Portuñol
Portuñol [Mischsprache aus Spanisch und Portugiesisch, die Sprecher von Spanisch und Portugiesisch bei Kommunikation mit Sprechern der jeweils anderen Sprache benutzen.
] (gebildet aus Português und Español) nennt man die nicht normierteNeben der spanischen Variante des Begriffs existiert die portugiesische Schreibweise Portunhol. Die Form Portugnol stammt ursprünglich aus dem Französischen und ist im Spanischen bzw. Portugiesischen oder Galicischen völlig ungebräuchlich.
Potenzial
Der wesentliche Unterschied zu anderen Mischsprachen ist, dass die jeweils andere Sprache nicht zuvor erst erlernt werden muss, Portuñol ist sowohl für spanische als auch für portugiesische Muttersprachler (das sind zusammen rund 600 Millionen Menschen weltweit) von Kindheit an verständlich, da beide Sprachen einen bis zu 90 % identischen Wortschatz aufweisen. Mit reinem Portugiesisch hingegen tun sich vor allem spanische Muttersprachler zumeist wesentlich schwerer.
Entstehung
Portuñol entstand ursprünglich im Grenzgebiet zwischen Uruguay und Brasilien bzw. in Uruguay selbst (Hochburg Rivera in Norduruguay), das zwischen 1680 und 1828 zwischen Spanien (Argentinien) und Portugal (Brasilien) umkämpft war und mehrmals den Besitzer wechselte. (Portuñol wird deshalb fälschlicherweise auch als „Uruguay(an)isch“ bezeichnet.) Es wird sowohl von spanischer Seite als auch von portugiesisch-brasilianischer Seite nur als Dialekt bzw. Slang (Rompidioma) angesehen, offiziell ist von Brasilero bzw. DPU – dialectos portugueses en Uruguay (portugiesischen Dialekten in Uruguay) – die Rede.
Seine Sprecher aber – die Bewohner der Grenzregion (Fronterizos) – betonen eine eigene kulturelle Identität, die nicht nur der regionale TV-Sender Canal 10 fördert. In Uruguay ist Portuñol – in Abstufungen je nach Abstand zur Grenze – faktisch über die gesamte Nordhälfte des Landes verbreitet, in der aber nur etwa ein Viertel der Gesamtbevölkerung lebt. Daher wird die Mischsprache auch als Fronteriso (Fronterizo, etwa: Grenzländisch) bezeichnet.
Merkmale
In Rivera (Uruguay) und jenseits der Grenze ist Portuñol neben einem historischen auch ein soziales Phänomen. Die Bildungsschicht spricht eher sowohl Portugiesisch als auch Spanisch und benutzt beide Sprachen zumeist je nach Bedarf separat und unvermischt (auch gefördert durch den Umstand, dass im Rahmen der Mercosur-Integrationsbemühungen Spanisch an brasilianischen Schulen Pflichtfremdsprache ist). Die eigentliche Mischsprache ist in den Unterschichten entstanden (Bayano), hat sich heute aber in die Nachbarländer ausgebreitet.
Portugiesisch- und Spanischsprachige kommunizieren miteinander häufig auf Portuñol, nicht etwa in einer reinen Version der beiden Sprachen oder einer dritten Lingua franca. Dies liegt daran, dass sich beide Sprachen in Wortschatz und Grammatik so ähnlich sind, dass es einerseits relativ wenig Anreize gibt, die jeweils andere Sprache extra als Fremdsprache zu lernen (weil man sie sowieso schon halb versteht), so dass Portugiesisch- und Spanischsprecher nur selten die andere Sprache explizit lernen. Andererseits würde es meist das Kommunikationsniveau erheblich senken, eine dritte, „echt verschiedene“ Sprache wie Englisch zu verwenden, in der man sich der Grammatik nicht sicher ist und einem die Wörter fehlen. Da spricht man lieber seine eigenen Wörter ein bisschen deutlicher aus und hofft, dass sie im Spanischen/Portugiesischen ähnlich sind – und hat meist Glück.
Portuñol ist keine Sprache mit festen Regeln oder einheitlichem Wortschatz und besitzt keinen eigenständigen sprachkulturellen Hintergrund (wie etwa das Galicische, das linguistisch auch zwischen Spanisch und Portugiesisch steht). Man versucht einfach, die Sprechweise der anderen Sprache so gut wie möglich zu imitieren und eventuell Wörter der anderen Sprache zu verwenden, um verstanden zu werden.
Verbreitung
Portuñol wird überall dort gesprochen, wo Portugiesisch- und Spanischsprachige aufeinandertreffen, also auf der iberischen Halbinsel, in Südamerika und in Ländern, die viele Einwanderer oder Gastarbeiter aus beiden Sprachregionen gleichermaßen haben, wie zum Beispiel in Japan. In diesen Ländern fühlen sich gerade Lateinamerikaner durch den gemeinsamen kulturellen Hintergrund besonders miteinander verbunden, so dass auch das Bedürfnis nach einer gemeinsamen, vertraut klingenden Sprache wie Portuñol besonders groß ist.
Im spanischen Galicien bemüht sich die Regionalregierung, der Ausbreitung des Portuñol und der zunehmenden Verdrängung des Galicischen aus dem Alltag entgegenzuwirken.
Musiker wie Manu Chao haben schon auf Portuñol gesungen.
Beispiel
Das Vaterunser auf Portuñol
Aus Rivera | Andernorts aus Uruguay | Auf Portugiesisch | Auf Spanisch |
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Pay nóso que tas nu céu, santificado seya u teu nome; |
Pae Nosso que estás no ceo, santificado sea teu nome, |
Pai Nosso que estais no céu Santificado seja o Vosso Nome |
Padre nuestro que estás en el cielo, santificado sea tu nombre. |