Benutzer:BaneshN./Proteste an der Grenze von Gaza, 2018

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Proteste an der Grenze von Gaza, 2018[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gazastreifen und Zahlen palästinensischer Opfer der Proteste, inzwischen veralteter Stand vom 31. Mai 2018

Am 30. März 2018 begannen Proteste in der Nähe der Sperranlage, die gemäß der UN-Menschenrechtskommission von Ahmed Artema auf Facebook als friedliche Demonstrationen initiiert wurden.[1] Fünf Zeltlager wurden für diese Zeit errichtet. Am ersten Tag dem Marsch der Rückkehrer nahmen ca. 30.000 Palästinenser teil. Der zweite große Protest fand am 6. April 2018 als Tag des Reifens mit ca. 20.000 Teilnehmern statt.[2] Größere Proteste mit zunächst mehr als 10.000 Teilnehmern gab es an den folgenden Freitagen.[3]

Opferzahlen

Der Bericht der UN-Menschenrechtskommission gibt 189 Todesopfer auf palästinensischer Seite an, nahezu alle durch scharfe Munition getötet, darunter 35 Kinder, 2 Journalisten und 3 Mitarbeiter des Gesundheitswesens[4], wobei der Fall der 21-jährigen Rettungshelferin Rouzan al-Najjar ein weltweites Medienecho fand.[5]

6106 Palästinenser wurden durch scharfe Munition verletzt, 1576 durch Fragmente von Geschossen, 438 durch gummiummantelte Metallgeschosse und 1084 durch Tränengasbehälter. Die Verletzungen durch Tränengas eingeschlossen, schätzt der UN-Menschenrechtsrat die Gesamtzahl der Verletzten auf 23313. Unter den Verletzungen waren in 122 Fällen solche, die zu Amputationen führten, darunter bei 22 Kindern. Der UN-Bericht fasst zusammen, dass bei den Demonstrationen an der Grenze zu Gaza 2018 mehr Menschen Gliedmaßen verloren, als im gesamten Gaza-Krieg von 2014. Auf israelischer Seite gab es 4 Verletzte und keine Todesopfer.[6]

Ob der Tod der 8-monatigen Layla Al-Ghandour, der weltweites Entsetzen hervorgerufen hatte, durch Tränengas verursacht worden sei oder ob davon unabhängige gesundheitliche Schäden ihren Tod bewirkt hatten, konnte der Bericht nicht als geklärt bewerten.[7]

Als die jüngsten Opfer der Proteste gibt der Bericht zunächst den 11-jährigen Yasser Abu Naja an, der sich am 29. Juni 2018 mit einem Freund hinter einer Tonne versteckt und provozierende Parolen über den Grenzzaun gerufen habe. Daraufhin sei er von einem Scharfschützen oder einer Scharfschützin der israelischen Armee mit Überschallmunition per Kopfschuss getötet worden. Auf die gleiche Weise, per Kopfschuss, sei am 27. Juli der 11-jährige Majdi al-Satari getötet worden. Die Kommission stellte fest, dass beide Kinder keine Gefahr für die ISF-Scharfschützen auf der anderen Seite des Grenzzaunes darstellten.[8]

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sagte, der Bericht zeige „neue Höhen der Heuchelei und der Lügen“ und sei das Resultat „obsessiven Hasses gegen Israel.“[9]

Resolution ES-10/L.23 der UN-Vollversammlung

Am 13. Juni 2018 erließ UN-Vollversammlung die Resolution ES-10/L.23 mit 120 Stimmen dafür, 8 dagegen, 45 Enthaltungen und 20 Abwesenden. Die UN-Resolution verurteilte den „exzessiven, unverhältnismäßigen und undifferenziert angewendeten Gebrauch von Gewalt durch Israelische Einheiten gegen palästinensische Zivilisten in den besetzten Gebieten, einschließlich Ostjerusalem und insbesondere dem Gazastreifen.“ Unter dem Text „Schutz der palästinensischen zivilen Bevölkerung“ wurde Israel aufgefordert, von Handlungen abzusehen, die den Artikel 4 der Genfer Konventionen missachten.[10]

Die US-amerikanische UN-Botschafterin Nikki R. Haley, die mit den Botschaftern von Israel, Australien, Togo und vier pazifischen Inselstaaten gegen die Resolution gestimmt hatte, erklärte, dass zur gleichen Zeit auch Demonstrationen in Nicaragua, dem Iran und Myanmar stattfinden würden, die UN-Vollervsammlung „ihre wertvolle Zeit aber der Situation in Gaza“ widme und dass es „ein bevorzugter politischer Sport“, sei, Israel anzugreifen. Haley wandte ein, dass die Hamas hunderte von Raketen von Gaza aus auf israelisches Gebiet abgeschossen habe.[11]

Reaktionen

Am 28. Februar 2019 legte der UN-Menschenrechtsrat seinen Untersuchungsbericht zu den Protesten in Gaza und den Reaktionen der israelischen Seite vor. Der Vorsitzende, Santiago Canton, sagte: „Einige der Menschenrechtsverletzungen könnten Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewesen sein, die Israel umgehend untersuchen muss.“[12]

Das Nürnberger Menschenrechtszentrum teilte die Ergebnisse in deutscher Fassung mit: „Die Untersuchungskommission erkennt durchaus an, dass die Verteidigung von israelischen Soldat*innen und Zivilist*innen zum Schutz ihres Lebens ebenso ein legitimes Ziel der Strafverfolgung ist, wie die des Grenzzauns und des israelischen Gebiets gegen Beschädigung und Vandalismus. Allerdings betont die Untersuchungskommission, dass die angeführten Aktivitäten palästinensischer Demonstrant*innen nach dem Paradigma der Strafverfolgung nicht Grund genug für den Einsatz tödlicher Gewalt seien, weil die als 'Schlüsselrandalierer und -anstifter' definierten Personen nur durch das oben genannte Handeln noch keine unmittelbare Lebensbedrohung für ihr Gegenüber darstellten, indem sie weder bewaffnet sein mussten, noch die israelischen Streitkräfte attackierten. Die Untersuchungskommission spricht aus diesen Gründen von einem willkürlichen Lebensentzug durch die zu vagen Definitionen, die den israelischen Streitkräften als Basis für ihren Einsatz tödlicher Gewalt dienten. Dadurch sei nicht nach dem Prinzip gehandelt worden, dass die Anwendung tödlicher Gewalt ausschließlich als tatsächlich letzter Ausweg zur Lebensrettung dienen darf, und dass willkürliches Zielen auf eine Menschenmenge nie erlaubt ist.“[13]

Israels Außenminister Israel Katz nannte den Bericht "feindselig, verlogen und einseitig" und verwies auf Israels Recht zur Selbstverteidigung.[14] Auch der US-Außenminister Mike Pompeo bekräftigte Israels Recht auf Selbstverteidigung.[15]

  1. United Nations Human Rights Council, „Report of the independent international commission of inquiry on the protests in the Occupied Palestinian Territory“, eingesetzt per UN-Resolution S-28/1, pdf, 25. Februar 2019, S. 186 f.: „The Commission has verified that the map in question originated from a post on the Facebook page, 'The Great March of Return', which was setup in January 2018 by the activist, Ahmed Abu Artema (see the above section on the origins of the demonstrations). (...) In these posts, the Commission found no calls for violence or to cause harm to Israeli civilians, and in earlier posts the page consistently called for peaceful assembly. (...) The ISF and other organizations also drew an association between this Facebook post and some social media posts by Palestinians who called for explicit violence once in Israeli villages. The Commission reviewed the separate posts inciting violence, but found that the individuals who made these posts were not affiliated with the Great March of Return organizers.“
  2. Armee: Hamas trägt die Verantwortung In: Israelnetz.de, 9. April 2018, abgerufen am 7. August 2018.
  3. Vier Tote bei Gewalt in Grenzregion In: Israelnetz.de, 20. April 2018, abgerufen am 8. August 2018.
  4. United Nations Human Rights Council, „Report of the independent international commission of inquiry on the protests in the Occupied Palestinian Territory“, eingesetzt per UN-Resolution S-28/1, pdf, 25. Februar 2019, S. 104 f. m. Anm. a; taz, „UN-Rat befürchtet „Kriegsverbrechen“, 28. Februar 2019.
  5. New York Times, „A Woman Dedicated to Saving Lives Loses Hers in Gaza Violence“, 2. Juni 2018; NBC News, „Protests resume after Palestinian paramedic's Gaza funeral“, 1. Juni 2018; The Guardian, „Mother of shot Gaza medic: ‘She thought the white coat would protect her’“, 8. Juni 2018; Times of Israel, „UN official condemns ‘reprehensible’ killing of Gaza medic“, 3. Juni 2018; Le Monde, „Emotion à Gaza à la suite de la mort d’une infirmière, tuée par l’armée israélienne“, 3. Juni 2018; Frankfurter Allgemeine Zeitung, „Trauer um erschossene Sanitäterin“, 3. Juni 2018; Bild (Zeitung), „Palästinensische Sanitäterin bei Protesten erschossen“, 3. Juni 2018; Neue Zürcher Zeitung, „Geraubte Friedenshoffnung in Gaza“, 4. Juni 2018; O Globo, „Disparo de soldados israelenses mata voluntária palestina na Faixa de Gaza“, 1. Juni 2018; Al Jazeera, „Israeli forces 'deliberately killed' Palestinian paramedic Razan“, 18. Juni 2018; Haaretz, „Anonymous Snipers and a Lethal Verdict“, 5. Juni 2018; +972 Magazine, Orly Noy, „In Memory of Razan al-Najjar“, 3. Juni 2018; Middle East Monitor, „Who killed Razan al-Najjar?“, 2. Juni 2018: „The death of the 21-year-old volunteer paramedic sent shockwaves around the world, not least because Razan had become an iconic symbol before she was shot dead.“
  6. United Nations Human Rights Council, „Report of the independent international commission of inquiry on the protests in the Occupied Palestinian Territory“, eingesetzt per UN-Resolution S-28/1, pdf, 25. Februar 2019, S. 104 f. U. S. 163; Neue Zürcher Zeitung, „Die UNO und Israel im Streit über Gaza“, 28. Februar 2019: „Laut der Kommission schossen israelische Scharfschützen am Grenzzaun bis Ende 2018 auf mehr als 6000 unbewaffnete Demonstranten. 189 von ihnen wurden laut diesen Angaben getötet, unter ihnen 35 Minderjährige. Drei seien durch farbige Westen als Sanitäter gekennzeichnet, zwei als Journalisten zu erkennen gewesen. Bei 122 Menschen hätten Gliedmassen amputiert werden müssen. Die Uno-Kommission stellt fest, solange es nicht um legitime Selbstverteidigung gehe, sei es ein Kriegsverbrechen, Zivilisten ins Visier zu nehmen, die nicht an Kampfhandlungen beteiligt seien“;
  7. United Nations Human Rights Council, „Report of the independent international commission of inquiry on the protests in the Occupied Palestinian Territory“, eingesetzt per UN-Resolution S-28/1, pdf, 25. Februar 2019, S. 196 f.: „On 14 May, the death of an 8-month-old baby, Layla Al-Ghandour, prompted global outcry about the ISF’s indiscriminate tactics against demonstrators. Initial reports indicated that Layla had died after inhaling ISF tear gas at the demonstration site east of Gaza City“; Süddeutsche Zeitung, „Es werden noch einige Tote mehr werden“, 16. Mai 2018.
  8. United Nations Human Rights Council, „Report of the independent international commission of inquiry on the protests in the Occupied Palestinian Territory“, eingesetzt per UN-Resolution S-28/1, pdf, 25. Februar 2019, S. 145 f..
  9. Neue Zürcher Zeitung, „Die UNO und Israel im Streit über Gaza“, 28. Februar 2019.
  10. United Nations, Meetings Coverage and Press Releases, 13. Juni 2018: „In an emergency meeting, the General Assembly today adopted a resolution deploring the use of excessive, disproportionate and indiscriminate force by Israeli forces against Palestinian civilians in the Occupied Palestinian Territory, including East Jerusalem, and particularly the Gaza Strip. By the text titled “Protection of the Palestinian civilian population” — adopted by a vote of 120 in favour to 8 against with 45 abstentions — the Assembly demanded that Israel refrain from such actions and fully abide by its legal obligations under the Fourth Geneva Convention relating to the Protection of Civilian Persons in Time of War, of 12 August 1949“; Genfer Konventionen, 12. August 1949, Artikel 4.
  11. United Nations, Meetings Coverage and Press Releases, 13. Juni 2018.
  12. United Nations Human Rights Council, „Report of the independent international commission of inquiry on the protests in the Occupied Palestinian Territory“, eingesetzt per UN-Resolution S-28/1, pdf; Deutsche Welle, „UN-Kommission sieht Anzeichen für 'Kriegsverbrechen' Israels“ 28. Februar 2019; Die Welt, „UN-Kommission sieht Hinweise auf 'Kriegsverbrechen' Israels gegen Palästinenser“; 28. Februar 2019; taz, „UN-Rat befürchtet „Kriegsverbrechen“, 28. Februar 2019: „Einige der Menschenrechtsverletzungen könnten Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewesen sein, die Israel umgehend untersuchen muss“, sagte der Vorsitzende der Untersuchungskommission Santiago Canton“.
  13. Nürnberger Menschenrechtszentrum, „Menschenrechtsverletzungen im israelisch-palästinensichen Konflikt“, 22. Oktober 2019.
  14. Deutsche Welle, „UN-Kommission sieht Anzeichen für 'Kriegsverbrechen' Israels“, 28. Februar 2019.
  15. Armee hält Eindringlinge aus dem Gazastreifen auf In: Israelnetz.de, 30. April 2018, abgerufen am 8. August 2018.