St. Jakob in Grissian

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St. Jakob in Grissian

St. Jakob ist eine kleine Kirche in Grissian, einer Fraktion der Gemeinde Tisens in Südtirol. Im Inneren haben sich romanische Fresken aus der Zeit um 1200 erhalten, die zu bedeutendsten romanischen Fresken in Südtirol zählen.[1] Sie ist die älteste nachweisbare Kirche auf dem Tisner Mittelgebirge.[2]

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die geostete Kirche erhebt sich auf einem steil abfallenden Hügel, der den höchsten Punkt des Weilers Grissian markiert. An dem Platz führt ein alter Höhenweg vorbei. Zu einer Zeit, als der Talkessel noch sumpfig war, war er eine Haupftverkehrsader, der Meran mit Bozen verband. Ein Zweig führte zudem von hier über den Gampenpass auf den Nonsberg.[3] Seit dem Mittelalter diente er als Pilgerweg nach Santiago de Compostela.[4]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aus der stark fragmentierten, lateinischen Majuskel-Inschrift in der Apsis geht hervor, dass die Kirchweihe am 12. Mai 1142 durch Bischof Hartmann von Brixen erfolgte. Demnach wurde die Kirche von den Eheleuten Rudolf und Atha errichtet.[5] Rudolf entstammte nach Gufler den Herren von Marling, die sich nach dem Bau der Burg Lebenberg im 13. Jahrhundert „von Lebenberg“ nannten.[2] Um 1200 wurden die Apsis und der Triumphbogen mit Fresken im romanischen Stil der Marienberger Schule versehen. Seit 1279 ist erstmals auch ein eigener Kaplan bezeugt.[6] St. Jakob war damit die erste Kirche in der Pfarre Tisens, die über einen eigenen Geistlichen verfügte.[2]

Im Jahr 1323 wird „sanctus Jacobus in Grissano“ in einer testamentarischen Verfügung eines Eppo von Tisens zu Gunsten des Heiliggeistspitals in Bozen genannt.[7] Der Kirchturm kam 1380 hinzu. Um dieselbe Zeit sind auch die gotischen Fresken an der Süd- und Nordwand entstanden, die erst bei einer Restaurierung 1956 freigelegt wurden.[1] Neben der Süd- und Nordwand waren in der Gotik auch die älteren romanischen Fresken in der Rundapsis und auf dem Triumphbogen übermalt worden. Zwischen 1926 und 1927 wurden im Auftrag der von Giuseppe Gerola geleiteten und damals zuständigen Sopraintendenza für Kulturgüter in Trient die romanischen Fresken wieder freigelegt, wobei Teile der gotischen Fresken unwiederbringlich zerstört wurden. Bei der Freilegung wurde auch die Weihinschrift von 1142 entdeckt. Teile der abgenommenen gotischen Fresken aus dem 14. Jahrhundert wurden später im Dachstuhl entdeckt und sind mittlerweile im Stadtmuseum Bozen aufbewahrt.[8]

Bei den Restaurierungsarbeiten in den 1950er Jahren wurde auch ein in der Barockzeit im 17. Jahrhundert eingezogenes Tonnengewölbe durch eine flache Holzdecke ersetzt.[9][2] Weitere Restaurierungsarbeiten fanden zwischen 2009 und 2010 statt, wobei 2009 die romanischen Fresken in der Apsis restauriert wurden, während man sich unter anderem dem Nebenaltar und den gotischen Fresken über dem Nebenaltar widmete.[10]

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das schlichte romanische Langhaus wird von einer weiten halbrunden Apsis mit drei Monoforien abgeschlossen. Hinter dem Hauptaltar befinden sich die Reste der 1927 entdeckten Inschrift. Das romanische Fresko in der Kuppel stellt eine Überschneidung der Motive Majestas Domini und Deësis dar. Letztere ist eigentlich eine byzantinische Ikone und westeuropäischen Kirchen eher selten anzutreffen. Sie fand erst im Zuge der Kreuzzüge eine gewisse Verbreitung. Das unter Apsiskuppel entfernte gotische und in Bozen im Museum aufbewahrte Fresko ist nur in Teilen erhalten. Es hat die Apostel im Himmlischen Jerusalem zum Motiv. Am Triumphbogen ist das Opfermotiv das zentrale Thema. Zu sehen ist, wie Abraham mit Isaak auf den Opferberg steigt. In der Vergangenheit wurde angenommen, dass die Berge die nahen Dolomiten darstellen könnten. Mittlerweile geht man davon aus, dass sie vielmehr Teil der orientalisch geprägten Ikonografie sind, als dass sie die Sicht des unbekannten Künstlers wiedergeben. Darunter das Opfer von Abel, dem auf der rechten Seite durch den gotischen Turmanbau etwas verdeckt das Opfer Kains gegenübersteht.[11] Durch den Turmbau wurde die Opferungszene Isaaks fast vollständig zerstört. Nur Teile des Scheiterhaufens und Abraham mit dem Schwert in der Hand sind erhalten.[1]

Am Nebenaltar unter der Turmwand die Statue des heiligen Jakob. Die Holzskulptur stammt von 1520 und wurde Anfang des 17. Jahrhunderts neu gestaltet.[12] Aus der Barockzeit das Antependium aus Leder.[10] Die Fresken an den Turmwänden zeigen eine Kreuzigungsszene und die Anbetung der Könige. Sie entstanden zwischen dem Ende des 14. und dem Beginn des 15. Jahrhunderts. Unter der rahmenden Faltbandbordüre der Fresken an der Südwand, die eine Reihe von Heiligen zeigen, befindet sich das Lebenberger Wappen. Die Fresken aus dem Leben des heiligen Jakob an der Nordwand sind wegen ihrer starken Zerstörung nur schwer zu erkennen.[1]

An der Außenwand des Langhauses befindest sich auf der Südseite über dem Eingangsportal ein langgezogenes Fresko, das Christus mit seinen zwölf Aposteln zeigt und um 1400 entstanden ist. Daneben das Bild eines knienden Ritters, das zur gleichen Zeit entstand. Wenige Meter unter der Kirche ein denkmalgeschützter gotischer Bildstock mit Fresken aus dem Leben Christi aus dem 15. Jahrhundert.[13]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Mathias Frei: St. Jakob in Grissian. Gemeinde Tisens, Südtirol Bildverlag, 1974.
  • Christoph Gufler: Beiträge zur Geschichte der Urpfarre Tisens (2. Teil). In: Der Schlern. Monatszeitschrift für Südtiroler Landeskunde. 63. Jahrgang, Juli–August 1989, Heft 7/8, Athesia, Bozen 1989, S. 407–419 (Digitalisat).
  • Josef Weingartner: Die Kunstdenkmäler Südtirols. Band 2: Bozen und Umgebung, Unterland, Burggrafenamt, Vinschgau. 7. Auflage, bearb. von Magdalena Hörmann-Weingartner. Bozen-Innsbruck-Wien: Athesia-Tyrolia 1991. ISBN 88-7014-642-1, S. 454–456.
  • Helmut Stampfer, Thomas Steppan: Die romanische Wandmalerei in Tirol: Tirol, Südtirol, Trentino. Schnell + Steiner, Regensburg 2008, ISBN 978-3-7954-1574-7, S. 217–218.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: St. Jakob in Grissian – Sammlung von Bildern
  • Eintrag im Monumentbrowser auf der Website des Südtiroler Landesdenkmalamts
  • St.-Jakob-Kirche auf stiegenzumhimmel.it

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Sehenswertes in Tisens – Prissian – St. Jakob Kirche in Grissian. In: merano-suedtirol.it. Abgerufen am 10. Juni 2022.
  2. a b c d Christoph Gufler: Beiträge zur Geschichte der Urpfarre Tisens (2. Teil). S. 416.
  3. Von Grissian nach St. Jakob und St. Apollonia – Nals – Prissian – Wandern im Meraner Land. In: meranerland.org. Abgerufen am 30. Dezember 2019.
  4. Wolfgang Heitzmann: Kulturwandern Südtirol: 40 Touren. Mit GPS-Daten. Bergverlag Rother GmbH, München 2017, ISBN 978-3-7633-3170-3, S. 174 (Volltext in der Google-Buchsuche).
  5. Martin Bitschnau, Hannes Obermair: Tiroler Urkundenbuch, II. Abteilung: Die Urkunden zur Geschichte des Inn-, Eisack- und Pustertals. Band 2: 1140–1200. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 2012, ISBN 978-3-7030-0485-8, S. 26 (academia.edu [abgerufen am 10. Juni 2022]).
  6. Vereine für christliche Kunst und Archäologie in Bozen und Meran: Der deutsche Antheil des Bisthumes Trient: topografisch-historisch-statistisch und archäologisch beschrieben von mehreren und herausgegeben. A. Weger, Brixen 1907, S. 97 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Hannes Obermair: Bozen Süd – Bolzano Nord. Schriftlichkeit und urkundliche Überlieferung der Stadt Bozen bis 1500. Band 1. Stadtgemeinde Bozen, Bozen 2005, ISBN 88-901870-0-X, S. 219, Nr. 374 (academia.edu [abgerufen am 10. Juni 2022]).
  8. Abteilung Denkmalpflege – Ripartizione Beni Culturali (Hrsg.): Denkmalpflege in Südtirol 2009 – Tutela dei Beni Culturali in Alto Adige 2009. Tappeiner, Bozen 2010, ISBN 978-88-7073-573-4, S. 131 (Digitalisat).
  9. Erich Egg: Reclams Kunstführer. Italien: Südtirol. Trentino. Venezia Giulia. Friaul. Veneto. 2. Auflage. Stuttgart 1972, S. 229 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  10. a b Abteilung Denkmalpflege – Ripartizione Beni Culturali (Hrsg.): Denkmalpflege in Südtirol 2010 – Tutela dei Beni Culturali in Alto Adige 2010. Tappeiner, Bozen 2011, ISBN 978-88-7073-651-9, S. 125 (Digitalisat).
  11. Helmut Stampfer, Thomas Steppan: Die romanische Wandmalerei in Tirol: Tirol, Südtirol, Trentino. S. 217.
  12. St. Jakob’s church in Grissian/Grissiano. In: merano-suedtirol.it. Abgerufen am 10. Juni 2022 (englisch).
  13. Eintrag im Monumentbrowser auf der Website des Südtiroler Landesdenkmalamts

Koordinaten: 46° 31′ 57″ N, 11° 10′ 43,5″ O