåsz, Johannes R.Becher, Friedrich Wolf u. a.: Die Säuberung: Moskau 1936 Stenogramm einer geschlossenen Parteiversammlung. Hrsg. Reinhard Müller, Reinbek 1991, ISBN 3-499-13012-2, 1957, S. 233.