„Simultankirche Bechtolsheim“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[ungesichtete Version][ungesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Blasewitzer (Diskussion | Beiträge)
→‎Weblinks: katsort
→‎Glockenturm: dank wissen.spiegel.de kann ich jetzt sogar den artikel verlinken :-
Zeile 26: Zeile 26:
Der benachbarte [[Glockenturm]] ist kein [[Kirchturm]], sondern ein [[Gemeindeturm]] und verfügt über keine direkte Verbindung zum Sakralbauwerk. Die Sakristei ist dem Gemeindeturm am nächstgelegenen. Der Turm wurde 1907, nachdem sein Vorgängerbauwerk durch einen Blitzschlag in der Nacht zum 1. August 1904 abgebrand und eingestürzt war, angeblich nach dessen Vorbild, von einem ''P. Meißner'' neu errichtet. Durch die große Hitze schmolzen die Glocken und die Bronze tropfte herunter, auch das erst 1894 beschaffte moderne Uhrwerk wurde zerstört. Der Wiederaufbau erfolgte auf dem Fundament der alten Turmstelle. Wahrscheinlich ging der Vorgängerbau, der Ende des 17. Jahrhunderts bei der Verheerung des Dorfes schon einmal fast dreißig Jahre eine Ruine war, auf einen mittelalterlichen wehrhaften Wohnturm zurück.
Der benachbarte [[Glockenturm]] ist kein [[Kirchturm]], sondern ein [[Gemeindeturm]] und verfügt über keine direkte Verbindung zum Sakralbauwerk. Die Sakristei ist dem Gemeindeturm am nächstgelegenen. Der Turm wurde 1907, nachdem sein Vorgängerbauwerk durch einen Blitzschlag in der Nacht zum 1. August 1904 abgebrand und eingestürzt war, angeblich nach dessen Vorbild, von einem ''P. Meißner'' neu errichtet. Durch die große Hitze schmolzen die Glocken und die Bronze tropfte herunter, auch das erst 1894 beschaffte moderne Uhrwerk wurde zerstört. Der Wiederaufbau erfolgte auf dem Fundament der alten Turmstelle. Wahrscheinlich ging der Vorgängerbau, der Ende des 17. Jahrhunderts bei der Verheerung des Dorfes schon einmal fast dreißig Jahre eine Ruine war, auf einen mittelalterlichen wehrhaften Wohnturm zurück.


Ein siebenjähriger anhaltender Rechtsstreit, der so genannte ''Bechtolsheimer Glockenstreit'' um das Läuterecht für verstorbene Bürger die einer anderen oder keiner Konfession angehören, wurde erst 1964/65 vom [[Bundesverwaltungsgericht (Deutschland)|Bundesverwaltungsgericht]] in Berlin zugunsten der bürgerlichen Gemeinde, mit der Begründung: ''"In Bechtolsheim bedeute das Grabgeläut ... nach der allgemeinen Auffassung der Bewohner eine weltliche Ehrung des Verstorbenen und keine Stück gottesdienstlicher Ordnung"'' entschieden<ref>[[Der Spiegel]], 18. Jahrgang, Nr. 38, 16. September 1964</ref>
Ein siebenjähriger anhaltender Rechtsstreit, der so genannte ''Bechtolsheimer Glockenstreit'' um das Läuterecht für verstorbene Bürger die einer anderen oder keiner Konfession angehören, wurde erst 1964/65 vom [[Bundesverwaltungsgericht (Deutschland)|Bundesverwaltungsgericht]] in Berlin zugunsten der bürgerlichen Gemeinde, mit der Begründung: ''"In Bechtolsheim bedeute das Grabgeläut ... nach der allgemeinen Auffassung der Bewohner eine weltliche Ehrung des Verstorbenen und keine Stück gottesdienstlicher Ordnung"'' entschieden<ref>[[Der Spiegel]], [http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument.html?id=46175340&top=SPIEGEL&suchbegriff=glockenstreit&quellen=%2BBX%2CWIKI%2C%2BSP%2C%2BMM%2CALME%2C%2BMEDIA&vl=0 18. Jahrgang, Nr. 38, 16. September 1964, Seite 72]</ref>
<ref>[http://www.main-rheiner.de/archiv/objekt.php3?artikel_id=1381604 Der Streit um den Glockenturm ist längst Geschichte – Der Wein spielt in der Gemeinde Bechtolsheim eine zentrale Rolle. Viele historische Gebäude und der Ortskern sind heute saniert] vom 24. Februar 2004 in der Allgemeinen Zeitung</ref>.
<ref>[http://www.main-rheiner.de/archiv/objekt.php3?artikel_id=1381604 Der Streit um den Glockenturm ist längst Geschichte – Der Wein spielt in der Gemeinde Bechtolsheim eine zentrale Rolle. Viele historische Gebäude und der Ortskern sind heute saniert] vom 24. Februar 2004 in der Allgemeinen Zeitung</ref>.



Version vom 14. Februar 2008, 18:43 Uhr

Simultankirche im Hintergrund der Petersberg
Innenraum mit Blick auf den Hochaltar von der Galerie auf der sich die Stummorgel befindet

Die Simultankirche Bechtolsheim (vollständiger Name: St. Maria und St. Christophorus, bzw. Maria Himmelfahrt und St. Christophorus) ist ein dreischiffiges Kirchengebäude mit spätgotisch verzierten Kirchengestühl und einer Stumm-Orgel im Ort Bechtolsheim in Rheinland-Pfalz.

Es handelt sich um eine Simultankirche, also ein von verschiedenen Konfessionen gemeinsam genutztes Kirchenbauwerk.

Die Kirche ist den Heiligen Maria (für die katholische Gemeinde) und Christophorus (für die evangelische Gemeinde) geweiht und wird seit Palmsonntag 1685 simultan genutzt.

Baugeschichte

Das genaue Datum des Baus der Kirche ist nicht überliefert. Es muss aber zwischen der Genehmigung für den Bau 1482 und einer Stiftung des Theobaldaltars von 1487 liegen.

Davor gab es außerhalb der Dorfwehranlage im noch sumpfigen Gelände eine Kirche (in der heutigen Sulzheimer Straße) an dessen Stelle heute ein Wegkreuz in einer Hausfassade erinnert. Philipp von Dalberg veranlasste daher 1482 seinen Verwandten Johann von Hohenfels aufzusuchen und mit ihm als Patron der Kirche einen Neubau auszuhandeln.

Die Kirche wurde 1742 laut einem Gemälde das sich hinter der Stummorgel befindet renoviert. Die letzte Grundlegende Renovierung fand Anfang der 1980er Jahre statt. Die damaligen Geldgeber wurden mit der Einfügung Ihrer Wappen in die Decke dafür geehrt. Es waren das Landeswappen von Rheinland-Pfalz, die Lutherrose, das Wappen des Bischofs von Mainz Hermann Volk sowie das Papstwappen von Johannes Paul II..

Bauwerke

Sakralbau

Datei:Grundriss-Kriche-Bechtolsheim.jpg
Grundrisszeichnung

Die dreischiffige Hallenkirche von fünf Joch Länge mit einem dreijochigen, einschiffigen Chor, der dreiseitig geschlossen ist. Die Seitenschiffe sind etwa halb so breit wie das Mittelschiff und zeigen auf jeder Seite im zweiten Joch vor dem Chorbogen eine kapellenartige Erweiterung zwischen den Strebepfeilern. Auf der Nordseite ist eine zweistöckige Sakristei angebaut.

Der Bau wirkt außen auffallend blockhaft geschlossen. Ein hohes, abgewalmtes Satteldach überdeckt alle drei Schiffe. Das Dach über dem Chor ist etwas niedriger, obwohl die Gewölbescheitel gleich hoch sind.

Glockenturm

Glockenturm vom Kirchenvorplatz aus gesehen (Westseite)
Glockenturm von der Langgasse bzw. Treppenaufgang zum Kirchenvorplatz gesehen (Nordwestseite)

Der benachbarte Glockenturm ist kein Kirchturm, sondern ein Gemeindeturm und verfügt über keine direkte Verbindung zum Sakralbauwerk. Die Sakristei ist dem Gemeindeturm am nächstgelegenen. Der Turm wurde 1907, nachdem sein Vorgängerbauwerk durch einen Blitzschlag in der Nacht zum 1. August 1904 abgebrand und eingestürzt war, angeblich nach dessen Vorbild, von einem P. Meißner neu errichtet. Durch die große Hitze schmolzen die Glocken und die Bronze tropfte herunter, auch das erst 1894 beschaffte moderne Uhrwerk wurde zerstört. Der Wiederaufbau erfolgte auf dem Fundament der alten Turmstelle. Wahrscheinlich ging der Vorgängerbau, der Ende des 17. Jahrhunderts bei der Verheerung des Dorfes schon einmal fast dreißig Jahre eine Ruine war, auf einen mittelalterlichen wehrhaften Wohnturm zurück.

Ein siebenjähriger anhaltender Rechtsstreit, der so genannte Bechtolsheimer Glockenstreit um das Läuterecht für verstorbene Bürger die einer anderen oder keiner Konfession angehören, wurde erst 1964/65 vom Bundesverwaltungsgericht in Berlin zugunsten der bürgerlichen Gemeinde, mit der Begründung: "In Bechtolsheim bedeute das Grabgeläut ... nach der allgemeinen Auffassung der Bewohner eine weltliche Ehrung des Verstorbenen und keine Stück gottesdienstlicher Ordnung" entschieden[1] [2].

Turm, Glocken und die Uhr sind im Eigentum der Zivilgemeinde. Die Konfessionsgemeinden haben das freie Nutznießungsrecht.

Der aktuelle Glockensatz besteht aus drei verschieden großen Glocken, die hauptsächlich aus Spenden der Einwohner finanziert werden konnten. Die Glocken stammen aus dem Jahr 1954 und wurden am 20. Oktober von der Gießerei F. W. Schilling in Heidelberg hergestellt.

  • Die große Glocke trägt den Namen Glaube und die Inschrift: Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden.
  • Die mittlere Glocke trägt den Namen Liebe und die Inschrift: Den fürs Vaterland Gefallenen. Ich gab mein Erz – sie gaben ihr Herz.
  • Die kleine Glocke trägt den Namen Hoffnung sowie die Inschrift: Läute Glocke, läute Ruh in jedes Herz, läute du mich heimwärts. Darüberhinaus hat die kleine Glocke (Ton à) noch einen Glockenhammer zum anschlagen jeder 1/4, 1/2, 3/4 und vollen Stunde.

Kirchenvorplatz

Eingangstür zur Kirche

Der Kirchenvorplatz ist dreigeteilt, jeweils ein Drittel gehören den beiden Konvessionen und das letzte Drittel gehört der Ortsgemeinde.

Lediglich das auf dem Platz stehende aus Stein gefertigte Kruzifix gehört nur der katholischen Kirchengemeinde.

Auf dem Platz findet jeweils am ersten Advent ein Weihnachtsmarkt unter Beteiligung der ortsansässigen Vereine statt.

Innenausstattung

Altäre

Mittelaltar

Die Simulatankirche verfügt über insgesamt vier Altäre.

  • Der zweistöckige Hochaltar wurde 1761 gekauft, dieser war ursprünglich für das Wormser Kloster Marienmünster gebaut worden. Das Altarbild wurde von Matthäus Lohmann gestaltet und zeit die Himmelfahrt der Gottesmutter Maria. Über dem Tabernakel sind der Heilige Clemens, die Hl. Barbara und der Hl. Tiburtius dargestellt. Die großen Figuren stellen den Hl. Bernhard und den Hl. Antonius dar.
  • Der Mittelaltar besteht aus insgesamt 52 Steinen, welche eine Anspielung auf alle Bücher des alten und neuen Testamentes sein soll.
  • Über dem linken Seitenaltar befindet sich eine Tafel mit Figuren deren Köpfe während des Pfälzischen Erbfolgekrieges (auch: Orléansscher Krieg von 1688 bis 1697) abgeschlagen wurde. Auf dem Altar selbst steht in der Adventszeit die Weihnachtskrippe.
  • Über dem rechten Seitenaltar dem Marienaltar gruppieren sich um die im Jahr 2007 restaurierte Muttergottesfigur: Rochus und Christophorus, Katharina und Barbara, Georg und eine unbekannte Figur. Die Figuren stammen aus dem alten Flügelaltar um 1500. Die Muttergottesfigur ist jünger und stammt ungefähr aus dem Jahr 1887.

Kirchengestühl

Gestühl

Das Kirchengestühl von 1496 von Ehrhard Falkner aus Abensberg ist nahezu das einzig erhaltene Werk von ihm. Das Gestühl ist heute noch in den Originalfarben der Erstausmalung erhalten.

Taufstein und Kanzel

Taufstein und Kanzel

Der Taufstein ist aus Sandstein gefertigt und stammt aus dem Jahre 1530.

Die Kanzel wird heute meist nur noch vereinzelt im evangelischen Gottesdienst benutzt. Früher hatten die Gemeindemitglieder an der Kanzel eine Sanduhr angebracht, damit der Geistliche die Predigt nicht über eine Stunde ausdehnte.

Orgel

Stummorgel
Register und Manuale der Stummorgel

Die Stumm-Orgel wurde 1756 von den Brüdern Johann Philipp und Johann Heinrich Stumm für 900 Reichsgulden gebaut.

Die 29 klingenden Register sind auf zwei Manuale und ein Pedal verteilt.

Christopherus-Gemälde

Über dem Seiteneingang ist in einem großen Gemälde des Hl. Christophorus.

Geschütztes Kulturgut

Die Simultankirche ist im Sinne des Artikels 1 der Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten geschützt[3]. Obwohl somit nur ein weißblaues Wappenschild hätte angebracht werden dürfen, befindet sich am Eingangsportal die dreifache Verwendung des Kennzeichens zur Markierung von Kulturgut unter Sonderschutz.

Trägergemeinschaft

Die Kirche wird von beiden Konvesionen gleichberechtigt benutzt. Die katholische Gemeinde gehört zum Bistum Mainz und die evangelische zur Landeskirche Hessen-Nassau.

Trivia

Sonderstempel: 100 Jahre Glockenturm
  • Seit Anfang der 1980er Jahre findet in Bechtolsheim am letzten Wochenende im August die Kerb, von Freitag bis Montag, statt. Die Veranstaltungen finden aber auf dem dafür angelegten Kerbeplatz statt, auch der am Kerbesonntag stattfindende ökumenische Gottesdienst findet bei schönem Wetter dort unter freiem Himmel statt.
  • Am 23. Juni 2007 wurde zum 100jährigem Bestehen des Glockenturms ein Sonderstempel der Post, welcher gleichzeitig auf das in Bechtolsheim stattfindende Verbandsgemeinde Weinfest hinwies, ausgeben.

Literatur

  • Karl Oberle, Geschichte von Bechtolsheim,
    • Rheinhessische Druck-Werkstätte Alzey, 1. Auflage 1951
    • Verlag der Rheinhessischen Druckwerkstätte Alzey, 2. erweiterte Auflage 1995, ISBN 3-87854-111-2
  • Regine Dölling, Die Simultankirche in Bechtolsheim (Rheinhessen), Rheinische Kunststätten, 1. Auflage 1980, ISBN 3-88094-316-8
  • Gerhard Fillinger, 100 Jahre Glockenturm – Fotokalender 2007 – Heimatverein Bechtolsheim, MF Druck-Service, Ober-Ramstadt, 2006

Bilder

Quellen

  1. Der Spiegel, 18. Jahrgang, Nr. 38, 16. September 1964, Seite 72
  2. Der Streit um den Glockenturm ist längst Geschichte – Der Wein spielt in der Gemeinde Bechtolsheim eine zentrale Rolle. Viele historische Gebäude und der Ortskern sind heute saniert vom 24. Februar 2004 in der Allgemeinen Zeitung
  3. Urkunde der Bundesrepublik Deutschland vertreten durch die Kreisverwaltung Alzey-Worms, 30. September 1988

Weblinks

Die beiden Kirchengemeinden:

Historisches:

Vorlage:Koordinate Artikel