Anna Simons
Anna Simons (* 8. Juni 1871 in München-Gladbach Rheinprovinz; † 2. April 1951 in Prien am Chiemsee) war eine deutsche Kalligraphin und Typographin.
Leben und Werk
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Anna Simons war die Tochter des preußischen Verwaltungsbeamten und Landrats Louis Alexander Simons und seiner Ehefrau Caroline Simons. Da Frauen im 19. Jahrhundert in ihrer rheinischen Heimat im 19. Jahrhundert weder an Kunstakademien noch an Kunstgewerbeschulen studieren durften, ging sie auf besonderen Wunsch ihrer Mutter 1896 nach England, um dort am Royal College of Art in South Kensington verschiedene kunstgewerbliche Fächer zu studieren.[1] Nach einigen Semestern wurde sie Schülerin von Edward Johnston, dessen Vorstellungen von Kalligraphie und Typographie sie übernahm und dessen Werk „Schreibschrift, Zierschrift und angewandte Schrift“ sie ins Deutsche übersetzte. Nach sieben Jahren bestand sie das Schlussexamen und erhielt als vierte Frau das Diplom als „Associate of the Royal College of Art (Design)“.[2] Besondere Fähigkeiten entwickelte sie beim Vergolden von Buch- und Urkundenschmuck. 1905 führte sie im Auftrag des preußischen Ministeriums für Handel und Gewerbe unter Leitung von Peter Behrens zusammen mit Fritz Helmuth Ehmcke an der Kunstgewerbeschule Düsseldorf die neu eingerichteten „Schriftkurse für Kunstgewerbelehrer“ durch.[3] Sie lehrte also dort, wo sie vorher nicht studieren durfte. Hierbei vertrat sie ihren Lehrer Johnston, der für die Aufgabe ursprünglich vorgesehen war. Unter ihrer Leitung fanden diese Kurse später auch an anderen deutschen Kunsthochschulen statt.
1906 erhielt sie die goldene und silberne Medaille auf der Kunstgewerbe-Ausstellung in Dresden. 911 erhielt sie in Turin, für ein im Auftrag der Stahlfederfabrik Heintze und Blanckertz Berlin geschriebenes Pergamentblatt, die goldene Medaille.[2]
1908 vermittelte sie eine Ausstellung englischer Buchkunst für das Grossherzogliche Museum in Weimar, die danach in der Bibliothek des Kunstgewerbe-Museums in Berlin gezeigt wurde. 1910 fand eine ähnliche Ausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg statt. 1912 stellte Anna Simons die von England ausgehenden Strömungen in der Typographie und Kalligraphie auf dem Kongress für Kunsterziehung in Dresden vor und erreichte damit eine Signalwirkung für die Entwicklung der Kalligraphie in Deutschland (→ Buchkunstbewegung). 1913 gelang es ihr erstmals, Vertreter der deutschen Buchkunst an eine Ausstellung in der Städtischen Galerie zu vermitteln, die u. a. Druckschriften von Rudolf Koch und Fritz Helmut Ehmcke brachte. Für die Bugra war sie Schriftführerin der englischen Gruppe für das Haus der Frau und kaufte im Auftrag von Elisabeth von Siemens eine Sammlung der besten Werke englischer Graphikerinnen für die Bugra an.[2]
1914 siedelte Simons von London nach München in die Kaulbachstrasse über und arbeitete während des Krieges in dem Feldpostbüro A M.S., das später der Vermisstennachforschung des Roten Kreuzes angegliedert wurde, und lehrte an der Kunstgewerbeschule. Dort lernte sie Willy Wiegand kennen, für dessen Bremer Presse sie arbeitete. Nach dem Krieg erschienen im Drei Masken-Verlag die Skriptor-Drucke, kleine, das handschriftliche Urbild reproduzierende Liederbände. Im Auftrag des Deutschen Museums schrieb sie die „Geschichte der Buchschrift“, die in graphischer Darstellung die Entwicklung der Schrift zeigt, neben den dazu gehörenden historischen Erläuterungen. 1928 bis 1933 unterrichtete sie an der Kunstakademie Düsseldorf.[4] 1928 verlieh das Preussische Kultusministerium ihr den Titel „Professor.“
In der Zeit des Nationalsozialismus war sie obligatorisch Mitglied der Reichskammer der bildenden Künste. Es ist aber lediglich 1942 eine Einzelausstellung mit Ernst Penzoldt beim Albrecht-Dürer-Verein in Nürnberg bekannt. 1944 stand sie in der Gottbegnadeten-Liste des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda.[5]
Anna Simons inspirierte Emil Rudolf Weiß und Peter Behrens, dem sie bei der Reichstagsinschrift Dem Deutschen Volke assistierte. Ihre Lehre wurde von ihrer langjährigen Assistentin Franziska Kobell fortgeführt. Simons war in Preußen und in Bayern Professorin, Mitglied des Deutschen Werkbundes und der Arts & Crafts Exhibition Society (Vereinigtes Königreich), außerdem Ehrenmitglied der Society of Skribes and Illuminators (Vereinigtes Königreich) und Honorary associate der Woman’s Guild of Art (Vereinigtes Königreich).
Zu ihren Werken zählen insbesondere zahlreiche Urkunden, darunter für die Weltausstellungen Brüssel 1910 und Turin 1911, die Ehrenbürgerurkunden der Stadt München für Adolf Hitler, Franz Xaver Schwarz und Franz von Epp, außerdem Initialen und Überschriften für die Bremer Presse in München sowie Wandsprüche für das Kunstgewerbemuseum Zürich.[6]
Veröffentlichungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Anna Simons, Eberhard Hölscher, Edward Johnston und die englische Schriftkunst, Verlag für die Schriftkunde Heinze & Blanckertz, Berlin-Leipzig, Monographien künstlerischer Schrift, Bd. 1.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Minna Blanckertz: Die Graphikerin Anna Simons. In: Die Frau. Band 35, Nr. 12, 1928, S. 743–745.
- Fritz Helmuth Ehmcke: Anna Simons, Oldenbourg Verlag, München & Berlin 1934 (Schriften der Corona VIII).
- Eberhard Hölscher, Rudolf Blanckertz: Anna Simons, Heintze & Blanckertz, Berlin 1938 (Monographien künstlerischer Schrift II).
- Gunter Quarg, Christian Klinger: Anna Simons – Meisterin der Schriftkunst (1871–1951), Köln 1996 (Kleine Schriften der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln 2), 64 S., ISBN 3-931596-09-5.
- Erste Frauen in der Lehre – Akademie der Bildenden Künste München – Kunstgewerbeschule München. München 2014.[7]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Anna Simons, Biografie im Portal germandesigners.net
- Porträt von Anna Simons im Portal kalligrafie.net
- Simons, Anna In: Deutsche Biographie
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ UN/SEEN – Innovative Frauen im Grafik-Design 1865–1919 & Heute: Anna Simons
- ↑ a b c Minna Blanckertz: Die Graphikerin Anna Simons. In: Die Frau. Band 35, Nr. 12, 1928, S. 743–745.
- ↑ Anna Simons: Der Schriftkurs in Neubabelsberg. In: Kunstgewerbeblatt, Einundzwanzigster Jahrgang, Verlag von L. A. Selmann, Leipzig 1910, S. 104 (Digitalisat)
- ↑ Achim Lettmann: Sammlung Philara fragt nach Frauen an der Kunstakademie. In: Westfälischer Anzeiger. 6. August 2021, abgerufen am 5. Juli 2023.
- ↑ Simons, Anna. In: Theodor Kellenter: Die Gottbegnadeten : Hitlers Liste unersetzbarer Künstler. Arndt, Kiel 2020, ISBN 978-3-88741-290-6, S. 190.
- ↑ Anna Simons In: Museum für Gestaltung Zürich, abgerufen am 20. Oktober 2021.
- ↑ Erste Frauen in der Lehre – Akademie der Bildenden Künste München – Kunstgewerbeschule München. Akademie der Bildenden Künste München, 2014, abgerufen am 16. Dezember 2020.
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Simons, Anna |
| KURZBESCHREIBUNG | deutsche Kalligraphin und Typographin |
| GEBURTSDATUM | 8. Juni 1871 |
| GEBURTSORT | München-Gladbach |
| STERBEDATUM | 2. April 1951 |
| STERBEORT | Prien am Chiemsee |