Stedebach

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Stedebach
Gemeinde Weimar (Lahn)
Koordinaten: 50° 44′ N, 8° 40′ OKoordinaten: 50° 43′ 42″ N, 8° 40′ 23″ O
Höhe: 203–216 m ü. NN
Fläche: 1,85 km² (LAGIS)
Einwohner: 25
Bevölkerungsdichte: 14 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Juli 1974
Postleitzahl: 35096
Vorwahl: 06426
Bild von Stedebach

Stedebach ist mit aktuell zirka 25 Einwohnern der kleinste Ortsteil der Gemeinde Weimar (Lahn). Es liegt im Landkreis Marburg-Biedenkopf im hessischen Regierungsbezirk Gießen.

Geschichte

Erstmals urkundlich erwähnt wurde Stedebach 1250. Bereits im 9. und 10. Jahrhundert befand sich jedoch im Ort eine kleine Niederungsburg oder Motte, die Burg Stedebach, um die sich dann das kleine Dorf entwickelte. Von dieser ersten Burg sind keine Reste mehr erhalten, und auch ihre genaue Lage ist nicht gesichert; vermutlich befand sie sich jedoch an der gleichen Stelle wir die spätere Burg des Deutschen Ordens.

Spätestens seit 1263 hatte die Deutschordensballei Hessen bzw. die Landkommende Marburg erheblichen Grundbesitz in Stedebach,[1] und ab 1302 war Stedebach Sitz eines Deutschordensbruders. In der Tat wird, wohl auf einer 1894 in Marburg erschienene Dissertation fußend,[2] ein Ordensbruder namens Gobelo oder auch Goblo in der Zeit von 1302 bis 1319 gelegentlich als ‘’Komtur” in Stedebach bezeichnet.[3][4] Es ist allerdings nicht klar, ob Stedebach demnach zumindest kurze Zeit des Status einer Kommende hatte, oder ob Gobelo vielmehr der dortige Pfleger oder Kastner war. Eine Schenkungsurkunde des Landgrafen Otto I. von Hessen vom 31. Dezember 1318 bezeichnet Goblo als Bruder und als „secretarius“ („Geheimschreiber“) des Landgrafen, was mit der Stellung eines Komturs nicht vereinbar gewesen wäre.[5]

Durch Schenkungen oder Tausch kamen bis spätestens 1476 alle Höfe im Ort in den Besitz des Ordens, einschließlich des 1375 und auch noch 1409 landgräflich genannten Hofs.[6] Zur Sicherung und Verwaltung dieses Besitzes errichtete der Orden spätestens im 15. Jahrhundert am Ostrand der Siedlung, ein Weiherhaus[7] – wahrscheinlich an der Stelle der alten, kleinen Burg Stedebach. Die Burg des Ordens war auf allen vier Seiten von einem sehr breiten Wassergraben umgeben, sodass man auch von einem Burgteich sprach, und wurde gegen Ende des 15. Jahrhunderts zu einer dreiflügeligen Wasserburg ausgebaut. Ob und wie lange Ordensangehörige permanent in Stedebach residierten, ist ungewiss. Gewiss ist jedoch, dass spätestens im 16. Jahrhundert ein Schultheiß vom Orden ernannt und bezahlt wurde; er wohnte wahrscheinlich im Nebenflügel der Burg.

Am 20. August 1476 befreiten Landgraf Heinrich III., der Regent von Oberhessen, und sein Sohn Ludwig (III.) die Burg (die in diesem Zusammenhang erstmals als Burg bezeichnet wird) und die Höfe des Ordens in Stedebach von allen Diensten, Abgaben und Heerfahrt und übertrugen dem Orden auch die Hohe Gerichtsbarkeit am Ort.[8][9][10] In der Folgezeit kam es allerdings sehr häufig zu Streit zwischen landgräflichen Ministerialen und dem Orden hinsichtlich der Zuständigkeit ihrer Gerichte. Die Bestellung eines eigenen Schultheißen und die Existenz eines Gefängnisses in der Burg des Ordens weisen zweifellos darauf hin, dass der Orden zumindest bis 1679 die hohe und niedere Gerichtsbarkeit in Stedebach ausübte. Ab 1702 hinderte der landgräflich Schultheiß von Fronhausen den Orden an der Ausübung der Gerichtsbarkeit in Stedebach, und erst 1747 wurde dem Orden die Niedere Gerichtsbarkeit wieder eingeräumt.

Bis 1561 wurde der von seiner Niederlassung in Stedebach verwaltete Grundbesitz des Ordens von Leibeigenen oder Hörigen des Landgrafen und zum Frondienst verpflichteten Bauern bearbeitet. Im Jahre 1561 verlieh der Orden dieses Land erstmals an drei Hofleute auf jeweils neun Jahre. Ab 1577 war der Stedebacher Besitz des Ordens auf vier Höfe aufgeteilt, die immer wieder für neun Jahre, und ausdrücklich nach Landsiedelrecht, in praktisch ständige Pacht an vier sogenannte Hofbeständer verliehen wurden. Noch 1679 hieß es im Pachtvertrag des Marburger Komturs Johann Daniel von Priort mit den vier Hofleuten in Stedebach ausdrücklich, dass dies nicht als Erbleihe ausgedeutet werden solle.[11] Auch 1715 fand sich diese Klausel im neuen Landsiedel-Pachtvertrag.[12] In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden diese Pachten in Erbleihen umgewandelt und die Hofbauern wurden Erbbeständer.

Der letzte bezahlte Schultheiß wurde 1679 abberufen und auf eine Hospitalverwalterstelle versetzt, und seine Pflichten wurden nunmehr von einem der vier Hofleute ausgeübt, wobei das Amt jährlich unter ihnen rotierte.

Im Zuge der Bauernbefreiung wurden die vier Hofleute durch die Kurhessische Verfassung vom Januar 1831 aus der Leibeigenschaft entlassen, hatten dafür allerdings einen hohen Preis in Form des zwanzigfachen jährlichen Pachtzinses zu zahlen. Erst 1878, nachdem sie die vereinbarten Ablösen nebst Zinsen in Raten schließlich abbezahlt hatten, waren sie freie Grundbesitzer ihrer Höfe.

Die Wasserburg Stedebach verfiel bereits ab der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts; ein Teil wurde bereits 1778 abgerissen. Der Burgteich wurde 1781 trockengelegt und danach als Gemüsegarten genutzt. Der Rest der Burg wurde 1857 abgetragen, und heute sind nur noch Reste der äußeren Futtermauer des einstigen Burgteichs zu sehen.

Burg Rickelskopf

Etwa 600 m südlich der Siedlung befand sich die etwa um das Jahr 800 erbaute Burg Rickelskopf, eine Höhenburg von etwa 32 m Durchmesser mit sichelförmigem Halsgraben, die jedoch schon um 1000 aufgegeben wurde und danach verfiel.

Einwohnerentwicklung

Da der Ort immer nur aus vier landwirtschaftlichen Höfen (und dem herrschaftlichen Amtssitz) bestand, war die Zahl der Einwohner entsprechend gering. Lediglich unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs verdoppelte sie sich einige Jahre lang auf Grund der Einquartierung von Ausgebombten und Heimatvertriebenen.

Jahr Einwohner
1577 4 Hausgesesse
1630 4 Höfe
1747 12 Personen
1838 48
1861 60
Jahr Einwohner
1885 58
1910 59
1925 53
1939 45
1946 94
Jahr Einwohner
1950 90
1956 48
1961[13] 41
1967 27
1970[13] 30
Jahr Einwohner
2005 25
2011 25

Verwaltungszugehörigkeit

Als der französische Kaiser Napoléon am 24. April 1809 den Deutschen Orden in den Rheinbundstaaten für aufgelöst erklärte, wurde der Ordensbesitz in Stedebach Eigentum des 1807 gebildeten Königreichs Westphalen, nach dessen Ende 1813 Staatsbesitz des restaurierten Kurfürstentums Hessen.

Im Rahmen der Gebietsreform in Hessen wurde Stedebach am 1. Juli 1974 der Großgemeinde Weimar (Lahn) angeschlossen.[13]

Sehenswürdigkeiten

Besonders sehenswürdig sind die alten Fachwerkhäuser im Ort.

Wirtschaft und Verkehr

Der Ort ist heute stark geprägt durch die landwirtschaftlichen Betriebe, die teilweise auch Hofläden betreiben.

Der überwiegende Teil der Straßen und Wege in Stedebach sind Privat- und Wirtschaftswege. Im Ort gibt es nur die Straße „Stedebach“; die einzelnen Häuser sind einfach nummeriert.

Literatur

  • Georg Lennep: Abhandlung von der Leyhe zu Landsiedel-Recht. Marburg 1768 (S. 107–158: Stedebacher Pachtbriefe von 1561 bis 1742)
  • Rudolf Knappe: Mittelalterliche Burgen in Hessen. 800 Burgen, Burgruinen und Burgstätten. 2. Auflage. Wartberg-Verlag, Gudensberg-Gleichen 1995, ISBN 3-86134-228-6 (S. 269)
  • Ewald Gutbier: Die Burg Stedebach. In: Hessenland, Bd. 44, 1933 (S. 45 ff.)
  • Herbert Kosog: Die Burg zu Stedebach, in: Heimatwelt, Weimar/Lahn 1978, Heft 5 (online als pdf) (4,40 MB)
  • Herbert Kosog: Die Stedebacher Höfe und ihre Geschichte. In Heimatwelt, Weimar/Lahn, 1983, Heft 14 (online als pdf) (6,24 MB)

Weblinks

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Herbert Kosog: Die Stedebacher Höfe und ihre Geschichte. In Heimatwelt, Weimar/Lahn, 1983, Heft 14 (PDF; 6,5 MB)
  2. Carl Heldmann: Beiträge zur Geschichte der ländlichen Rechtsverhältnisse in den Deutschordenscommenden Marburg und Schiffenberg. Dissertation, Marburg 1894, S. 35 (144) und S. 63 (172)
  3. Carl Feldmann: Geschichte der Deutschordensballei Hessen …, in: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde, Band 20, Verein für Hessische Geschichte und Landeskunde, Neue Folge Bd. 20, Kassel 1895, S. 91.
  4. Heimatwelt, Weimar/Lahn, 1983, Heft 14
  5. Landgrafen-Regesten online, Regest Nr. 690
  6. Der landgräfliche Hof war 1375 an den Ritter Emmerich von Linden verpfändet.
  7. siehe Zeichnung: Heimatwelt, Weimar/Lahn, 1983, Heft 14, S. 25
  8. Georg Lennep: Abhandlung von der Leyhe zu Landsiedel-Recht. Marburg 1768, S. 100–106
  9. Johann Bapt. Rady (Johann Michael Raich, Hg.): Geschichte der katholischen Kirche in Hessen (722 – 1526). Mainzer Verlagsanstalt, Mainz 1904, S. 386
  10. Bereits am 19. August 1466 hatte Landgraf Heinrich III. die damaligen drei Höfe des Ordens in Stedebach dem Orden als Freihöfe übereignet. (Landesarchiv Baden-Württemberg, Bestand JL 425: Sammlung Breitenbach zur Geschichte des Deutschen Ordens; Zweiter Teil: Das Meistertum und die Balleien des Deutschen Ordens im Reich; Tom. XXXI: Balleien Deutschen Gebiets; Teil 2: Ballei Marburg bzw. Hessen; JL 425 Bd. 31 Qu. 28)
  11. Lennep, S. 135
  12. Lennep, S. 141–145
  13. a b c Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27. 5. 1970 bis 31. 12. 1982. W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart und Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 404.
  14.  Info: Bitte auf Vorlage:HessBib umstellen, um auch nach 2015 erfasste Literatur zu selektieren!