„William Wilson (Poe)“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[ungesichtete Version][ungesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
AZ: Der Seiteninhalt wurde durch einen anderen Text ersetzt.
K Änderungen von 87.163.101.96 (Beiträge) rückgängig gemacht und letzte Version von PixelBot wiederhergestellt
Zeile 1: Zeile 1:
'''William Wilson''' ist eine stark autobiografisch gefärbte Erzählung [[Edgar Allan Poe]]s aus dem Jahr 1839, die das literarische Motiv des [[Doppelgänger]]s benutzt, um den Widerspruch zwischen tatsächlichem Handeln und Gewissen zu dramatisieren.
Blockwartfutter!!!!!!!!

== Inhalt ==
Der Erzähler stellt sich vor und erklärt, dass er sich den Namen William Wilson nur zugelegt habe, weil sein wirklicher Name allzu sehr mit Untaten besudelt sei. Er erklärt offen, dass er diesen Bericht schreibt, um verständlich zu machen, warum er ein Bösewicht wurde, ''schlimmer als [[Elagabal|Heliogabal]]''. Die Erzählung beginnt mit der liebenswürdigen Beschreibung der Jahre, die WW an einer Schule in [[England]] verbrachte. Das verwinkelte [[Elisabeth I. (England)|elisabethanische]] Gebäude, die strengen Rituale und der Rektor Bransby werden als Bestandteile einer Schulidylle geschildert, die einen Bruch nur bekommt, weil es dort einen zweiten WW gibt, der dem Erzähler in Aussehen, Haltung und Kleidung völlig gleicht, der am selben Tag wie der Erzähler in die Schule eingetreten ist und auch den Geburtstag mit ihm teilt, ohne jedoch im geringsten mit ihm verwandt zu sein.

Dieser zweite WW widersetzt sich dem Erzähler bei jeder Gelegenheit, aber da der Erzähler zum Laster, zum Bösen neigt, muss er zugeben, dass es gut gewesen wäre, wenn er den Vor- und Ratschlägen seines Doppelgängers häufiger gefolgt wäre. Dieser unterscheidet sich von ihm abgesehen von seiner höheren Sittlichkeit nur in einem Punkt: Er kann nicht laut sprechen, sondern nur flüstern. Die ambivalenten Gefühle des Erzählers für den zweiten WW – manchmal möchte er fast sein Freund sein, dann wieder empfindet er heftigsten Hass – verstärken sich in negativer Richtung: Er schleicht eines Nachts ans Bett seines Doppelgängers, um einen boshaften Anschlag auf ihn zu verüben. Aber der Anblick seiner extremen Ähnlichkeit lässt ihn zurückschrecken, ja, er verlässt daraufhin die Schule des Rektor Bransby und wechselt auf das College von [[Eton College|Eton]], wo er drei tolle Jahre verbummelt und verprasst.

Aber auch dort sucht sein Doppelgänger ihn auf und flüstert ihm den gemeinsamen Namen mit einem Ton des Vorwurfs ins Ohr, der den betrunkenen Erzähler ernüchtert und trifft wie ein elektrischer Schlag. Er forscht nach und erfährt, dass der zweite WW die Schule von Rektor Bransby auf Grund eines Familienereignisses am gleichen Tag verlassen hat wie der Erzähler. Dieser wechselt auf die [[University of Oxford|Universität Oxford]]. Dort nimmt seine Liederlichkeit kriminelle Ausmaße an: Er beginnt trotz seiner üppigen Ausstattung mit Geld durch die großzügigen Eltern falsch zu spielen. Als er einen vermögenden Kommilitonen gerade ausgenommen hat, taucht der Doppelgänger auf und enthüllt, dass er mit gezinkten Karten gespielt hat. Der Erzähler flieht vor dem ihn verfolgenden Ruf der Ehrlosigkeit auf den Kontinent. Im Karneval von Rom stellt er der wunderschönen jungen Gattin des Herzogs von Broglio nach – und wird gestört von dem verhassten Doppelgänger, der dieselbe Maske, dasselbe Rapier trägt wie er. Der Erzähler zerrt ihn in einen Nebenraum und versetzt ihm einen tödlichen Stich. Er wird abgelenkt, und als er wieder hinschaut, steht dort ein Spiegel, in dem er - sich selber sieht, und aus dem Spiegel spricht sein Doppelgänger jetzt zu ihm:
:''Es war Wilson; aber seine Sprache war kein Flüstern mehr, und ich hätte mir einbilden können, ich selber sei es, der da sagte: “Du hast gesiegt, und ich unterliege. Dennoch, von nun an bist auch du tot – tot für die Welt, den Himmel und die Hoffnung! In mir lebtest du – und nun ich sterbe, sieh hier im Bilde, das dein eigenes ist, wie du dich selbst ermordet hast.”''

== Deutung ==
Bransby hieß auch der Leiter der Schule Manor House in Stoke Newington, England, die Poe von seinem 7.-11. Lebensjahr besuchte. Es dürfte dieser Schulaufenthalt in England sein, der ihm das Material für den beschaulichen Anfang der Erzählung lieferte. Die beiden WW sind am 19. Januar 1813 geboren; Poe macht sie also exakt vier Jahre jünger, als er selber war. Wer oder was sich in dem zweiten WW verkörpert, wird von Poe fast überdeutlich gemacht: Es ist die flüsternde Stimme des Gewissens. Poe, der sich hier deutlicher als sonst in der Erzählerfigur verbirgt, dürfte oft bereut haben, dass er durch Leichtsinn und Trunksucht während seines Aufenthaltes an der [[University of Virginia|Universität von Virginia]] das Wohlwollen seines reichen Ziehvaters John Allen endgültig verspielt, dass er nicht williger auf das Flüstern seines Doppelgängers gehört hat:
:''Ich muss ferner gestehen, dass zumindest sein sittliches Fühlen, wenn auch nicht seine allgemeine Begabung, weit stärker war als das meine und dass ich heute wohl ein besserer und darum glücklicherer Mensch sein könnte, hätte ich die Ratschläge, die sein bedeutsames Flüstern andeutete, weniger oft zurückgewiesen.''

Der Erzähler bezichtigt sich in starken Worten ungeheuerlicher Verbrechen - er spricht von seiner Schmach, nennt sich den ''outcast of all outcasts'', vergleicht sein Handeln mit den ''enormities'' eines Heliogabal, vergleicht seine Verschwendung mit derjenigen von Herodes (''I out-Heroded Herod''). Betrachtet man jedoch, was er wirklich tat, so ist das vergleichsweise geringfügig und könnte einem Studenten gut verziehen werden – sein größtes Delikt ist das Falschspiel. Durch das Duell scheint ein Austausch stattgefunden zu haben – das fast lächerlich überempfindliche Gewissen des zweiten WW ist in den ersten umgezogen.

Der römische Herzog von Broglio ist eine [[Reminiszenz]] an Poes einzigen Versuch, ein Theaterstück zu schreiben, an [[Politian]], wo der Titelheld im Haus dieses Herzogs die schöne Lalage antrifft, die hier vom Herzog geehelicht wurde, nur um zur Auslöserin des entscheidenden [[Duell]]s zu werden.

== Thematisch verwandte Kurzgeschichten von Poe ==
* [[Der Mann in der Menge]]
* [[Das verräterische Herz]]
* [[Der schwarze Kater (Poe)|Der schwarze Kater]]
* [[Das Fass Amontillado]]

== Film ==
* ''Histoires extraordinaires'' (''Spirits of the Dead''), Episodenfilm (1968): Episode ''William Wilson'' von [[Louis Malle]] mit [[Alain Delon]] als Titelheld und [[Brigitte Bardot]] als Giuseppina

== Rezeption ==
* Im Zyklus [[Der Dunkle Turm]] von [[Stephen King]] gibt es einen Amerikaner mit auffallend leiser Stimme mit Namen William Wilson. Die Anspielung auf Poes ''William Wilson'' - im Sinne einer [[hommage]] - ist unübersehbar.
* Die Handlung im Film [[Fight Club]] ist ganz offensichtlich an William Wilson angelehnt.

== Weblinks ==
* [http://www.eapoe.org/WORKS/tales/wilwilc.htm Englischer Originaltext]
* [http://gutenberg.spiegel.de/poe/wilson/wilson.htm Originaltext von Gisela Etzel ins Deutsche übersetzt bei Gutenberg]

[[Kategorie:Erzählung|William Wilson]]
[[Kategorie:Kurzgeschichte (Edgar Allan Poe)|William Wilson]]
[[Kategorie:Horrorliteratur|William Wilson]]
[[Kategorie:Literarisches Werk|William Wilson]]
[[Kategorie:Literarische Figur|William Wilson]]

[[en:William Wilson (short story)]]
[[pt:William Wilson]]

Version vom 31. Dezember 2007, 16:07 Uhr

William Wilson ist eine stark autobiografisch gefärbte Erzählung Edgar Allan Poes aus dem Jahr 1839, die das literarische Motiv des Doppelgängers benutzt, um den Widerspruch zwischen tatsächlichem Handeln und Gewissen zu dramatisieren.

Inhalt

Der Erzähler stellt sich vor und erklärt, dass er sich den Namen William Wilson nur zugelegt habe, weil sein wirklicher Name allzu sehr mit Untaten besudelt sei. Er erklärt offen, dass er diesen Bericht schreibt, um verständlich zu machen, warum er ein Bösewicht wurde, schlimmer als Heliogabal. Die Erzählung beginnt mit der liebenswürdigen Beschreibung der Jahre, die WW an einer Schule in England verbrachte. Das verwinkelte elisabethanische Gebäude, die strengen Rituale und der Rektor Bransby werden als Bestandteile einer Schulidylle geschildert, die einen Bruch nur bekommt, weil es dort einen zweiten WW gibt, der dem Erzähler in Aussehen, Haltung und Kleidung völlig gleicht, der am selben Tag wie der Erzähler in die Schule eingetreten ist und auch den Geburtstag mit ihm teilt, ohne jedoch im geringsten mit ihm verwandt zu sein.

Dieser zweite WW widersetzt sich dem Erzähler bei jeder Gelegenheit, aber da der Erzähler zum Laster, zum Bösen neigt, muss er zugeben, dass es gut gewesen wäre, wenn er den Vor- und Ratschlägen seines Doppelgängers häufiger gefolgt wäre. Dieser unterscheidet sich von ihm abgesehen von seiner höheren Sittlichkeit nur in einem Punkt: Er kann nicht laut sprechen, sondern nur flüstern. Die ambivalenten Gefühle des Erzählers für den zweiten WW – manchmal möchte er fast sein Freund sein, dann wieder empfindet er heftigsten Hass – verstärken sich in negativer Richtung: Er schleicht eines Nachts ans Bett seines Doppelgängers, um einen boshaften Anschlag auf ihn zu verüben. Aber der Anblick seiner extremen Ähnlichkeit lässt ihn zurückschrecken, ja, er verlässt daraufhin die Schule des Rektor Bransby und wechselt auf das College von Eton, wo er drei tolle Jahre verbummelt und verprasst.

Aber auch dort sucht sein Doppelgänger ihn auf und flüstert ihm den gemeinsamen Namen mit einem Ton des Vorwurfs ins Ohr, der den betrunkenen Erzähler ernüchtert und trifft wie ein elektrischer Schlag. Er forscht nach und erfährt, dass der zweite WW die Schule von Rektor Bransby auf Grund eines Familienereignisses am gleichen Tag verlassen hat wie der Erzähler. Dieser wechselt auf die Universität Oxford. Dort nimmt seine Liederlichkeit kriminelle Ausmaße an: Er beginnt trotz seiner üppigen Ausstattung mit Geld durch die großzügigen Eltern falsch zu spielen. Als er einen vermögenden Kommilitonen gerade ausgenommen hat, taucht der Doppelgänger auf und enthüllt, dass er mit gezinkten Karten gespielt hat. Der Erzähler flieht vor dem ihn verfolgenden Ruf der Ehrlosigkeit auf den Kontinent. Im Karneval von Rom stellt er der wunderschönen jungen Gattin des Herzogs von Broglio nach – und wird gestört von dem verhassten Doppelgänger, der dieselbe Maske, dasselbe Rapier trägt wie er. Der Erzähler zerrt ihn in einen Nebenraum und versetzt ihm einen tödlichen Stich. Er wird abgelenkt, und als er wieder hinschaut, steht dort ein Spiegel, in dem er - sich selber sieht, und aus dem Spiegel spricht sein Doppelgänger jetzt zu ihm:

Es war Wilson; aber seine Sprache war kein Flüstern mehr, und ich hätte mir einbilden können, ich selber sei es, der da sagte: “Du hast gesiegt, und ich unterliege. Dennoch, von nun an bist auch du tot – tot für die Welt, den Himmel und die Hoffnung! In mir lebtest du – und nun ich sterbe, sieh hier im Bilde, das dein eigenes ist, wie du dich selbst ermordet hast.”

Deutung

Bransby hieß auch der Leiter der Schule Manor House in Stoke Newington, England, die Poe von seinem 7.-11. Lebensjahr besuchte. Es dürfte dieser Schulaufenthalt in England sein, der ihm das Material für den beschaulichen Anfang der Erzählung lieferte. Die beiden WW sind am 19. Januar 1813 geboren; Poe macht sie also exakt vier Jahre jünger, als er selber war. Wer oder was sich in dem zweiten WW verkörpert, wird von Poe fast überdeutlich gemacht: Es ist die flüsternde Stimme des Gewissens. Poe, der sich hier deutlicher als sonst in der Erzählerfigur verbirgt, dürfte oft bereut haben, dass er durch Leichtsinn und Trunksucht während seines Aufenthaltes an der Universität von Virginia das Wohlwollen seines reichen Ziehvaters John Allen endgültig verspielt, dass er nicht williger auf das Flüstern seines Doppelgängers gehört hat:

Ich muss ferner gestehen, dass zumindest sein sittliches Fühlen, wenn auch nicht seine allgemeine Begabung, weit stärker war als das meine und dass ich heute wohl ein besserer und darum glücklicherer Mensch sein könnte, hätte ich die Ratschläge, die sein bedeutsames Flüstern andeutete, weniger oft zurückgewiesen.

Der Erzähler bezichtigt sich in starken Worten ungeheuerlicher Verbrechen - er spricht von seiner Schmach, nennt sich den outcast of all outcasts, vergleicht sein Handeln mit den enormities eines Heliogabal, vergleicht seine Verschwendung mit derjenigen von Herodes (I out-Heroded Herod). Betrachtet man jedoch, was er wirklich tat, so ist das vergleichsweise geringfügig und könnte einem Studenten gut verziehen werden – sein größtes Delikt ist das Falschspiel. Durch das Duell scheint ein Austausch stattgefunden zu haben – das fast lächerlich überempfindliche Gewissen des zweiten WW ist in den ersten umgezogen.

Der römische Herzog von Broglio ist eine Reminiszenz an Poes einzigen Versuch, ein Theaterstück zu schreiben, an Politian, wo der Titelheld im Haus dieses Herzogs die schöne Lalage antrifft, die hier vom Herzog geehelicht wurde, nur um zur Auslöserin des entscheidenden Duells zu werden.

Thematisch verwandte Kurzgeschichten von Poe

Film

Rezeption

  • Im Zyklus Der Dunkle Turm von Stephen King gibt es einen Amerikaner mit auffallend leiser Stimme mit Namen William Wilson. Die Anspielung auf Poes William Wilson - im Sinne einer hommage - ist unübersehbar.
  • Die Handlung im Film Fight Club ist ganz offensichtlich an William Wilson angelehnt.

Weblinks