Türken (Verb)

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Es gibt mehrere Deutungen für die etymologischen Wurzeln der Ausdrücke "etwas türken", "einen Türken bauen" beziehungsweise "getürkt" (= etwas mit Täuschungsabsicht als wahr darstellen):

  • Die ältesten Belege zur Etymologie der Redewendung gehen bis auf das Jahr 1569 zurück: so verweist das Oxford English Dictionary auf das Wort Turk, welches die nunmehr veraltete Bedeutung "a human figure at which to practise shooting" hatte. Turk entspricht dem heutigen "Pappkamerad". Möglicherweise spiegelt sich in dem eigenartigen Ausdruck die damals weit verbreitete Furcht vor den Türken wider. Zu dieser Etymologie passt der Bericht, dass beim islamischen Sturm auf Wien im Jahr 1683 (siehe: Zweite Türkenbelagerung) von den Verteidigern angeblich Soldaten aus Pappe aufgestellt wurden, die dem türkischen Angreifern eine größere Kampfkraft vortäuschen sollten. In der deutschen Sprache hatte die Redewendung "einen Türken stellen" ab 1900 auch die umgangssprachliche Bedeutung "jemandem bei Besichtigungen etwas vormachen" (Grimm). Möglicherweise wurde die Redewendung im Laufe der Zeit zur heute gebräuchlichen Bedeutung (jemanden etwas vortäuschen) verallgemeinert.
  • Baron Wolfgang von Kempelen (1734-1804) konstruierte im Jahr 1769 einen Schach-"Automaten" (siehe Schachtürke), eine Art Kommode mit einer angebauten, türkisch gekleideten Puppe. Dieser Der Türke genannte "Automat" besiegte reihenweise seine menschlichen Gegner und erregte zur Jahrhundertwende bei Tourneen durch ganz Europa und Amerika großes Aufsehen. Es stellte sich jedoch heraus, dass sich in der Kommode ein kleinwüchsiger Schachmeister verborgen hielt. Da im Boden der Figuren Magneten versteckt waren, war dieser stets über die aktuelle Spielsituation informiert. Seine eigenen Figuren konnte er über einen raffinierten Hebelmechanismus steuern. Der Automat wurde 1854 bei einem Brand in einem Museum in Philadelphia zerstört.
  • Andere Quellen (beispielsweise der "Wahrig") berichten, dass bei der Eröffnung des Nord-Ostseekanals im Jahre 1895 die Nationalhymnen der Nationen aller anwesenden Schiffe gespielt wurden. Als unerwartet ein türkisches Schiff aufkreuzte, war die Musikkapelle gezwungen zu improvisieren: in Ermangelung der Noten entschied man sich kurzerhand wegen des Halbmondes in der türkischen Flagge die Volksweise Guter Mond, Du gehst so stille zu intonieren. Gegen diese Deutung spricht jedoch, dass dieses Ereignis wohl zu spät stattfand, um Ursprung für die Redewendung zu sein.

Es ist denkbar, daß die Redensart sich unabhängig und parallel aus zweien oder allen genannten Wurzeln entwickelt hat (Konvergenz). Das Verb türken ist laut Etymologie-Duden eine Schöpfung des 20. Jahrhunderts.


Siehe auch: Täuschung, Fake, Hoax, Undercover, Hochstapler

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