St. Verena (Rickenbach)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
St.-Verena-Kirche in Rickenbach
Ansicht des Kirchenschiffes mit Blick zur Orgelempore

Die Kirche St. Verena in Rickenbach im Bezirk Münchwilen im Schweizer Kanton Thurgau ist eine römisch-katholische Kirche, die in ihrer jetzigen Form auf das Jahr 1845 zurückgeht. Sie liegt im Bistum Basel, ist aber seit 2015 dem Bistum St. Gallen zugeordnet. Sie ist der Heiligen Verena als Namenspatronin gewidmet und Teil des Seelsorgebereiches Rickenbach der Katholischen Pfarr- und Kirchgemeinde Wil im benachbarten Kanton St. Gallen.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine St. Verena-Kirche wurde erstmals im Jahre 838 erwähnt. Dorfbrände in den Jahren 1446, 1638 und 1712 zerstörten die Pfarrkirche; nur der Kirchturm aus dem 9. Jahrhundert hielt dem Feuer stand.

In der Vergangenheit wurden immer wieder Teile des Kircheninventars entwendet, so dass von der ursprünglichen Ausstattung nur noch ein kleiner Teil existiert. 1655 schenkte der Fürstabt Gallus Alt der Pfarrei einen Taufstein, der als einer der ältesten Einrichtungsgegenstände bis heute erhalten ist. Aufgrund der zunehmenden Bevölkerungszahl Rickenbachs im 18. und 19. Jahrhundert wurde am 6. August 1845 ein Neubau der Kirche geweiht.

Seitenaltar der Gottesmutter Maria (Evangelienseite) vor 1969

1965–1969 wurde eine Renovation durchgeführt: Das Gebäude wurde um ein Joch nach Westen erweitert, erhielt eine neue Westfassade und eine neue Empore in Beton-Bauweise mit seitlichen Treppenaufgängen. Der Innenraum wurde umgestaltet, der Hochaltar, das Retabel an der Chorwand, die Seitenaltäre und die Kanzel wurden entfernt.[1] Ein gotisches Masswerk-Fragment im Westgiebel, als Teil eines ehemaligen Spitzbogenfensters des Vorgängerbaus vor 1845, ging bei den Umbauarbeiten in den 1960er Jahren verloren. Der Taufstein und die Ölmalereien Marias und der Hl. Verena an den Seitenaltären blieben erhalten, ebenso die Stuckaturen der Decke und der Fenster. Die barocke Monstranz, Klosterarbeiten mit Reliquien für den Hochaltar und die Seitenaltäre, das Wetterkreuz mit Reliquien, mehrere Vortragekreuze, alte liturgische Gewänder, Ziborien und Kelche sind Teile des Kirchenschatzes.

Baubeschreibung und Ausstattung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Kirchturm von St. Verena stammt aus dem Jahre 1644. Das Kirchenschiff wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts im klassizistischen Stil neu gebaut. Die eingestanzten Ziffern auf dem alten Tabernakel in der rechten Kirchenwand ergeben die Jahreszahl der geplanten Kirchweihe 1842. Bedingt durch den Einsturz des fehlerhaft berechneten Westgiebels kurz vor dem Abschluss der Bauarbeiten verzögerte sich die Kirchweihe bis 1845. Heute besitzt die Kirche eine moderne Chorwand und aufgemalte Seitenaltäre, die den ersten Altären gleichen. Im Altarraum steht ein schlichter Volksaltar, ein weisser Sockel mit einer Altarplatte aus grauem Sandstein. Das Kunstwerk mit dem Namen Durch Kreuz und Tod zur Auferstehung des St. Galler Malers und Bildhauers Fredi Thalmann an der Chorwand entstand 1993. Im gleichen Jahr wurde der alte Taufstein mit einem modernen Bronzedeckel versehen.[1]

Verena-Ikone

Unter der rechten Emporentreppe befindet sich eine Verena-Ikone. An den Seitenwänden des Innenraumes ist ein zeitgenössischer Kreuzweg zu sehen.

Orgeln[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kuhn-Orgel (1969)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die heutige Orgel wurde 1969 von Orgelbau Kuhn mit 21 Registern (Schleifladen mit mechanischer Spiel- und Registertraktur) auf zwei Manualen und Pedal gebaut; 2012 wurde sie durch die Erbauerfirma umgebaut. Bedingt durch starken Schimmelbefall befindet sich das Instrument technisch und klanglich in einen schlechten Zustand. Die Orgel hat folgende Disposition:[2][3][4]

Kuhn-Orgel (1969)
I Hauptwerk C–g3
Principal 8′
Rohrgedackt 8′
Octave 4′
Blockflöte 4′
Superoctave 2′
Sesquialtera II 223
Mixtur V–VI 113
Trompete 8′
II Schwellwerk C–g3
Holzgedackt 8′
Principal 4′
Rohrflöte 4′
Waldflöte 2′
Quinte 113
Scharf IV 1′
Vox humana 8′
Tremulant[5]
Pedal C–f1
Subbass 16′
Oktavbass 08′
Pommer 08′
Octave 04′
Hintersatz IV 0223
Posaune 8′[6]
  • Koppeln (mechanisch, als Tritte): II/I, I/P, II/P. Zwei mechanische Drehknopfkombinationen. Tritte "Register A", "Register B", "Register ab". Schwelltritt für II. Manual.

Kuhn-Orgel (1907–1969)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dieses Instrument mit 16 Registern auf zwei Manualen und Pedal (Taschenladen mit pneumatischer Spiel- und Registertraktur),[7] das von Karl Theodor Kuhn 1907 erbaut wurde, hatte folgende Disposition:[8]

Kuhn-Orgel (1907–1969)
I. Manual C–g3
Bourdon 16′
Principal 08′
Flauto dolce 08′
Gambe 08′
Oktave 04′
Mixtur IV 0223
Trompete 08′
II. Manual C–g3[9]
Geigenprincipal 8′
Flûte harmonique 8′
Salicional 8′
Aeoline 8′
Voix céleste 8′
Traversflöte 4′
Pedal C–f1
Subbass 16′
Violonbass 16′
Oktavbass 08′

Haaser-Orgel (1857–1907)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diese Orgel wurde 1857 von Remigius Haaser aus Immenstadt im Allgäu fertiggestellt und hatte sechs Register auf einem Manual und Pedal.[10]

Manual C–f3
Principal 8′
Bordun 8′
Viola 8′
Flauto 4′
Mixtur III 2′
Pedal C–f1
Subbass 16'

Glocken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die fünf Glocken wurden von der Glockengiesserei Eschmann (Rickenbach) 1965 gegossen; im Mai desselben Jahres fand die Glockenweihe statt. Die früheren Glocken von 1638, die rechts neben der Kirche auf Podesten stehen, sind das älteste vollständige Glockengeläut im Kanton Thurgau.[11][12]

Die 5 Bronzeglocken, gegossen durch Emil Eschmann 1965.
Blick in den Glockenstuhl

Geläut seit 1965[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nr.
 
Name
 
Gussjahr
 
Gießer, Gussort
 
Durchmesser
(cm.)
Masse
(kg, ca.)
Schlagton
(HT-116)
Stifter
 

Inschriften

1 Mutter Gottes-Glocke 1965 Emil Eschmann, Rickenbach 164 2'500 kg c1 Traktorenwerk Hans Hürlimann, Wil ES JUBELT MEIN GEIST ÜBER MEINEN RETTER (Lukas 1,47)
2 Verena-Glocke 1965 Emil Eschmann, Rickenbach 137 1'450 kg es1 Familie Wiesli-Lenz +DURCH UNSERES GOTTES HERZLICHES ERBARMEN (Lukas 1,78)
3 Gallus-Glocke 1965 Emil Eschmann, Rickenbach 107,5 750 kg g1 Witwe Priska Haag-Eisenring und Sohn Joseph Haag LICHT ZUR OFFENBARUNG FÜR DIE HEIDEN (Lukas 2,32)
4 Otmar-Glocke 1965 Emil Eschmann, Rickenbach 89.5 450 kg b1 Leo Stehrenberger-Ulrich, Rickenbach OHNE FURCHT UND FREI VON FEINDES HAND (Lukas 1,74)
5 Bruder Klausen-Glocke 1965 Emil Eschmann, Rickenbach 78,5 300 kg c2 Familie Hans Haag-Sennhauser, Rickenbach +UND FRIEDE AUF ERDEN DEN MENSCHEN (Lukas 2,14)

Altes Geläut (1638)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nr.
 
Name
 
Gussjahr
 
Gießer, Gussort
 
Durchmesser
(cm.)
Masse
(kg, ca.)
Schlagton
(HT-116)
Stifter
 

Inschriften
 

Bild
 

1 Marien-Glocke 1638 Girarde Lamotte 121,5 1100 kg Es' Abt Pius Reher SANCTE MARIÆ DEIPARÆ VIRGINI SACRVM☆M☆DC☆XXXVIII☆PIO*ABBATE☆GOT DEM ALLMECHTIGEN ZVO LOB VND DER VIER GLOGEN GOSSEN VORDEN FVR DIE KIRCHEN DER GEMAIND ZVO RICHENBACH ☆F☆R☆WARD DOMAL KIRCHMAIER
2 Verena-Glocke 1638 Girarde Lamotte 98 550 kg G' Abt Pius Reher SANCTE VERENÆ VIRGINI SACRVM ☆M☆DC☆XXXVIII☆PIO ABBATE☆
3 Margareten-Glocke 1638 Girarde Lamotte 85 400 kg A' Abt Pius Reher SANCTE MARGRITÆ VIRGINI SACRVM ☆M☆DC☆XXXVIII☆PIO ABBATE☆
4 Gallus und Othmars-Glocke 1638 Girarde Lamotte 68.5 200 kg Des' Abt Pius Reher ☆+☆S☆S☆GALLO☆ET☆OTHMARO☆☆SACRVM☆M☆DC☆XXXVIII☆PIO PIO ABBATE☆FRACOY☆RVTY☆NOS☆A☆TOVTTE☆QVATTRE☆FAICT☆FAIRE☆

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Albert Knoepfli: Rickenbach bei Wil – Die katholische Pfarrkirche St. Verena. In: ders.: Die Kunstdenkmäler des Kantons Thurgau, Bd. II: Der Bezirk Münchwilen (= Die Kunstdenkmäler der Schweiz. Bd. 34). Basel 1955, S. 291–299. Digitalisat
  • Angelus Hux, Alexander Troehler: KlangRäume. Kirchen und Orgeln im Thurgau. Huber, Frauenfeld 2007, S. 374–375.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: St. Verena (Rickenbach) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Katholische Kirchgemeinde Wil: Kirche St. Verena. Abgerufen am 20. Februar 2024.
  2. Eintrag auf Organ Index, abgerufen am 21. Februar 2024.
  3. Rickenbach bei Wil – II/P/21. Auf der Website der Erbauerfirma, abgerufen am 21. Februar 2024.
  4. Kath. Kirche, neue Orgel – Rickenbach TG. In: Orgelverzeichnis Schweiz-Liechtenstein. Abgerufen am 21. Februar 2024.
  5. Als Tritt.
  6. Ursprünglich Posaune 16′ (1969); 2012 durch Kuhn in 8′ umgebaut.
  7. Rickenbach bei Wil – II/P/16. Auf der Website der Erbauerfirma, abgerufen am 21. Februar 2024.
  8. Kath. Kirche, Rickenbach TG, alte Orgel. In: Orgelverzeichnis Schweiz-Liechtenstein, abgerufen am 21. Februar 2024.
  9. Im Schwellkasten.
  10. Kath. Kirche, Rickenbach TG, alte Orgel. In: Orgelverzeichnis Schweiz-Liechtenstein, abgerufen am 21. Februar 2024.
  11. Fabian Thürlimann, Hans Jürg Gnehm: Die Glockengiesserei Emil Eschmann in Rickenbach bei Wil. In: Campanae Helveticae. Nr. 20, 2016, S. 3–14.
  12. Inventarverzeichnis der Kirche von 1999, Abschnitt III: Glocken, S. 1–20.

Koordinaten: 47° 26′ 55,1″ N, 9° 3′ 7,2″ O; CH1903: 721673 / 256566