Rose Schlösinger

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Rose Schlösinger, geb. Ennenbach[1] (* 5. Oktober 1907 in Frankfurt am Main; † 5. August 1943 in Berlin-Plötzensee) war eine deutsche Widerstandskämpferin. Sie gehörte der Roten Kapelle an.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Straßenschild der Parkanlage am Bornheimer Hang, die von einem nach Max Bromme benannten Weg durchquert wird
Stolperstein am Haus, Sebastianstraße 42, in Berlin-Mitte

Rose Schlösinger setzte sich, wie ihre Mutter Sophie Ennenbach[1], schon früh politisch und sozial ein. Sie war u. a. Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend. Von 1924 bis 1926 machte sie eine Ausbildung zur Kindergärtnerin, ab 1929 begann sie ein Studium der Berufsberatung und Jugendpflege. 1932 wurde ihre Tochter Marianne geboren, die aus einer kurzen Ehe mit dem Lehrer Friedrich Heinemann stammte. 1933 wurde Rose Schlösinger als Tochter einer politisch Unzuverlässigen aus einem Praktikum entlassen und war zeitweise arbeitslos. Später arbeitete sie als Sekretärin. 1939 heiratete sie ihren Vetter Bodo Schlösinger, Übersetzer für Polnisch und Russisch, im gleichen Jahr übersiedelten sie nach Berlin. Ab 1940 nahm sie mit ihrem Ehemann an den Treffen um Arvid Harnack und Karl Behrens teil. Ihr Mann wurde in dieser Zeit als Übersetzer in Polen und später in Russland eingesetzt, dort erlebte er die Ermordung russischer Zivilisten. Rose Schlösinger arbeitete ab 1942 als Übermittlerin von Informationen innerhalb der Widerstandsgruppe. Am 19. September 1942 wurde sie verhaftet und am 20. Januar 1943 wegen Spionage zum Tode verurteilt. Ihr Gnadengesuch wurde von Adolf Hitler abgelehnt. Am 5. August 1943 wurde sie im Gefängnis Berlin-Plötzensee mit dem Fallbeil hingerichtet.

Ihr Mann hatte schon am 22. Februar 1943 an der Front Selbstmord begangen, nachdem er vom Todesurteil gegen seine Frau erfahren hatte.[2]

Abschiedsbrief[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kurz vor ihrer Hinrichtung schrieb Rose Schlösinger einen Abschiedsbrief an ihre Tochter Marianne:

„Und dann sollst Du Kinder haben – wenn man Dir Dein erstes Kind in den Arm legt, vielleicht denkst Du dann an mich, daß es auch ein Höhepunkt meines Lebens war, als ich Dich kleines rotes Bündel zum erstenmal hielt und dann denk an die Abende, als wir uns im Bett unterhielten über die vielen wichtigen Dinge des Lebens – ich versuchte Deine Fragen zu beantworten – und denk an die schönen drei Wochen an der See – an den Sonnenaufgang, und als wir am Strand barfuß von Bansin nach Ückeritz liefen, und als ich Dich auf dem Schlauch vor mir hertrieb, und als wir zusammen Bücher lasen – soviel Schönes hatten wir zusammen, mein Kind, das sollst Du alles auch noch einmal erleben und noch viel mehr. Und noch eins will ich Dir verraten: Wenn man sterben muß, tut einem jedes böse Wort leid, daß man einem lieben Menschen gegeben hat; wenn man weiterleben dürfte, würde man sich das merken und sich viel besser beherrschen. Vielleicht kannst Du Dir das merken – Du machst Dir und anderen das Leben und später auch das Sterben leichter.
Und sei froh, so oft Du kannst – jeder Tag ist kostbar, es ist schade um jede Minute, die man traurig zugebracht hat.
Meine Liebe zu Dir soll Dich ein ganzes Leben lang begleiten. – Ich küsse Dich – und alle die lieb zu Dir sind. Leb wohl mein Liebes – bis zuletzt denkt mit größter Liebe an Dich
Deine Mama“

Rose Schlösinger: Abschiedsbriefe (Gollwitzer u. a., 1954)[3]

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rolf Hochhuth lehnte seine 1963 veröffentlichte Antigone-Bearbeitung Die Berliner Antigone an das Schicksal Rose Schlösingers an. Der Novelle ist die Widmung Für Marianne vorangestellt, die Tochter Rose Schlösingers und Hochhuths erste Ehefrau.

1969 wurde sie postum mit dem sowjetischen Orden des Roten Sterns geehrt.[4]

In Rose Schlösingers Geburtsstadt Frankfurt am Main ist an ihrem früheren Wohnhaus in der Münzenbergerstraße 4 eine Bronze-Gedenktafel mit ihrem Porträt angebracht.[2]

Nach Rose Schlösinger ist außerdem die Parkanlage am Bornheimer Hang in Frankfurt-Bornheim benannt.[5]

Am 1. September 2018 wurden an ihrem ehemaligen Wohnort, Berlin-Mitte, Sebastianstraße 42, Stolpersteine für sie und Bodo Schlösinger verlegt.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Rose Schlösinger – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Regina Griebel, Marlies Coburger, Heinrich Scheel: Erfasst? Das Gestapo-Album zur Roten Kapelle. Eine Foto-Dokumentation. Audioscop, Halle 1992, ISBN 3-883-84044-0.
  • Brigitte Oleschinski: Gedenkstätte Plötzensee. 2. Auflage. Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Berlin 1995, ISBN 3-926082-05-4, (PDF; 142 kB)
  • Luise Kraushaar u. a.: Deutsche Widerstandskämpfer 1933–1945. Biografien und Briefe. Band 2. Dietz-Verlag, Berlin 1970, S. 552f.
  • Gerhard Hochhuth: „Ich habe kein Klassenbewußtsein – nur Menschenbewusstsein“. Rose und Bodo Schlösinger und die Rote Kapelle. Lukas, Berlin 2023, ISBN 978-3-86732-436-6.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b StA Charlottenburg von Berlin, Sterbeurkunde Nr. 3883/1943
  2. a b Rose Schlösinger: Mutige Widerstandskämpferin Frankfurt (Main) 1933-1945
  3. Rose Schlösinger: Abschiedsbrief. In: Helmut Gollwitzer, Kathe Kuhn, Reinhold Schneider (Hrsg.): Du hast mich heimgesucht bei Nacht. Abschiedsbriefe und Aufzeichnungen des Widerstandes 1933 bis 1945. Kaiser, München 1954, DNB 451613341, S. 255 f. (zitiert nach Sigrid Chamberlain: Adolf Hitler, die deutsche Mutter und ihr erstes Kind. Über zwei NS-Erziehungsbücher (= Edition psychosozial). Psychosozial-Verlag, Gießen 1997, ISBN 3-930096-58-7, S. 188).
  4. Лифт в разведку. «Король нелегалов» Александр Коротков, Страница 80, rulit.me (russisch)
  5. Stadt Frankfurt am Main - Bürgeramt, Statistik und Wahlen: Straßenverzeichnis Frankfurt am Main, 23. Auflage, 2019, Abruf am 9. Februar 2020