Sammy Gronemann

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Sammy Gronemann (* 21. März 1875 in Strasburg, Westpreußen; † 6. März 1952 in Tel Aviv) war ein jüdischer Schriftsteller, Dramatiker, Zionist und Rechtsanwalt, der zu den bedeutendsten Humoristen und Satirikern im Judentum zählt und maßgeblich für das erste hebräische Musical in Israel (Der Weise und der Narr) verantwortlich ist.

Leben

Gronemann war der Sohn des Rabbiners Selig Gronemann (1843–1918) und der aus Russland stammenden Helene Breslau. Durch sein Elternhaus war er sehr gut mit der jüdischen religiösen Tradition vertraut. Die meiste Zeit seiner Kindheit verbrachte Gronemann in Hannover. Er besuchte das Hannoveraner Lyzeum II. Einer seiner Mitschüler war Börries Freiherr von Münchhausen. Nach dem Abitur studierte er im Rabbinerseminar zu Halberstadt und war ab 1905 als Rechtsanwalt in Berlin tätig. Er war Mitbegründer des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller, als deren Syndikus er tätig war. 1933 wurde Gronemann aufgrund der nationalsozialistischen Diskriminierungen entlassen, woraufhin er nach Paris floh. Von dort wanderte er 1936 nach Tel Aviv aus.

Nach dem Abitur am Lyzeum II in Hannover[1][2] vertiefte er ein Jahr lang seine talmudischen Kenntnisse, gründete die zionistische Ortsgruppe Hannover und studierte anschließend in Berlin Rechtswissenschaft.[3]

Um die Jahrhundertwende wurde er zum überzeugten Zionisten. Besonders prägte ihn später, wie viele andere, die Begegnung mit dem Ostjudentum während des Ersten Weltkrieges im Besatzungsgebiet Oberost (Białystok, Kowno, Wilna).[4] In Berlin eröffnete Gronemann eine Anwaltskanzlei und wurde im Jahre 1909 Gründungsmitglied des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller.[5] 1920 erschien sein erster Roman Tohuwabohu, der sofort ein Erfolg wurde. 1924 Hawdoloh und Zapfenstreich, eine humoristische Erinnerung an seine Begegnung mit den osteuropäischen Juden während des Ersten Weltkriegs. Das Buch wurde illustriert von Magnus Zeller. 1926 erschien Gronemanns erstes Theaterstück Hamans Flucht, 1927 Schalet – Beiträge zur Philosophie des „Wenn schon“, eine Sammlung von Schnurren und Anekdoten aus dem jüdischen Leben Deutschlands. Als Rechtsanwalt und Theaterliebhaber ist Gronemann auch mitverantwortlich für den Erfolg des hebräischen Nationaltheaters Habimah in Deutschland (1926-31), sowie für die Gründung dessen Freundeskreises, sowie deren Patronatsvereinigung.[6]

Ende März 1933 floh Sammy Gronemann mit seiner Frau Sonja, mit der er seit 1902 verheiratet war, vor den Nationalsozialisten nach Paris und wanderte 1936 dann in das britische Mandatsgebiet Palästina aus. Er praktizierte dort als Anwalt und Vorsitzender eines Schiedsgerichts, führte einen deutschsprachigen Salon und verfasste einige Theaterstücke wie Jakob und Christian[7], Heinrich Heine und sein Onkel, Der Prozess um des Esels Schatten und König Salomo und der Schuster, das bis heute auf israelischen Bühnen aufgeführt wird. In diesen Theaterstücken brachte er die Probleme der palästinensischen Gegenwart zur Sprache und griff nicht nur auf biblische Stoffe und Motive zurück, sondern auch auf die griechische Antike und setzte Themen der deutsch-jüdischen Bildungstradition fort. Einflussreich waren seine Erinnerungen eines Jecken, die zu einer Aufwertung dieser pejorativ gebrauchten Bezeichnung für die deutschen Einwanderer in Israel führte. Gronemanns Memoiren wurden 2002 und 2004, erstmals im deutschen Original, in zwei Bänden veröffentlicht;[8] sie gelten als wichtige Quelle zur Geschichte des deutschen Zionismus. In seiner Funktion als Ehrenrichter leitete Gronemann von 1911 bis 1947 das Gericht des Zionistenkongresses und verkörperte das Gewissen der zionistischen Bewegung.

Werke (Auswahl)

  • Tohuwabohu. 1920 (Roman). Neuauflage Leipzig: Reclam, 2000. ISBN 3-37901-688-8.
  • Hawdoloh und Zapfenstreich. 1924 (Roman). Neuauflage Königstein/Ts.: Jüdischer Verlag Athenäum, 1984. ISBN 3-76100-364-1
  • Hamans Flucht. Wien: R. Löwit, 1926.
  • Schalet. Beiträge zur Philosophie des „Wenn schon“. 1927. Neuauflage Leipzig: Reclam, 1998. ISBN 3-37901-619-5
  • Der Weise und der Narr: Mit einem Vorwort von Margot Klausner. Tel-Aviv: Moadim, Palestinian Play Publishers, 1942.
  • Der Prozess um des Esels Schatten. Tel-Aviv: Moadim, Palestinian Play Publishers, 1945.
  • Erinnerungen. Berlin: Philo, 2002. ISBN 3-86572-268-7
  • Erinnerungen an meine Jahre in Berlin. Berlin: Philo, 2004. ISBN 3-82570-350-9

Literatur

  • Hanni Mittelmann: Sammy Gronemann (1875–1952). Zionist, Schriftsteller und Satiriker in Deutschland und Palästina. Campus, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-593-37511-7 (= Campus Judaica. Band 21).
  • Hanni Mittelmann, Centrum Judaicum (Hrsg.): Sammy Gronemann: ein Leben im Dienste des Zionismus. Hentrich & Hentrich, Berlin 2012, ISBN 978-3-942271-57-8 (= Jüdische Miniaturen, Band 121).
  • Lexikon deutsch-jüdischer Autoren, Band 9, Saur, München 2001, S. 315–323
  • Peter Schulze: Gronemann, (1) Sammy, in: Hannoversches Biographisches Lexikon, S. 135, online über Google-Bücher
  • Peter Schulze: Gronemann, (1) Sammy, in: Stadtlexikon Hannover, S. 230
  • Jan Kühne: "Das Ende einer jüdischen Welttournee – Sammy Gronemann und die zionistische 'Rückkehr in die Geschichte'", Wallstein, Göttingen 2013, ISBN 978-3-8353-1214-2 (= Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte, Band 41).
  • Jan Kühne: „“Wer ist Wer?“ — Sammy Gronemanns „Jakob und Christian“.” Pardes 19 (2013): 191-206.
  • Jan Kühne: “‚Das schönste Theater bleibt doch das Gericht.‘ — Todesstrafe und Talion im Drama Sammy Gronemanns.” Aschkenas 24, (Nr. 2 2014): 305–23.
  • Jan Kühne: „Tohuwabohu“, in: Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur, Hg. v. Dan Diner (Stuttgart/Weimar: Metzler, 2015), 127–31.
  • Jan Kühne: „’Of the Two the Jew is – (Curtain falls.)’ — Sammy Gronemann’s Dramaturgy of the German-Jewish Encounter in Mandate-Palestine/Israel (1936-1952)“. Jewish Culture and History 17, Nr. 1 (2016).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Peter Schulze: Gronemann ... (siehe Literatur)
  2. Das Lyzeum II in Hannover wurde erst 1912 in Goethegymnasium umbenannt; siehe Dieter Brosius: Goethegymnasium, in: Hannover Chronik, S. 133, 148; online über Google-Bücher
  3. Hanni Mittelmann: Sammy Gronemann (1875-1952). Frankfurt/M. 2004, S. 10-24.
  4. Karol Sauerland: Sammy Gronemanns Sicht des Ostjudentums. In: Jens Stüben (Hrsg.): Ostpreußen – Westpreußen – Danzig. München 2007, S. 425-436
  5. Ernst Fischer: Der „Schutzverband Deutscher Schriftsteller“ 1909-1933. In: Archiv für Geschichte des Buchwesens 21 (1980), Sp. 1-666
  6. Zer-Zion, Shelly, and Jan Kühne. „The German Archive of the Hebrew Habima: Bureaucracy and Identity.“ Naharaim 7 (2013): S. 239-60.
  7. Jan Kühne. „“Wer ist Wer?“ — Sammy Gronemanns „Jakob und Christian“.” Pardes 19 (2013): S. 191-206.
  8. Sammy Gronemann: Erinnerungen, Erinnerungen an meine Jahre in Berlin, siehe im Abschnitt „Werke“.