Kriechender Sellerie

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Kriechender Sellerie

Kriechender Sellerie (Helosciadium repens)

Systematik
Ordnung: Doldenblütlerartige (Apiales)
Familie: Doldenblütler (Apiaceae)
Unterfamilie: Apioideae
Tribus: Oenantheae
Gattung: Helosciadium
Art: Kriechender Sellerie
Wissenschaftlicher Name
Helosciadium repens
(Jacq.) Koch

Der Kriechende Sellerie (Helosciadium repens), auch Kriechender Sumpfschirm[1], Kriechender Sumpfsellerie[2], Kriechender Scheiberich[3] genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Helosciadium innerhalb der Familie der Doldenblütler (Apiaceae).[4][5] Sie bildet Land- und Wasserformen und kommt schwerpunktmäßig in Mittel- sowie Westeuropa vor.[6]

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gefiedertes Laubblatt
Ausschnitt eines doppeldoldigen Blütenstandes mit Hüllblättern und Döldchen
Frucht

Vegetative Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Kriechende Sellerie wächst als ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 10 bis 30 Zentimetern erreicht.[1] Die Landform besitzt einen niederliegenden bis kriechenden, im Querschnitt rundlichen, kahlen, hohlen Stängel, ohne Sellerie-Geruch,[1] der bis zu 60 Zentimeter lang wird und an den Knoten bewurzelt ist. Die Laubblätter sind einfach gefiedert und weisen neun bis elf rundlich verkehrt-eiförmige,[1] ungleich gesägte bis gelappte Teilblättchen auf. Im Vergleich zur Landform bildet die nicht blühende – und daher sich rein vegetativ vermehrende – Wasserform mit bis zu 1,5 Metern längere Stängel und bis zu 40 Zentimeter lange Laubblätter aus. Die Landform des Kriechenden Selleries ist mit dem Schmalblättrigen Merk (Berula erecta) leicht verwechselbar. Beim Kriechenden Sellerie sind die Fiederblattpaare jedoch gleich groß, während beim Aufrechten Merk das unterste Fiederblattpaar sehr klein ist oder fehlt. In letzterem Fall ist an der Ansatzstelle eine quer verlaufende Rille am Blattstiel erkennbar. Zudem bildet der Aufrechte Merk keine kriechenden Sprossabschnitte, die für den Kriechenden Sellerie typisch sind.[7]

Generative Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Blütezeit erstreckt sich von Juli bis September. Der Blütenstandschaft ist lang. Der doppeldoldigen Blütenstand besitzt drei bis sieben Hüllblätter, ist drei- bis siebenstrahlig und die drei bis sieben Döldchen besitzen fünf bis acht Hüllchenblätter und sind ohne weißen Hautrand.[1]

Die Doppelachäne besteht aus rundlichen Teilfrüchten, die bei einer Länge von 0,7 bis 1 Millimetern[1] sowie einem Durchmesser von bis zu 1,2 Millimetern die scharfe Längsrippen besitzen.

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 22, seltener 16.[8]

Ökologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Land- und Wasserform können sich vegetativ vermehren, indem sich an den unteren Knotenpunkten der Kriechtriebe Wurzeln bilden. Dabei kann sich nach Abtrennung von der Mutterpflanze eines Sprossabschnittes zu einer eigenständigen Pflanze entwickeln. Nur die Landform kann umweltabhängig blühen und sich auf diese Weise generativ vermehren. Für die Samen, die unter verschiedensten Umweltbedingungen keimen können, scheint es keinen effizienten Ausbreitungsmechanismus zu geben. Die damit einhergehende geringe Ausbreitungsfähigkeit wird als Faktor für das seltene Vorkommen des Kriechenden Sellerie gewertet.[7]

Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Kriechende Sellerie kommt schwerpunktmäßig in Mittel- sowie Westeuropa vor.[6] Es gibt Fundortangaben für Teneriffa, Marokko, Spanien, Portugal, Frankreich, Italien, die Schweiz, Österreich, Deutschland, Belgien, die Niederlande, Ungarn, Dänemark, Polen, die Slowakei, Slowenien, Kroatien, Montenegro, Griechenland und die Türkei, vielleicht auch Bulgarien.[4][9] In Tschechien ist der Kriechende Sellerie ein Neophyt.[9]

Auf der Iberischen Halbinsel kommt er in Höhenlagen von 800 bis 1200 Metern vor und erreicht maximal 1650 Meter.[10] In Deutschland befinden sich seine Hauptvorkommen im Donaugebiet und im Alpenvorland. Die Bestände dieser streng geschützten Pflanzenart sind im gesamten Verbreitungsgebiet rückläufig.

Der Kriechende Sellerie wächst auf feuchten bis nassen Untergründen und ist wegen seines hohen Lichtbedarfs bei gleichzeitig geringer Konkurrenzkraft auf häufige Störungen angewiesen, die durch Wildtiere, Erosion oder Wasserstandsschwankungen bedingt sein können. Zu den Lebensräumen zählen Weide- und Mährasen, Verlandungsbereiche von Stillgewässern und insbesondere im Voralpenraum schnell fließende Quellbäche.

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 4+w+ (nass aber stark wechselnd), Lichtzahl L = 3 (halbschattig), Reaktionszahl R = 4 (neutral bis basisch), Temperaturzahl T = 4 (kollin), Nährstoffzahl N = 4 (nährstoffreich), Kontinentalitätszahl K = 2 (subozeanisch), Salztoleranz = 1 (tolerant).[11]

Der Kriechende Sellerie ist pflanzensoziologisch in Mitteleuropa eine Charakterart des Verbands Agropyro-Rumicion.[8]

Vorkommen in einem Parkrasen in Wien

Gefährdung und Artenhilfsmaßnahmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Kriechende Sellerie gilt weltweit als stark gefährdet. Der Kriechende Sellerie ist in der Roten Liste der gefährdeten Pflanzenarten Deutschlands 1996 als „vom Aussterben bedroht“ bewertet worden und ist nach BNatSchG (Bundesartenschutzverordnung) „streng geschützt“.[1] Er ist in den Anhängen II und IV der FFH-Richtlinie aufgeführt. Daher gilt er als streng zu schützende Pflanzenart, für die eigens Schutzgebiete ausgewiesen werden. Zu den Artenhilfsmaßnahmen zählen die Erhaltung offener Flächen, Vermeidung von Störungen durch Tritt, Beweidung oder Mahd und die Renaturierung von Fließgewässern (Beseitigung von Uferbefestigungen).[7] In der Schweiz gilt der Kriechende Sellerie als „vom Aussterben bedroht“.[11]

Taxonomie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Erstveröffentlichung erfolgte 1775 unter dem Namen (Basionym) Sium repens Jacq. durch Nikolaus Joseph von Jacquin in Flora Austriaca, Band 3, S. 34. Der akzeptierte Name Helosciadium repens (Jacq.) W.D.J.Koch wurde 1824 durch Johann Friedrich Wilhelm Koch in Nova Acta Physico-medica Academiae Caesareae Leopoldino-Carolinae Naturae Curiosorum Exhibentia Ephemerides sive Observationes Historias et Experimenta, Band 12, Teil 1, S. 126 veröffentlicht.[12] Weitere Synonyme von Helosciadium repens (Jacq.) W.D.J.Koch sind: Apium repens (Jacq.) Lag., Apium nodiflorum subsp. repens (Jacq.) Thell.[4][5][9]

Nutzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Trotz der gefährdeten natürlichen Vorkommen wird aus Gärtnereien stammender Kriechender Sellerie im Handel angeboten.[13] Er kann wie Petersilie oder Blattsellerie zum Würzen oder als Tee-Aufguss verwendet werden.

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g Apium repens (Jacq.) Lag., Kriechender Sellerie. auf FloraWeb.de, abgerufen am 9. April 2015. aber dort als Helosciadium repens (Jacq.) W. D. J. Koch, Kriechender Sumpfschirm. auf FloraWeb.de, abgerufen am 10. April 2015.
  2. Kriechender Sumpfsellerie (Helosciadium repens) - Datenblatt bei Thomas Meyer: Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben).
  3. Bayerisches Landesamt für Umwelt: NATURA 2000 in Bayern – Managementpläne, 7837-371: Ebersberger und Großhaager Forst, Fachgrundlagen - PDF
  4. a b c Ralf Hand: Helosciadium repens (Jacq.) W. D. J. Koch. In: The Euro+Med Plantbase – the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity. Botanic Garden and Botanical Museum Berlin-Dahlem, Januar 2011, abgerufen am 10. Mai 2018 (englisch).
  5. a b Lars Fröberg: Flora Nordica: Helosciadium - Datenblatt. (Memento des Originals vom 21. Dezember 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.floranordica.org
  6. a b Merkblatt Artenschutz Oktober 1999, PDF bei InfoFlora.ch.
  7. a b c ffh-anhang4.bfn.de.
  8. a b Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 708.
  9. a b c Helosciadium repens im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Abgerufen am 10. Mai 2018.
  10. Datenblatt bei Flora Vascular.
  11. a b Apium repens (Jacq.) Lag. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 29. Januar 2024.
  12. Helosciadium repens bei Tropicos.org. Missouri Botanical Garden, St. Louis, abgerufen am 11. April 2015.
  13. Karin Greiner (Stand: 27. Juni 2014): Beitrag "Schützenswerte Bayern-Flora" auf radio/bayern1/br.de (Memento vom 14. April 2015 im Internet Archive)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Kriechender Sellerie (Helosciadium repens) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien