Seehund (U-Boot)

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Seehund (U-Boot)
Schiffsdaten
Land Deutsches Reich Deutsches Reich
Schiffsart Kleinst-U-Boot
Bauzeitraum 1944 bis 1945
Gebaute Einheiten 378 (fertiggestellt: 285)
Dienstzeit 1944 bis 1945
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 11,86 m (Lüa)
Breite 1,68 m
Verdrängung 17 t
 
Besatzung 2 Mann
Maschinenanlage
Maschine Dieselelektrisch
6-Zyl.-Büssing-Diesel
Maschinen­leistung 60 PS (44 kW)
Propeller ∅ 51 cm
Einsatzdaten U-Boot
Tauchtiefe, normal 30 m
Höchst-
geschwindigkeit
getaucht
6 kn (11 km/h)
Höchst-
geschwindigkeit
aufgetaucht
8 kn (15 km/h)
Bewaffnung
Das Haupteinsatzgebiet im Ärmelkanal

Der Seehund (Typ XXVII B, später „127“) war eine Serie deutscher Kleinst-U-Boote mit zwei Mann Besatzung aus den letzten beiden Jahren des Zweiten Weltkriegs und stellte eine Weiterentwicklung des Kleinst-U-Bootes Hecht dar. Er folgte der Produktion des Einmann-U-Boots Molch.

Entwicklung und Bau

Kleinst-U-Boot Seehund im Marine-Museum Wilhelmshaven
Mittelsektion vom Seehund-U-Boot im Hist. Militärmuseum Dresden
Wracksegment von Seehund im Schifffahrtsmuseum Kiel

Nach verschiedenen aufeinander folgenden Entwürfen ab XXVII B1 wurde XXVII B5 zur Entwicklung freigegeben.[1]

Im April 1944 wurden die ersten Bauaufträge für Boote der U-Boot-Klasse XXVII B an diverse deutsche Werften vergeben und erhielten dort Baunummern und U-Boot-Nummern, obwohl die Baupläne noch nicht final vorlagen. Die ersten drei Prototypen wurden von den Howaldtswerken in Kiel im September 1944 ausgeliefert. Im Juni wurde ein Gesamtvolumen von 1000 Booten festgelegt, später auf 600 reduziert. Alliierte Luftangriffe sorgten für Verzögerungen und Materialknappheit, insbesondere bei den Batterien. Bis zum Kriegsende wurden 285 Exemplare des Seehund fertiggestellt, 93 Boote lagen noch unfertig in den Produktionshallen:[1]

Einsatz

Aufgrund der schmalen Silhouette und der leisen E-Maschinen war das Boot mit den damaligen Ortungsgeräten nur schwer zu entdecken. Die Boote operierten hauptsächlich in der Deutschen Bucht und im Ärmelkanal und erwiesen sich als durchaus leistungsfähiges Waffensystem. Die Einsatzfahrten dauerten, abgesehen von Ausnahmen, bis zu sieben Tagen.

Der erste Einsatz erfolgte am 31. Dezember 1944 vom niederländischen IJmuiden aus; von 18 Booten kehrten nur zwei zurück, die anderen versanken in einem schweren Sturm. Die erste Versenkung eines Frachters bei Great Yarmouth gelang im Februar 1945. Die Seehunde griffen hauptsächlich den Schiffsverkehr zwischen der Themse und der Schelde an.[1] Das Boot von Leutnant zur See Klaus Sparbrodt versenkte möglicherweise den frei-französischen Zerstörer La Combattante. Die Boote des Typs XXVII B versenkten eine Tonnage von 93.000 BRT.

Die letzten Einsätze dienten der Versorgung der in Dunkerque eingeschlossenen deutschen Truppen; anstatt Torpedos wurden in Containern Lebensmittel transportiert. Die Alliierten waren gezwungen, See- und Luftressourcen für die U-Boot-Jagd aufzuwenden.[1]

Bei den 142 Einsätzen gingen 35 U-Boote verloren.[2] Etwa 30 Prozent der Besatzungen wurden bei ihren Einsätzen gefangengenommen oder kamen ums Leben. Es wird berichtet, dass zahlreiche Besatzungen durch Kohlenmonoxid-Vergiftungen, verursacht durch die Bauweise der Motorenbelüftung, oder durch Lungenrisse umgekommen sind.

Um bei den mehrtägigen Einsätzen ohne Schlaf auszukommen, nahmen die Besatzungsmitglieder Pervitin.[3]

Nach dem Krieg übernahm die französische Marine einige der Boote.[1]

Technik

Der Seehund bot eine gute Seetüchtigkeit sowie Manövrierbarkeit und konnte mit dem Dieselantrieb ein schnelles dynamisches Tauchen durchführen. Ausgelegt war das Boot für 30 m Tauchtiefe, erreicht wurden im Einsatz bis zu 70 m. Die normale Reichweite von 270 sm konnte durch Mitnahme von externen Treibstoffbehältern auf 500 sm gesteigert werden.[1]

Die Navigation erfolgte mit zwei Kompassen, der Horcheinrichtung oder dem Sehrohr. Das Sehrohr war von Unterkante Kiel bis zum Sehrohrende gemessen 3,28 (Typ C15) bzw. 3,78 (Typ C16) Meter lang.

Technische Daten

Diesel-Motor: 44 kW (60 PS), 1400/min, 6-Zylinder-Lkw-Motor Büssing NAG LD 6
E-Maschinen: Generator 11 kW, Fahrmotor 18 kW, 1040/min, (90 V) AEG-E-Motor
Batterie: 8 Tröge vom Typ: 8 MAL 210 oder 7 MAL 210 (8 T 210?) der Firma AFA E-Kapazität max. 1600 Ah
Reichweite E-Maschine: 15 sm @ 6 kn / 60 sm @ 2,2 kn
Reichweite Diesel: 270 sm @ 7,7 kn
Atemluft: 45 Minuten für 2 Mann

Weiterentwicklungen

Basierend auf den Eigenschaften des Seehunds, die im offensiven Einsatz mehr Erfolg versprachen als die teils parallel entwickelten und produzierten Modelle Biber und Molch, wurden Weiterentwicklungen des Typs XXVII konzipiert, von denen jedoch keine mehr produziert wurde.

U-Boot-Klasse XXVII F

Unter der Typenbezeichnung XXVII F wurde im Sommer des Jahres 1944 im Hauptamt Kriegsschiffbau ein Kleinst-U-Boot entworfen, das mit einer Walter-Turbinenanlage ausgerüstet werden sollte. Die Boote dieser U-Boot-Klasse sollten einen Torpedo in einer Ausbuchtung unterhalb des Rumpfes transportieren.

Technische Daten[4]

Länge: 11,2 m
Breite: 1,0 m
Antrieb: 1 × 200-PS-Walter-Turbine
Geschwindigkeit: 22,6 kn (getaucht)
Bewaffnung: 1 Torpedo
Besatzung: 1

Da die für diese U-Boot-Klasse vorgesehene Walter-Turbine mit Seewassereinspritzung zu diesem Zeitpunkt noch weit von der Serienreife entfernt war, wurde das Projekt zunächst zurückgestellt und schließlich beendet.

U-Boot-Klasse XXVII K

Am 28. April 1944 gab die Kriegsmarine drei Kleinst-U-Boote des Typs XXVII K bei der Kieler Germaniawerft in Auftrag. Die Boote hatten die Baunummern 938 bis 940 und erhielten die Bootsnummern U 5188, U 5189 und U 5190.[5] Die drei XXVII-K-Kleinst-U-Boote wurden bis zum Kriegsende nicht fertiggestellt.

Technische Daten[4]

Länge: 13,9 m
Breite: 1,7 m
Antrieb über Wasser: 1 × 100-PS-Dieselmotor, 80 PS im Kreislauf
Antrieb unter Wasser: 1 × 8-PS-Schleich-Elektro Motor
Geschwindigkeit: 9,5 kn (10 kn getaucht)
Bewaffnung: 2 Torpedos
Besatzung: 2

Literatur

  • Erminio Bagnasco: U-Boote im 2. Weltkrieg. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1994, ISBN 3-613-02987-1.
  • Erich Gröner: Die Schiffe der deutschen Kriegsmarine und Luftwaffe 1939–1945 und ihr Verbleib. Bernard & Graefe, Bonn 2000, ISBN 3-7637-6215-9.
  • Bodo Herzog: 60 Jahre deutsche U-Boote 1906–1966. Pawlak, Herrsching 1994, ISBN 3-88199-687-7.
  • Paul Kemp: Bemannte Torpedos und Klein-U-Boote. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1999, ISBN 3-613-01936-1.
  • Klaus Mattes: Die Seehunde. Klein-U-Boote. Letzte deutsche Initiative im Seekrieg 1939–1945. Mittler, Hamburg u. a. 1995, ISBN 3-8132-0484-7.
  • Werner Schulz: Im Kleinst-U-Boot. Aus dem Nachlass eines „Seehund“-Fahrers. Brandenburgisches Verlag-Haus, Berlin 1995, ISBN 3-89488-085-6.
  • Vorläufige Betriebskunde für U Boote Typ 127. Stand 29. September 1944.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Mark Stille: Axis Midget Submarines: 1939–1945. Verlag Osprey Publishing, 2014, ISBN 978-1-4728-0122-7, S. 27 [1]
  2. Deutsches Marinemuseum, Wilhelmshaven
  3. TV Sendung Schlaflos im Krieg, auf ARTE 16. Oktober 2010
  4. a b Eberhard Rössler: Geschichte des deutschen U-Bootbaus. Band 2: Entwicklung, Bau und Eigenschaften der deutschen U-Boote von 1943 bis heute. Bernard & Graefe Verlag, Bonn 1996, S. 540.
  5. Harald Busch, Hans Joachim Röll: Der U-Boot-Krieg 1939–1945. Band 2: Der U-Boot-Bau auf Deutschen Werften. Verlag A.S. Mittler & Sohn, Hamburg u.a. 1997, S. 205.

Weblinks

Commons: Seehund – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien