Phospholipase A1

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Phospholipase A1
Phospholipase A1
PLA1 mit α-Helices (rot) und β-Faltblättern
Masse/Länge Primärstruktur 456 Aminosäuren, 49.715 Da
Bezeichner
Externe IDs
Enzymklassifikation
EC, Kategorie 3.1.1.32Phospholipase
Reaktionsart Hydrolyse
Substrat Phosphatidylcholin + H2O
Produkte 2-Acylglycerolphosphocholin + Carboxylat
Vorkommen
Homologie-Familie Hovergen
Übergeordnetes Taxon Eukaryoten, Proteobakterien

Phospholipase A1 (PLA1) sind Enzyme aus der Gruppe der Phospholipasen. Die Phospholipase spaltet Phospholipide am C1-Atom des Glycerols.

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Angriffspunkte verschiedener Phospholipasen

Phospholipase A1 hydrolysiert Phosphatidylserin zu einer Fettsäure und einem 2-Acylglycerolphosphoserin (2-Acyl-1-lysophosphatidylserin, Lyso-PS) oder Phosphatidsäure zu Lysophosphatidsäure (Lyso-PA),[1] in geringem Umfang auch Phosphatidylcholin, Phosphatidylethanolamin, Phosphatidylinositol oder Triacylglyceride. Die Spaltprodukte binden an jeweils eigene Rezeptoren, LPSR1–3 bzw. LPAR1–6.[1]

Bei apoptotischen Zellen wird Phosphatidylserin an der Außenseite der Zellmembran gespalten,[2] woraufhin Mastzellen durch 2-Acyl-1-lysophosphatidylserin zur Ausschüttung von Histamin aktiviert werden. Weiterhin ist eine Phospholipase Bestandteil des Wespengifts, wo es als Toxin und Allergen wirkt.[3] Isoformen der Phospholipase A1 sind mPA-PLA1 (membrangebunden, Phosphatidsäure-bevorzugend) und PS-PLA1 (Phosphatidylserin-bevorzugend).[1] Daneben gibt es andere Lipasen, die sowohl Triacylglyceride als auch mit einer PLA1-Aktivität Phosphoglyceride hydrolysieren: Pankreaslipase (PL), Lipoproteinlipase (LPL), Hepatische Lipase (HL) und Endotheliale Lipase (EL).[1] Eine alternativ gespleißte Isoform der Phospholipase A1 hydrolysiert 1-Acyl-1-lysophosphatidylserin, nicht aber Phosphatidylserin.[4] Manche Formen der Phospholipase A2 besitzen zusätzlich eine PLA1-Enzymaktivität.[1]

Der optimale pH-Wert für die Hydrolyse von Phosphatidylserin liegt bei einem pH-Wert von 7,5 und für die Hydrolyse saurer Phospholipide (wie Phosphatidsäure) bei 4.[5][6]

Struktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Strukturell ist die PLA1 ein Monomer, welches das Sequenzmotiv Gly-X-Ser-X-Gly enthält, wobei X für eine beliebige Aminosäure steht. Das Serin gilt als die aktive Stelle im Enzym.[7] PLA1 enthält auch eine katalytische Triade aus Ser-Asp-His mit einer Vielzahl von Cysteinresten, die für die Bildung von Disulfidbrücken benötigt werden. Die Cysteinreste sind für strukturelle Schlüsselmotive wie die Deckel-Proteindomäne und die B9-Domäne verantwortlich, bei denen es sich um lipidbindende Oberflächenschleifen handelt. Diese beiden Schleifen können bei jedem PLA1-Enzym unterschiedlich sein. Ein PLA1-Enzym mit einer langen Deckel-Domäne (22–23 Aminosäuren) und einer langen B9-Domäne (18–19 Aminosäuren) stellt beispielsweise eine extrazelluläre PLA1 dar, das auch eine Triacylglycerin-Hydrolase-Aktivität aufweist,[8] während ein PLA1-Enzym, das als selektiver gilt, eine kurze Deckel- und B9-Domäne mit 7–12 bzw. 12–13 Aminosäuren aufweist.

Bei den extrazellulären PLA1/Lipase-Familienmitgliedern sind die β5- und β9-Schleifen sowie die Deckel-Domäne in Gelb, Cyan und Grün dargestellt. Die drei Reste, die eine katalytische Triade bilden (Ser, Asp und His), sind üblicherweise als Stäbchen (rot) dargestellt. Bei den Mitgliedern der cPLA2-Familie (cPLA2α, cPLA2β und cPLA2ζ) sind die konservierten Lipasemotive (GXSGX und DXG) meist in rot und die beiden Reste, die eine katalytische Dyade bilden (Ser und Asp), als Stäbchen dargestellt. Für PLAAT3/PLA2G16 sind die drei Reste, die eine katalytische Triade bilden (zwei Histidine und Cystein), als Stäbchen (rot) dargestellt. Die Strukturen wurden von der RCSB Protein Data Bank übernommen mit den Referenz-PDB-IDs: PL (PDB 1LPB), LPL (PDB 6OB0), PLRP1 (PDB 2PPL), cPLA2α (PDB 1CJY), PLA2G16 (PDB 4DOT). Die vorhergesagten Strukturen der Lipasen, wurden aus der AlphaFold Protein Structure Database entnommen. Alle Strukturen wurden mit der Software PyMOL visualisiert.[1]

Beispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Enzyme mit PLA1-Aktivität in Säugetieren[1]
Name Andere Namen Humanes Gen Substrate Reaktion PDB ID (H: Human, R: Ratte)
extrazelluläre PLA1
PS-PLA1 PLA1A PLA1A PS Erzeugt LysoPS -
PA-PLA1α LIPH, mPA-PLA1α LIPH PA Erzeugt LysoPA -
Lipoprotein-Lipase LPL, LIPD LIPD TAG, PL TAG-Lipase und PLA1-Aktivität H: PDB 6E7K, PDB 6OAU, PDB 6OAZ, PDB 6OB0, PDB 6WN4
Hepatische Lipase HL, LIPC LIPC TAG, PL TAG-Lipase und PLA1-Aktivität -
Endotheliale Lipase EDL, EL, LIPG LIPG PL Stärkste PLA1-Aktivität -
Pankreaslipase PL, PNLIP PNLIP TAG, PL TAG lipase and PLA1 activity H: PDB 1GPL, PDB 1LPA, PDB 1LPB, PDB 1N8S
Pankreatiscbes lipase-verwandtes Protein 1 PLRP1 PLRP1 TAG, PL TAG-Lipase und PLA1-Aktivität H: PDB 2PPL
Pankreatiscbes lipase-verwandtes Protein 2 PLRP2 PLRP2 TAG, PL TAG-Lipase und PLA1-Aktivität H: PDB 2OXE, PDB 2PVS; R: PDB 1BU8
intrazelluläre PLA1
PA-PLA1 DDHD1, iPLA1α DDHD1 PL PLA1-Aktivität -
KIAA0725p DDHD2, iPLA1γ DDHD2 PL PE, DAG, CL -
p125 iPLA1β P125 unbekannt keine enzymatische Aktivität -
PNPLA6 iPLA2δ, NTE PNPLA6 PC, LPC PLB, LysoPLA-Aktivität (hydrolysiert an C1 und C2) -
PNPLA7 iPLA2θ, NRE PNPLA7 PC, LPC PLB, LysoPLA-Aktivität (hydrolysiert an C1 und C2) -
PNPLA8 iPLA2γ, Gruppe VIB PLA2 PNPLA8 PC PLB, LysoPLA-Aktivität (hydrolysiert an C1 und C2) -
cPLA2α PLA2G4A, Gruppe IVA PLA2 PLA2G4A PL PLB, LysoPLA-Aktivität (hydrolysiert an C1 und C2) H: PDB 1BCI, PDB 1CJY, PDB 1RLW
cPLA2β PLA2G4B, Gruppe IVB PLA2 PLA2G4B PL PLB, LysoPLA-Aktivität (hydrolysiert an C1 und C2) -
cPLA2ζ PLA2G4F, Gruppe IVF PLA2 PLA2G4F PL PLB, LysoPLA-Aktivität (hydrolysiert an C1 und C2) -
PLA2G16 Gruppe XVI PLA2, PLAAT3, HRASLS3, H-Rev107 PLA2G16 PL PLB, LysoPLA-Aktivität (hydrolysiert an C1 und C2) H: PDB 2KYT, PDB 4DOT, PDB 4FA0, PDB 4Q95, PDB 7C3Z, PDB 7C41

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sowohl die PLA1- als auch die PLA2-Aktivität wurden in verschiedenen Geweben und im Blutplasma nachgewiesen. In den 1990er Jahren wurden zwei PLA1-Moleküle biochemisch gereinigt und identifiziert. Bei diesen beiden PLA1 handelt es sich um das phosphatidsäurepräferentielle PLA1 (PA-PLA1) und das phosphatidylserinspezifische PLA1 (PS-PLA1). 1994 reinigten Higgs und Glomset eine neue PLA1 aus einer zytosolischen Fraktion von Rinderhoden, die bevorzugt PA hydrolysierte. Kurz darauf klonierte dieselbe Gruppe eine cDNA des PLA1, und es stellte sich heraus, dass PA-PLA1 ein intrazelluläres Protein mit 875 Aminosäuren und einer berechneten Molekularmasse von etwa 100 kDa ist. Gleichzeitig reinigte die Gruppe von Exton eine sehr ähnliche PLA1 aus dem Rinderhirn. Es war nicht klar, ob die beiden intrazellulären PLA1 identisch waren, da die beiden Gruppen unterschiedliche PLA1-Testbedingungen und Substrate verwendeten. Später reinigte die Gruppe von Kudo ähnliche PLA1 aus dem Gehirn und den Hoden von Mäusen, Ratten und Kühen und zeigte, dass sie mit der oben erwähnten PA-PLA1 identisch sind. Sie wiesen nach, dass PA-PLA1 in Gegenwart von Triton X-100 überwiegend Phosphatidsäure (PA) und in Abwesenheit von Triton X-100 Phosphatidylethanolamin (PE) hydrolysiert. Das Ergebnis zeigt deutlich, dass die Substratspezifität von PA-PLA1 in vitro durch die Testbedingungen beeinflusst wird, was die Identifizierung der natürlichen Substrate von PA-PLA1 erschwert. Dies bedeutet auch, dass der Name PA-PLA1 für das Enzym nicht geeignet ist.[1]

Horigome et al. wiesen zwei PLA-Aktivitäten im Überstand von aktivierten Rattenblutplättchen nach. Eine davon wurde als sekretorische PLA2 identifiziert, die jetzt als sekretorische Phospholipase A2 der Gruppe IIA (sPLA2IIA) bekannt ist. Sato et al. gelang es, eine andere PLA zu reinigen und zu klonieren, die eine hohe Präferenz für serinhaltige Phospholipide zeigte. Diese PLA ist nun als PS-spezifische PLA1 (PS-PLA1) bekannt. PS-PLA1 hydrolysierte in vitro spezifisch PS. Darüber hinaus wirkte es auf die intakte Zellmembran ein, hydrolysierte PS und produzierte 2-Acyl-LysoPS. Daher wird angenommen, dass PS-PLA1 ein LysoPS-produzierendes Enzym ist.[1]

Nach der Entdeckung der beiden PLA1-Moleküle fanden mehrere Forscher ähnliche PLA1 (Homologe) in den Nukleotiddatenbanken, exprimierten sie als rekombinante Proteine und charakterisierten sie biochemisch. Diese Analysen identifizierten die Homologe als neuartige PLA1s. Dazu gehören das extrazelluläre Enzym membranassoziierte PA-selektive PLA1α (mPA-PLA1α, ein PS-PLA1-Homolog) und die intrazellulären Enzyme iPLA1 γ/DDHD2/KIAA0725 (ein PA-PLA1-Homolog) und iPLA1β/SEC23IP/p125 (PLA1-Aktivitäten wurden nicht nachgewiesen). Darüber hinaus wurde eine ähnliche biochemische Charakterisierung für PLA2-Homologe durchgeführt. Die biochemische Charakterisierung der PLA2-Homologe zeigte, dass einige von ihnen neben ihrer PLA2-Aktivität auch eine PLA1-Aktivität aufwiesen. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass bestimmte Lipasen, die TAG hydrolysieren, PLA1-Aktivität besitzen, wie oben erwähnt. Lipasen hydrolysieren Fettsäuren an den Positionen sn-1 und sn-3 von Triacylglycerin (TAG) und Diacylglycerin (DAG). Sie hydrolysieren auch Fettsäuren in der sn-1- oder sn-3-Position von Monoacylglycerin (MAG).[1]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h i j S. Yaginuma, H. Kawana, J. Aoki: Current Knowledge on Mammalian Phospholipase A1, Brief History, Structures, Biochemical and Pathophysiological Roles. In: Molecules. Band 27, Nummer 8, April 2022, S. 2487, doi:10.3390/molecules27082487, PMID 35458682, PMC 9031518 (freier Volltext).
  2. UniProt: PLA1A – Phospholipase A1 member A – Homo sapiens (Human). Abgerufen am 4. August 2023.
  3. L. Luo, P. M. Kamau, R. Lai: Bioactive Peptides and Proteins from Wasp Venoms. In: Biomolecules. Band 12, Nummer 4, März 2022, S. , doi:10.3390/biom12040527, PMID 35454116, PMC 9025469 (freier Volltext).
  4. Y. Nagai, J. Aoki, T. Sato, K. Amano, Y. Matsuda, H. Arai, K. Inoue: An alternative splicing form of phosphatidylserine-specific phospholipase A1 that exhibits lysophosphatidylserine-specific lysophospholipase activity in humans. In: Journal of Biological Chemistry. Band 274, Nummer 16, April 1999, S. 11053–11059, doi:10.1074/jbc.274.16.11053, PMID 10196188.
  5. Mebarek S, Abousalham A, Magne D, Do le D, Bandorowicz-Pikula J, Pikula S, Buchet R: Phospholipases of Mineralization Competent Cells and Matrix Vesicles: Roles in Physiological and Pathological Mineralizations. In: International Journal of Molecular Sciences. 14. Jahrgang, Nr. 3, 2013, S. 5036–129, doi:10.3390/ijms14035036, PMID 23455471, PMC 3634480 (freier Volltext) – (englisch).
  6. Nishijima M, Akamatsu Y, Nojima S: Purification and properties of a membrane-bound phospholipase A1 from Mycobacterium phlei. In: J Biol Chem. 249. Jahrgang, Nr. 17, September 1974, S. 5658–67, doi:10.1016/S0021-9258(20)79778-4, PMID 4415399 (englisch).
  7. Aoki J, Inoue A, Makide K, Saiki N, Arai H: Structure and function of extracellular phospholipase A1 belonging to the pancreatic lipase gene family. In: Biochimie. 89. Jahrgang, Nr. 2, 2007, S. 197–204, doi:10.1016/j.biochi.2006.09.021, PMID 17101204 (englisch).
  8. Aoki J, Nagai Y, Hosono H, Inoue K, Arai H: Structure and function of phosphatidylserine-specific phospholipase A1. In: Biochim Biophys Acta. 1582. Jahrgang, Nr. 1–3, Mai 2002, S. 26–32, doi:10.1016/s1388-1981(02)00134-8, PMID 12069807 (englisch).