Kabinett Hitler

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 6. Oktober 2023 um 18:29 Uhr durch Teatroge (Diskussion | Beiträge) (img). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Kabinett Hitler
Kabinett Hitler
Reichskanzler Adolf Hitler
Ernannt durch Reichspräsident Paul von Hindenburg
Bildung 30. Januar 1933
Ende 30. April 1945
Dauer 12 Jahre und 90 Tage
Nachfolger Kabinett Goebbels
Zusammensetzung
Partei(en) NSDAP, DNVP, Stahlhelm (ab dem 11. Februar 1933 Kampffront Schwarz-Weiß-Rot)
Repräsentation
Reichstagswahl November 1932
248/585
Reichstagswahl März 1933
340/647

Das Kabinett Hitler, auch Hitlerregierung genannt, war die am 30. Januar 1933 gebildete[1] Koalitionsregierung des Deutschen Reiches, die Adolf Hitler nach seiner Ernennung zum Reichskanzler ab demselben Tag leitete.[2] Mit dem Beginn von Hitlers Reichskanzlerschaft wurde in den nachfolgenden Wochen die bis dahin seit 14 Jahren bestehende Weimarer Republik faktisch aufgelöst und die totalitäre Diktatur des Nationalsozialismus in Deutschland errichtet.

Die Schlüsselfigur für das Zustandekommen des Kabinetts Hitler war vor allem Franz von Papen, dessen Bestellung zum Kanzler ursprünglich noch am Tag der Vereidigung von einigen Ministern angenommen worden war.[1] Von Papen hatte seit Anfang Januar 1933 im Auftrag des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg hinter dem Rücken des amtierenden Reichskanzlers Kurt von Schleicher zwischen NSDAP und Deutschnationaler Volkspartei (DNVP) über eine gemeinsame Regierung vermittelt.[3] Er verfolgte dabei das sogenannte Einrahmungskonzept, nach dem Hitler zwar Reichskanzler wird und die NSDAP zwei Ministerposten erhält, jedoch durch zahlreiche Minister der DNVP sowie weitere nationalkonservative bis völkisch orientierte Politiker des rechten Rands – unter anderem vom Stahlhelm und Rechtskatholiken wie von Papen – „eingerahmt“ und damit in seinem Handlungsspielraum so eingeschränkt wird, dass er keine Gefahr darstellt (Von Papen: „Wir haben ihn uns engagiert. […] In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, dass er quietscht.“). Diese anfängliche Koalitionsregierung besaß im Reichstag keine Mehrheit und setzte daher zunächst die ab 1930 vorherrschenden Präsidialkabinette in Abhängigkeit von Reichspräsident Hindenburg fort.

Die gewaltsame Verfolgung der Kommunisten mit Hilfe der Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar 1933 und die Reichstagsneuwahlen vom 5. März 1933 änderten die Lage: NSDAP und DNVP verfügten nunmehr über eine Mehrheit, doch nach der Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes am 24. März 1933 – das der Regierung auf vier Jahre diktatorische Vollmachten einräumte – wurde auch der nationalkonservative Koalitionspartner DNVP überflüssig und nach der Selbstauflösung traten deren Abgeordnete der NSDAP bei.

Entwicklung

Auch wenn Hitler bis zum Ermächtigungsgesetz noch sachliche Beratung im Kabinett zuließ, was sich schon ab April 1933 änderte, gab es von Anfang an keine förmlichen Abstimmungen. In dem Maße, in dem Hitler seine Machtbasis außerhalb des Kabinetts aufbaute, ging ferner die Anzahl der Kabinettssitzungen zurück. Im Februar/März 1933 hatte es noch 31 Sitzungen gegeben, im April/Mai 1933 nur 16, und für den Rest des Jahres sowie für 1934 fanden insgesamt 42 Sitzungen statt. Zum letzten Mal kam das Kabinett Hitler am 5. Februar 1938 zusammen.[4] Hitler verfuhr mit den Ministern in isolierter Kommunikation, teils direkt, teils sogar indirekt über die Leiter von Reichs- oder Parteikanzlei. Sämtliche Minister wurden faktisch zu Befehlsempfängern des (ab August 1934) „Führers und Reichskanzlers“. Daneben unterhöhlten zahlreiche Sonderbeauftragte Hitlers die Tätigkeit der Minister.

Anfangs gehörten dem Kabinett nur drei NSDAP-Mitglieder an: Neben dem Reichskanzler Hitler der Innenminister Frick und Minister Göring ohne Geschäftsbereich. Goebbels („Volksaufklärung und Propaganda“) kam am 13. März hinzu. Im April trat Franz Seldte, der statt Theodor Duesterberg überraschend Arbeitsminister geworden war, der NSDAP bei. Der deutschnationale Alfred Hugenberg, Minister für Wirtschaft, Landwirtschaft und Ernährung, trat bereits am 29. Juni 1933 zurück; er war von auswärtigen Beobachtern zunächst als der starke Mann des Kabinetts angesehen worden. Seine Partei hatte sich zwei Tage zuvor aufgelöst. Danach verblieben noch einige Parteilose (oder parteilos Gewordene) im Kabinett.

Minister

Kabinett Hitler
30. Januar 1933 bis 30. April 1945
Reichskanzler
(ab 2. August 1934 „Führer und Reichskanzler“)
Adolf Hitler NSDAP
Stellvertreter des Reichskanzlers Franz von Papen
bis 7. August 1934
parteilos
Auswärtiges Amt Konstantin von Neurath
bis 5. Februar 1938
parteilos
(ab 1937 NSDAP)
Joachim von Ribbentrop
ab 5. Februar 1938
NSDAP
Inneres Wilhelm Frick
bis 24. August 1943
NSDAP
Heinrich Himmler
ab 24. August 1943
Finanzen Johann Ludwig Graf Schwerin von Krosigk parteilos
(ab 1937 NSDAP)
Wirtschaft Alfred Hugenberg
bis 29. Juni 1933
DNVP
Kurt Schmitt
29. Juni 1933 bis 3. August 1934
NSDAP
Hjalmar Schacht
3. August 1934 bis 26. November 1937
parteilos
(ab 1937 NSDAP)
Hermann Göring
26. November 1937 bis 15. Januar 1938
NSDAP
Walther Funk
ab 5. Februar 1938
Arbeit Franz Seldte Stahlhelm *)
(ab 1933 NSDAP)
Arbeitsbeschaffung
Günther Gereke

bis 23. März 1933

DNVP
Justiz Franz Gürtner
verstorben am 29. Januar 1941
DNVP
(ab 1937 NSDAP)
Staatssekretär Franz Schlegelberger
kommissarisch von 29. Januar 1941 bis 24. August 1942
NSDAP
Otto Georg Thierack
ab 24. August 1942
Reichswehr
ab 23. Juni 1935: Reichskriegsministerium
am 4. Februar 1938 aufgelöst
Werner von Blomberg
bis 4. Februar 1938
parteilos
(ab 1937 NSDAP)
Oberkommando der Wehrmacht
ab 4. Februar 1938
Wilhelm Keitel parteilos
(ab 1939 NSDAP)
Post Paul von Eltz-Rübenach
bis 2. Februar 1937
parteilos
Wilhelm Ohnesorge
ab 2. Februar 1937
NSDAP
Verkehr Paul Freiherr von Eltz-Rübenach
bis 2. Februar 1937
parteilos
Julius Dorpmüller
ab 2. Februar 1937
parteilos
(ab 1941 NSDAP)
Ernährung und Landwirtschaft Alfred Hugenberg
bis 29. Juni 1933
DNVP
Richard Walther Darré
29. Juni 1933 bis 23. Mai 1942
NSDAP
Herbert Backe
ab 23. Mai 1942
Volksaufklärung und Propaganda
ab 13. März 1933
Joseph Goebbels NSDAP
Luftfahrt
ab 5. Mai 1933
Hermann Göring
bis 29. April 1945
NSDAP
Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung
ab 1. Mai 1934
Bernhard Rust NSDAP
Kirchliche Angelegenheiten
ab 16. Juli 1935
Hanns Kerrl
verstorben am 15. Dezember 1941
NSDAP
Staatssekretär Hermann Muhs
kommissarisch ab 15. Dezember 1941
Bewaffnung und Munition
ab 17. März 1940
ab 2. Juni 1943: Rüstung und Kriegsproduktion
Fritz Todt
verstorben am 8. Februar 1942
NSDAP
Albert Speer
ab 8. Februar 1942
Besetzte Ostgebiete
ab 17. November 1941
Alfred Rosenberg NSDAP
„Deutscher Staatsminister für Böhmen und Mähren
ab 20. August 1943
Karl Hermann Frank NSDAP
Reichsminister ohne Geschäftsbereich
ab 5. Februar 1938: Reichsminister
Hermann Göring
30. Januar 1933 bis 28. April 1933
NSDAP
Ernst Röhm, Chef des Stabes der SA
1. Dezember 1933 bis zu seinem Tod am 30. Juni 1934
Rudolf Heß, „Stellvertreter des Führers“
1. Dezember 1933 bis 10. Mai 1941
Hanns Kerrl
16. April 1934 bis 18. Juli 1935
Hans Frank
ab 19. Dezember 1934
Hjalmar Schacht
26. November 1937 bis 22. Januar 1943
Otto Meissner, Chef der Präsidialkanzlei
ab 1. Dezember 1937
Hans Heinrich Lammers, Chef der Reichskanzlei
ab 1. Dezember 1937
Arthur Seyß-Inquart
ab 1. Mai 1939
Martin Bormann, Chef der Parteikanzlei
ab 1941 einem Reichsminister gleichgestellt
Wilhelm Frick, Reichsprotektor von Böhmen und Mähren
ab 24. August 1943
*) 
persönlich bis zum Eintritt in die NSDAP DNVP-Mitglied

Siehe auch

Literatur

  • Martin Will: Die Kabinettsbildung am 30. Januar 1933 vor dem Hintergrund des Verfassungswandels in der Spätphase der Weimarer Republik. In: Der Staat. Zeitschrift für Staatslehre und Verfassungsgeschichte, deutsches und europäisches Öffentliches Recht. Band 43, 2004, S. 121–143.

Einzelnachweise

  1. a b Heinrich Brüning: Memoiren. 1918–1934. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1970, S. 467.
  2. Richard J. Evans: Das Dritte Reich. Band 1, Aufstieg. Übersetzt von Holger Fliessbach und Udo Rennert, DVA, München 2004, ISBN 3-421-05652-8. S. 417.
  3. Wolfram Pyta: Hindenburg. Herrschaft zwischen Hohenzollern und Hitler. Pantheon-Verlag, München 2009, ISBN 978-3-570-55079-3, S. 780 ff.
  4. Nach Martin Broszat: Der Staat Hitlers. Grundlegung und Entwicklung seiner Verfassung (= dtv-Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts. Band 9 = dtv 4009). 9. Auflage. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1981, ISBN 3-423-04009-2, S. 349–350.