„Seltene Krankheit“ – Versionsunterschied

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Seltene Krankheiten sind oft lebensbedrohliche oder chronisch einschränkende Erkrankungen, die einer speziellen Behandlung bedürfen. Je nach Land bzw. Staatenbund gelten verschiedene Kriterien für die Einordnung als ''seltene Krankheit''.
Seltene Krankheiten sind oft lebensbedrohliche oder chronisch einschränkende Erkrankungen, die einer speziellen Behandlung bedürfen. Je nach Land bzw. Staatenbund gelten verschiedene Kriterien für die Einordnung als ''seltene Krankheit''.


So definiert die einschlägige EU-Verordnung als seltenes Leiden ein solches, „das lebensbedrohend ist oder eine chronische Invalidität nach sich zieht und von dem […] in der Gemeinschaft [= EU] nicht mehr als fünf von zehntausend Personen betroffen sind“.<ref>Art. 3 Abs. 1 a) in der {{EU-Verordnung|2000|141|format=PDF}} des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Arzneimittel für seltenen Leiden, ABl. 2000 Nr. L 18, S. 1ff.</ref> Viele seltene Erkrankungen werden durch einen Gendefekt verursacht. In der EU sind zwischen 27 und 36 Millionen Menschen von seltenen Krankheiten betroffen, in Deutschland geht man von 4 Millionen Betroffenen aus.<!-- Quelle: http://ec.europa.eu/health/ph_threats/non_com/rare_diseases_de.htm --><ref name="DÄB">Abgewandelt zitiert nach: ''Deutsches Ärzteblatt.'' 19. November 2010, S. A 2272.</ref>
So definiert die einschlägige EU-Verordnung als seltenes Leiden ein solches, „das lebensbedrohend ist oder eine chronische Invalidität nach sich zieht und von dem […] in der Gemeinschaft [= EU] nicht mehr als fünf von zehntausend Personen betroffen sind“.<ref>Art. 3 Abs. 1 a) in der {{EU-Verordnung|2000|141|format=PDF}} des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Arzneimittel für seltenen Leiden, ABl. 2000 Nr. L 18, S. 1ff.</ref> Viele seltene Erkrankungen werden durch einen Gendefekt verursacht.


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Das [[Nationale Netzwerk seltener Krankheiten]] hat im Oktober 2006 bekanntgegeben, dass derzeit rund 17.000 genetisch bedingte seltene Krankheiten bekannt sind,<ref>''Apotheken Umschau'', Ausgabe 11/2006.</ref> davon 5.000 bis 8.000 allein in Deutschland.<ref name="DÄB" />

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== Arzneimittel ==
== Arzneimittel ==

Version vom 19. Juli 2016, 08:41 Uhr

Als seltene Krankheit (auch orphan disease; engl. orphan „Waise“, disease „Krankheit“) bezeichnet man eine Krankheit, die so selten auftritt, dass sie in einer Praxis eines Allgemeinmediziners in der Regel höchstens einmal pro Jahr vorkommt.

Kriterien

Seltene Krankheiten sind oft lebensbedrohliche oder chronisch einschränkende Erkrankungen, die einer speziellen Behandlung bedürfen. Je nach Land bzw. Staatenbund gelten verschiedene Kriterien für die Einordnung als seltene Krankheit.

So definiert die einschlägige EU-Verordnung als seltenes Leiden ein solches, „das lebensbedrohend ist oder eine chronische Invalidität nach sich zieht und von dem […] in der Gemeinschaft [= EU] nicht mehr als fünf von zehntausend Personen betroffen sind“.[1] Viele seltene Erkrankungen werden durch einen Gendefekt verursacht.

Region Prävalenz, relativ Betroffene absolut Anzahl Krankheiten
EU weniger als 5 pro 10.000 Einwohner[2] weniger als 228.000 Patienten
USA weniger als 7,5 pro 10.000 Einwohner[3] weniger als 200.000 Patienten 7000
Japan weniger als 4 pro 10.000 Einwohner weniger als 50.000 Patienten
Australien weniger als rund 1 pro 10.000 Einwohner weniger als 2.000 Patienten

1997 wurde vom französischen Gesundheitsministerium die Orphanet initiiert; das Projekt beinhaltet eine Datenbank rund um seltene Krankheiten und deren Behandlungsmöglichkeiten.

Das Nationale Netzwerk seltener Krankheiten hat im Oktober 2006 bekanntgegeben, dass derzeit rund 17.000 genetisch bedingte seltene Krankheiten bekannt sind,[4] davon 5.000 bis 8.000 allein in Deutschland.[5]

Nach einer Schätzung von Global Genes haben weltweit etwa 300 Million Menschen eine von etwa 7.000 Krankheiten, die in den Vereinigten Staaten als selten definiert werden.[6] In der EU sind zwischen 27 und 36 Millionen Menschen von seltenen Krankheiten betroffen. In Deutschland geht man von 4 Millionen Betroffenen aus.[7][5]

Arzneimittel

Der Status von Arzneimitteln als Orphan-Arzneimittel wird durch den regelmäßig in London tagenden Ausschuss für Arzneimittel gegen seltene Krankheiten (Committee for Orphan Medicinal Products, COMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) erörtert und dann empfohlen.

In der Regel ist es für die pharmazeutische Industrie wirtschaftlich uninteressant, Arzneimittel gegen seltene Krankheiten, so genannte Orphan-Arzneimittel (engl.: orphan medicinal product), zu entwickeln. Aus diesem Grund wurden von verschiedenen Staaten Verordnungen und Gesetze erlassen, um die Behandlung dieser Krankheiten zu fördern. Pharmazeutische Unternehmen, die zur Behandlung seltener Krankheiten neue Arzneimittel entwickeln, erhalten Erleichterungen für deren Zulassung und Vermarktung. Zunächst erließ die USA den Orphan Drug Act. Am 22. Januar 2000 trat die EU-Verordnung über Arzneimittel zur Behandlung seltener Leiden[8] in Kraft, auch andere Länder folgten.

Öffentliche Aufmerksamkeit

Der Tag der seltenen Krankheiten wurde in Europa und Kanada erstmals am 29. Februar 2008 begangen, um die Öffentlichkeit auf die Belange der Betroffenen aufmerksam zu machen. [9]

Krankheiten

Beispiele für seltene Krankheiten sind:

Siehe auch

Literatur

  • Peter Biro, Dierk A. Vagts, Uta Emmig, Thomas Pasch: Anästhesie bei seltenen Erkrankungen. 4. Auflage. Springer, Berlin/ Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-01046-0.
  • Regine Witkowski, Otto Prokop, Eva Ullrich, W. Staude: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Ursachen, Genetik und Risiken. 7. Auflage. Springer, 2003, ISBN 3-540-44305-3.
  • Handbuch seltene Krankheiten. Orphanet Deutschland. Medizinische Hochschule, Hannover 2007, DNB 985344504.
deutschsprachig
englischsprachig
Datenbanken

Einzelnachweise

  1. Art. 3 Abs. 1 a) in der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 (PDF) des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Arzneimittel für seltenen Leiden, ABl. 2000 Nr. L 18, S. 1ff.
  2. Europäische Kommission, Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit http://ec.europa.eu/health/rare_diseases/policy/index_de.htm
  3. Rare Diseases and Related Terms. Office of Rare Diseases Research, National Institutes of Health, abgerufen am 19. Mai 2009.
  4. Apotheken Umschau, Ausgabe 11/2006.
  5. a b Deutsches Ärzteblatt. 19. November 2010, S. A 2272.
  6. RARE List. In: Global Genes. 15. April 2016, abgerufen am 15. April 2016.
  7. http://ec.europa.eu/health/ph_threats/non_com/rare_diseases_de.htm
  8. S. die Quellengabe in Fußnote 1 bzw. auch die englische Fassung der Verordnung unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2000:018:0001:0005:EN:PDF
  9. Rare Disease Day