Wolframcarbid

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Kristallstruktur
Strukturformel von Wolframcarbid
__ W4+     __ C4−
Allgemeines
Name Wolframcarbid
Andere Namen

Wolframmonocarbid

Verhältnisformel WC
Kurzbeschreibung

graue, metallisch glänzende, sehr harte Kristalle[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 12070-12-1
Wikidata Q423265
Eigenschaften
Molare Masse 195,86 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

15,63 g·cm−3 (20 °C)[2]

Schmelzpunkt

2785 °C[2]

Siedepunkt

6000 °C[2]

Löslichkeit

praktisch unlöslich in Wasser (0,1 mg·l−1 bei 20 °C)[2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Wolframcarbid ist eine nichtoxidische Keramik bzw. eine intermediäre Kristallphase. Diese wird aus den chemischen Elementen Wolfram und Kohlenstoff gebildet. Es handelt sich um Einlagerungsmischkristalle. Dabei lagern sich durch Aufkohlen Kohlenstoffatome zwischen die Gitterplätze des Wolframs ein. Die Reaktion verläuft über W2C zu WC. Wolframcarbid entsteht auch durch Reduktion von Wolframoxiden mit Kohlenstoff. Aus diesem Grund wird zur Herstellung von Wolfram Wasserstoff als Reduktionsmittel angewandt. Wolframcarbid ist sehr hart und wird daher als Material für Werkzeuge eingesetzt.

Die Kurzbezeichnung nach ISO 513 für Wolframcarbid lautet „HW“. Im Englischen spricht man von Tungsten Carbide, wobei Tungsten die englische Bezeichnung für Wolfram ist, welche von Schwedisch schwerer Stein herrührt.

Geschichte

Wolframcarbid wurde erstmals 1914 hergestellt. Es zeichnet sich durch besondere Härte aus, die beinahe so hoch ist wie die von Diamant. Daher stammt der Markenname Widia (Wie Diamant) für Hartmetallwerkzeug der Fa. Krupp. 1929 wurde Pobedit in der UdSSR von der gleichnamigen Firma entwickelt.

Produktion und Handel

Die folgende Tabelle zeigt die Produktionszahlen für 2004 in Tonnen pro Jahr:[3]

Region Westeuropa Osteuropa USA Japan China Andere
Produktion 13000 1600 5800 4500 13000 1170

Deutschland importierte zwischen 2007 und 2010 folgende Mengen an Wolframcarbid (in Tonnen):[3]

Jahr 2007 2008 2009 2010
Import 2997 3215 1374 2544

Der Verbrauch von Wolfram für die Hartmetallerstellung in Tonnen:[3]

Jahr China USA Europa Japan Andere
2005 12500 6500 6000 4500 3000
2007 13900 4600 9800 4500 700
2010 18800 6100 6300 4900 2800

Be-, Verarbeitung

Für den Einsatz als WC-Hartmetall werden ca. 6 Massenprozent Cobalt als Bindephase zugesetzt. Die Korngröße von WC-Hartmetallen mit 6 bis 10 % Cobalt als Bindemittel beträgt ungefähr 0,5 bis 1,2 Mikrometer. Die Verarbeitung von WC-Hartmetall erfolgt durch Mischen, Mahlen, Grünsintern, Brennen oder Heißisostatisches Pressen (HIPen) bei 1600 bar und 1600 °C. Das Bearbeiten von WC-Hartmetallen ist durch Schleifen sowie mittels Draht- bzw. Funkenerosion möglich. In Spezialfällen werden Kugeln aus Hartmetall mittels Laser durchbohrt (Bohrungsdurchmesser kleiner als 0,25 mm).

Als WSC Wolframschmelzcarbid in einem Matrixmetall als Stab oder in einem Eisenröhrchen kann es durch Flammenschmelzschweissen ("autogen") etwa auf Bohrwerkzeuge für Bergbau aufgetragen werden.[4]

Materialdaten

Anwendungen

Wolframcarbid ist Hauptbestandteil vieler Hartmetallsorten wird für Zerspanungswerkzeuge und als Werkstoff für hochbelastete Bauteile wie Druckstöcke oder Umformwerkzeuge benutzt.

Ein Ring aus Wolframcarbid
Kleine Bohrer und Fräser aus massivem Wolframcarbid

Im Uhrenbau wird Wolframcarbid seit 1962 vom Schweizer Armbanduhrproduzenten Rado, erstmals beim Modell DiaStar beim Gehäusebau eingesetzt.

Darüber hinaus kann es als Neutronenreflektor in Kernwaffen eingesetzt werden, um die kritische Masse herabzusetzen.

Seit dem Zweiten Weltkrieg wird Wolframcarbid wegen seiner Härte und gegenüber Stahl gut doppelten Dichte als Kernmaterial in panzerbrechenden Geschossen (Wuchtgeschossen) verwendet, wo es gehärteten Stahl verdrängte. Ab den 1960er Jahren wurde für diesen Zweck vor allem von den USA deutlich weicheres abgereichertes Uran eingesetzt, dessen Verwendung jedoch umstritten ist (Giftigkeit, Reststrahlung). Daher ist Wolframcarbid weiterhin für panzerbrechende Munition weit verbreitet.

Seit einigen Jahren wird Wolframcarbid auch zu Schmuck verarbeitet. Dabei wird dieser mit dem irreführenden Namen Wolframschmuck bezeichnet.

Kugelschreiber sind eine weitere verbreitete Anwendung. Die Kugeln werden aus Wolframcarbid gefertigt, um einen möglichst geringen Verschleiß garantieren zu können.[5]

Spikes von Fahrrad-Winterreifen sind häufig aus Wolframcarbid.

Gesundheitliche Risiken

Der Umgang mit Hartmetall erfordert besondere Arbeitsschutzmaßnahmen, denn lungengängige Wolframcarbid-Cobalt-Stäube können Lungenfibrose verursachen.

Da Schmuckringe aus Wolframcarbid aufgrund ihrer Härte kaum trennbar sind, kann es beim Anschwellen eines Fingers, z.B. durch einen Bienenstich oder eine Verletzung zu schweren Schädigungen kommen, weil der Blutfluss behindert oder ganz unterbrochen wird.

Literatur

  • Gopal S. Upadhyaya: Cemented Tungsten Carbides: Production, Properties and Testing, Noyes Publications, 1998, ISBN 978-0-8155-1417-6.
  • Alexey S. Kurlov, Aleksandr I. Gusev: Tungsten Carbides: Structure, Properties and Application in Hardmetals, Springer Verlag, 2013, ISBN 978-3-319-00523-2.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eintrag zu Wolframcarbide. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag
  2. a b c d e f Eintrag zu Wolframcarbid in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich).
  3. a b c Martin Bertau, Armin Müller, Peter Fröhlich, Michael Katzberg: Industrielle Anorganische Chemie, ISBN 978-3-527-33019-5, S. 614.
  4. http://www.svat-welk.de/html/10.html Legierungen auf Wolframkarbid-Basis, SVAT - Dr. Welk GmbH, abgerufen 8. September 2015.
  5. Patent DE69808514