Tunnel Silberberg

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Tunnel Silberberg
Tunnel Silberberg
Tunnel Silberberg
Südportal, Dezember 2013
Nutzung Eisenbahntunnel
Verkehrsverbindung Neubaustrecke Ebensfeld–Erfurt
Ort Großbreitenbach
Länge 7407,4 m[Anmerk 1]dep1
Anzahl der Röhren 1
Größte Überdeckung 120 m
Bau
Bauherr Deutsche Bahn
Baukosten ca. 200 Mio. Euro[Anmerk 2]
Baubeginn 2009
Fertigstellung 2014 (Rohbau)
Lage
Tunnel Silberberg (Thüringen)
Tunnel Silberberg (Thüringen)
Koordinaten
Nordportal 50° 37′ 37,5″ N, 10° 58′ 59,1″ O
Südportal 50° 33′ 41,1″ N, 10° 59′ 41″ O

Der Tunnel Silberberg ist einröhriger Eisenbahntunnel der Neubaustrecke Ebensfeld–Erfurt bei Großbreitenbach. Mit einer Länge gemäß Planfeststellungsbeschluss von 7407,4 m[Anmerk 1] (Baukilometer 56,9953 bis 64,4027)[1] ist er, nach dem Tunnel Bleßberg, der zweitlängste Tunnel der Strecke.

Die Errichtung des Tunnels wurde am 26. März 2009 für eine Auftragssumme von mehr als[2] 200 Millionen Euro[3] vergeben.[4][Anmerk 2] Drei der vier ARGE-Partner bekamen außerdem im Mai 2009 den Zuschlag zur Ausführung des benachbarten Bauloses mit den anschließenden Tunnel Brandkopf und Lohmeberg einschließlich der dazwischen liegenden Brücken Wohlrosetal und Schobsetal.[5]

Das Bauwerk unterquert unter anderem die Ortschaft Großbreitenbach sowie das unter Schutz gestellte Obere Möhrenbachtal.[6]

Das Bauwerk galt, neben dem Tunnel Bleßberg, als bauzeitbestimmend für die Neubaustrecke.[7]

Geschichte

Planung

Die geplante Länge des Bauwerks wurde 1999 mit 7391 m angegeben.[8] Die Planfeststellung lag zu diesem Zeitpunkt bereits vor.

Als Maßnahme gegen den Tunnelknall entstanden zusätzliche Portalbauwerke.[9]

Bau

Die Errichtung des Bauwerks wurde im Mai 2008 europaweit ausgeschrieben und sollte zwischen Mai 2009 und September 2012 erfolgen[10]. Deutsche Bahn und anbietende Bauunternehmen wurden sich zunächst nicht über den Preis einig (Stand: Juli 2008).[11] Das Bauwerk wurde schließlich am 26. März 2009 vergeben. Im Juni 2009 begannen die Bauarbeiten.[12] Der Baubeginn wurde am 11. September 2009 gefeiert.[13]

Zunächst wurden zwei Zwischenangriffs-Stollen bei Möhrenbach und Altenfeld angelegt.[4] Diese sollen später als Notausgänge dienen.[14] Der erste, 752 m lange, Stollen (zwischen Großbreitenbach und Altenfeld) wurde am 11. September 2009 feierlich angestochen. Die Tunnelpatenschaft übernahm Dagmar Schipanski, die damalige Präsidentin des Thüringer Landtags.[15] Am 8. April 2010 wurde im Stollen Möhrenbach feierlich der Vortrieb für den Fahrtunnel begonnen.[2] Zu diesem Zeitpunkt waren bereits 140 Meter Richtung Süden und 80 Richtung Norden vorgetrieben gewesen.[16] Von den beiden Portalen sollten ab 2010 jeweils nur etwa 50 Meter ausgebrochen werden.

Mit 1500 Tonnen Sprengstoff wurden 1,5 Millionen Kubikmeter Material abgebaut.[16] Das Ausbruchsmaterial wurde in zwei Deponien am nahe gelegenen Ilmsenberg (50° 35′ 47″ N, 10° 58′ 50″ O) und auf einer Anhöhe am Reischeltal (50° 34′ 30″ N, 10° 58′ 59″ O) eingebaut. Allein die Deponie Reischeltal umfasst eine Fläche von 18,6 Hektar und ist für 1,1 Mio m³ Ausbruchmaterial ausgelegt.[17] Mit dem Ausbruch entstanden Landschaftsmodellierungen, die aufgeforstet oder mit Waldmantel- und Staudenvegetation sowie Heumulchsaaten landschaftstypisch gestaltet wurden.[18] Der Abtransport des gelösten Materials erfolgte im Norden über die L 1047 auf die 1,7 Kilometer entfernte Deponie Ilmsenberg. Nach Abschluss der Transporte erhielt die Straße im Sommer 2013 einen neuen Belag.

Die Abschlagslängen lagen zwischen 1,3 und 2,2 Metern. Ende Juli 2010 waren 730 Meter nach Süden und 570 Meter nach Norden vorgetrieben.[19] Im Herbst 2010 liefen die Bauarbeiten unterhalb von Großbreitenbach.[20] Infolge unerwartet starker Wasserzutritte verzögerten sich die Vortriebsarbeiten.[21] In der Nacht vom 2. zum 3. April kam es im Tunnel NA2 Ortsbrust Mitte zu einem starken Wassereinbruch mit Zuflüssen bis zu 35 l/s. Im April 2011 war das Nordportal erreicht, Ende Juni das Südportal.

Nordportal mit Öffnungen zur Vermeidung des Tunnelknalls, Dezember 2013

Der für Ende August 2011 geplante Durchschlag zwischen dem Nord- und Südvortrieb verzögerte sich, da über eine längere Strecke kein festes Gestein, sondern eher bröckliges, von Sand und Ton durchzogenes Material angetroffen wurde. Über Monate betrug der Vortrieb im Schnitt nur zehn, elf Meter in der Woche. Um den Zeitverzug zu minimieren, wurde der Vortrieb von der Nordseite länger als ursprünglich geplant.[22] Der technische Durchschlag war nach 2205 Metern Vortrieb vom nördlichen Zwischenangriff bei Möhrenbach Richtung Süden und 1971 Metern Vortrieb vom südlichen Zwischenangriff bei Altenfeld Richtung Norden am 7. November 2011. Die Durchschlagsfeier folgte am 29. November 2011[23].

Die innere Tunnelschale wurde vom Südportal aus mit einem und vom Nordportal aus mit zwei Schalwagen hergestellt. Die Herstellung dauerte anderthalb Jahre. Die letzte Betonage wurde am 24. April 2013 gefeiert. Insgesamt wurden 135.000 Kubikmeter Beton sowie 11.000 Tonnen Betonstahl verbaut.[18]

Aufgrund erhöhten Wasserzutritts soll die Innenschale auf einer Länge von 4,5 km statt vormals vorgesehener 1,5 km druckwasserhaltend ausgebaut werden. Der Rohbau sollte im Oktober 2013[24], nach einer Bauzeit von 41 Monaten[5] abgeschlossen werden.

Die Überdeckung der Röhre liegt bei bis zu 120 m.[4] Bei der Unterfahrung der Stadt Großbreitenbach, in einer Tiefe von rund 60 m, galt ein Nachtsprengverbot.[14] Im Frühjahr 2011 wurde ein um 50 m abgesunkener Grundwasserspiegel in Großbreitenbach festgestellt.[25] Die Deutsche Bahn bestritt einen Zusammenhang mit den Tunnelbauarbeiten.[26]

Der Tunnelnutzquerschnitt liegt bei 92 Quadratmetern, der Ausbruchsquerschnitt bei etwa 130 m². Die Tunnel durchquert dabei unter anderem die Gesteinsformen des Quarzitschiefers, Ton-Sandsteine und Vulkanite.

Bereits bis Juli 2007 waren Baustraßen in einer Gesamtlänge von 20 km errichtet worden.[27]

Südportal, davor Diesellokomotive und Arbeitswagen für Oberleitungsarbeiten

Für Arbeiten an der Oberleitung wurden Anfang Oktober 2015 eine kleine Diesellokomotive und ein Arbeitswagen mit Tiefladern vom Coburger Güterbahnhof zum Tunnel Silberberg transportiert, der noch keinen Anschluss an das Gleisnetz hatte.[28]

Bauunfall

Am späten Abend des 26. Februar 2016 stießen bei Rangierarbeiten zwei Zügen mit Baugeräten zusammen. Dabei geriet ein Dieseltank auf einem Anhänger ins Rutschen und verletzte einen 54-jährigen Arbeiter schwer. Er starb kurz darauf im Krankenhaus.[29]

Rettungskonzept

Das Bauwerk hat acht Notausgänge im Abstand von maximal 1000 m, die mit feuerhemmenden und rauchdichten Schleusen vom Fahrtunnel getrennt werden.[30] Die Feste Fahrbahn und die Stollen sind für Straßenfahrzeuge befahrbar. Im Tunnel sind im Abstand vonn 100 m Wendestellen vorhanden. Eine durchgängige Löschwasserleitung ist vorgesehen. Der Notausgang 1 ist bei Baukilometer 58,005 mit einem 494 m langen Parallelstollen westlich vom Fahrtunnel an den Notausgang 2 bei Baukilometer 58,499 angeschlossen, wo ein 752 m langer Fensterstollen Richtung Reischeltal ins Freie führt. Notausgang 3 zweigt unterhalb der Glaswerk-Siedlung auf der östlichen Seite bei Baukilometer 59,499 vom Fahrtunnel ab und ist mit einem 539 m langen Fensterstollen in Richtung Wiegandsmühle am Grundsbach erschlossen. Notausgang 4 bei Baukilometer 60,499, Notausgang 5 bei Baukilometer 61,224 und Notausgang 6 bei Baukilometer 61,949 sind über einen insgesamt 2180 m langen Parallelstollen, östlich vom Fahrtunnel liegend, an den Notausgang 7 bei Baukilometer 62,679 angeschlossen, wo ein 344,5 m langer Fensterstollen in einem ehemaligen Steinbruch ins Freie führt. Notausgang 8 bei Baukilometer 63,749 besteht aus einem Schachtbauwerk mit etwa neun Metern Durchmesser, das über einen etwa 22 m langen Stollen mit dem Fahrtunnel verbunden ist und westlich von Möhrenbach im Gruberntal an die Oberfläche führt.

Im Rahmen der achten Planänderung ist zusätzlich beim Notausgang 7 mit einem 70 m langen Rettungsstollen Richtung Notausgang 8 ein weiterer Notausgang bei Baukilometer 62,739 vorgesehen. Außerdem soll bei Notausgang 4 zur Belüftung der befahrbaren Notausgänge ein Lüftungsschacht mit einer Höhe von etwa 120 m und einem Außendurchmesser von rund 2,6 m hergestellt werden.[31]

Galerie

Weblinks

Commons: Tunnel Silberberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Belege

  • 5 Meter pro Tag Vortrieb am ICE-Silberbergtunnel in Thüringer Allgemeine vom 14. Februar 2007
  • Aufträge für ICE-Tunnel im Silberberg in Thüringer Allgemeine vom 13. Dezember 2006

Einzelnachweise

  1. Thüringer Landesverwaltung: PFV für die Baumaßnahme der DB Netz AG: Verkehrsprojekt Deutsche Einheit (VDE) 8.1, Neubaustrecke (NBS) Ebensfeld - Erfurt, Planfeststellungsabschnitt (PFA) 2.2 "Ilmenau", Bau-km 56,4+15 - 76,1+50 der Strecke (5919) Elterdorf - Erfurt - Leipzig Hbf, 8. Planänderung. Neubaustrecke Ebensfeld-Erfurt * PA 3 * BA 2.2 Ilmenau, Lageplan km 60,1+74 - 63,0+83, Anlage Nr.1, Blatt 2, 15. Juni 2015
  2. a b Deutsche Bahn: Hauptvortrieb für zweitlängsten Tunnel der Eisenbahn-Neubaustrecke Ebensfeld-Erfurt begonnen. Presseinformation vom 8. April 2010
  3. Silberbergtunnel kostet 200 Millionen Euro. In: Südthüringer Zeitung, 26. März 2009.
  4. a b c Deutsche Bahn AG: Tunnel Silberberg der Neubaustrecke Ebensfeld–Erfurt vor Baubeginn. Presseinformation vom 26. März 2009
  5. a b Großauftrag für 10 Kilometer Tunnelbau. In: Mbquadrat – Das Magazin für Partner der Firmengruppe Max Bögl, Ausgabe Herbst 2009, S. 27.
  6. Planungsgesellschaft Bahnbau Deutsche Einheit mbH (Hrsg.): Eine neue Bahn für Thüringen, Deutschland und Europa. Die Eisenbahnneubaustrecke Ebensfeld–Erfurt. Erfurt, April 1996, S. 10.
  7. Deutscher Bundestag: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Bettina Herlitzius, Winfried Hermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (PDF; 74 kB). Drucksache 16/13787 vom 14. Juli 2009
  8. Heinz-Dietrich Könnings, Max John: Bau der längsten Eisenbahntunnel in Deutschland für die NBS zwischen Erfurt und München. In: Tunneltechnologie für die Zukunftsaufgaben in Europa. Balekma-Verlag, Rotterdam 1999, ISBN 90-5809-051-5, S. 83–95.
  9. Deutscher Bundestag: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Dr. Valerie Wilms, Sven-Christian Kindler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN (PDF; 89 kB) Drucksache 17/8213 – Kostensteigerungen bei laufenden Bedarfsplanvorhaben Schiene. Drucksache 17/8287 vom 30. November 2011.
  10. D-Erfurt: Tunnelbauarbeiten. 2008/S 89-121375 Ausschreibungsunterlagen im elektronischen Amtsblatt der Europäischen Union vom 5. Mai 2008
  11. Die Landschaft wird nicht mehr die gleiche sein (Memento vom 31. Januar 2009 im Internet Archive). In: Freies Wort, 16. Juli 2008
  12. Ohne Quelle
  13. Baustart für Silberbergtunnel an ICE-Trasse. Südthüringer Zeitung, 11. September 2009.
  14. a b Friedrich List: Die „Unvollendete“ wird doch noch gebaut. In: Eisenbahn-Kurier, Nr. 11, 2008, S. 40–45
  15. Deutsche Bahn AG: Anschlagfeier für zweitlängsten Tunnel der Eisenbahn-Neubaustrecke Ebensfeld-Erfurt. Presseinformation vom 11. September 2009
  16. a b Hauptröhre des zweitlängsten ICE-Tunnels angebohrt. In: Thüringer Allgemeine, 9. April 2010
  17. Planfeststellungsbeschluss, 20. Juni 1996
  18. a b Letzte Tunnelbetonage im Tunnel Silberberg des Projekts Nürnberg-Berlin (VDE8). Deutsche Bahn AG, 24. April 2013, abgerufen am 26. April 2013.
  19. Erste Risse an Häusern nahe dem ICE-Tunnel entdeckt. In: Freies Wort, 30. Juli 2010
  20. Sprengungen und Spuk im Tunnel unterm Hochhaus (Memento vom 24. Oktober 2010 im Internet Archive). In: Freies Wort, 21. Oktober 2010.
  21. Wassereinbruch bei Sprengung für ICE-Silberbergtunnel. In: Thüringer Allgemeine, 19. Februar 2011.
  22. Gerd Schmidl: Rückstand im Silberbergtunnel. thueringer-allgemeine.de, 28. August 2011.
  23. Deutsche Bahn AG (Hrsg.): Zweitlängster Tunnel des Projektes Nürnberg-Berlin durch den Thüringer Silberberg geschlagen. Presseinformation vom 29. November 2011.
  24. Möhrenbach: Tunnelarbeiten am Silberberg. In: Thüringer Allgemeine, 4. April 2012.
  25. Grundwasserspiegel unter Großbreitenbach deutlich abgesackt. In: Thüringer Allgemeine, 2. Mai 2011.
  26. Deutsche Bahn AG (Hrsg.): Information zum Tunnel Silberberg bei Großbreitenbach. Presseinformation vom 25. Mai 2011.
  27. Ein Dutzend Baustellen für den ICE. In: Freies Wort vom 17. Juli 2007
  28. Neue Presse Coburg, 7. Oktober 2015
  29. insuedthueringen.de: Unfall auf ICE-Baustelle - Arbeiter kommt ums Leben, 27. Februar 2016
  30. Tunneldurchschlag für ICE-Strecke am Silberberg. Newstix-Meldung vom 29. November 2011, abgerufen am 20. Dezember 2011.
  31. Thüringer Landesverwaltung: PFV für die Baumaßnahme der DB Netz AG: Verkehrsprojekt Deutsche Einheit (VDE) 8.1, Neubaustrecke (NBS) Ebensfeld - Erfurt, Planfeststellungsabschnitt (PFA) 2.2 "Ilmenau", Bau-km 56,4+15 - 76,1+50 der Strecke (5919) Elterdorf - Erfurt - Leipzig Hbf, 8. Planänderung. Erweiterung Rettungsplätze, Zufahrten Erläuterungsbericht Anlage 0.1, 6. Juli 2015

Anmerkungen

  1. a b Durch die zusätzlichen Portalbauwerke hat sich die Tunnellänge von 7391 m auf 7407 m vergrößert.
  2. a b Die Wayss & Freytag Ingenieurbau AG Bereich Süd gibt als Bausumme Brutto ca. 264 Mio. Euro an.[1]