Benutzer:3mnaPashkan/Karol Sidor

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Karol Sidor 1938

Karol Sidor (* 16. Juli 1901 in Ružomberok; † 20. Oktober 1953 in Montreal) war ein tschechoslowakischer beziehungsweise slowakischer Publizist, Autor und Politiker, Großneffe[1] und enger Mitarbeiter Andrej Hlinkas und Vertreter des radikalen polonophilen Flügels der Slowakischen Volkspartei.[2]

Ab Oktober 1938 war er Minister für slowakische Angelegenheiten und Vizeministerpräsident der tschechoslowakischen Zentralregierung in Prag. Außerdem wurde er am 6. Oktober 1938 auf Lebenszeit zum ersten Oberbefehlshaber der Hlinka-Garde ernannt. Im März 1939 war er nach der Absetzung Jozef Tisos für einige Tage Ministerpräsident des autonomen Landes Slowakei.

Nach der slowakischen Unabhängigkeit fungierte Sidor kurz als Innenminister, dann als Gesandter der Ersten Slowakischen Republik beim Vatikan.[3] Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er eine der führenden politischen Persönlichkeiten der Exilslowaken.

Ausbildung und Werdegang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sidor besuchte die Volksschule in Ružomberok und danach das piarchistische Gymnasium. Als Junge wurde er ein Bewunderer des örtlichen Pfarrers Andrej Hlinka und war auch einer seiner Ministranten. Als 18-Jähriger Student organisierte Sidor im Jahr 1919 als Protest gegen die Verhaftung Hlinkas in Böhmen einen Studentenstreik.[4]

Als Strafe wurde er aus dem von allen Mittelschulen ausgeschlossen. Er begann ein Studium an der Karls-Universität in Prag, das er aber um der großen Politik und des Journalismus Willen nicht beendete. Schon im Januar 1920 begann Sidor im vollen Maße als Redakteur der Parteizeitung der Slowakischen Volkspartei "Slovák" zu arbeiten.[4]

Er war beteiligt an der Entstehung der Organisation "Orol" (dt. Adler), arbeitete in der Studentenbewegung, im Verein Slowakischer Künstler, in der Gemeinschaft des Slowakischen Nationaltheaters, in der Gemeinschaft des Heilgen Vojtech und im organisatorischen und administrativen Aparat der HSĽS. 1935 wurde Sidor Abgeordneter der HSĽS in Prag.[4]

Politiker der slowakischen Autonomiebewegung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den 1930er Jahren erhielt Sidor, der sich vorallem auf die jüngere Generation der Partei stützen konnte, nach und nach den mehrheitlichen Rückhalt in der Partei. Zurückzuführen ist das vorallem darauf, dass Sidor politisch radikaler agierte wie sein innerparteilicher Konkurrent Jozef Tiso und Kompromisse ablehnte. Einer Regierungsbeteiligung der Slowakischen Volkspartei setzte Sidor die Erfüllung des Pittsburgher Abkommens voraus, in dem den Slowaken eine weitreichende Autonomie innerhalb der Tschechoslowakei zugesichert worden war. Sidor lehnte eine "Kabitnettspolitik" ab und verließ sich auf einen eindeutigen und geduldig bestrittenen politischen Kurs.[4]

Es gelang ihm, um sich Leute zu scharen die ihn als den natürlichen Führer der Partei ansahen. Außenpolitisch trat Sidor immer wieder für eine enge Anbindung an Polen bzw. nach einer eventuellen slowakischen Unabhänigkeit, für eine polnisch-slowakische Konföderation ein.[5] Bei diesen Bestrebungen wurde Sidor von führenden polnischen Politikern unterstützt.[6]

Zum großen Konflikt mit Tiso kam es 1935, als Tomáš Garrigue Masaryk als Staatspräsident der Tschechoslowakei zurücktrat Stimmen der Slowakischen Volkspartei über den neuen Präsidenten entschieden. Sidor favorisierte den Kandidaten der Agrarier Bohumil Němec, weil er es für einen strategischen Vorteil für die slowakische Autonomie hielt, den Tschechoslowakisten Edvard Beneš loszuwerden. Tiso wiederum unterstützte Beneš. Tisos Linie setzte sich am Ende durch und Beneš wurde Staatspräsident. Als Protest gegen die Unterstützung Benešs' durch seine Partei legte Sidor sein parlamentarisches Mandat nieder.[7]

Am Parteitag der HSĽS 1936 konnte Sidor der Mehrheit der Partei für sich und seinen Antiregierungskurs gewinnen, da Beneš auch nach seiner Wahl zum Staatspräsidenten nicht bereit, vom Tschechoslowakismus als Staatsdoktrin abzulassen. Sidor setzte beim Parteiprogramm durch, dass die HSĽS sich nicht wider an einer Regierung beteiligt, bevor der Slowakei die im Pittsburger Abkommen zugesicherte Autonomie gewährt wurden. Nach diesem Parteitag favorisierte Andrej Hlinka definitiv Sidor in der Nachfolgefrage der Partei.

Um Sidor die Nachfolge zu sichern, erstellte Hlinka im Jahr 1937 ein Testament, in dem er Sidor Anteile an der Gesellschaft "Andrej" vermachte, deren 100prozentiger Inhaber er war. Diese Gesellschaft besaß die Druckerreien und Presseorgane der Partei. Nach Hlinkas Tod im August 1938 war Jozef Tiso zwar formal Parteichef, die eigentliche Macht lag aber in den Händen Sidors. Nach der ersten Parteisitzung nach Hlinkas Tod entstand eine stürmische Debatte, in der mehrere Parteimitglieder die Authenzität von Hlinkas Testament in Frage stellten. Die Parteiführung nahm dann den Vorschlag Sidors an, die Funktion des Parteivorsitzenden aus Achtung vor Hlinka für ein Jahr unbesetz zu lassen.

Im September 1938 forderten Präsident Beneš und die tschechoslowakische Zentralregierung die Slowakische Volkspartei Hlinkas erneut intensiv zu Verhandlungen auf, um den Nationalitätenkonflikt im Land zu entschärfen. Daraufhin entsandte die Volkspartei ein Delegation bestehend aus Jozef Tiso, Martin Sokol und Karol Sidor. Doch da die tschechischen Parteien und auch Präsident Beneš weiter nicht bereit waren, den Slowaken mehr als eine bescheidene Kulturautonomie mit nur sehr geringen Kompetenzen für den slowakischen Landtag in Bratislava einzugestehen, scheiterten die Verhandlungen erneut.[8]

Nach dem Abkommen von Žilina vom 6. októbra 1938 über die Autonomie der Slowakei wurde Jozef Tiso Ministerpräsident. Karol Sidor lehnte diese Funktion wie auch die Beteiligung an der autonomen Regierung ab und wurde Vorsitzender der Zentralen Nationalausschusses, der die Aktivität der lokalen und städtischen Nationalausschüsse leitete und koordinierte. Diese hatten die Möglichkeit, die Ausführung der Entscheidungen der Bezirks- oder Stadtämter zu beenden oder zu unterbinden. Keine Entscheidung durfte ohne Verhandlungen mit dem Nationalausschuss angenommen werden. Sidor schuf sich so eine eigene parallele Machstruktur, die aber legal agierte. Außerdem wurde Sidor Vizevorsitzender der Zentralregierung und somit einziger Vertreter der Slowaken in Prag. Es war absehbar, das der Kampf um die Nachfolge Hlinkas bald entschieden werden würde.

Am 1. Dezember 1938 wurde Sidor Staatsminister und Vizevorsitzender der Zentralregierung in Prag und Vertrag gemeinsam mit Jozef Sivák die autonome Slowakei im Abgeordnetenhaus.[9] Außerdem war er Oberbefehlshaber der von ihm gegründeten paramilitärischen Hlinka-Garde.[10] Zu Beginn des Jahres 1939 unterbreitete Sidor den Vorschlag, diejenigen tschechischen Staatsangestellten, die weiterhin in der Slowakei blieben, von der Prager Regierung bezahlen zu lassen, womit die Slowakei 400 Millionen Kronen einsparen würde. Damit verfolgte er auch die Absicht, einen Beitrag zur Konsolidierung der Verhältnisse zu leisten und der und der Forderung "nach Entfernung aller Tschechen aus slowakischen Ämtern" zu entschärfen.[11][7]

Oberbefehlshaber der Hlinka-Garde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 7. Oktober 1938 wurde von Karol Murgaš und Ján Dafčík in Bratislava offiziel die Hlinka-Garde gegründet. Der in der Bevölkerung beliebte Sidor wurde auf Lebenszeit zu deren Oberbefehlshaber. Die Garde galt Sidor insbesondere als persönliches Machtinstrument gegenüber seinem größten innerparteilichen Rivalen Jozef Tiso, der nach Hlinkas Tod formal die Führung der Partei übernahm.[12]

Dies wurde auch von Tiso erkannt, der die Hlinka-Garde bereits am 13. Oktober 1938 als „Sidors Schlägerorganisation“ kritisierte und forderte, dass sie als „Nebenregierung des Herrn Sidor“ aufgelöst wird.[13] Unter der Führung Sidors wurde die Hlinka-Garde zu einer der wichtigsten Stützen der Ludaken bei der Errichtung eines autoritären Einparteienregimes.[14]

Nachdem Sidor auf Druck der Nazis am 14. März 1939 aus der großen Politik ausschied, übernahm sein bisheriger Stellvertreter Alexander Mach den Oberbefehl über die Garde.

Ministerpräsident der Slowakei während der Märzkise 1939[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im März 1939 verkomlizierte sich die Situation in der Slowakei, als sich die Zentralregierung in Prag - ohne Sidors Wissen, aber mit Wissen der Deutschen - entschied, am 9. März die Slowakei militärisch zu besetzen und Tisos autonome Regierung aufzulösen. Die Tschechen tappten so in die Falle der Deutschen, die die militärische Besetzung der Slowakei durch tschechische Gendarmerie und Soldaten als Vorwand für die Zerschlagung der Tschecho-Slowakei ausnützen wollten. Am ersten Jahrestag des Anschlusses Österreichs am 12. März 1939 war die deutsche Führung bereit, die Slowaken zur Ausrufung der Unabhängigkeit zu zwingen und nachträglich Tschechien zu besetzen.[7]

Doch Sidor reiste sofort nach der militärischen Besetzung der Slowakei nach Bratislava und begann zu handeln. Nach einer Einschätzung der Situation legte er am 10. März Präsident Hácha ein Ulitmatum vor, nachdem er sofort seine Demission von der Zentralregierung einreichen werde, falls die militärischen Einheiten in der Slowakei nicht seinem Oberbefehl unterstellt werden. Außerdem gab er Hácha bekannt, dass er die Auflösung der autonomen slowakischen Regierung für verfassungswidrig hält. Sidor verhandelte im Laufe eines Tages mit dem Kommando der tschechischen Okupationseinheiten in der Position des Vizevorsitzenden der Zentralregierung.[7]

Am Abend hatte Sidor die Lage bereits derart unter Kontrolle, dass Tiso persönlich vorschlug, dass Sidor neuer Ministerpräsident der autonomen Slowakei wird. Um Mitternacht trat Sidor im bratislaver Rundfunk mit einer Rede auf, in der er über seine Forderungen gegenüber Staatspräsident Hacha informierte und gab bekannt, dass er die Situation in der Slowakei unter seine Kontrolle fällt.[15] Bis zum Mittag es 11. März war die Slowakei bereits vollständig unter Sidors Kontrolle. Innerhalb von 24 Stunden gelang es ihm, die Initiative zu ergreifen, Unruhen zu verhinderun und die Situation zu konsolidieren. Am Abend des 11. März ernannte Präsident Hácha die neue slowakische Regierung mit Karol Sidor an der Spitze.[16][7]

Die deutsche Führung war von der Situation schockiert. Ihr Szenario, in der Slowakei eine Anarchie zu provozieren, ging nicht auf. Den gesamten 11. März über versuchten die Deutschen Sidor zu überzeugen, die Unabhänigkeit der Slowakei auszurufen.[17] Vor Petržalke an der Donau, entlang der die Grenze zum Deutschen Reich verlief, standen zwei deutsche Panzerdivisionen bereit, die aus Sidors Kanzlei zu sehen waren.[7]

Die Vertreter des prodeutsch eingestellten radikalen Flügels der Slowakischen Volkspartei übten Druck auf Sidor aus, die Unabhänigkeit auszurufen, da die Slowakei sich militärisch gegen das Deutsche Reich nicht verteidigen kann. Sidor saß auf einem Sessel und rauchte ruhig Zigaretten. Er schätzte die Situation richtig ein und wusste, dass die Deutschen für ein militärisches Eingreifen eine Bitte der slowakischen Seite brauchten, und diese war Sidor nicht bereit an die Deutschen zu richten.[7] Auf die dauernden Ersuchen der deutschen Botschafter erwiderte Sidor:

Ich werde es nicht auf mich nehmen, dass mich das ganze Volk verflucht, dass ich ihnen das deutsche Joch auferlegt habe![7]

Die anderen versuchte Sidor zu mit den Worten zu beruhigen, dass wenn die Deutschen es beabsichtigen würden in der Slowakei einzumarschieren, hätten sie dies auch ohne formale Bitte der Slowaken längst getan. In der Nacht änderte die deutsche Führung die Taktik und Hilter entsandte eine Delegation zu Sidor und Tiso nach Bratislava, die aus dem Reichsstatthalter der Ostmark Arthur Seyß-Inquart, dem Gauleiter von Nieder-Donau Josef Bürckel, dem Staatssekräter des Auswärtigen Amtes Wilhelm Keppler und fünf deutsche Generäle bestand.[18][7] Nach einer kurzen Zeit bat Bürckel Sidor um ein Gespräch unter vier Augen und forderte ihn auf:

Sie sollen jetzt Unabhängigkeit der Slowakei ausrufen. Falls sie Angst haben, es hier in Bratislava zu tun, kommen Sie mit uns nach Wien. Wir betrachten Sie als den Führer der Slowakei und was der Führer der Slowakei befiehlt, muss jeder annehmen, die Partei wie auch der Landtag, weil dies der Wille des Führers ist![7]

Doch Sidor lehnte genau wie Tiso die Unabhängigkeitserklärung ab.[19] Hitlers Emissare verließen danach den Raum. Während dieses nächtlichen Gesprächs sendete der Rundfunk in Wien slowakische Lieder und machte ununterbrochen die Zuhörer daruf aufmerksam, dass noch eine wichtige Meldung die Slowakei betreffend zu erwarten sei. Doch die Meldung kam nicht.[7]

Am 13. März versuchten die deutschen Agenten in Bratislava eine Terrorwelle heraufzubeschwören. Im Zentrum der Stadt explodierte eine Bombe. Es wurden deutsche Agenten festgenommen, die auch vor Sidors Haus eine Bombe plaziert hatten. Sidor gelang es erneut, die Situation unter Kontrolle zu bringen. Allerdings war mittlerweile Jozef Tiso auf Einladung Hitlers zu Verhandlungen nach Berlin geflogen. Am nächsten Tag berief der tschechoslowakische Präsident Hácha auf ersuchen Tisos den slowakischen Landtag ein. Es war absehbar, dass das einzige Thema dieser Sondersitzung die Verhandlungen zur slowakischen Unabhängigkeit sein werden.[7]

Am Beginn der Sitzung trat Sidor als Regierungschef der Slowakei auf und erklärte, dass er in Anbetracht der internationalen Situation seinen Rücktritt einreicht und beauftragte Jozef Tiso mit der neuen Regierungsbildung.[20] Nach der nachfolgenden Erklärung Tisos über sein Treffen mit Hitler war klar, das es nur schlecht Möglichkeiten gab: die Ausrufung eines unabhängigen Staates unter deutschem "Schutz", oder eine Aufteilung der Slowakei zwischen Deutschland, Ungarn und Polen. Der slowakische Landtag entschied sich darufhin für das kleinere Übel.[7]

Karol Sidor erhielt zunächst das Innenministerium im neuen Staat, legte aber schon am nächsten Tag seinen Rücktritt ein, da die deutsche Führung ihm misstraute und er die slowakische Regierung mit seiner Anwesenheit nicht belasten wollte. Am 14. März 1939 verabschiedete sich Sidor aus der großen Politik. Er ging nun als 37-jähriger, am Gipfel seiner Macht und Popularität angelangt. Er war nicht bereit, diese "kleinere Übel" anzuerkennen. Er war nicht bereit, ein Vasalle der Deutschen zu werden. Im Gegensatz zu Tiso glaubte er nicht daran, dass "das" mit den Deutschen "regeln" lässt.[7]

Gesandter der Slowakei im Vatikan[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sidor künpfte von Beginn seines Vatikansaufenthaltes an enge Kontakte zum polnischen Vatikangesandten Kazimierz Papée sowie der italienischen antifaschistischen Opposition um Aleide De Gasperi und Guido Gonella. Ab 1943 suchte er intensiv nach Möglichkeiten, um zu den westlichen Allierten Zugang zu gewinnen.[21]

Dadurch wollte er zu verhindern, dass eine unitaristische Tschechoslowakei unter Benes erneuert werden würde und unter sowjetischen Einfluß fiele. Gemeinsam mit seinen Anhängern in der Slowakei plante er, im geeigneten Augenblick einen politischen Umsturz durchzuführen und eine neue, für die westlichen Allierten annehmbare Koallitionsregierung zu bilden.[21]

Außenpolitisch überlegte Sidor verschiedene katholische deffinierte lockere Konföderations- und Allianzpläne. Damit wollte Sidor die Eingliederung der Slowakei in den sowjetischen Block verhindern und zumindest auf Umwegen die nationale Staatlichkeit retten. Bei seinen Zukunftsplänen stützte er sich vorallem auf den Vatikan.[21] So schrieb er an Bischof Cársky:

„Unsere politische Position beim Heiligen Stuhl ist gut und kann zum erfolgreichen Ausgangspunkt für künftige Aktionen für eine sichere Zukunft der slowakischen Nation und ihres Staates werden. Die Slowaken können nur durch den Katholizismus weltbekannt und nur in Verbindung mit dem Vatikan groß werden, wie all das groß ist, was in ihnen tiefer ist als in anderen Völkern: der Glaube an Gott und Ergebenheit seinem Vertreter auf Erden.[21]

Eine weitere Stütze sah der traditionell polonophile Sidor in der polnischen Politik.[22] Sidor erklärte in einem Brief an seinen Freund und Gesinnungsgenossen Peter Prídavos, der gleichzeitig der Begründer des Slowakischen Nationalrates in London war, seine Position:

„Das weitere Schicksal unserer Slowakei nach dem Kriege wird in vieler Hinsicht davon abhängen, 1. ob es gelingen wird, das Interesse Polens an diesem Gebiet zu wecken, und 2. ob die Polen genügend Kraft haben werden, ihren Willen auch geltend zu machen.[22]

Sidor nahm an, dass auch zahlreichen und gut organisierten slowakischen Auswanderer in den USA zugunsten ihres Ursprungslandes wirksam eintreten könnten, überschätzte allerdings bei weitem die Möglichkeiten der amerikanisch-slowakischen Minderheit.[22]

Politischer Führer der Exilslowaken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Oktober 1948 vereinigte Sidor demokratische slowakische Kräfte im Ausland zum Slowakischen Nationalrat und wurde dessen Vorsitzender. Anfang 1950 emigrierte er nach Kanada und war bis zu seinem Tod in der Politik eine der führenden slowakischen Persönlichkeiten auf dem amerikanischen Kontinent.[23]

Politisch polarisierten die Exil-Slowaken nach dem Krieg vorallem auf die zwei Hauptlager um Karol Sidor und Ferdinand Ďurčanský. Ďurčanský und seine Anhänger im "Slowakischen Aktionsausschuss" gingen von einem rechtlichen Fortbestand der Ersten Slowakischen Republik aus. Sidors Anhängerschaft, organisiert im Slowakischen Nationalrat im Ausland (slowakisch: Slovenská národná rada v zahraničí, kurz SNRvZ) - darunter vorallem ehemalige Diplomaten der Slowakei in neutralen Staaten - schätzte die Lage besser ein und war realistischer.[24]

Sie glaubten nicht an eine Kontinuität des Slowakischen Staates, da dieser bereits 1941 bis 1942 von den meisten Allierten nicht mehr anerkannt wurde. Sidor war im Unterschied zu Ďurčanský davon überzeugt, dass die Nachkriegsordung noch Jahrzehnte andauern könne und dass der slowakische Widerstand im Außland die demokratisch-westliche Welt auf die Situation der Slowaken im kommunistischen Regime aufmerksam machen müsse.[24]

Zu Jahresbeginn 1952 erkrankte Sidor schwer, ließ aber von seiner intensiven politischen Tätigkeit nicht ab. Er pflegte schriftliche und persönliche Kontakte mit hunderten Exilslowaken weltweit, sowie auch mit Exilpolitikern anderer mitteleuropäischen Länder. Am 20. Oktober 1953 erlag Sidor seiner Krankheit und starb. Das großorganisierte Begräbnis folgte am 24. Oktober 1953.[25]

Beurteilung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Münchner Abkommen im September 1939 hatte sich Sidor auf einen Seperationskurs festgelegt und konnte somit zum radikalen Flügel der Slowakischen Volkspartei gezählt werden. Am 11. Oktober 1938 erklärte Sidor in einem Interview, er habe schon 1921 in die Zeitung Slovák geschrieben:

"Wir Jungen wollen in der Slowakei einen Gott, eine Nation, eine Kirche, eine Partei und das werden wir auch erreichen!"[26]

Noch im Februar 1939 hatten die Nationalsozialisten Bürckel und Seyß-Inquart in ihm den für die deutsche Zielsetzung geeignetsten Mann gesehen. Ihnen entging aber, dass Sidor eine Anlehnung an Polen befürwortete. Dadurch entfernte er sich von den germanophilen Radikalen um Vojtech Tuka und Alexander Mach, stand aber gleichzeitig im Gegensatz zu Jozef Tiso.[27]

Der slowakische Historiker Martin Lacko wertet positiv Sidors journalistische und literarische Errungenschaften im Kampf umd die slowakische Autonomie innerhalb der Tschechoslowakei. Lacko kritisiert jedoch Sidors „Naivität bei seiner propolnischen Einstellung“, sowie auch die Tatsache, dass Sidor als Oberbefehlshaber der Hlinka-Garde nicht gegen Gardisten vorgegangen ist, die auf eigene Initiative Progrome gegen Tschechen und Juden verübt haben.[28]

Der slowakische Historiker Róbert Letz wiederum spricht Sidor zugute, dass er im Kampf um die Autonomie der Slowakei religiös-konfessionale Grenzen überschritt und versuchte Katholiken wie Evangeliken im „autonomistischen Kampf“ zu einen. Gleichzeitig kritisiert Letz Sidors hang zu autoritären konservativen Systemen, die aus der christlichen Morallehre abgeleitet wurden.[28]

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Kliatba nenarodených (1922), literárny debut, zbierka noviel so sociálnou tematikou
  • Kysuca (1925), historická povesť
  • Slováci v zahraničnom odboji (1928)
  • Andrej Hlinka 1864–1926 (1934)
  • Sedem týždňov (1935)
  • Masakra v Černovej
  • Slovenská politika na pôde pražského snemu 1918 – 1938
  • Ako vznikal Slovenský štát
  • Šesť rokov vo Vatikáne (1947)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ľubica Kázmerová, Milan Katuninec: Dilemy Karola Sidora, Kalligram, Bratislava 2006,
  • Peter Sokolovič: Hlinkova garda 1938-1945, Ústav pamäti národa, Bratislava 2006

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

<references>

  1. Dokumente zur Autonomiepolitik der Slowakischen Volkspartei Hlinkas - Von Gerhard Ames,Jörg Konrad Hoensch, Seite 24 (online)
  2. Studia Slovaca: Studien zur Geschichte der Slowaken und der Slowakei - Von Jörg Konrad Hoensch, Seite 211 (online)
  3. Edmund Veesenmayer - von Igor-Philip Matić, Seite 63 (online)
  4. a b c d www.cernova.sk (online) (slowakisch)
  5. Studia Slovaca: Studien zur Geschichte der Slowaken und der Slowakei - Von Jörg Konrad Hoensch, Seite 214 (online)
  6. Studia Slovaca: Studien zur Geschichte der Slowaken und der Slowakei - Von Jörg Konrad Hoensch, Seite 212 (online)
  7. a b c d e f g h i j k l m n www.inzine.sk, Karol Sidor: Muž, ktorý povedal Hitlerovi NIE - von Milan Krajniak und Koláž Slávka Stankovičová am 26.7.2002 (online) (slowakisch)
  8. Karol Sidor: Denníky 1930-1939, Ústav pamäti národa, 2010, S. 11, ISBN 978-80-89335-23-7
  9. Studia Slovaca: Studien zur Geschichte der Slowaken und der Slowakei - Von Jörg Konrad Hoensch, Seite 148 (online)
  10. www.cernova.sk (online) (slowakisch)
  11. Heimat und Exil: Emigration und Rückwanderung, Vertreibung und Integration - Von Peter Heumos, Seite 127 (online)
  12. Peter Sokolovič: Hlinkova garda 1938–1945. [Die Hlinka-Garde 1938–1945.] Ústav pamäti národa, Bratislava 2009, S. 55-56
  13. Peter Sokolovič: Hlinkova garda 1938–1945. [Die Hlinka-Garde 1938–1945.] Ústav pamäti národa, Bratislava 2009, S. 58
  14. Peter Sokolovič: Hlinkova garda 1938–1945. [Die Hlinka-Garde 1938–1945.] Ústav pamäti národa, Bratislava 2009, S. 57
  15. Edmund Veesenmayer - Von Igor-Philip Matić, Seite 71 (online)
  16. Der Zerfall der Tschechoslowakischen Föderativen Republik - Von Michal Broska, Seite 36 (online)
  17. Studien zur Geschichte der Slowaken und der Slowakei - Von Jörg Konrad Hoensch, Seite 225 (online)
  18. Pit Pietersen: Kriegsverbrechen der alliierten Siegermächte: terroristische Bombenangriffe auf Deutschland und Europa 1939-1945, BoD – Books on Demand, 2006, S. 260
  19. Der Zerfall der Tschechoslowakischen Föderativen Republik - Von Michal Broska, Seite 36 (online)
  20. Der Zerfall der Tschechoslowakischen Föderativen Republik - Von Michal Broska, Seite 37 (online)
  21. a b c d Nation, Nationalitäten und Nationalismus im östlichen Europa - Von Marija Wakounig, Wolfgang Mueller, Michael Portmann, S. 559 (online)
  22. a b c Nation, Nationalitäten und Nationalismus im östlichen Europa - Von Marija Wakounig, Wolfgang Mueller, Michael Portmann, S. 560 (online)
  23. www.swaton.sk (online) (slowakisch)
  24. a b Karol Sidor auf www.kutura-fb.sk, von Róbert Schmidt, abgerufen am 13. Juli 2011 (slowakisch)
  25. Karol Sidor: Denníky 1930-1939, Ústav pamäti národa, 2010, S. 17-18, ISBN 978-80-89335-23-7
  26. Heimat und Exil: Emigration und Rückwanderung, Vertreibung und Integration - Von Peter Heumos, Seite 119 (online)
  27. Edmund Veesenmayer - Von Igor-Philip Matić, Seite 71 (online)
  28. a b [http://www.postoy.sk/tri_pohlady_na_karola_sidora NÁZOR: Tri pohľady na Karola Sidora, Abgerufen am 31. Oktober 2011 15:15