Rudolf Zwintscher

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Rudolf Zwintscher in Dresden-Laubegast (um 1940)
Rudolf Zwintscher, 1899 porträtiert von seinem Bruder Oskar Zwintscher

Rudolf Zwintscher (* 13. Mai 1871 in Leipzig; † 7. Februar 1946 in Dresden) war ein deutscher Pianist und Musikpädagoge.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kindheit und Ausbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zwintschers musikalische Laufbahn ist durch das Wirken seines Vaters Bruno Zwintscher geprägt. Als Schüler von Louis Plaidy (der seinerseits vom berühmten Felix Mendelssohn Bartholdy an das Leipziger Konservatorium berufen wurde) wirkte Bruno Zwintscher selbst 21 Jahre als Klavierpädagoge des renommierten Institutes, verfasste zwei Lehrbücher über Klaviertechnik, die mehrfach aufgelegt und auch ins Englische übersetzt wurden. So lag es nahe, dass Rudolf Zwintscher 1890 ein Klavier- und Kompositionsstudium absolvierte. Den ersten Klavierunterricht seines Vaters erhielt er 1877, dem Jahr seiner Einschulung. Bis 1881 besucht er die Bürgerschule in Leipzig. Ab 1885 erhielt er Unterricht in Kontrapunkt, Harmonie-, Formen- und Instrumentationslehre bei Richard Hofmann. Das KöniglicheKonservatorium Leipzig besuchte er von 1887 bis 1890. Hier hatte er weiter Klavierunterricht bei seinem Vater und Carl Reinecke. In Kontrapunkt, Kanon und Fuge unterrichtete ihn Salomon Jadassohn. Kompositionsunterricht erhielt er von Jadassohn und Reinecke. Während des Studiums an der Universität Leipzig zwischen 1890 und 1892 leistete er 1891 und 1892 seinen Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger und außeretatmäßiger Musiker in der Musikkapelle des Königlich Sächsischen 8. Infanterieregiments Nr. 107 in Leipzig. Den Dienst in einer Musikkapelle zu leisten war selten und wurde auf Grund einer allerhöchsten Kabinettsordre angewiesen.[1][2] Während dieser Zeit wirkte er bei Konzerten der Musikkapelle als Klaviervirtuose.

Jahre der Konzerttätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab 1890 trat in Leipzig und Dresden als Pianist und Komponist an die Öffentlichkeit. Daneben leitete er zwei kleine Chöre. Im Juli 1897 ging er in die Vereinigten Staate und unterrichtete am College of Music in New York.[3] 1898 reiste er wieder nach Deutschland. Auf der Rückreise über London in die Vereinigten Staaten. sprang er dort am 16. September 1898 für den erkrankten Pianisten Galieno bei einer Aufführung des 5. Klavierkonzerts von Ludwig van Beethoven in der Queen’s Hall ein.[4] Schon eine Woche später spielte er an gleicher Stelle das Klavierkonzert a-moll von Robert Schumann.[5] Der große Erfolg der Auftritte verschaffte ihm die Möglichkeit mit anderen Künstler mit anderen Künstlern an einer Konzerttournee durch das Vereinigte Königreich teilzunehmen. Er führte sein eigenes Klavierkonzert und die Cellosonate in London auf. Es folgten Einladungen nach Wien, Paris und Rom, wo sein Gesangszyklus Italien aufgeführt wurde.[1] „Des anspruchsvollen Lebens in der Gesellschaft überdrüssig,“ wie er in einer kurzen Autobiographie erklärte,[6] schlug er 1906 ein Stellenangebot der Londoner Musikakademie aus, beendete seine internationale Tourneetätigkeit und kehrte nach Deutschland zurück. Noch einmal reiste er danach nach London. Ab 1909 kehrte endgültig zu seiner Familie nach Dresden zurück.

Zeit seit dem Ersten Weltkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab 1915 nahm er am Ersten Weltkrieg teil, zunächst beim Landsturm in Polen, später als Militärkapellmeister beim Musikkorps des Kgl. Sächs. 8. Infanterie-Regiments „Prinz Johann GeorgNr. 107. Am 8. Februar wurde ihm die Friedrich-August-Medaille in Silber mit dem Band für Kriegsdienste verliehen.[1] Nach Entlassung aus dem Militärdienst kaufte er sich ein Haus 1919 ein Haus im Dorf Laubegast am Ufer der Elbe, welches 1921 zu Dresden eingemeindetwurde. Dort lebte er bis zu seinem Tod und schuf zahlreiche seiner Kompositionen. Seine Unterrichtstätigkeit verschaffte ihm einen großen Schülerkreis. Die öffentliche Konzerttätigkeit gab er 1925, unterrichtete aber weiter bis 1928. Nach der Machtergreifung 1933 kam er in Untersuchungshaft. Seine Haus wurde durchsucht und Bücher aus seinem Besitz beschlagnahmt. Vor seinem Tod in seinem Haus in Laubegast gab er 1945 noch ein letztes Konzert in Dresden.[1]

Im Umfeld von Richard Strauss trug er im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts in beachtlichem Maße zur Bereicherung des Dresdner Musiklebens bei. Zwischen 1891 und 1925 führte ihn eine rege Auftrittsaktivität durch die Konzertsäle Europas und in die USA.

Als „Saradusker, der Liederschänder“ schloss er sich in London dem weltweiten Männerbund der Schlaraffen an.[7] Zwintscher hatte zwei Brüder, den Philologen und Journalisten Arthur Zwintscher (1867–1937), Schriftleiter der Dresdner Nachrichten[8] und den Maler Oskar Zwintscher (1870–1916). Seine Mutter war Friedericke Zwintscher, geboren als Christiane Friedericke Otto, verwitwete Steinert.

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sein kompositorisches Werk umfasst ca. 100 Lieder, Klavierstücke, Kammermusik, Duos für Violine und Klavier, eine Klaviersonate, eine Sonate für Violoncello und Klavier, ein Klaviertrio, eine sinfonische Dichtung für großes Orchester, ein Konzert für Klavier und Orchester und die Märchenoper Die Hummeln.

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Trotz des umfangreichen Nachlasses ist das kompositorische Werk Zwintschers heute weitgehend in Vergessenheit geraten. „Es wäre an der Zeit, dass sich Interpreten wieder für die Kompositionen dieses Mannes interessieren, gibt es doch vor allem auf den Gebieten des klavierbegleitenden Sololiedes und der Kammermusik so manche Kostbarkeit zu entdecken.“[6] Der Nachlass Zwintschers wird in der Musikabteilung (Signatur: Mus.9833-...) und in der Handschriftensammlung (Signatur: Mscr.Dresd.App.2479, 2479a) der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden aufbewahrt.[9]

Am 30. Juni 1946, bereits fünf Monate nach Zwintschers Tod, wurde in Dresden-Laubegast eine Straße, die ehemalige Nerhoffstraße, nach ihm umbenannt. Für die umgehende Würdigung in der Sowjetischen Besatzungszone waren vermutlich auch weltanschauliche Bezüge ausschlaggebend. Ursprünglich Anhänger der Feuerbachschen Philosophie, wurde Zwintscher infolge des Ersten Weltkrieges Pazifist und später Sozialist und Kommunist.[10]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Ilse Langer: Vita. In: Spezialkatalog zum Nachlaß Rudolf Zwintscher - Pianist, Komponist, Musikpädagoge. Sächsische Landesbibliothek - Zentralbibliothek der Deutschen Demokratischen Republik für Musik und Kunst, 1986, S. 1 (slub-dresden.de).
  2. Aus Sachsen. In: Erzgebirgischer Volksfreund : mit Schwarzenberger Tageblatt. Schneeberg 27. August 1891, S. 2 (deutsche-digitale-bibliothek.de).
  3. Rudolf Zwintscher. In: Sioux City Journal. Sioux City, Iowa 11. Juli 1897, S. 5 (englisch, newspapers.com [abgerufen am 7. März 2023]).
  4. The Queen's Hall. In: Evening Standard. London, Greater London, England 17. September 1898, S. 2 (englisch, newspapers.com [abgerufen am 7. März 2023]).
  5. Queen's Hall Promenade concerts tonight. In: The Morning Post. London, Greater London, England 23. September 1898, S. 1 (englisch, newspapers.com [abgerufen am 7. März 2023]).
  6. a b Hans John: Zum Leben und Wirken von Rudolf Zwintscher, in: Dresden und die avancierte Musik im 20. Jahrhundert, Teil I: 1900–1933, hrsg. von Matthias Herrmann und Hans-Werner Heister, Laaber 1999
  7. Laut Stammrolle 2443 im „Schlaraffia Londinum, Reych 129“
  8. Bruno Artur Zwintscher: De Galatarum tetrarchis et Amynta rege quaestiones, phil.Diss. Leipzig 1891-92, Nr. 139
  9. Kalliope | Verbundkatalog für Archiv- und archivähnliche Bestände und nationales Nachweisinstrument für Nachlässe und Autographen. Abgerufen am 14. Mai 2020.
  10. DIE LAUBE, Sonderheft 2008

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Rudolf Zwintscher – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien