Marienbibliothek

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 14. Oktober 2015 um 12:41 Uhr durch Vincent Eisfeld (Diskussion | Beiträge) (+ 2 Bilder). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Marienbibliothek zu Halle an der Saale
Exlibris der Marienbibliothek
Exlibris der Marienbibliothek

Gründung 1552
Bestand 30.000 Bände
Bibliothekstyp Wissenschaftliche Bibliothek
Ort Halle (Saale) Welt-IconKoordinaten: 51° 28′ 56″ N, 11° 58′ 6″ O
ISIL DE-Ha32 (Marienbibliothek)
Betreiber Hallesche Marktkirchengemeinde
Leitung Anke Fiebiger
Website www.marienbibliothek-halle.de

Die Marienbibliothek zu Halle an der Saale ist eine historisch-wissenschaftliche evangelische Kirchenbibliothek in Halle (Saale). Sie ist die älteste und größte ununterbrochen öffentlich zugängliche Bibliothek ihrer Art in Deutschland.

Geschichte

Die Marienbibliothek wurde 1552 von Sebastian Boetius, dem Oberpfarrer der St. Marienkirche, der heutigen Marktkirche Unser Lieben Frauen, begründet. Boetius kaufte dazu auf der Leipziger Messe mit dem Geld aus einer Spende einige Bücher. Durch Schenkungen und Ankäufe vergrößerte sich der Buchbestand sehr rasch. Die Marienbibliothek war bis zur Gründung der Universitätsbibliothek Halle im Jahr 1696 die einzige öffentliche Büchersammlung der Stadt, die bis dahin auch von den Studenten und Professoren der neu gegründeten Universität benutzt werden musste. Auch danach konnte die nur langsam wachsende Universitätsbibliothek den Literaturbedarf nicht abdecken. Gestützt von einem kurfürstlichen Benutzungsprivileg aus dem Jahr 1697 bevorzugten die Professoren auch weiterhin die umfangreichere Marienbibliothek.

Gebäude

Domizil von 1609 bis 1889
Außenansicht der Marienbibliothek in Halle

Die Bestände der Bibliothek waren ursprünglich im südlichen Hausmannsturm der Marktkirche untergebracht. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts war der Bestand jedoch so weit angewachsen, dass man 1607–1609 südlich der Kirche ein neues Bibliotheksgebäude baute. Dieses neben der Marktkirche gelegene Renaissancehaus, in dessen Obergeschoss sich der von einem Gewölbe getragene Bibliothekssaal befand, diente auch als Pfarrhaus und Superintendentur.

In den Jahren 1887/88 erfolgte durch Reinhard Knoch & Friedrich Kallmeyer ein Neubau An der Marienkirche 1 (im Hof der Pfarrhäuser der Marktkirche). Dieser machte das alte Bibliotheksgebäude überflüssig, und es wurde 1889 abgebrochen. Im neuen zweigeschossigen Backsteinrohbau befinden sich im Erdgeschoss die als Traukirche errichtete Gertraudenkapelle und im Obergeschoss hinter großen Rundbogenfenstern das Magazin. Das selbsttragende Regalsystem erstreckt sich über drei Zwischengeschosse. Es wurde platzsparend mit gusseisernen Stützen und Eisenrosten als Geschossböden bzw. -decken nach dem seinerzeit neuen und modernen französischen Magazinsystem angelegt.

Bestände

Eintrag im Taufregister der Marktkirche Unser Lieben Frauen am 24. Februar 1685: Taufe Georg Friedrich Händels

Die Bibliothek umfasst heute ca. 30.000 Bände vorwiegend aus dem 15. bis 18. Jahrhundert. Darunter befinden sich über 435 Inkunabeln, 308 Handschriften und 229 Urkunden aus dem 13. bis 18. Jahrhundert.[1] Von besonderem Interesse sind die umfangreichen Sammlungen von Flugschriften aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Zum Bestand gehören außerdem Bibeldrucke (darunter solche mit eigenhändigen Eintragungen Luthers), theologische Literatur aber auch frühe Editionen zur Philosophie, Jura, Medizin, Astronomie und Astrologie. Auch das Archiv der Marktkirche einschließlich der Bestände der ehemaligen Gemeinden St. Ulrich, St. Moritz und St. Georgen lagert hier. Es umfasst den Zeitraum vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Die darin enthaltenen Kirchenbücher – u. a. mit Händels Taufeintrag – sind für die Benutzung durch Dritte gesperrt. Sie sind jedoch als Mikrofilme im Archiv der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, einem EKM-Archiv in Magdeburg, verfügbar.

Die Marienbibliothek besitzt weiterhin vier umfangreiche geschlossen erhalten gebliebene Gelehrtenbibliotheken aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Es sind die Bibliotheken von Friedrich Hoffmann (1660–1742) mit 760 Bänden, von Johann Christlieb Kemme (1738–1815) mit 3650 Bänden, von Christian Gottlob Zschackwitz (1720–1767) mit 2000 Bänden und von Joachim Oelhafen (1603–1690). Außerdem besitzt sie mit der Bibliothek von Karl Christian Lebrecht Franke (1796–1879) eine Pfarrerbibliothek aus dem 19. Jahrhundert.

Seit 1986 verwahrt die Bibliothek als Depositum die historischen Buchbestände der drei Kirchenbibliotheken von Sangerhausen (St. Ulrici), Weißenfels (St. Marien) und Schneidlingen (St. Sixti).

2009 kamen als Folge der Vereinigung der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen zur Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland die Gesangbuchsammlung des Evangelischen Konsistoriums Magdeburg und mit der Auflösung der Evangelischen Kirche der Union die Gesangbuchsammlung dieser Kirche mit zusammen ca. 6.000 Bänden als Depositum in die Marienbibliothek. Zu den 1.400 halleschen Gesangbüchern kam 2009 zusätzlich die Thüringer Sammlung mit 700 Gesangbüchern. Seitdem besitzt die Marienbibliothek mit rund 8.000 Exemplaren eine der größten Gesangbuchsammlungen Deutschlands.[2]

Die Marienbibliothek ist eine Präsenzbibliothek. Sie zählt zusammen mit der Bibliothek der Franckeschen Stiftungen und der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt zu den drei bedeutendsten Büchersammlungen der Saalestadt.

Ausstellungen

  • 23. November 2002 – 16. Februar 2003: 450 Jahre Marienbibliothek zu Halle. Kostbarkeiten und Raritäten einer alten Büchersammlung. im Historischen Waisenhaus der Franckeschen Stiftungen
  • 2011: Religions-Sachen – Zur materiellen Kultur protestantischer Frömmigkeit.
  • 2012: „So klingt es schön in meinem Liede“ – Gesangbücher und Musikdrucke aus 500 Jahren.
  • 2013: Die Hallensia-Sammlung – Stadtgeschichte in der Marienbibliothek.
  • 2014: „Hoffnung mein Trost“ - Die Schätze der Frau von Selmenitz.

Einzelnachweise

  1. Heinrich L. Nickel, Karsten Eisenmenger: Die Marienbibliothek der Marktkirche Unser Lieben Frauen zu halle an der Saale. (Flyer, hrsg. vom Freundeskreis der Marienbibliothek zu Halle e. V.)
  2. Heidi Jürgens: Schatz findet neue Heimat. In: Mitteldeutsche Zeitung. 26. Januar 2009, abgerufen am 5. November 2009.

Literatur

  • Ute Bednarz, Folkhard Cremer, Hans-Joachim Krause: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Sachsen-Anhalt II. Regierungsbezirke Dessau und Halle. Deutscher Kunstverlag, München 1999, S. 260 f., ISBN 3-422-03065-4
  • Ulrich Richter: Der Himmelsglobus des Willem Janszoon Blaeu in der Marienbibliothek zu Halle. Hrsg. vom Freundeskreis der Marienbibliothek zu Halle e. V., Halle 2007, ISBN 978-3-00-023005-9
  • Karsten Eisenmenger: Die Marienbibliothek zu Halle (Saale). Deutscher Kunstverlag, München 2009, ISBN 978-3-42202198-3
  • Karsten Eisenmenger: Die Marienbibliothek im 18. Jahrhundert. in: Katrin Dziekan, Ute Pott (Hrsg.): Lesewelten - Historische Bibliotheken. Seite 41−49; Mitteldeutscher Verlag, Halle 2011; ISBN 978-3-89812-538-3.
  • Heinrich L. Nickel (Hrsg.): 450 Jahre Marienbibliothek zu Halle an der Saale. Kostbarkeiten und Raritäten einer alten Büchersammlung. Hrsg. im Auftrag des Freundeskreises der Marienbibliothek zu Halle e. V., Stekovics, Halle 2002, ISBN 3-89923-018-3
  • Die Bibliothek der Felicitas von Selmenitz und ihres Sohnes Georg von Selmenitz. Eine Büchersammlung aus der Reformationszeit in der Marienbibliothek zu Halle an der Saale. Hrsg. vom Freundeskreis der Marienbibliothek zu Halle e. V., Halle 2014, ISBN 978-3-00-045514-8

Weblinks

Commons: Marienbibliothek – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien