Benutzer:Fg68at/Lesben- und Schwulenpolitik von Bündnis 90/Die Grünen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Bündnis 90/Die Grünen haben seit den 1980er Jahren als erste Partei Lesben- und Schwulenpolitik auf die Tagesordnung des Deutschen Bundestags gesetzt.

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ihr erster offen schwuler lebender Abgeordneter war 1985 Herbert Rusche, der für eineinhalb Jahre als Nachrücker von Joschka Fischer vorgesehen war. Seine Wiederaufstellung scheiterte jedoch aufgrund seiner weitgehenden Bedeutungslosigkeit im hessischen Landesverband. Von 1987–1990 gehörte er der Fraktion Jutta Oesterle-Schwerin an, die sich im Bundestag als Lesbe outete.

1994 folgte Volker Beck. Der Partei-Linke hatte sich bereits 1987 bei der Besetzung des Schwulenreferates der Fraktion gegen Rusche durchgesetzt, obwohl dieser aus dem Realo-Lager Unterstützung hatte. Als symbolischer „Vater“ des Lebenspartnerschaftsgesetzes (auch Homo-Ehe genannt) verkörpert er auch die Gleichstellungspolitik der Grünen. Dafür wird er allerdings von Gruppen wie Differentialisten fundamentalistisch-orientierer Schwulen sowie aus rechtskonservativen Kreisen gleichermaßen angefeindet.

Frühe Erfolge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zulässigkeit der Begriffe „Lesben“ und „Schwule“ im Bundestag[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der erste Erfolg der Lesben- und Schwulenpolitik der Grünen war die Zulässigkeit der Bezeichnungen „Lesben“ und „Schwule“ in den Drucksachen und Tagesordnungen des Deutschen Bundestages, denn diese Begriffe durften im Parlament zunächst nicht benutzt werden, obwohl bekanntermaßen einige Abgeordnete, wie beispielsweise der Vater der Hamburger Ehe Farid Müller und Sibyll Klotz, offen zu ihrer Homosexualität standen. Daraufhin weigerten die Grünen, den Terminus „Homosexuelle“ zu benutzen, und wichen auf die obsoleten Begriffe „Urninge und Urninden“ aus. Schließlich ließ Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth nach jahrelangem Streit auch die Begriffe „Lesben“ und „Schwule“ offiziell zu.

Gleichberechtigung und Antidiskriminierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weitere Hauptprojekte der „grünen“ Lesben- und Schwulenpolitik waren ursprünglich die Entkriminalisierung männlicher Homosexualität durch Abschaffung des § 175 StGB, die erst 1994 erfolgte, sowie die Thematisierung von HIV und Aids. Ende der 80er Jahre kamen unter Einfluss des Bundestagsfraktionsschwulenreferenten Volker Beck das Antidiskriminierungsgesetz, die Formulierung einer Lebensformenpolitik und die Öffnung der bürgerlichen Ehe für Lesben und Schwule hinzu.

Europa-Ebene[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Europäischen Union hat Claudia Roth dem Europäischen Parlament erstmals einen Bericht zur Situation von Lesben und Schwulen in den Mitgliedsstaaten vorgelegt, wobei sie von einer 1999 gestarteten Initiative des Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (SVD) für eine Antidiskriminierungsrichtlinie angeregt wurde. In Resolutionen wurden Diskriminierung und strafrechtliche Verfolgung von Lesben und Schwulen in Mitglieds- und Beitrittsstaaten verurteilt und Änderungen erzwungen, so auch in Rumänien und Österreich. Mit der Antidiskriminierungsrichtlinie 2000/78/EG werden die Mitgliedsstaaten gezwungen, Antidiskriminierungsgesetze im Arbeitsrecht zu erlassen. Ein Aktionsprogramm fördert Initiativen im Diversity-Bereich.

Bundesebene[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die lesben- und schwulenpolitischen Initiativen auf Bundesebene werden auch in den Bundesarbeitsgemeinschaften „Schwulenpolitik“ und „Lesbenpolitik“ der Grünen diskutiert und entwickelt. Diese Parteigremien formulieren Wahlprogramme und beraten den grünen Bundesvorstand und die grüne Bundestagsfraktion. Im Bundestag sind für deren Umsetzung die Abgeordneten Volker Beck und Irmingard Schewe-Gerigk zuständig. Zu diesen Initiativen gehören:

  • Das Lebenspartnerschaftsgesetz hat die Akzeptanz der Lesben und Schwulen in der Gesellschaft stark erhöht. Bündnis90/Die Grünen wollen eine Angleichung in Rechten und Pflichten an die Ehe. Langfristig streben sie nach dem Vorbild Spaniens, Belgiens und der Niederlande die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare an.
  • Der Bundestag hat ein Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen beschlossen. Bündnis90/Die Grünen setzen sich außerdem für die Aufarbeitung der strafrechtlichen Verfolgung auf Grund der § 175 StGB in Westdeutschland und § 151 StGB in Ostdeutschland ein.
  • Die Bundesregierung fördert Organisationen wie den LSVD, die BEFAH, einzelne Lesbenorganisationen oder das Jugendnetzwerk Lambda finanziell.
  • Ein umfassendes Antidiskriminierungsgesetz soll Lesben und Schwule im Arbeitsrecht und im Zivilrecht vor Diskriminierung schützen. Ansätze in der deutschen Wirtschaft zu Diversity, der Anerkennung, dass eine Mischung von Geschlecht, Herkunft, Ethnie, Religion und sexueller Identität unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für Unternehmen positiv sind, sollen gefördert werden.
  • Eine neue Offensive in der AIDS-Prävention soll neben den klassischen Zielgruppen auch bislang zu wenig beachtete Zielgruppen wie Aussiedler in den Blick nehmen. Ein Sonderprogramm HIV/AIDS in Verbindung mit der Prävention weiterer sexuell übertragbarer Krankheiten (Hepatitis C, Syphilis) soll den wieder steigenden Infektionsraten entgegenwirken.
  • Seit 1998 habe die Grünen auch die Menschenrechte für Lesben und Schwule zum Bestandteil deutscher Außenpolitik gemacht. Mit einer Großen Anfrage hat die Bundestagsfraktion das Thema in der 16. Wahlperiode erneut aufgegriffen.

Landesebene[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In allen grünen Landtagsfraktionen gibt es für Homopolitik zuständige Abgeordnete, die unter allen Parteien führend in der Anzahl der Anträge und Anfragen zur Homopolitik sind. Zu den bekannteren zählt der Hamburger Abgeordnete Farid Müller und der Berliner Thomas Birk. Auf Landesebene existieren vielfach Landesarbeitsgemeinschaften, die die Parteivorstände und Landtagsfraktionen beraten. Themen sind insbesondere: Unterstützung des Coming outs junger Lesben und Schwuler durch Jugendhilfe und Schule, Aufnahme des Themas Homosexualität in die Lehrpläne der Schulen, Umgang der Polizei mit Gewalt gegen Lesben und Schwule, Unterstützung der lesbischwulen Infrastruktur und Berücksichtigung der Lebenspartnerschaft im Landesrecht. In den Bundesländern Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein haben Bündnis90/Die Grünen in Koalitionsregierungen mit der SPD eigene Homoreferate in den Landesverwaltungen durchgesetzt.

Kommunale Ebene[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf kommunaler Ebene wurde auf Antrag von Bündnis90/Die Grünen in München ein Homoreferat in der Stadtverwaltung geschaffen. Initiativen beschäftigen sich mit der Einsetzung von Runden Tischen, der Förderung von Lesben- und Schwulenprojekten, Richtlinien zur Nichtdiskriminierung durch die Verwaltung, spezifischen Angeboten in Jugendzentren, der Schaffung von Beratungsstellen, der Sensibilisierung von Senioreneinrichtungen und der Öffnung der Standesämter für die Schließung von Lebenspartnerschaften.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]