Zeughaus (Berlin)

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Zeughaus Berlin, Unter den Linden (2012)

Das Zeughaus ist das älteste erhaltene Gebäude am Boulevard Unter den Linden in Berlin und datiert aus der Epoche des Barock. Es wurde als Waffenarsenal (Zeughaus) erbaut. Heute beherbergt es das Deutsche Historische Museum.

Die Baugeschichte

Zeughaus (2005)
Fassade des Zeughauses, Teilansicht des Hauptportals (2015)

Schon 1667 verfügte Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg (der Große Kurfürst) in seinem politischen Testament, dass „ein schönes Zeughaus allda angelegt werden muss“. Der Pariser Hof- und Stararchitekt François Blondel wurde mit der Anfertigung eines Entwurfs beauftragt, den er bis 1685 einreichte. Ein Standort in unmittelbarer Nähe der Berliner Befestigungsanlagen und allgemeine Vorstellungen zum Bau wurden festgelegt, allein – es fehlte das Geld. Erst am 28. Mai 1695 ließ Kurfürst Friedrich III. den Grundstein legen. Seine militärischen Erfolge und schließlich die Krönung zum König in Preußen (1701) beförderten die Absicht, Berlin als Residenzstadt mit repräsentativen Gebäuden zu schmücken.

Erster Baumeister war Johann Arnold Nering, der bereits 1688 mit der Planung beauftragt worden war. Nach Nerings frühem Tod 1695 wurde Martin Grünberg sein Nachfolger, fühlte sich aber schon 1698 überlastet durch seine vielfältigen Aufgaben als Hofbaumeister und bat um seine Entlassung vom Zeughausbau. Ende März 1698 übernahm Andreas Schlüter die Bauleitung. Der hatte als Bildhauer großen Anteil an der Ausgestaltung des Zeughauses – sein Beitrag als Architekt blieb unbedeutend, seine Entwürfe gingen kaum über die Planung Nerings hinaus und mussten von seinem Nachfolger überarbeitet werden. Schlüter wies auf bautechnische Mängel hin, die er vorgefunden hatte, eine Untersuchung wurde durchgeführt und blieb ohne Folgen, am 5. August 1699 stürzte ein Pfeiler des Ostflügels ein. Die Schuldfrage war wegen des häufigen Wechsels der Baumeister nicht eindeutig zu klären, offensichtlich aber reichten Schlüters Maßnahmen nicht aus, die Misere zu beheben.

Fassadenaufriss und halber Grundriss nach Jean de Bodt
Jean de Bodt. Ölgemälde von Louis de Silvestre, 1729

Im Herbst 1699 übernahm Jean de Bodt die Bauleitung am Zeughaus. Nach kurzem Architekturstudium in Paris hatte er Frankreich 1685 verlassen, um Verfolgungen wegen seines protestantischen Glaubens zu entgehen. Als Offizier im Dienste des Prinzen von Oranien fand er Gelegenheit, neben der Teilnahme an verschiedenen Feldzügen seine Studien in den Niederlanden und in England fortzusetzen. Er war erst 29 Jahre alt, als er für die Leitung des gesamten Bauwesens nach Berlin berufen wurde und seine Tätigkeit mit umfangreichen Sicherungsmaßnahmen am Zeughaus begann. Danach veränderte er schrittweise die alten Pläne und fand neue Formen, die durch die französische Klassik und die englische Architektur des ausgehenden 17. Jahrhunderts beeinflusst waren. Wesentliche Elemente des Gebäudes gehen auf seine Konzepte zurück.

Im Jahre 1706 wurde am Hauptportal das vergoldete Brustbild Friedrichs I. angebracht. Damit galt der Bau als errichtet. In Wahrheit war er noch lange nicht fertig. Die Arbeiten gerieten immer wieder ins Stocken, die Verwendung billiger Baumaterialien verursachte sogar erste Anzeichen drohenden Verfalls. Die Verschwendungssucht des Hofes und die ausgedehnte Bautätigkeit Friedrichs I. bei seinem Versuch, es den Residenzstädten Paris und London gleichzutun, überforderten die ökonomischen Möglichkeiten des kleinen Landes Brandenburg-Preußen. Die Baugeschichte des Zeughauses wurde zum Spiegelbild der oft verzweifelten finanziellen Situation. 1713 starb Friedrich I., sein Sohn Friedrich Wilhelm I. (der "Soldatenkönig") versuchte, die zerrütteten Staatsfinanzen durch strenge Sparsamkeit zu sanieren. Er beendete die umfangreiche öffentliche Bautätigkeit und behandelte das Zeughaus nicht mehr als Repräsentationsobjekt, sondern als reinen Nutzbau. Abzulesen war das am Innenausbau des Gebäudes, der im Vergleich zu den prächtigen Fassaden schlicht und zweckbetont wirkte. Erst 1729 wurden die letzten notwendigen Mittel bewilligt, nach 35-jähriger Bauzeit konnte das Zeughaus seiner Bestimmung übergeben werden.

Entstanden war ein monumentaler, streng gegliederter zweigeschossiger Bau mit einem fast quadratischen Grundriss von 90 Metern Seitenlänge und mit zahlreichen schmückenden Skulpturen. Er umschließt einen ebenfalls beinahe quadratischen Innenhof von 38 Metern Seitenlänge. Am Hauptportal ist eine programmatische lateinische Inschrift zu lesen.[1] Sie bedeutet:

„Den Waffentaten zur Anerkennung, den Feinden zum Schrecken, seinen Völkern und Bundesgenossen zum Schutz, hat Friedrich I., der erhabene und unbesiegte König von Preußen dieses Zeughaus zur Bergung aller Kriegswerkzeuge sowie kriegerischer Beute und Trophäen von Grund auf erbauen lassen im Jahre 1706.“[2]

Die Skulpturen

Mit der Zweckbestimmung des Zeughauses war auch der Themenkatalog für seine bauplastische Ausstattung vorgegeben. Es ging um die Verherrlichung der Kriegskunst und um eine Huldigung an den Kriegsherrn. Von 1696 bis 1699 wurde das Programm der Skulpturen maßgeblich von Andreas Schlüter gestaltet, danach bestimmte Jean de Bodt als leitender Architekt Themenwahl und Formgebung für die Balustradenplastik und die drei Giebelreliefs. Ausgeführt wurden die Arbeiten durch den französischen Bildhauer Guillaume Hulot.

Als künstlerisch wichtigste Beiträge gelten die Skulpturen Schlüters. Auf einer Italienreise 1696 hatte er Arbeiten von Michelangelo und Bernini kennengelernt und war von ihnen beeinflusst worden. Ihm und seiner Werkstatt werden alle 76 Schlusssteine an den Außenfassaden des Erdgeschosses zugeschrieben. Unter den Federbüschen barocker Prunkhelme, die als Siegestrophäen zu verstehen sind, sieht man Löwen, Adler, verschiedene Fabelwesen, Lorbeerzweige, Sklavenfiguren und andere Motive in phantasievoller Gestaltung.

Im Innenhof befinden sich die bedeutendsten Arbeiten Schlüters für das Zeughaus. Die 22 „Köpfe sterbender Krieger“ gehören zu den wenigen Skulpturen am Zeughaus, die über dreihundert Jahre hinweg fast unbeschädigt geblieben sind. Sie bilden die Schlusssteine der Rundbogenfenster im Erdgeschoss. Erste skizzenhaft-plastische Entwürfe entstanden um 1696. Die fertigen Hochreliefs zeigen in beinahe erschreckender Deutlichkeit den Todeskampf der Krieger. Dieser dramatische Realismus verbietet es eigentlich, die Köpfe als „Masken“ zu bezeichnen, wie es in der Kunstgeschichte gelegentlich geschieht. Vielmehr ist es gut denkbar, sie nach dem ursprünglichen Konzept Schlüters ebenfalls als Trophäen zu betrachten, als eine Galerie starker, aber besiegter Feinde, in deren Mitte ein Standbild Friedrichs III. als siegreicher Feldherr stehen würde. Weil das Standbild nie im Hof des Zeughauses aufgestellt wurde, konnte der gedachte Bezug nicht deutlich werden.

Nutzung

Neue Wache (links) und Zeughaus, 1828
Zeughaus um 1900
Der Lichthof des Zeughauses 1908
Hitler bei der Ansprache zum Heldengedenktag im Lichthof des Zeughauses am 10. März 1940
Das Zeughaus als Sitz des Museums für Deutsche Geschichte im Jahr 1956

Nachdem das Zeughaus 1730 fertiggestellt war, nutzte die preußische Armee das Bauwerk bis 1876 als Waffenarsenal. Im 18. Jahrhundert war es das umfangreichste Waffendepot Preußens. Im Erdgeschoss des Gebäudes wurden vor allem die Artilleriewaffen gelagert, im Obergeschoss wurden Infanteriewaffen und Zubehör aufbewahrt.

Im Jahr 1732 wurden insgesamt 723 Geschütze (davon 604 preußische und 119 französische, bayerische, polnische und schwedische aus Feldzügen erbeutete Geschütze) im Zeughaus gelagert. Diese waren je nach Einrichtung, Kaliber und Herkunft in Gruppen angeordnet. Im Obergeschoss befanden sich im Jahre 1732 insgesamt 78.060 Waffen (Degen, Musketen, etc.) der Infanterie und Kavallerie. Diese großen Mengen an Waffen zeugten auch von der allgemeinen Aufrüstung in der Herrschaftszeit von König Friedrich Wilhelm I. Neben der Funktion als Waffenlager diente das Zeughaus auch als Aufbewahrungslager für Kriegsbeute und Trophäen.

Im Jahre 1828 wurde eine Königliche Waffen- und Modellsammlung eingerichtet, die seit 1831 der Bevölkerung zur Besichtigung offenstand. 1844 beherbergte das Zeughaus die Allgemeine Deutsche Gewerbe-Ausstellung mit 3.040 Ausstellern und 260.000 Besuchern. Am 14. Juni 1848 haben Anhänger der Revolution das Zeughaus gestürmt und geplündert. Kaiser Wilhelm I. ließ das Zeughaus zwischen 1877 und 1880 zur Ruhmeshalle der brandenburgisch-preußischen Armee umbauen;[3] Friedrich Hitzig leitete die Arbeiten.[4] So entstand ein Museum der preußischen Geschichte mit einer bedeutenden militärhistorischen Sammlung.[5]

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Zeughaus, bis dahin eine Einrichtung des Kriegsministeriums, den Preußischen Kunstsammlungen angegliedert. Orden Napoleons, die in der Schlacht von Waterloo erbeutet worden waren, und Trophäen aus dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 sollten entsprechend einer Bestimmung des Versailler Vertrages an Frankreich zurückgegeben werden. Offiziere und Soldaten des Gardekavallerie-Schützenkorps drangen daraufhin gewaltsam in das Zeughaus ein und verbrannten die französischen Fahnen Unter den Linden am Denkmal Friedrichs des Großen.

Im Gebäude befand sich nun auch eine Gedenkstätte für gefallene deutsche Soldaten, die man ausländischen Gästen gerne zeigte. Beim Besuch des Königs von Afghanistan 1928 organisierte Reichspräsident Hindenburg einen großen militärischen Empfang, bei dem der König einen Kranz niederlegte. Im folgenden Jahr ehrte auch König Fuad von Ägypten die Gefallenen mit einem Kranz.

Ansonsten spielte das Zeughaus in der Weimarer Republik im öffentlichen Bewusstsein eine eher geringe Rolle. Die Sammlung wurde nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten neu geordnet, um nicht länger als „patriotisch-militärische Erbauungsanstalt“ zu gelten.[6]

Während der nationalsozialistischen Herrschaft wurde im Zeughaus eine große Ausstellung über die Rolle Deutschlands im Ersten Weltkrieg eingerichtet. Im Lichthof hielt Hitler seine jährliche Rede zum Heldengedenktag im März. Am 21. März 1943 wollte sich Rudolf-Christoph Freiherr von Gersdorff zusammen mit Hitler bei einem Rundgang durch eine Ausstellung in die Luft sprengen. Als Instrument der Kriegspropaganda blieb das Zeughaus bis September 1944 geöffnet. Gegen Kriegsende wurden Teile der Sammlungen ausgelagert; dabei entstanden große Lücken in den Beständen. Gegen Kriegsende erlitt das Gebäude selbst schwere Schäden durch Bomben und Granaten. Die Fassaden wurden mehrfach durchbrochen, das Dachgeschoss brannte aus, ein großer Teil der Skulpturen verglühte im Feuer.

1945 verfügte die Alliierte Kommandantur das Ende des Kriegsmuseums Zeughaus in Berlin. Der Wiederaufbau des Gebäudes begann 1948 und dauerte bis 1967. Zunächst war eine Nutzung als „Haus der Kultur“ beabsichtigt. Das Haus sollte in seiner ursprünglichen Form, ohne die Ein- und Umbauten des 19. Jahrhunderts, wiederhergestellt werden. Nachdem sich die Bausubstanz rasch als bedeutend schlechter erwiesen hatte als angenommen, begann 1950 die vollständige „Entkernung“ des Zeughauses: Das Innere wurde durch eine Konstruktion aus Stahl und Beton ersetzt, erhalten blieben nur die Außenmauern. Ebenfalls 1950 wurde beschlossen, im Zeughaus das Museum für Deutsche Geschichte (MfDG) unterzubringen.[7] Es war vom Zentralkomitee der SED gegründet worden und sollte als zentrales Geschichtsmuseum der DDR das marxistisch-leninistische Geschichtsbild vermitteln. Diesen Auftrag erfüllte es durch intensive Sammlungs- und Ausstellungstätigkeit. Im September 1990, unmittelbar vor der Deutschen Wiedervereinigung, wurde es von der letzten Regierung der DDR aufgelöst. Danach ging das repräsentative Gebäude an das 1987 von der Bundesregierung und der Stadt Berlin (West) gegründete Deutsche Historische Museum (DHM) über, die umfangreichen Bestände des MfDG wurden übernommen, die meisten Mitarbeiter des Museums hingegen nicht. Nach mehrjährigen Sanierungsarbeiten wird das Zeughaus seit 2003 wieder vom Deutschen Historischen Museum genutzt. Die Eröffnung der neuen Dauerausstellung erfolgte am 2. Juni 2006.

Siehe auch

Literatur

  • Monika Arndt: Die „Ruhmeshalle“ im Berliner Zeughaus. Eine Selbstdarstellung Preußens nach der Reichsgründung (= Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Beiheft 12). Gebrüder Mann Verlag, Berlin 1985, ISBN 3-7861-1426-9.
  • Isolde Dautel: Andreas Schlüter und das Zeughaus in Berlin. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2001, ISBN 3-932526-87-2.
  • Heinrich Müller: Das Berliner Zeughaus. Vom Arsenal zum Museum. Brandenburgisches Verlagshaus, Berlin 1994, ISBN 3-89488-054-6.
  • Regina Müller: Das Berliner Zeughaus. Die Baugeschichte. Brandenburgisches Verlagshaus, Berlin 1994, ISBN 3-89488-055-4.

Filmdokumentation

  • Bauen auf Vergangenheit – I. M. Pei und das königliche Zeughaus. Filmdokumentation zum Anbau von Ieoh Ming Pei, Buch und Regie: Jeremy JP Fekete, Produktion rbb/arte, 2005.[8]

Weblinks

Commons: Zeughaus (Berlin) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Iustitiae armorum terrori Host[ium]/ Tutelae suorum pop[ulorm] et foederat[orum]/ Fridericus I/ Rex Boruss[iae] PPP Aug[ustus] inv[ictus]/ Hoc armamentarium omni instrum[entorum] bell[icorum] / Nec non spolior[um] milit[um]/ Ac trophaeor[um] genere refertum/ A fundam extruendum cur[avit] MDCCVI.
  2. Übersetzung von Eva Zwach: Deutsche und englische Militärmuseen im 20. Jahrhundert. LIT Verlag, Berlin–Hamburg–Münster 1999, S. 67.
  3. Baubeschreibung (Teil 1) (PDF; 962 kB), Centralblatt der Bauverwaltung, 31. März 1883, S. 111, abgerufen am 17. Dezember 2012.
  4. Lage- und Baubeschreibung (Teil 2; PDF; 783 kB)], Centralblatt der Bauverwaltung, 24. März 1883, S. 101 ff., abgerufen am 17. Dezember 2012.
  5. Baubeschreibung (Teil 3) und künstlerische Ausgestaltung (PDF; 976 kB), Centralblatt der Bauverwaltung, 31. März 1883, S. 116 und 117, abgerufen am 17. Dezember 2012.
  6. Zusätzlich: Luftaufnahme von Zeughaus, Lustgarten, Berliner Dom und Schloß, abgerufen am 16. Dezember 2012.
  7. Zusätzlich: Foto Wiederaufbau der Südseite des Zeughauses., abgerufen am 16. Dezember 2012.
  8. Trailer auf Youtube

Koordinaten: 52° 31′ 4″ N, 13° 23′ 49″ O