Azo von Iberien

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Azo von Iberien (auch: Azoy, Azon, georgisch აზო; აზოჲ; აზონი) war ein antiker Herrscher in Iberien, dem späteren Kartlien. Mittelalterliche georgische Annalen behaupten, dass er von Alexander dem Großen eingesetzt worden war.

Mittelalterliche Tradition

Die mittelalterlichen georgischen Chroniken bieten unterschiedliche Angaben. Während die Bekehrung Kartlis (მოქცევაჲ ქართლისაჲ, mɔkʰtsɛvɑj kʰɑrtʰlɪsɑj) ihn unter dem Namen Azo(y) kennt und ihn zum Spross einer alten Dynastie in Arian-Kartli (არიან-ქართლი) macht, bezeichnet ihn die georgische Chronik Das Leben Kartlis (ქართლის ცხოვრება) als Azon und als einen makedonischen Außenseiter. Beide Namen bezeichnet unzweifelhaft dieselbe Person und beide Quellen verbinden seine Machtergreifung mit der mythischen Expedition Alexanders ins innere Georgien.[1]

Laut der Mochtsevai Kartlisai war Azo der Sohn eines namenlosen Königs von Arian-Kartli, der zusammen mit seinen Anhängern von Alexander nach der Eroberung der Stadt Mzcheta nach Kartli gebracht wurde und als der erste König (mep'e, მეფე) eingesetzt wurde. Gleichzeitig brachte er die Verehrung von Gatsi und Gaim (გაცი გაიმ) nach Kartli.

Kartlis Zchowreba sagt nichts über eine solche Tradition. Im Gegenteil beschreibt es Azon als einen Sohn von Iaredos, weder ein König noch ein „Georgier“. Es berichtet, dass er Mtskheta mit 100.000 Makedonen („Römern“) erobert habe, und Alexander habe Azon befohlen, die sieben Himmelskörper (Sonne, Mond und fünf „Sterne“ = Planeten) zu verehren und den „unsichtbaren Gott, den Schöpfer des Universums“. Diese Version beschreibt Azon als Tyrannen, der daraufhin abgesetzt und von Parnawas I. getötet wird. Parnawas wird dabei als Mitglied des Herrscher-Clans der Parnawasiden gezeichnet, dessen Vater und Onkel von Azon getötet worden waren.[2][1]

Moderne Interpretationen

Die Identifikation von Azo/Azon ist eines der schwierigsten Rätsel der frühen georgischen Geschichte. Seine Herrschaftszeit wurde von dem georgischen Gelehrten Sergi Gorgaje auf 330–272 v. Chr. datiert, dieser Chronologie fehlt jedoch die Präzision.[3]

Trotz der Differenzen bestätigen die Übereinstimmungen der beiden mittelalterlichen Traditionen, dass in Mzcheta in der frühen hellenistischen Periode ein Königtum entstand, was auch durch außer-georgische Quellen bezeugt wird.[3] Der legendarische Feldzug von Alexander nach Iberien hat sich auch in der armenischen historischen Tradition erhalten, besonders in der Geschichte Armeniens (Պատմություն Հայոց, Patmut'yun Hayots) von Moses von Choren (ca. 5. Jh.). Moses beschreibt einen „Mithridates, Satrap von Darius“, welcher mit Mithridates I. (Pontos) identifiziert werden kann, und der von Alexander eingesetzt wurde um über die Georgier zu herrschen. Giorgi Melikishvili (გიორგი მელიქიშვილი) hat verschiedene Parallelen zwischen den Geschichten von Azon in den georgischen Chroniken und dem Mithridates der armenischen Tradition gezogen.[4]

Mehrere moderne Gelehrte glauben, dass die Geschichte von Azo indirekt darauf hinweist, dass die frühen georgischen Stämme nach Nordwesten wanderten und es zu Vermischungen mit den anatolischen Elementen und Stämmen kam, die im eigentlichen Kartli ansässig waren.[5] Andererseits könnte die Version des Kartlis Zchowreba, die Azons Entourage anachronistisch als „Römer“ bezeichnet, auch ebenso gut Bezüge zu den römischen Feldzügen in Iberien haben, besonders zu den Kampagnen der Flavier (69–96 n. Chr.), welche überraschenderweise von den georgischen Annalen komplett verschwiegen werden.[4][6]

Einige moderne Historiker haben auch versucht, Azon mit dem Jason der Argonautensage in Verbindung zu bringen.[7] Nach dem römischen Historiker Tacitus beanspruchten die Iberier thessalischen Ursprung, der zurückging auf die Zeit als Jason, nachdem er mit Medea und ihren Kindern geflohen war, zum lehren Palast von Aietes und den königslosen Kolchern zurückkehrte.[8]

Literatur

  • Stephen H. Rapp: Studies In Medieval Georgian Historiography: Early Texts And Eurasian Contexts. Peeters Bvba 2003. ISBN 90-429-1318-5.

Einzelnachweise

  1. a b Rapp: 270.
  2. Rapp: 269.
  3. a b Rapp: 273.
  4. a b Giorgi L. Kavtaradze: Georgian Chronicles and the raison d'étre of the Iberian Kingdom (Caucasica II). Orbis Terrarum, Journal of Historical Geography of the Ancient World 6, 2000: 177-237.
  5. Cyril Toumanoff: Studies in Christian Caucasian History. Georgetown University Press 1963: 89.
  6. Constantine B. Lerner: The 'River of Paradise' and the Legend about the City of Tbilisi: A Literary Source of the Legend. In: Folklore. Band 16, 2001, ISSN 1406-0957, S. 76, doi:10.7592/FEJF2001.16.tbilisi (englisch, PDF).
  7. Rapp: 269-270.
  8. Michael Grant: The Annals of Imperial Rome. Penguin Classics 1973: 217. ISBN 0-14-044060-7