Amphritea

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Amphritea
Systematik
Domäne: Bakterien (Bacteria)
Abteilung: Proteobacteria
Klasse: Gammaproteobacteria
Ordnung: Oceanospirillales
Familie: Oceanospirillaceae
Gattung: Amphritea
Wissenschaftlicher Name
Amphritea
Gärtner 2008

Amphritea ist eine Gattung von Bakterien.

Erscheinungsbild[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die meisten Arten von Amphritea sind durch Flagellen beweglich (motil). Je nach Art ist jeweils eine polare Flagelle oder bipolare Büschel von Flagellen vorhanden. Die Art Amphritea ceti besitzt keine Flagellen.[1] Die Zellen sind stäbchenförmig. Amphritea atlantica, A. balenae und A. japonica können in alten Kulturen kokkoide Zellen bilden. Die Art A. ceti bildet zusätzlich zu stäbchenförmigen auch ovale Zellen. Bei dieser Arten treten auch Zellen mit Längen über 10 μm auf.[1]

Wachstum und Stoffwechsel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Alle Arten wachsen in Gegenwart von Sauerstoff (aerob), einige sind auch fakultativ anaerob, zeigen also auch unter Ausschluss von Sauerstoff Wachstum, so z. B. Amphritea opalescens, A. japonica und A. balenae.[2][1]

Der Stoff- und Energiewechsel ist chemoorganotroph und heterotroph, Amphrytea nutzt organische Verbindungen als Energiequelle und zum Aufbau zelleigener Stoffe.

Der Wachstumsbereich liegt bei den bis zum Jahr 2019 beschriebenen Arten bei Temperaturen zwischen 4 und 42 °C. So zeigt z. B. Amphritea opalescens Wachstum bei Temperaturen zwischen 10 und 42 °C, bestes Wachstum erfolgt bei 28 °C.[1] Die Art A. balnea toleriert Temperaturen zwischen 4 und 28 °C, die optimale Wachstumstemperatur liegt zwischen 20 und 22 °C.[2] Die Arten benötigen Salz (NaCl) für das Wachstum, eine Ausnahme ist die Art Amphritea opalescens, sie zeigt auch Wachstum bei völliger Abwesenheit von NaCl.[1]

Die Art Amphritea opalescens toleriert pH-Werte von 4 bis 11, die Art A. atlantica Werte von 4,6 bis 9,5. A. balnea zeigt Wachstum bei pH-Werten zwischen 6,5 und 7,5.[1] Der Urease-Test verläuft je nach Art unterschiedlich, so fällt er bei der Art A. atlantica positiv, bei A. opalescens negativ aus.[3][1]

Die Arten können verschiedene Zucker und Carbonsäuren zum Energiegewinn und Wachstum nutzen.[4] Einige Arten, wie z. B. Amphritea atlantica, A. balenae und A. japonica, können Polyhydroxybuttersäure (PHB) als Nährstoff- und Energiereserve speichern.[4]

Chemotaxonomische Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Amphritea ist Gram-negativ. Bei den vorkommenden Chinone überwiegt das Ubiquinon-8 (Q-8). Die am häufigsten vorkommenden Phospholipide sind Phosphatidylglycerole (PG) und Phosphatidylethanolamine (PE).[5]

Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Name Amphritea ist abgeleitet von Amphrit, eine Nymphe des Ozeans in der griechischen Mythologie und bezieht sich auf den marinen Lebensraum der Bakterien. Amphritea zählt zu der Familie der Oceanospirillaceae, welche zu der Ordnung Oceanospirillales gestellt wird. Die Typusart ist Amphritea atlantica. Sie wurde im Jahr 2008 von Andrea Gärtner und Mitarbeitern vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften beschrieben.[3]

Es folgt eine Liste einiger Arten (Stand: April 2020):[6]

Für die Species Amphritea ceti Kim et al. 2014 und Amphritea spongicola Jang et al. 2015 wurde im August 2022 die Umstellung zu der neu aufgestellten Gattung Aliamphritea vorgeschlagen.[7]

Ökologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vertreter der Gattung Amphritea wurden meist aus marinen Lebewesen wie z. B. Schwämmen, Seescheiden, Algen und Stachelhäuter isoliert. Seltener stammen Funde aus freiem Meerwasser oder vom Meeresboden.[5]

Die erste Isolation eines Bakterienstammes der Typusart A. atlantica erfolgte im Jahre 2008 bei einer Untersuchung einer Tiefseemuschel (Bathymodiolus sp.). Die Muschel entstammte einer Probe vom Logatchev-Hydrothermalfeld am mittelatlantischen Rücken in 3000 Meter Tiefe.[3] Der Typstamm der Art Amphritea spongicola wurde zuerst von einem Schwamm isoliert. Amphritea opalescens wurde in der Jasper Beach in Nähe der Fildes-Halbinsel der Antarktis aus einer Sedimentprobe isoliert. Diese Art ist nicht auf NaCl angewiesen.[1]

Die Isolate für die Erstbeschreibung der Arten Amphritea balenae und A. japonica stammen von Proben des Meeresboden nahe bei Kadavern von Pottwalen. Die Entwicklung des sich neu bildenden Ökosystems rund um und in den Pottwal-Kadavern wurde über drei Jahre lang untersucht. Es wurden über 800 aerobe Bakterien von dem Meeresboden neben den Pottwalschlachtkörpern isoliert. Drei dieser Stämme waren mit Mitgliedern der Familie Oceanospirillaceae verwandt.[8]

Die Gattung Amphritea gilt als phylogenetisch eng verwandt mit symbiotischen Bakterien, die in dem Bartwurm Osedax vorkommen.[4] Die endosymbiontischen Bakterien kommen im Wurzelsystem dieser Bartwurmarten vor. Osedax lebt auf Skeletten von toten Meerestieren in der Tiefsee. Der erste Fund dieser Bartwurmgattung stammt von Skeletten eines Grauwals (Eschrichtius robustus).[9]

Auch die DNA der Bakterienart Neptunomonas japonica ähnelt von der DNA-Sequenz her stark derjenigen der endosymbiotisch in Osedax lebenden Bakterien (99,6–99,9 % der Sequenzen stimmen überein).[10] Neptunomonas japonica ist phylogenetisch eng mit Amphritea verwandt, sie zählen beide zu der Familie der Oceanospirillaceae. Das Bakterium stammt ebenfalls aus der Umgebung des gleichen Pottwal-Kadavers, wo auch die beiden Bakterienarten Amphritea balenae und A. japonica erstmals isoliert wurden.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eugene Rosenberg, Edward F. DeLong, Stephen Lory, Erko Stackebrandt, Fabiano Thompso: The Prokaryotes. Gammaproteobacteria. 4. Auflage, Springer, 2014, ISBN 3-642-38923-6.
  • Xiaoyan Han et al.: Amphritea opalescens sp. nov., isolated from sediment adjacent to Fildes Peninsula, Antarctica. In: Systematic and Applied Microbiology (2019) Band 69, Nr. 6, S. 1585–1590. doi:10.1099/ijsem.0.003359

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h Xiaoyan Han et al.: Amphritea opalescens sp. nov., isolated from sediment adjacent to Fildes Peninsula, Antarctica. In: Systematic and Applied Microbiology (2019) Band 69, Nr. 6, S. 1585–1590. doi:10.1099/ijsem.0.003359
  2. a b Masayuki Miyazaki et al.: Amphritea japonica sp. nov. and Amphritea balenae sp. nov., isolated from the sediment adjacent to sperm whale carcasses off Kagoshima, Japan. In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology (2008), 58, S. 2815–2820 doi:10.1099/ijs.0.65826-0
  3. a b c Andrea Gärtner, Jutta Wiese und Johannes F. Imhoff: Amphritea atlantica gen. nov., sp. nov., a gammaproteobacterium from the Logatchev hydrothermal vent field In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology (2008), 58, S. 34–39 doi:10.1099/ijs.0.65234-0
  4. a b c Eugene Rosenberg, Edward F. DeLong, Stephen Lory, Erko Stackebrandt, Fabiano Thompson: The Prokaryotes. Gammaproteobacteria. 4. Auflage, Springer, Berlin 2014, ISBN 978-3-642-30194-0. S. 504–512.
  5. a b Hani Jang et al.: Amphritea spongicola sp. nov., isolated from amarine sponge, and emended description of the genus Amphritea In: Systematic and Applied Microbiology (2015), 65, S. 1866–1870 doi:10.1099/ijs.0.000188
  6. Jean Euzéby, Aidan C. Parte: Genus Amphritea. In: List of Prokaryotic names with Standing in Nomenclature. Abgerufen am 13. April 2020.
  7. Ryota Yamano, Juanwen Yu, Chunqi Jiang, Alfabetian Harjuno Condro Haditomo, Sayaka Mino, Yuichi Sakai und Tomoo Sawabe: Taxonomic revision of the genus Amphritea supported by genomic and in silico chemotaxonomic analyses, and the proposal of Aliamphritea gen. nov In: PLOS ONE, August 10, 2022 doi:10.1371/journal.pone.0271174
  8. Y. Fujiwara et al.: Three-year investigations into sperm whale-fall ecosystems in Japan. In: Marine Ecology (2007), 28, S. 219–232 Wiley
  9. Rouse, Greg W.; Shana K. Goffredi, Robert C. Vrijenhoek (2004): Osedax: Bone-Eating Marine Worms with Dwarf Males. Science 305(5684), S. 668–671. doi:10.1126/science.1098650
  10. Masayuki Miyazaki et al.: Neptunomonas japonica sp. nov., an Osedax japonicus symbiont-like bacterium isolated from sediment adjacent to sperm whale carcasses off Kagoshima, Japan. In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology (2008), 58, S. 866–871. doi:10.1099/ijs.0.65509-0