Regionalisierungsgesetz

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Basisdaten
Titel: Gesetz zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs
Kurztitel: Regionalisierungsgesetz
Abkürzung: RegG
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Besonderes Verwaltungsrecht, Verkehrsrecht
Fundstellennachweis: 9240-3
Erlassen am: 27. Dezember 1993
(BGBl. I S. 2378, 2395)
Inkrafttreten am: 1. Januar 1996
(Art. 11 Abs. 2 ENeuOG)
Letzte Änderung durch: Art. 1 G vom 6. März 2020
(BGBl. I S. 445)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
1. Januar 2020
(Art. 1 G vom 6. März 2020)
GESTA: J020
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Das Regionalisierungsgesetz (RegG) ist als Artikel 4 des Eisenbahnneuordnungsgesetzes am 27. Dezember 1993 erlassen worden. Die darin geregelte Regionalisierung des Schienenverkehrs ist einer der drei Hauptinhalte der Bahnreform in Deutschland. Die aufgrund dieses Gesetzes verteilten Geldmittel werden als „Regionalisierungsmittel“ bezeichnet.

Das Gesetz definiert die Sicherstellung einer ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im Öffentlichen Personennahverkehr als eine Aufgabe der Daseinsvorsorge. Im Sinne des Regionalisierungsgesetzes ist öffentlicher Personennahverkehr „die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Verkehrsmitteln im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen. Das ist im Zweifel der Fall, wenn in der Mehrzahl der Beförderungsfälle eines Verkehrsmittels die gesamte Reiseweite 50 Kilometer oder die gesamte Reisezeit eine Stunde nicht übersteigt.“

Während der Schienenpersonenfernverkehr von jedem Eisenbahnverkehrsunternehmen eigenwirtschaftlich, also ohne staatliche Hilfe betrieben wird, wird der Schienenpersonennahverkehr überwiegend mit Hilfe der Regionalisierungsmittel finanziert. Sie stehen den Ländern vom Bund aus dem Mineralölsteueraufkommen aufgrund des Regionalisierungsgesetzes für die Bestellung der Nahverkehrsleistungen zur Verfügung. Das Land bzw. die Zweckverbände legen die Verkehrslinien, den Verkehrsumfang und weitere Kriterien wie Takte und Fahrzeuge fest. Auf dieser Basis ermitteln sie durch Ausschreibungen das preiswerteste Angebot für eine Vertragslaufzeit (meist mehr als fünf Jahre) und schließen einen Verkehrsvertrag mit einem Verkehrsunternehmen ab. Daneben gibt es Direktvergaben und freihändige Vergabeverfahren.

Nach § 5 stehen den Ländern die Regionalisierungsmittel aus dem Mineralölsteueraufkommen des Bundes zur Verfügung. Die Verteilung auf die einzelnen Bundesländer regelt seit 2008 ebenfalls § 5 (davor § 8).

Entwicklung der Regionalisierungsmittel

Siehe auch: Kieler Schlüssel

Jahr Höhe der Mittel
(in Mio. Euro)
1996 4448
1997 6136
1998 6136
1999 6340
2000 6697
2001 6822
2002 6745
2003 6846
2004 6949
2005 7053
2006 7053
2007 6710
2008 6675
2009 6775
2010 6877
2011 6980
2012 7085
2013 7191
2014 7299

2004 verständigten sich Bund und Länder auf eine Kürzung der Mittel von 137 Millionen Euro. 2006 wurde eine weitere Kürzung von insgesamt 1,4 Milliarden Euro für die Jahre 2006 bis 2008 beschlossen. 2007 lag das Niveau der Regionalisierungsmittel unter dem Niveau von 2002. In der Folge reduzierte allein der Marktführer DB Regio seine Leistungen um 5,3 Mio. Zug-Kilometer.[1]

Im Frühjahr 2006 wurde heftig über die Kürzung der Regionalisierungsmittel gestritten. Befürworter führten die aktuelle Haushaltslage und mögliche Effizienzgewinne in den Verkehrsverbünden an. Gegner verwiesen auf die positive Entwicklung der letzten acht Jahre. Mit einer Erhöhung der Mittel um 14 % konnten 27 % mehr Fahrgäste für den Schienennahverkehr gewonnen werden. Sie befürchteten drastische Erhöhungen der Fahrpreise und Kürzungen im Angebot, vor allem im ländlichen Raum. Die Kürzungen wurden am 1. Juli 2006 wirksam. Waren die Regionalisierungsmittel ausgehend von 6,745 Milliarden Euro für das Jahr 2002 jährlich um 1,5 Prozent gestiegen, wurden sie an diesem Tag auf einen jährlich sinkenden Pauschalbetrag bis zum Jahre 2008 festgeschrieben.

Im November 2007 wurde eine weitere Anpassung des Regionalisierungsgesetzes beschlossen. Es sieht für das Jahr 2008 Mittel in Höhe von 6,675 Milliarden Euro (−34 Mio. Euro zu 2007) vor. Diese Mittel werden jährlich um 1,5 % steigen und erreichen im Jahr 2014 7,3 Milliarden Euro. Mit der Neufassung des Gesetzes werden die Bundesländer verpflichtet, die Verwendung der Bundesmittel jährlich transparent zu machen. Im Jahr 2014 soll die Höhe der Mittel für Zeiträume ab 2015 erneut überprüft werden.[2] Laut Angaben der Allianz pro Schiene seien die jährlichen Regionalisierungsmittel zwischen 2000 und 2013 um 8,7 Prozent gewachsen, die Verkehrsleistung im Schienenpersonennahverkehr (in Personenkilometern) um 31,9 Prozent. Von 1996 bis 2013 sei die Zahl der Fahrgäste im regionalen Schienenverkehr um über 60 Prozent gestiegen.[3]

Das Regionalisierungsgesetz lief Ende 2014 aus. Zur im Jahr 2014 angestandenen Revision des Regionalisierungsgesetzes forderten die Länder eine Aufstockung des Budget und eine Erhöhung des Dynamisierungsfaktors, um den die Mittel jährlich steigen. Die Landesverkehrsminister hatten auf der Verkehrsministerkonferenz am 1. und 2. Oktober 2014 in Kiel beschlossen, dass die Regionalisierungsmittel von damals 7,3 Milliarden Euro auf jährlich 8,5 Milliarden Euro aufgestockt werden sollten. Gleichzeitig sollte die Dynamisierung von 1,5 auf 2,8 steigen, um die stetig steigenden Kosten für die Infrastrukturnutzung, Energie und das Personal ausgleichen zu können. Die Verteilung der Mittel zwischen den einzelnen Ländern sollte sich zugunsten bevölkerungsreicher Bundesländer ändern.[4]

Ein von den Ländern beschlossener Gesetzentwurf sah vor, die Regionalisierungsmittel im Jahr 2015 auf 8,5 Milliarden Euro anzuheben und bis zum Jahr 2030 um zwei Prozent pro Jahr anzuheben. Ein Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums sah dagegen eine Steigerung von 1,5 Prozent für das Jahr 2015 vor und nennt keine weiteren konkreten Zahlen. Ein Gutachten im Auftrag der Bundesregierung hatte demgegenüber einen Mehrbedarf von rund 250 Millionen Euro ermittelt. Für das Gesetz wurde am 27. März 2015 der Vermittlungsausschuss angerufen.[5] Bis ein neues Gesetz in Kraft tritt, zahlt der Bund Regionalisierungsmittel nur unter Vorbehalt aus.[6] Für das Jahr 2015 beschloss das Bundeskabinett Ende 2014 Mittel von 7,4 Milliarden Euro.[7]

Im September 2015 einigten sich die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder auf eine Anhebung der Regionalisierungsmittel im Jahr 2016 auf 8 Milliarden Euro. Anschließend sollen sie mit 1,8 Prozent pro Jahr steigen. Auch der Verteilungsschlüssel zwischen den Bundesländern soll verändert werden.[8] Die Festlegung war Teil eines zehnseitigen Papiers zur Flüchtlingspolitik.[9] Bei einem Bund-Länder-Spitzengespräch wurde am 16. Juni 2016 eine Einigung erzielt. Demnach wird der Bund die Mittel um jährlich 200 Millionen Euro aufstocken, womit die ostdeutschen Länder ihr Verkehrsangebot nicht einschränken müssten.[10] 2020 wurden die Regionalisierungsmittel für den Zeitraum von 2020 bis 2031 um 5,2 Milliarden Euro erhöht.[11]

Weblinks

  • Text des Regionalisierungsgesetzes
  • Deutscher Bundestag (Hrsg.): Verwendung der Regionalisierungsmittel durch die Bundesländer. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Leidig, Herbert Behrens, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/411 – Nummer=18/537. 17. Februar 2014, ISSN 0722-8333 (Online [PDF]).
  • Deutscher Bundestag (Hrsg.): Bericht der Bundesregierung zur Verwendung der Regionalisierungsmittel durch die Länder im Jahr 2016. Unterrichtung durch die Bundesregierung. Nr. 19/3395, 16. Juli 2018, ISSN 0722-8333 (Online [PDF]).

Einzelnachweise

  1. Deutsche Bahn AG: Wettbewerbsbericht 2007 (Memento vom 30. September 2007 im Internet Archive) (PDF, 6,6 MB), S. 17
  2. Art. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes (BGBl. 2007 I S. 2871)
  3. Allianz pro Schiene (Hrsg.): Stadt, Land, Schiene. 4. Auflage. Berlin 6. Dezember 2014 (Online [PDF]).
  4. http://www.verkehrsministerkonferenz.de/VMK/DE/termine/sitzungen/14-10-01-02-vmk/14-10-01-02-pm.pdf?__blob=publicationFile&v=2 Pressemitteilung zur Verkehrsministerkonferenz am 1. und 2. Oktober 2014 in Kiel
  5. Vermittlungsausschuss zum Regionalisierungsgesetz angerufen (Memento des Originals vom 20. Mai 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.vermittlungsausschuss.de
  6. Jan Berger: Wie viel darf der Regionalverkehr kosten? In: Heilbronner Stimme. 5. März 2015, S. 3.
  7. Länder drohen mit Kürzungen im Nahverkehr. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. Nr. 296, 20. Dezember 2014, ISSN 0174-4909, S. 18.
  8. Fabian Ziehe: Förderung für die Schiene: Land profitiert stark. In: Südwest Presse. 26. September 2015, ZDB-ID 1360527-6, S. 6 (Online).
  9. Sven Böll: Böses Spiel. In: Der Spiegel. Nr. 31, 2016, S. 70 f. (online).
  10. Kein Durchbruch bei Bund-Länder-Finanzen. In: Zeit Online. 17. Juni 2016, abgerufen am 18. Juni 2016.
  11. Bund erhöht Regionalisierungsmittel. Abgerufen am 21. Januar 2021.