3D-Zellkultur

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3D-Zellkultur bezeichnet die Kultivierung von Zellen in einer mikrostrukturierten dreidimensionalen Zellkultur unter In-vitro-Bedingungen. So wie die Organe im Körper eine räumliche Orientierung einnehmen, soll dies auch in Zellkulturen realisiert werden. Im Gegensatz zum Tissue Engineering dient die 3D-Zellkultur nicht in erster Linie zur Erzeugung von Organen.

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Begriff 3D-Zellkultur grenzt sich ab von der 2D-Zellkultur und bezeichnet Zellkultur, die im Gegensatz zu Monolagen die Dreidimensionalität von Gewebe berücksichtigt. Dies geschieht in Form von Microcarrier, darunter Hydrogelen aus Gerüstproteinen wie etwa Kollagen, Gelatine-Methacrylat oder kommerziellem Matrigel.[1] In einer 3D-Umgebung bilden viele Zelllinien Sphäroide aus, deren Durchmesser im Laufe der Zeit nach der Einbettung der Zellen anwächst. Auch nicht Sphäroid bildende Zellen zeigen oft eine Morphologie, die sich von der von Wachstumsbedingungen etwa auf Glas unterscheidet. Gegenüber anderen Methoden, Sphäroide zu gewinnen, zeichnet sich die 3D-Zellkultur dadurch aus, dass die Zellen mit der – künstlichen, aber der Physiologie nachempfundenen – extrazellulären Matrix interagieren, was sich über adhäsionsvermittelte Signaltransduktion auf die Regulation von Genexpression auswirkt. Ebenso gehört die Kultur von Gewebeschnitten zur 3D-Zellkultur. Die 3D-Zellkultur versucht, organspezifische Bedingungen weitgehend zu berücksichtigen und greift dabei zumeist auf die Verarbeitung von Kunststoffen, aber auch Naturstoffen zurück, die sich bereits als anwendbar für Zellkulturen erwiesen haben.

Methoden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

3D-Zellkulturen können entweder in Multiwellplatten mit besonders geringer Adhäsionswirkung und U-förmigen Boden, unbeschichteten Zellkulturflaschen oder dafür designten Inkubatoren gehalten werden.

Bei den unbeschichteten Flaschen bleibt den zur Adhäsion neigenden Zellen keine andere Adhäsionsoberfläche als die anderen Zellen, wodurch sich zusammenhängende dreidimensionale Strukturen ergeben. Dadurch, dass die Zellen allerdings nicht aktiv zueinander geführt werden und teilweise doch noch am Boden anhaften können, sorgt diese Methode nicht verlässlich für Sphäroidbildung. Bei den auf 3D-Zellkultur ausgelegte Platten sorgt die Form des Bodens dafür, dass die inokulierten Zellen durch die Schwerkraft Kontakt miteinander haben, und der Aufbau von Bindungen unter den Zellen ist häufiger. Dadurch bildet sich typischerweise pro Well ein Sphäroid aus, der aus mehreren inokulierten Zellen sowie deren durch Zellteilung erzeugten Nachkommen zusammengesetzt ist. Es werden also verlässlich Sphäroide erzeugt, durch diese Mischung weisen diese Sphäroide allerdings keine homogene Morphologie auf. Homogenität und Reproduzierbarkeit werden einfacher mithilfe von auf 3D-Zellkultur ausgelegten Inkubatoren erzeugt, die die Zellen in Schwebe halten. Durch diese „Schwerelosigkeit“ können die Zellkolonien in alle Richtungen gleichmäßig wachsen und außerdem stammen diese Einzelkolonien dann meist auch aus Einzelzellen, wenn bei Inokulation eine ausreichende Dissoziierung der Zellen gegeben war. Außerdem erhöht diese Methode die Viabilität der Zellen, weil es keinen Zellstress durch Scherkräfte durch Kontakt mit dem Zellkulturgefäß gibt.

Anwendungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die 3D-Zellkultur wird zunehmend in der Pharmakologie zum teilweisen Ersatz von Versuchstieren und 2D-Zellkulturen verwendet.[2][3][4] Daneben eignet sie sich besser zum High-Throughput-Screening als Versuchstiere,[5] verzichtet dabei jedoch auf die Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen den Organen in einem Organismus.[6] Es gibt Hinweise, dass ein organähnliches Verhalten der Zellkultur zu aussagekräftigeren Ergebnissen führt, wenn die Wirkungsweise eines neuen Medikamentes getestet werden soll und dabei Rückschlüsse bezüglich seiner Pharmakokinetik und Pharmakodynamik gezogen werden müssen. Es existieren verschiedene 3D-Organmodelle für den jeweiligen Eintritts- und Wirkungsort des Stoffes, so zum Beispiel für Haut, Leber, Bauchspeicheldrüse oder die Lunge. Andere Anwendungsgebiete sind die Erforschung von Stammzellen[7] oder auch die Tumorforschung.[8] Außerdem finden 3D-Zellkulturen Einsatz im Forschungsbereich Regenerative Medizin, um beispielsweise Implantate für Knorpel zu erzeugen oder um Wundheilungsprozesse zu erleichtern. Weiterhin werden 3D-Zellkulturen zur Erzeugung von In-vitro-Fleisch verwendet.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. E. Carletti, A. Motta, C. Migliaresi: Scaffolds for tissue engineering and 3D cell culture. In: Methods in molecular biology (Clifton, N.J.). Band 695, 2011, S. 17–39, ISSN 1940-6029. doi:10.1007/978-1-60761-984-0_2. PMID 21042963.
  2. C. Godugu, A. R. Patel, U. Desai, T. Andey, A. Sams, M. Singh: AlgiMatrix? based 3D cell culture system as an in-vitro tumor model for anticancer studies. In: PLoS ONE. Band 8, Nummer 1, 2013, S. e53708, ISSN 1932-6203. doi:10.1371/journal.pone.0053708. PMID 23349734. PMC 3548811 (freier Volltext).
  3. X. J. Li, A. V. Valadez, P. Zuo, Z. Nie: Microfluidic 3D cell culture: potential application for tissue-based bioassays. In: Bioanalysis. Band 4, Nummer 12, Juni 2012, S. 1509–1525, ISSN 1757-6199. doi:10.4155/bio.12.133. PMID 22793034. PMC 3909686 (freier Volltext).
  4. S. L. Ryan, A. M. Baird, G. Vaz, A. J. Urquhart, M. Senge, D. J. Richard, K. J. O’Byrne, A. M. Davies: Drug Discovery Approaches Utilizing Three-Dimensional Cell Culture. In: Assay and Drug Development Technologies. Band 14, Nummer 1, 2016 Jan-Feb, S. 19–28, doi:10.1089/adt.2015.670, PMID 26866750.
  5. M. Rimann, B. Angres, I. Patocchi-Tenzer, S. Braum, U. Graf-Hausner: Automation of 3D Cell Culture Using Chemically Defined Hydrogels. In: Journal of Laboratory Automation: JALA [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck] Oktober 2013, ISSN 2211-0682. doi:10.1177/2211068213508651. PMID 24132162.
  6. D. Huh, G. A. Hamilton, D. E. Ingber: From 3D cell culture to organs-on-chips. In: Trends in cell biology. Band 21, Nummer 12, Dezember 2011, S. 745–754, ISSN 1879-3088. doi:10.1016/j.tcb.2011.09.005. PMID 22033488.
  7. X. Meng, P. Leslie, Y. Zhang, J. Dong: Stem cells in a three-dimensional scaffold environment. In: SpringerPlus. Band 3, 2014, S. 80, doi:10.1186/2193-1801-3-80, PMID 24570851, PMC 3931863 (freier Volltext) (Review).
  8. M. Leung, F. M. Kievit, S. J. Florczyk, O. Veiseh, J. Wu, J. O. Park, M. Zhang: Chitosan-alginate scaffold culture system for hepatocellular carcinoma increases malignancy and drug resistance. In: Pharmaceutical research. Band 27, Nummer 9, September 2010, S. 1939–1948, doi:10.1007/s11095-010-0198-3, PMID 20585843, PMC 2917619 (freier Volltext).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Minuth, W.W.; Strehl, R.: 3-D-Kulturen – Zellen, Kultursysteme und Environment, Pabst, 2006 ISBN 978-3-89967-316-6