St. Verena (Rickenbach)

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St.-Verena-Kirche in Rickenbach
Ansicht des Kirchenschiffes mit Blick zur Orgelempore

Die Kirche St. Verena in Rickenbach TG im Bezirk Münchwilen ist eine römisch-katholische Pfarrkirche, die in ihrer jetzigen Form auf das Jahr 1845 zurückgeht. Sie liegt im Bistum Basel, ist aber dem Bistum St. Gallen zugeordnet, da sie Teil der Pfarr- und Kirchgemeinde Wil im Dekanat Wil/Wattwil ist.

Geschichte

Eine St. Verena-Kirche wurde erstmals im Jahre 838 erwähnt. Dorfbrände in den Jahren 1446, 1638 und 1712 zerstörten die Pfarrkirche; nur der Glockenturm hielt dem Feuer stand. Die untersten Steine des Turmes stammen noch aus der ersten Kirche aus dem 9. Jahrhundert.

In der Vergangenheit wurden immer wieder Teile des Inventars der Kirche entwendet, so dass von der ursprünglichen Ausstattung nur noch wenig vorhanden ist. 1655 schenkte der Fürstabt Gallus Alt der Pfarrei einen Taufstein, der als einer der ältesten Einrichtungsgegenstände bis heute erhalten ist. Aufgrund der zunehmenden Bevölkerungszahl Rickenbachs im 18. und 19. Jahrhundert wurde am 6. August 1845 ein Neubau der Kirche geweiht.

Seitenaltar der Gottesmutter Maria (Evangelienseite) vor 1969

Zwischen 1965 und 1969 wurde die Kirche renoviert, der Innenraum neu gestaltet und um mehrere Kirchenbänke erweitert. Bei der Renovierung wurde ein Grossteil der Innenausstattung, der Hochaltar und das Retabel an der Chorwand, die Seitenaltäre und die Kanzel entfernt.[1] Der Taufstein und die Ölbilder Marias der als Heilige verehrten Verena an den Seitenaltären blieben erhalten, ebenso die Stuckaturen der Decke und der Fenster. Die barocke Monstranz, mehrere Klosterarbeiten mit Reliquien für den Hochaltar und die Seitenaltäre, das Wetterkreuz mit allen Reliquien, Vortragekreuze für verschiedene Anlässe, alte liturgische Gewänder, sowie Ziborien und Kelche gehören zum Kirchenschatz.

Architektur

Der weithin sichtbare Kirchturm von St. Verena stammt aus dem Jahre 1644. Das Kirchenschiff wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts im klassizistischen Stil neu errichtet.

Heute besitzt die Kirche eine moderne Chorwand und aufgemalte Seitenaltäre, die den ersten Altären gleichen. Im Altarraum steht ein schlichter Volksaltar, ein weisser Sockel mit einer Altarplatte aus grauem Sandstein. Das Kunstwerk mit dem Namen Durch Kreuz und Tod zur Auferstehung des Künstlers Fredi Thalmann an der Chorwand entstand 1993. Im gleichen Jahr wurde der alte Taufstein mit einem modernen Bronzedeckel versehen.[1]

Verena-Ikone

Unter der rechten Emporentreppe befindet sich eine Verena-Ikone. An den Seitenwänden des Kirchenschiffs ist ein moderner Kreuzweg angebracht.

Orgeln

Orgel von Kuhn (1969)

Die heutige Orgel, 1969 von Orgelbau Kuhn erbaut, mit mechanischer Spiel- und Registertraktur, hat folgende Disposition:[2][3]

Orgel mit offenem Spieltisch, Oktober 2021
I Hauptwerk C–g3
Principal 8′
Rohrgedackt 8′
Octave 4′
Blockflöte 4′
Superoctave 2′
Sesquialtera II 223
Mixtur V-VI 113
Trompete 8′
II Schwellwerk C–g3
Holzgedackt 8′
Principal 4′
Rohrflöte 4′
Waldflöte 2′
Quinte 113
Scharf IV 1′
Vox humana 8′
Tremulant[4]
Pedal C–f1
Subbass 16′
Oktavbass 08′
Pommer 08′
Octave 04′
Hintersatz IV 0223
Posaune 8′[5]
  • Koppeln (mechanisch, als Tritte): II/I, I/P, II/P. Zwei mechanische Drehknopfkombinationen. Tritte "Register A", "Register B", "Register ab". Schwelltritt für II. Manual.

Orgel von Kuhn (1907–1969)

Die pneumatische Taschenladen-Orgel von 1907,[6] die von Karl Theodor Kuhn erbaut wurde, hatte folgende Disposition:[7]

Die 1907 erbaute spätromanische Orgel, die bis 1969 bestand
I. Manual C–g3
Bourdon 16′
Principal 08′
Flauto dolce 08′
Gambe 08′
Oktave 04′
Mixtur IV 0223
Trompete 08′
II. Manual C–g3[8]
Geigenprincipal 8′
Flûte harmonique 8′
Salicional 8′
Aeoline 8′
Voix céleste 8′
Traversflöte 4′
Pedal C–f1
Subbass 16′
Violonbass 16′
Oktavbass 08′

Orgel von Haaser (1857–1907)

Die erste, 1857 erbaute Orgel stammte von Remigius Haaser aus Immenstadt im Allgäu und hatte sechs Register auf einem Manual und Pedal.[9]

Manual C–f3
Principal 8'
Bordun 8'
Viola 8'
Flauto 4'
Mixtur III 2'
Pedal C–f1
Subbass 16'

Glocken

Die Glocken wurden 1965 von der am Ort ansässigen Glockengiesserei Eschmann gegossen und um eine Glocke erweitert. Im Mai 1965 fand der Glockenaufzug unter Mithilfe der Schuljugend statt. Die Glocken läuten in einem 5-stimmigen c-Moll mit den Schlagtönen c′ – es′ – g′ – b′ – c″. Auch die vier Vorgängerglocken läuteten in einem 4- (evtl. 5)-stimmigem c-Moll. Die alten Glocken, die vor der Kirche auf einem Podest stehen, stammen aus dem Jahr 1638. Sie bilden zusammen das älteste, noch vollständige Geläut des Kantons Thurgau.[10][11]

Die 5 Bronzeglocken, gegossen durch Emil Eschmann 1965.
Blick in den Glockenstuhl

Glocken

Nr.
 
Name
 
Gussjahr
 
Gießer, Gussort
 
Durchmesser
(cm.)
Masse
(kg, ca.)
Schlagton
(HT-116)
Stifter
 

Inschriften

1 Mutter-Gottes Glocke 1965 Emil Eschmann, Rickenbach 164 2500Kg C'

Traktorenwerk Hans Hürlimann, Wil|| "ES JUBELT MEIN GEIST ÜBER MEINEN RETTER" LK1.47

2 Verena Glocke 1965 Emil Eschmann, Rickenbach 137 1450Kg Es' Familie Wiesli-Lenz "+DURCH UNSERES GOTTES HERZLICHES ERBARMEN" LK. 1.78
3 Gallus Glocke 1965 Emil Eschmann, Rickenbach 107,5 750 G' Witwe Priska Haag-Eisenring und Sohn Joseph Haag "LICHT ZUR OFFENBARUNG FUER DIE HEIDEN" LK. 2.32
4 Otmar Glocke 1965 Emil Eschmann, Rickenbach 89.5 450Kg B' Leo Stehrenberger-Ulrich, Rickenbach "OHNE FURCHT UND FREI VOB FEINDES HAND" LK. 1.74
5 Bruder Klausen Glocke 1965 Emil Eschmann, Rickenbach 78,5 300 kg C" Familie Hans Haag-Sennhauser, Rickenbach "+UND FRIEDE AUF ERDEN DEN MENSCHEN" LK 2.14

Vorgänger-Glocken

Nr.
 
Name
 
Gussjahr
 
Gießer, Gussort
 
Durchmesser
(cm.)
Masse
(kg, ca.)
Schlagton
(HT-116)
Stifter
 

Inschriften
 

Bild
 

1 Marien Glocke 1638 Girarde Lamotte 121,5 1100 kg. Es' Abt Pius Reher SANCTE MARIÆ DEIPARÆ VIRGINI SACRVM☆M☆DC☆XXXVIII☆PIO*ABBATE☆GOT DEM ALLMECHTIGEN ZVO LOB VND DER VIER GLOGEN GOSSEN VORDEN FVR DIE KIRCHEN DER GEMAIND ZVO RICHENBACH ☆F☆R☆WARD DOMAL KIRCHMAIER
2 Verena Glocke 1638 Girarde Lamotte 98 550 kg. G' Abt Pius Reher SANCTE VERENÆ VIRGINI SACRVM ☆M☆DC☆XXXVIII☆PIO ABBATE☆
3 Margareten Glocke 1638 Girarde Lamotte 85 400 kg. A' Abt Pius Reher||SANCTE MARGRITÆ VIRGINI SACRVM ☆M☆DC☆XXXVIII☆PIO ABBATE☆||
4 Gallus und Othmars Glocke 1638 Girarde Lamotte 68.5 200 kg Des' Abt Pius Reher||☆+☆S☆S☆GALLO☆ET☆OTHMARO☆☆SACRVM☆M☆DC☆XXXVIII☆PIO PIO ABBATE☆FRACOY☆RVTY☆NOS☆A☆TOVTTE☆QVATTRE☆FAICT☆FAIRE☆||

Trivia

Alter Tabernakel

Die Ziffern, die auf dem alten Tabernakel, der in der rechten Kirchenwand eingemauert ist, eingestanzt sind, ergeben die Jahreszahl der geplanten Kirchweihe 1842. Da aber der Westgiebel zu flach geplant worden war, stürzte dieser kurz vor Vollendung ein, sodass sich die Kirchweihe durch die Bauarbeiten bis 1845 verzögerte.

Masswerk-Fragment

Ursprünglich wurde in der hinteren Wand des Westgiebels, ein gotisches Masswerk-Fragment, eines ehemaligen Spitzbogenfensters, aus dem Vorgängerbau eingemauert, sodass es von aussen im Westgiebel zu sehen war. Wahrscheinlich wurde es durch den Mauer-Durchbruch, bei der Kirchenschiffverlängerung zerstört. Eine weitere Vermutung besteht darin, dass dieses Fragment während der Bauarbeiten verloren gegangen ist.

Literatur

  • Albert Knoepfli: Rickenbach bei Wil – Die katholische Pfarrkirche St. Verena. In: ders.: Die Kunstdenkmäler des Kantons Thurgau, Bd. II: Der Bezirk Münchwilen (= Die Kunstdenkmäler der Schweiz. Bd. 34). Basel 1955, S. 291–299. Digitalisat
  • Angelus Hux, Alexander Troehler: KlangRäume. Kirchen und Orgeln im Thurgau. Huber, Frauenfeld 2007, S. 374–375.
Commons: St. Verena (Rickenbach) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Katholische Kirchgemeinde Wil: Kirche St. Verena. Abgerufen am 29. März 2020.
  2. Rickenbach bei Wil – II/P/21. Auf der Website der Erbauerfirma, abgerufen am 14. April 2021.
  3. Kath. Kirche, neue Orgel – Rickenbach TG. In: Orgelverzeichnis Schweiz-Liechtenstein. Abgerufen am 12. April 2021.
  4. Als Tritt.
  5. Ursprünglich Posaune 16' (1969); 2012 durch Kuhn in 8' umgebaut.
  6. Rickenbach bei Wil – II/P/16. Auf der Website der Erbauerfirma, abgerufen am 17. April 2020.
  7. Kath. Kirche, Rickenbach TG, alte Orgel. In: Orgelverzeichnis Schweiz-Liechtenstein, abgerufen am 17. April 2020.
  8. Im Schwellkasten.
  9. Kath. Kirche, Rickenbach TG, alte Orgel. In: Orgelverzeichnis Schweiz-Liechtenstein, abgerufen am 17. April 2020.
  10. Fabian Thürlimann, Hans Jürg Gnehm: Die Glockengiesserei Emil Eschmann in Rickenbach bei Wil. In: Campanae Helveticae. Nr. 20, 2016, S. 3–14.
  11. Inventarverzeichnis der Kirche von 1999, Abschnitt III: Glocken, S. 1–20.

Koordinaten: 47° 26′ 55,1″ N, 9° 3′ 7,2″ O; CH1903: 721673 / 256566