Studium der Pferdewirtschaft und Pferdewissenschaften

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Das Studium der Pferdewirtschaft bzw. Pferdewissenschaften bezeichnet die akademische Ausbildung an einer Universität, Fachhochschule sowie weiterhin Berufsakademie im Bereich Pferdewirtschaft oder Pferdewissenschaften (Hippologie).

Hintergründe

Das um 4350 v. Chr. domestizierte Pferd war für die Menschheit lange ein wichtiges Arbeitstier. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts wandelte sich in den Industrienationen das Arbeitspferd zum Sport- und Freizeitpferd. Eine Untersuchung des Marktforschungsinstituts Ipsos, die im Auftrag der FN in den Jahren 2001 und 2002 durchgeführt wurde, belegt die große wirtschaftliche Bedeutung[1][2] des Pferdesektors in Deutschland. Über 8,74 Millionen Menschen interessieren sich für Pferde. 1,24 Millionen Menschen reiten regelmäßig. Außerdem bietet der Pferdesektor vielfältige Arbeitsmöglichkeiten, in dem aktuell rund 300 000 Menschen arbeiten. Das Pferd ist bei 10 000 Firmen, Handwerksbetrieben und Dienstleistungsunternehmen direkt oder indirekt Hauptgeschäftsgegenstand. Der Pferdesektor setzt jährlich 5 Milliarden Euro um. Eine vergleichbare Untersuchung für Europa gibt es in diesem Bereich nicht, dennoch bietet auch der übrige Teil Europas und der Welt einen vielseitigen Arbeitsmarkt rund um das Pferd. Daraus ergibt sich ein Bedarf an Studiengängen in diesem Fachbereich.

Grundlegende Inhalte des Studiums

Grundsätzlich gemein haben alle Studiengänge der Pferdewirtschaft an den verschiedenen Standorten eine agrarspezifische Grundlage, wohingegen Studiengänge der Pferdewissenschaft meist auf einem tiermedizinischen Hintergrund begründet sind. Dies ergibt sich aus der engen Verknüpfung vom Agrar- bzw. Tiermedizin[3] und Pferdesektor. Um die Absolventen gut auf den vielfältigen Arbeitsmarkt vorzubereiten sind die Studieninhalte breit angelegt. Alle Standorte haben einen Praxisbezug, verlangen Praktika und Projektarbeiten. Neben den pferdespezifischen Fächern, wie Fütterung, Zucht, Haltung und Ausbildung, gehört auch die Veterinärmedizin zu den Grundlagen, die vermittelt werden. Darüber hinaus erlangen die Studierenden Erkenntnisse sowohl aus dem betriebswirtschaftlichen als auch aus dem volkswirtschaftlichen Bereich.

Standorte in Deutschland

In Deutschland ist das Interesse am Pferdesektor groß[2]. Vor dem Jahr 2006 gab es im Pferdesektor nur die Ausbildung zum Pferdewirt. Seitdem gibt es die zusätzliche Möglichkeit ein Studium im Agrarbereich zu absolvieren und sich anschließend auf den Pferdesektor zu spezialisieren. Seit dem Jahr 2006 ist es an verschiedenen Standorten in Deutschland möglich, ein Studium der Pferdewirtschaft/Pferdewissenschaft zu absolvieren.

Göttingen

Modulplan Göttingen

Die Universität Göttingen bietet seit 2006 einen Masterstudiengang der Pferdewissenschaften an. Voraussetzung dafür ist ein abgeschlossenes Bachelorstudium in einem artverwandten Fach oder ein gleichwertiger Abschluss. Nach der Regelstudienzeit von vier Semestern wird der Abschluss Master of Science erworben. Das Studium beschäftigt sich mit verschiedenen Schwerpunkten aus dem Pferdebereich in Theorie und Praxis und kann durch eine fachübergreifende Komponente ergänzt werden. Die Universität Göttingen steht im Kontakt mit der tierärztlichen Hochschule in Hannover und der Deutschen Reiterlichen Vereinigung in Warendorf.

Studienschwerpunkte in Göttingen:

  • Spezielle berufliche Weiterbildung über Praxismodule „Richter, Trainer, Management“.
  • Vertiefung der Hauptfachgebiete Pferdezucht, -haltung, -fütterung, -gesundheit, -ausbildung.
  • BWL und Unternehmensführung soll Betriebsleiterqualifikationen weiter verbessern.
  • Im letzten Studienabschnitt kann durch Wahlfächer ein Schwerpunkt gesetzt werden.

Berlin

Die Freie Universität Berlin bietet ab dem Wintersemester 2014/ 2015 einen grundständigen Bachelorstudiengang der Pferdewissenschaften an.[4] Schwerpunkte werden auf Ethologie, pferdegerechte Ausbildung und Pferdezucht gelegt. Ein großer Teil der Seminare und Übungen wird praxisnah im eigenen Pferdezentrum Bad Saarow mit EU-Besamungs- und Embryotransferstation durchgeführt. Nach sechs Semestern Regelstudienzeit wird der Abschluss Bachelor of Science erworben. Die Studenten haben die Möglichkeit im Pferdezentrum Bad Saarow auch eigene Pferde einzustellen und am umfangreichen Lehrgangsangebot teilzunehmen.

Osnabrück

Modulplan Osnabrück

An der Hochschule Osnabrück gibt es seit 2008 die Vertiefung „Pferdemanagement“ im Bachelorstudium Landwirtschaft. Die Regelstudienzeit beträgt sechs Semester. In den ersten drei Semestern werden landwirtschaftliche Grundlagen vermittelt. Ab dem vierten Semester erfolgt die Spezialisierung über die Vertiefung „Pferdemanagement“. Die Studierenden lernen ab diesem Zeitpunkt die Grundlagen im Pferdebereich und können über Wahlfächer eigene Schwerpunkte setzen. Mit dem erfolgreichen Absolvieren der sechs Semester erwerben die Studierenden den Abschluss Bachelor of Science. Die Hochschule Osnabrück arbeitet eng mit dem horse-competence-center-germany zusammen. Es hat seinen Sitz ebenfalls in Osnabrück.

Studienschwerpunkte in Osnabrück:

  • Die ersten drei Semester beinhalten ein landwirtschaftliches Grundlagenstudium, da die Pferdewirtschaft eng mit der Landwirtschaft verknüpft ist.
  • Das Fach „Pferdemanagement“ setzt Schwerpunkte im Bereich der Unternehmensführung und beinhaltet praktische Projekte.

Nürtingen

Modulplan Nürtingen

Das Bachelorstudium Pferdewirtschaft gibt es seit dem Jahr 2009 in Nürtingen an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt. Nach sieben Semestern Regelstudienzeit wird der Abschluss Bachelor of Science erworben. Die ersten drei Semester dienen der Vermittlung von Grundlagen. Im vierten Semester ist ein zwanzigwöchiges Praktikum auf einem Betrieb oder in einem Unternehmen vorgesehen. Anhand von Wahlpflichtfächern und Praxismodultagen werden im Vertiefungsstudium (Semester 5–7) Schwerpunkte gesetzt. Die Hochschule Nürtingen arbeitet mit dem Haupt- und Landgestüt Marbach, dem Kompetenzzentrum Pferd Baden-Württemberg und der Universität Hohenheim zusammen. Auf dem hochschuleigenen Versuchsgut Jungborn können die Studierenden ihre eigenen Pferde in Paddockboxen unterbringen.

Studienschwerpunkte in Nürtingen:

  • Nürtingen vermittelt landwirtschaftliche Grundlagen und spezifisches Fachwissen im Pferdebereich.
  • Schwerpunkte werden auf Pferdefütterung, -zucht und –ausbildung gelegt
  • Das Studium ist dank einer Vielzahl von Wirtschaftsm odulen (Controlling, VWL, BWL, Agrarpolitik, Investition u. Finanzierung, Marketing,…) ökonomisch ausgelegt und soll insbesondere für Managementtätigkeiten qualifizieren

Standorte in Europa

Das europäische Ausland hat sich das Thema Pferd zum Teil schon früher als Deutschland zum Studiengegenstand gemacht. In England hat das Pferd und die Reiterei eine lange Tradition. Die Niederlande sind im Bereich Pferdezucht und Vermarktung besonders fortschrittlich.

Wien

Modulplan Wien

In Kooperation bieten die Universität für Bodenkunde und die Veterinärmedizinische Universität in Wien (Österreich) den Bachelorstudiengang Pferdewissenschaften an. Die reguläre Studienzeit beträgt sechs Semester. Während des Studiums sind zudem insgesamt 16 Wochen Praktikum im studienrelevanten Bereich zu absolvieren. Für mitgebrachte Pferde stehen seitens der Universität keine Unterstellmöglichkeiten zur Verfügung. In Zusammenarbeit mit dem Haupt- und Landgestüt Neustadt-Dosse werden die Themenbereiche Zucht, Reproduktion und Ausbildung betrachtet.

Studienschwerpunkte in Wien sind:

  • Veterinärmedizinischer und wissenschaftlicher Bereich
  • Buchhaltung und Kostenrechnung für Aufgaben in der Verwaltung
  • Praktikum während des Studiums
  • Individuelle Wahlfächer sind am Ende des Studiums vorgesehen.

Dronten

Modulplan Dronten

Die Agrar-Hochschule Dronten (Niederlande) bietet den Studiengang Pferdemanagement mit dem Abschluss Bachelor of Agribusiness an. Der Studiengang ist seit 2008 auch für ausländische Studenten offen. Für eigene Pferde der Studierenden stehen 60 Boxen zur Verfügung. Das Studium ist in acht Semestern zu absolvieren. Im ersten und zweiten Semester ist jeweils ein Praktikum vorgesehen und im siebten und achten Semester erfolgt eine Spezialisierung. Mit einem Berufsprojekt soll der Übergang in die Arbeitswelt erleichtert werden. Die universitäre Ausbildung in den Niederlanden lässt Studierenden viele Wahlmöglichkeiten.

Studienschwerpunkte in Dronten sind:

  • ökonomische Auslegung des Studiums mit Schwerpunkt auf unternehmerischem Handeln
  • „Entwicklung einer eigenen Sichtweise auf den Pferdesektor“
  • Persönliche Schwerpunkte können in Projekten, Praktika und Spezialisierungen gesetzt werden.

Hartpury

Das Hartpury College in England war eine der ersten Einrichtungen, an denen sich Studiengänge rund um das Pferd etabliert haben. Bereits seit 1994 haben Studieninteressierte die Möglichkeit zwischen Equine Business Management, Equine Science und Equestrian Sports zu wählen. Eigene reiterliche Aktivitäten werden gefördert. Mitgebrachten Pferden stehen insgesamt 125 Unterstellmöglichkeiten zur Verfügung. Die Regelstudienzeit beträgt sechs Semester und endet mit dem Titel Bachelor of Arts oder Science. Es gibt Kooperationen mit der University of the West of England und Austauschprogramme mit dem Delaware Valley College in Pennsylvania, Amerika.

Zollikofen

Modulplan Zollikofen

Die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL in Zollikofen (Schweiz) – ein Departement der Berner Fachhochschule – bietet seit 2007 im Bachelorstudiengang Agronomie die Vertiefung Pferdewissenschaften an. Das Studium verbindet agronomisches Grund- mit pferdespezifischem Fachwissen. Die Regelstudienzeit beträgt sechs Semester. Studierende ohne landwirtschaftliche Berufserfahrung absolvieren ein einjähriges Vorstudienpraktikum. Die HAFL arbeitet eng mit dem Schweizerischen Nationalgestüt in Avenches und dem Schweizerischen Institut für Pferdemedizin (ISME) zusammen.

Studienschwerpunkte in Zollikofen:

  • Pferdefütterung und Grünlandbewirtschaftung
  • Wirtschaft und Recht rund ums Pferd
  • Ethologie (Verhaltensbiologie), Pferdehaltung und Ausbildung
  • Pferdezucht und Genetik
  • Gesundheit und angewandte Krankheitslehre des Pferdes, Hygieneprinzipien

Berufsaussichten

Ziel dieser Studiengänge ist ein Beruf in allen vor- und nachgelagerten Bereichen des Pferde- oder Agrarsektors. Vorrangig werden die Studierenden jedoch für Führungspositionen im Pferdesektor ausgebildet. Die Absolventen dieser Studiengänge sollen den Beruf des Pferdewirts oder Pferdewirtschaftsmeisters ergänzen. Mögliche Arbeitgeber finden sich in folgenden Bereichen:

  • Ausrüstungs- und Zubehörindustrie[5]
  • Futtermittel- und Pharmaunternehmen
  • Öffentlicher Dienst[6]
  • Betriebsleitung pferdehaltender Betriebe
  • Pferdesport- und Pferdezuchtvereine und -verbände
  • Private und staatliche Gestüte
  • Touristik- und Veranstaltungsagenturen
  • Pferdehaltungstechnik- und Stallbauunternehmen
  • Reitschulbetriebe
  • Prüfstationen
  • Vermarktungsgesellschaften und Auktionszentren
  • Event-Marketing
  • Versicherungsunternehmen
  • Verlagswesen und Fachzeitschriften
  • Besamungsstationen
  • Gesamte Landwirtschaft, insbesondere Nutztierhaltung

Weblinks

Belege

  1. http://www.abendblatt.de/hamburg/harburg/article633320/Wirtschaftsfaktor-Pferd-Das-Tier-schafft-Arbeitsplaetze.html
  2. a b IPSOS Marktanalyse der FN zum Pferdesport
  3. tiermedizinischer Hintergrund z.B. Uni Wien
  4. http://www.vetmed.fu-berlin.de/einrichtungen/kliniken/we17/pferdezentrum-bad-saarow
  5. http://www.faz.net/frankfurter-allgemeine-zeitung/wirtschaft/das-geld-liegt-auf-dem-ruecken-der-pferde-11011741.html
  6. http://www.pferde-magazin.info/themenspecials/artikel?polizeipferde-reiterstaffel-deutschland-19