Tripolitanien
Tripolitanien (griechisch Τρίπολης Tripolis ‚Dreistadt‘; arabisch طرابلس Tarabulus) war eine antike Landschaft im heutigen Libyen und ist eine der drei historischen Großprovinzen des Landes, neben der Kyrenaika im Osten und dem Fessan im Süden. Hauptstadt ist Tripolis, die Hauptstadt Libyens. Namensgebend waren die drei phönizischen Kolonien Oea (später Tripolis), Sabrata und Leptis Magna.
Geographie
Tripolitanien liegt im Nordwesten von Libyen und erstreckt sich etwa 800 km entlang der Mittelmeerküste. Im Westen grenzt Tripolitanien an Tunesien und Algerien, im Süden an Fessan, im Osten an die Cyrenaika und im Norden an das Mittelmeer. Die Landschaft gliedert sich in eine Küstenebene und das Bergland des Dschabal Nafusa. Das Bergland erstreckt sich hinter der Küstenebene über 300 km bis in die Gegend von Leptis Magna. Auf einer Fläche von 272.090 km² leben 3.642.999 Einwohner (Stand 2003). Durch das Abregnen der Wolken in den Höhen des Berglandes (bis 968 m) ist in den Küstenebenen Landwirtschaft ohne aufwendige Bewässerungsanlagen möglich.
Wichtige Wirtschaftszweige sind neben der Landwirtschaft die Erdölgewinnung, Gerbereien und Seifenfabriken.
Auf dem Gebiet der früheren Großprovinz Tripolitanien lagen bis 2007 16 der 32 Munizipien Libyens:
Nr. | شعبية | Schaʿbiyya | Einwohner 2003 |
Fläche km² |
---|---|---|---|---|
5 | الجفارة | Al Jfara | 289.340 | 1.940 |
9 | المرقب | Al Murgub | 328.292 | 3.000 |
10 | النقاط الخمس | An Nuqat al Khams | 208.954 | 5.250 |
13 | الزاوية | Az Zawiyah | 197.177 | 1.520 |
15 | بنى وليد | Bani Walid | 77.424 | 19.710 |
18 | غدامس | Ghadamis | 19.000 | 51.750 |
19 | غريان | Gharyan | 161.408 | 4.660 |
21 | مزدة | Mizdah | 41.476 | 72.180 |
22 | مصراتة | Misratah | 360.521 | 2.770 |
23 | نالوت | Nalut | 86.801 | 13.300 |
24 | تاجوراء والنواحي الأربع | Tajura Wa Al Nawahi AlArba' | 267.031 | 1.430 |
25 | ترهونة و مسلاته | Tarhuna Wa Msalata | 296.092 | 5.840 |
26 | طرابلس | Tarabulus | 882.926 | 400 |
28 | سرت | Surt | 156.389 | 77.660 |
29 | صبراته و صرمان | Sabratha Wa Surman | 152.521 | 1.370 |
32 | يفرن | Yafran | 117.647 | 9.310 |
طرابلس | Tripolitanien | 3.642.999 | 272.090 |
Nach anderen Quellen wird Ghadamis zum Fessan gerechnet.
Bevölkerung
Die Bevölkerung Tripolitaniens besteht hauptsächlich aus Arabern und arabisierten Berbern. Hauptsprache ist das Arabische, daneben sind Berbersprachen in Gebrauch.
Geschichte
Ursprünglich wurde Tripolitanien von libyschen Berberstämmen bewohnt. Herodot überliefert im 6. Jahrhundert v. Chr. die Stämme der Maker, Gindanen und Lotophagen. Im 7. Jahrhundert v. Chr. gründeten die Phönizier die Kolonien Oea, Leptis Magna und Sabrata, die aber bald unter die Kontrolle von Karthago gerieten. Nach dessen Niederlage im Zweiten Punischen Krieg (218–201 v. Chr.) kam das Land 161 v. Chr. unter die Herrschaft Numidiens.
Unter römischer Herrschaft (seit 46 v. Chr.) erlebten die Städte durch die blühende Landwirtschaft und den Transsaharahandel einen großen wirtschaftlichen Aufschwung. Hinzu kam, dass die Städte von der Kaiserdynastie der Severer am Anfang des 3. Jahrhunderts stark ausgebaut wurden. Mit dem Niedergang des römischen Reichs und der Eroberung durch die Vandalen begann der wirtschaftliche Verfall, als alle Befestigungen zerstört werden mussten und die Städte nun den Angriffen der Kamelnomaden schutzlos ausgeliefert waren. Zwar kam Tripolitanien 535 unter byzantinische Herrschaft und wurde 590 Teil des Exarchates von Karthago, doch wurde das Land schon 647 von den Muslimen erobert.
Die muslimischen Araber erhoben Oea zum neuen Zentrum des Landes, das daraufhin den Namen der Landschaft, Tripolis, annahm. Auch wenn die Küstenstädte von den Muslimen schnell unterworfen werden konnten, dauerte der Widerstand der Berber im Dschabal Nafusa auch unter dem Banner des Islam weiter an, als die Stämme sich unter Abu l-Chattab al-Maafiri den charidschitischen Ibaditen anschlossen. Tripolitanien war Teil von Ifriqiya und wurde nach dem Niedergang des Abbasidenkalifats von den Aghlabiden (800–909), Fatimiden (909–972), Ziriden (972–1027) und Hafsiden (1229–1510) beherrscht.
Nachdem Spanien 1510 Tripolis besetzt hatte, konnten die Christen von den Korsaren unter Dragut Pascha erst 1551 mit osmanischer Unterstützung vertrieben werden. Bis zur italienischen Eroberung unterstand das Land der osmanischen Oberhoheit, auch wenn die Dynastie der Qaramanli (1711–1835) weitgehenden Unabhängigkeit erringen konnte. Da die Qaramanli die Piraterie förderten, zerstörte eine französische Flotte 1728 Tripolis. Nach der Eroberung Libyens durch Italien im Italienisch-Türkischen Krieg (1911/12) und der Unterdrückung des Widerstands der Stämme wurden in Tripolitanien tausende italienische Kolonisten angesiedelt. Nach Italiens Niederlage im Zweiten Weltkrieg und dem Scheitern des Bevin-Sforza-Plans erlangte Tripolitanien mit der Cyrenaika und Fessan 1951 die Unabhängigkeit. 1963 wurde Tripolitanien als Großprovinz aufgelöst, um die Macht der libyschen Zentralregierung unter König Idris I. zu stärken.
Siehe auch
Literatur
- David Mattingly: Tripolitania. Batsford, London 1995, ISBN 0-7134-5742-2.
- Philip Kenrick: Tripolitania. Silphium Press, London 2009, ISBN 1-900971-08-9 (Libya Archaeological Guides).
- Joyce M. Reynolds (Hrsg.): The Inscriptions of Roman Tripolitania. British School at Rome, Rom u. a. 1952.