Benutzer:MYR67/Artikelwerkstatt Clara Hammerl

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Clara Emma Fredericke Agnes Laura Hammerl, (* 15. März 1858 in Bromberg, † 9. Oktober 1931 in Rufino (Santa Fé), Argentinien), war eine deutschstämmige (Reform-)Pädagogin in Pollença (Mallorca) und erste weibliche Leitung eines Kreditinstituts in Spanien.

Clara Hammerls Vater war der Lokomotivführer Friedrich Hammerl, ihre Mutter hieß Emma Müller. Clara hatte eine um zwei Jahre jüngere Schwester, Marie Ida Bertha Hammerl. Clara Hammerl wurde evangelisch getauft. Über ihre Kindheit und Jugend ist nur wenig bekannt. Im Jahr 1885, Clara ist inzwischen 17 Jahre alt, ist ihr Vater bereits verstorben. Ihre Mutter zieht mit ihren beiden Töchtern Clara und Marie Ida Bertha nach Berlin, zunächst in die Keibelstraße 40, in der Nähe des Alexanderplatzes; zwei Jahre später wohnen die drei Frauen in einer Wohnung in Kreuzberg.

Clara Hammerl studierte und arbeitete in Berlin, unter anderem als Sprachlehrerin. Im Jahr 1887 ist der vermögende und gebildete ­Mallorquiner Guillem Cifre de Colonya (* 18. Februar 1852 in Pollença, † 4. Juni 1908 in Lyon), Adoptivsohn eines Großgrundbesitzers, unter ihren Sprachschülern. Clara Hammerl und ihr ehemaliger Schüler heirateten am 7. Oktober 1889 auf dem Standesamt in Berlin-Kreuzberg; Clara ist zu diesem Zeitpunkt 31 Jahre alt.

Clara Hammerl war, wie ihr Ehemann, der Auffassung, dass Bildung das grundlegende Instrument für den gesellschaftlichen Fortschritt und für den Aufstieg ärmerer Gesellschaftsschichten sei. Guillem Cifre de Colonya hat in Pollença im Nord-Osten Mallorcas eine reformpädagogische Schule (Institució d'Ensenyament) gegründet, die zu den fortschrittlichsten in Spanien gehörte. Sie praktizierte als erste Schule auf Mallorca gemeinsamen Unterricht von Mädchen und Jungen. Cifre de Colonya gründete und leitete auch eine Sparkasse, die noch heute bestehende Colon­ya Caixa d'Estalvis de Pollença, in der Absicht, auch „kleinen Leuten“ eine Möglichkeit zum Eigentumserwerb zu eröffnen.

Nach der standesamtlichen Hochzeit im Oktober 1889 in Berlin-Kreuzberg ging das Paar im November desselben Jahres nach Pollença auf Mallorca, also in den Heimatort Cifre de Colonyas. Das Ehepaar bezieht ein geräumiges Stadthaus der Familie de Colonya in der Carrer de Mallorca 32, in dem auch Guillems Eltern, also Claras Schwiegereltern, Guillem und Antonia Cifre de Colonya, leben.

Clara unterrichtet an der Schule ihres Mannes Deutsch. Für die damalige Zeit ungewöhnlicherweise – das Wahlrecht für Frauen wurde in Spanien erst 1931 eingeführt – nimmt Clara Hammerl an Treffen der republikanischen Partei (Partido Republicano) teil, für die ihr Mann ab 1885 zeitweise im Stadtrat von Pollença sitzt.

Clara Hammerl wurde als evangelische, reformorientierte Deutsche und blonde, auffällig große Frau in ihrer neuen sozialen Umgebung keineswegs allseits akzeptiert. Gegen das reformorientierte Institució d'Ensenyament gab es Boykottaufrufe; konservative mallorquinische Kirchen­obere entsandten 1893 eine zweiwöchige „Heilige ­Mis­sion“ aus Jesuiten-Predigern nach Pollença, die dort mit Predigten, öffentlichen Glaubensbekenntnissen und feierlichen Umzügen dem „Protestantismus und anderen Fehlern“ ein Ende bereiten sollen.

Anfang der 1890er Jahre ist Claras Mutter, Emma Hammerl geb. Müller, zu Tochter und Schwiegersohn nach Pollença gezogen.

Im August 1890 kommt Clara Hammerls erstes Kind zur Welt. Der Junge wird, wie sein Vater und Großvater, Guillem genannt. Er stirbt schon zwei Tage nach der Geburt an einem Krampfanfall. 1891 entbindet Clara Hammerl eine Tochter, Antònia. Sie überlebt. Doch 1892 stirbt ein weiteres Kind, die nach Claras Mutter benannte Emma, zwei Monate nach der Entbindung an einer Bronchitis. Am 5. November 1894 kommt eine weitere Tochter auf die Welt, die erneut Emma genannt wird. Sie stirbt mit etwas mehr als fünf Jahren, am 29. Januar 1900, an Diphterie. Die 42-jährige Clara wird noch einmal schwanger und gebiert am 4. September 1900 einen Jungen, der wieder Guillem heißt. Er überlebt.

Der bereits zuvor zur Schwermut neigende Guillem Cifres fällt nach dem Tod von drei seiner fünf Kinder in eine tiefe Depression. Die Familie beschließt, ihr prestigeträchtiges Stadthaus zu verkaufen und auf den Ländereien des Landgutes ­Colonya ein neues Haus zu bauen. Wenige Jahre nach dem Umzug dorthin verliert Guillem Cifre nahezu sein gesamtes Vermögen: Ein hoch verschuldeter Freund, für den er eine Bürgschaft übernommen hat, begeht in Palma Selbstmord, und Cifre muss dessen Schulden zurückzahlen. Obwohl die Familie immer noch über Einkünfte verfügt, die weit über dem Durchschnitt jener Zeit liegen, erholt sich Guillem Cifre von diesem erneuten Schicksalsschlag nicht. Seine Depressionen werden schlimmer. Er versucht, sie bei Kuraufenthalten fernab der Insel Mallorca (u.a. in Lyon) etwas zu lindern. Clara Hammerl übernimmt von ihrem erkrankten Ehemann nach und nach die Leitung von Sparkasse und Schule.

Guillem Cifre schluckt am 29. Mai 1908 im französischen Lyon Gift und stürzt sich von einer Brücke in die Rhône. Er stirbt am 4. Juli in einem Lyoner Krankenhaus an den Folgen seines Selbstmordversuchs. Nach dem Tod ihres Mannes übernimmt Clara Hammerl auch formal die Leitung der Caixa d´Estalvis de Pollença und wird dadurch zur ersten Sparkassenchefin Spaniens. Zusammen mit einem Mitstreiter, Rafel Cortès, gelingt es ihr, das Bankgeschäft auszubauen. Sie bemüht sich um die Wiedereröffnung der Schule und findet mit Gabriel Comas einen Lehrer, der den pädagogischen Ansätzen ihres Mannes ­nahesteht. Daneben kümmert sich Clara Hammerl um die Investitionen der Familie, unter anderem im Import-Export-Geschäft und in Unternehmensbeteiligungen.

Die Winter 1909 und 1910 verbringt die Famile in Madrid, wo Antònia und Guillem auf der Institución Libre de Enseñanza – gewissermaßen der Mutterschule der Institució in Pollença – unterrichtet werden. 1912 geht es dann nach Berlin, wo die Kinder Deutsch lernen sollen. Antònia lässt sich in Berlin zunächst zur Fotografin ausbilden – ein Vorhaben, das sie nach der Rückkehr nach Spanien, wahrscheinlich 1914, wieder fallen lässt. Auf Mallorca mietet Clara Hammerl eine Wohnung in Palmas Stadtviertel El Terreno an, damit Guillem dort die Schule beenden kann. 1916 zieht die Familie nach Madrid, wo Guillem seine Studien als Landwirtschaftsingenieur aufnimmt. Die 58-jährige Clara Hammerl legt die Leitung der Sparkasse in Pollença nieder und widmet sich fortan ihren beiden fast erwachsenen Kindern. Offenbar fällt es ihr schwer, ihre Kinder ziehen zu lassen: Zunächst vertreibt sie in Berlin einen preußischen Offizier, der Antònia umwirbt – der junge Mann stirbt Monate später im Ersten Weltkrieg. Auf einen anderen Verehrer ihrer Tochter namens Esteve Rotger, einen jungen Mann, der bei Cifre zur Schule gegangen war und auf dem Hofe der Familie gearbeitet hatte, soll sie auf Mallorca mit einer Axt losgegangen sein. Über Antònias Beziehung zu Esteve Rotger kommt es zwischen 1916 und 1918 zum Bruch zwischen ihr und ihrer Mutter Clara. Antònia zieht mit ihrem Freund nach Barcelona, heiratet ihn und wandert mit ihm nach Rosario in Argentinien aus.

Da Antònia verlangt, das Erbe ihres Vaters ausgezahlt zu bekommen, und da auch Guillems Ausbildung einige Kosten verursacht, ver­kauft die Familie zwischen 1920 und 1922 ihre verbliebenen Ländereien an die Bauern, die die Felder zuvor bestellt hatten. Clara zieht mit ihrem Sohn in die USA, wo Guillem bis 1924 in Corvallis (Oregon) Landwirtschaft studiert. Aus Guillem Cifre wird der US-Bürger William Cifre. Er verlobt sich mit einer Kommilitonin und wird kurz darauf von einem multinationalen Unternehmen nach Buenos Aires, Argentinien, geschickt. Die inzwischen 66-Jährige Clara kehrt kurzzeitig nach Pollença zurück, reist dann aber bald ihrem Sohn nach Buenos Aires nach – der allerdings kurz darauf in die USA zurückkehrt und dort heiratet. In dieser Zeit besucht Clara in Argentinien auch ihre Tochter Antònia, die in der Zwischenzeit zwei Kinder zur Welt gebracht hat: Guillermo und Gustavo Adolfo Rotger. Clara nimmt den jüngeren ihrer beiden Enkelsöhne, Gustavo Adolfo, mit auf eine Reise nach Pollença. Da sie auch nach Wochen noch keine Anstalten macht, Gustavo Adolfo zu seiner Mutter Antònia nach Argentinien zurückzubringen, muss Antònia ihrem Sohn schließlich nachreisen, um ihn nach Argentinien zurückzuholen. Nun zieht auch Clara Hammerl zur Familie ihrer Tochter nach Argentinien. Ihr Schwiegersohn Esteve Rotger verliert jedoch in der Weltwirtschaftskrise der der 1920er und 1930er Jahre seine ­Bäckerei, so dass die Familie verarmt und bei einem Vetter Esteve Rotgers in Rufino Zuflucht suchen muss. Dort stirbt Clara Emma Friedericke Agnes Laura Hammerl am 9. Oktober 1931 im Alter von 73 Jahren.

Die Schule in Pollença, das Institució d'Ensenyament, wurde im Verlauf des spanischen Bürgerkrieges geschlossen, aber die Sparkasse Colon­ya Caixa d'Estalvis de Pollença, die Clara Hammerl von 1908 bis 1916 – als erste Frau in der Führung eines Finanzinstitutes in ganz Spanien überhaupt – geleitet hat, besteht noch heute.

Ehrungen und Trivia

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  • seit 2012 heißt die Oberschule von Port de Pollença „IES Clara Hammerl“
  • über Clara Hammerl haben die beiden Regisseuren Lluís Prieto und Toti García im Jahr 2016 im Auftrag des Balearen-Senders IB3 einen dokumentarischen Spielfilm gedreht, in der Carmen Molinar die Clara Hammerl spielt[1]
  • Pere Salas, „Clara Hammerl. Una dona de paraula“ („Eine Frau des Wortes“), Editorial Gall, Pollenca 2016
  • „Clara Hammerl. Der Weg zur Gleicheit“, Comic von Nivola Uyà[2], vom Katalanischen ins Deutsche übersetzt durch das Deutsche Konsulat in Palma de Mallorca.[3]
  • eine von der Bildhauerin Georgina Gamundí gefertigte Büste von Clara Hammerl steht auf der Plaça dels Seglars, Ecke Carrer de l'Ombra, in Pollença[4]
  • Pere Salas Vives und Fanny Llabrés Mesquida, „Späte Anerkennung für einen freien Geist: Wohl erstmals auf Mallorca wird eine Schule nach einer Deutschen benannt - ab kommenden Schuljahr heißt die Oberschule von Port de Pollença 'IES Clara Hammerl'. Die Deutsche zog 1889 nach Pollença und leitete dort unter anderem die noch heute bestehende Sparkasse. Das ist ihre Geschichte“ (Langfassung), in: Mallorca Zeitung, 14. Juni 2012, Übersetzung und journalistische Bearbeitung: Ciro Krauthausen, https://www.mallorcazeitung.es/boulevard/szene/2012/06/14/in-der-fremde-das-bewegte-54183817.html

Geboren 1858 Gestorben 1931 Deutscher Spanier Frau

VIAF ID: 4219151353529252720006 (Person), http://viaf.org/viaf/4219151353529252720006

Library of Congress (LoC), https://id.loc.gov/authorities/names/n2017074240.html

Wikidata Q19998202, https://www.wikidata.org/wiki/Q19998202

WorldCat Identities ID lccn-n2017074240

Wikipedia Katalanisch: https://ca.wikipedia.org/wiki/Clara_Hammerl

Clara Hammerl (1858–1931) Pedagoga Primera dona que dirigi una institutcio financera a l'estat espanyol, la caixa d'estalvis de Pollenca Colonya. Dugue anteri e una tasca perdagogica renovadora, progressista i igualitaria, alhora que fon..e...a la cooperacio social

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In der Fremde: Das bewegte Leben der Clara Hammerl auf Mallorca

Späte Anerkennung für einen freien Geist: Wohl erstmals auf Mallorca wird eine Schule nach einer Deutschen benannt - ab kommenden Schuljahr heißt die Oberschule von Port de Pollença "IES Clara Hammerl". Die Deutsche zog 1889 nach Pollença und leitete dort unter anderem die noch heute bestehende Sparkasse. Das ist ihre Geschichte (Langfassung) Von Pere Salas Vives und Fanny Llabrés Mesquida in: Mallorca Zeitung, 14·06·12 | 01:00 https://www.mallorcazeitung.es/boulevard/szene/2012/06/14/in-der-fremde-das-bewegte-54183817.html

Clara Emma Friedericke Agnes Laura Hammerl, eine der bemerkenswertesten deutschen Frauen, die es je nach Mallorca verschlagen hat, wird am 15. März 1858 um sieben Uhr morgens im ostpreußischen Bromberg, dem heutigen Bydgoszcz geboren. Ihr Vater, der Lokomotivführer Friedrich Hammerl, und ihre Mutter, Emma Müller, lassen sie knapp zwei Monate darauf evangelisch taufen. Über ihre Kindheit und Jugend ist kaum etwas bekannt. Clara Hammerls Spur taucht erst 1885 wieder in ­Berlin auf: Der Vater ist gestorben, und die Mutter zieht zusammen mit Clara und ihrer zwei Jahre jüngeren Schwester, Marie Ida Bertha, in die Reichshauptstadt, zunächst in die Keibelstraße 40, in die Nähe des Alexanderplatzes. Clara arbeitet als Deutschlehrerin. Zwei Jahre später – die drei Frauen sind inzwischen in ihre dritte Wohnung nach Kreuzberg gezogen – bekommt Clara einen neuen Sprachschüler. Es ist ein vermögender und gebildeter ­Mallorquiner namens Guillem Cifre de Colonya, der zur Fortbildung nach Berlin gekommen ist. Daheim in Pollença hat der 35-jährige Adoptivsohn eines Großgrundbesitzers eine Schule gegründet, die zu den fortschrittlichsten in ganz Spanien gehört, sowie eine Sparkasse, die noch heute bestehende Colon­ya Caixa d´Estalvis de Pollença. Der mallorquinische Freigeist und die 29-jährige Deutsche verlieben sich ineinander. „Ich bin glücklich, Don Francisco, weil ich der Überzeugung bin, die Frau gefunden zu haben, die meine Gefährtin sein soll und als kräftige und freudespendende Helferin in jenes Werk eintreten kann, das mich für den Rest meines Lebens beschäftigen soll," schreibt Guillem ­Cifre am 15. August 1888 an seinen Madri­der Lehrmeister Francisco Giner de los Ríos. Das „Werk" ist der Aufbau von Institutionen wie Schulen, Sparkassen und Kooperativen, um der „Ausbeutung der arbeitenden Klassen" auf Mallorca ein Ende zu bereiten. Den liberalen institucionalistas geht es nicht um Revolution, aber um eine grundlegende Demokratisierung.

Ein gutes Jahr später, am 7. Oktober 1889, heiraten die beiden auf dem Standesamt in Kreuzberg; eine kirchliche Trauung findet allem Anschein nach nicht statt. Ende ­November 1889 zieht Clara Hammerl mit Guillem Cifre nach Pollença, einer von der aufstrebenden Metropole Berlin denkbar weit enfernten, ländlich geprägten Kleinstadt am Mittelmeer, deren gut 8.000 Bewohner fast ausschließlich Mallorquinisch sprechen und streng katholisch sind. Das Ehepaar zieht in das geräumige Stadthaus der Cifre de Colonyas in der Carrer de Mallorca 32. „Gestern ist unser Freund mit seiner riesigen Deutschen angekommen. Ich kann mich nicht erinnern, jemals eine so große Frau gesehen zu haben, aber in den wenigen Augenblicken, in denen ich bislang mit ihr zu tun hatte, erschien sie mir sehr sympathisch und intelligent", schreibt in einem Brief der Arzt Joan Albis, einer der Mitstreiter von Guillem Cifre. Doch der Empfang ist nicht durchweg so freundlich. Nicht in der Familie – die im gleichen Haus lebenden Schwiegereltern sind von Clara wenig angetan – und nicht in gro­ßen Teilen der Öffentlichkeit, in der die Schule Institució d´Ensenyament und die Sparkasse schlicht als Teufelszeug gelten. Die erzkonservativen mallorquinischen Kirchen­oberen werden 1893 sogar eine zweiwöchige „Heilige ­Mis­sion" nach Pollença schicken, um mit predigenden Jesuiten, öffentlichen Glaubensbekenntnissen und feierlichen Umzügen dem „Protestantismus und anderen Fehlern" ein Ende zu bereiten. Als an den „Fehlern" ihres Mannes unmittelbar Beteiligte und Protestantin ist Clara Hammerl doppelt gebrandmarkt.

„Ich hoffe, dass die zweite Hälfte meines ersten Ehejahres etwas weniger schrecklich wird", schreibt Clara Hammerl am 20. Juni 1890 an Francisco Giner de los Ríos. Zwei Monate später kommt ihr erstes Kind zur Welt, Guillem. Es stirbt zwei Tage nach der Geburt an Eklampsie, einem Krampfanfall. 1891 dann entbindet Clara Hammerl eine Tochter, Antònia. Die Geburt verläuft reibungslos, aber das Wochenbett zieht sich lange hin. Clara vermag ihre Tochter nicht zu stillen – die kleine Antònia müsse an der Zitze einer Ziege saugen, berichtete ihr nichtsdestotrotz überglücklicher Vater nach Madrid. Antònia überlebt, doch die hohe Kindersterblichkeit soll die Familie weiter zeichnen. 1892 stirbt noch ein Kind – die nach der Großmutter benannte Emma – zwei Monate nach der Entbindung an einer Bronchitis.

Gut fünf Jahre sind seit der Ankunft in Pollença verstrichen, als am 5. November 1894 eine zweite Tochter auf die Welt kommt und überlebt. Sie wird erneut Emma genannt. Clara Hammerl, die schon bald nach ­ihrer Ankunft Mallorquinisch gelernt hatte, scheint in Pollença angekommen zu sein. Ihre Mutter ist nachgezogen und hilft im Haushalt. Gemeinsam bringen sie deutsches Kulturgut auf die Insel – unter anderen macht Pollença Bekanntschaft mit dem Weihnachtsbaum. Clara Hammerl gibt der durch die Boykottaufrufe in eine Krise gestürzten Schule neue Impulse, unterrichtet Deutsch und plant zusammen mit ihrem Mann ein kleines Internat für Schülerinnen und Schüler. „Dort können wir dann unsere erzieherischen Prinzipien umsetzen, höheres Wissen vermitteln (...) und den Kindern, über das Spanische hinaus, Sprachen beibringen", formuliert Guillem Cifre den pädagogischen Anspruch. Clara Hammerl nimmt auch am traditionell den Männern vorbehaltenen politischen Leben teil, etwa an Treffen der republikanischen Partei, für die ihr Mann zeitweise im Stadtrat sitzt.

Am 29. Januar 1900 schlägt das Schicksal ein weiteres Mal zu: Die fünfjährige Emma stirbt, nachdem sie an Diphterie erkrankt war. Clara Hammerl schreibt die Infektion den offenen Abwasserrinnen der Stadt zu. Es ist ein Wendepunkt in der Geschichte der Familie. Der bereits zuvor schwermütige Guillem Cifres fällt in eine tiefe Depression, und die 42-jährige Clara ist plötzlich noch einmal schwanger. Am 4. September wird ein Junge geboren, der wieder Guillem heißt. Die Familie beschließt, das prestigeträchtige Stadthaus zu verkaufen und auf den Ländereien des Landgutes ­Colonya ein neues Haus fernab offener Abwasserrinnen und schmerzhafter Erinnerungen zu bauen.

Die possessió wird zum einzigen der Familie verbliebenen Besitz. Wenige Jahre nach Einzug verliert Guillem Cifre praktisch sein gesamtes Vermögen: Ein hoch verschuldeter Freund, für den er eine Haftungserklärung abgegeben hat, begeht in Palma Selbstmord – das Geld muss Cifre zurückzahlen. Obwohl die Familie immer noch über Einkünfte verfügt, die weit über dem Durchschnitt jener Zeit liegen, erholt sich Guillem Cifre von diesem Schlag nicht mehr. Die Depressionen werden immer schlimmer und können allenfalls bei Kuraufenthalten fernab der Insel etwas gelindert werden. Clara Hammerl übernimmt nach und nach in Sparkasse und Schule das Ruder und hält den Kontakt zu den Freunden und Pädagogen in Madrid aufrecht. „Als ein Schlag nach dem anderen – die [Angriffe der] Kirche, der Tod seiner Kinder, der Verlust seines Vermögens – die Kräfte ihres geliebten Ehemanns schwinden ließen, wusste sie ihm zu helfen und zu stärken, um weiter gegen die Unwissenheit und die an Sklaverei grenzende Ausbeutung der arbeitenden Bevölkerung von Pollença zu kämpfen", formuliert ihr Sohn Guillem Jahre später in einem Briefwechsel. Ihren Mann vermag sie nicht mehr aufzubauen: In seiner Verzweiflung schluckt der 56-jährige Guillem Cifre am 29. Mai 1908 im französischen Lyon Gift und stürzt sich von einer Brücke in die Rhône. Er stirbt am 4. Juli nach qualvoller Agonie in einem Lyoner Krankenhaus.

Nach dem Tod ihres Mannes übernimmt Clara Hammerl auch formal die Leitung der Caixa d´Estalvis de Pollença und wird dadurch zur ersten Sparkassenchefin Spaniens. Zusammen mit einem Mitstreiter von Guillem Cifre, Rafel Cortès, gelingt es ihr, das Geschäft nicht nur zu stabilisieren, sondern mit über tausend Sparern weiter auszubauen. Sie kümmert sich um die Wiedereröffnung der Schule und findet einen Lehrer, Gabriel Comas, der den pädagogischen Ansätzen ihres Mannes ­nahesteht. Sie ist so beschäftigt, dass sie sich nur noch wenig um Antònia und Guillem kümmern kann. In einem an Francisco Giner de los Ríos gesandten Rückblick auf den Sommer 1908 schreibt sie: „Leider habe ich meine zwei Kinder zu sehr vernachlässigen müssen. Es war mir unmöglich, ihnen den notwendigen Unterricht zuteil kommen zu lassen oder Ausflüge mit ihnen zu unternehmen. Selbst sonntags mussten sie alleine zu Hause bleiben, weil ich an diesem Tag in der Sparkasse sein muss, wo doch der stellvertretende Direktor ein Monat in San Hilario ist. Es ist für mich ein Grund großer Zufriedenheit zu sehen, dass die Geschäfte gut laufen und das Vertrauen des Volkes genießen."

Zugleich kümmert sich Clara Hammerl um die Familieninvestitionen, unter anderem Import-Export-Geschäfte und eine Finanzbeteiligung, und packt auf der possessió mit an. „Die Kinder haben eine Zeit lang baden können, was mir unmöglich war. Die sehr ergiebige und lange Mandelernte sowie Bauarbeiten fesselten mich an Colonya. Mir geht es gut. Ich habe meine Kräfte ausprobiert, und das Ergebnis ist zufriedenstellend. Den ganzen August über habe ich vom Morgengrauen bis zum Sonnen­untergang auf den Feldern der Hitze getrotzt, immer auf den Beinen, und habe noch nicht einmal Schwindel verspürt. Müdigkeit, das ja. Die harte Arbeit ließ mich nachts ins Bett fallen, doch am nächsten Morgen fühlte ich stets neue Kräfte in mir erwachen", berichtet sie in dem bereits erwähnten Rückblick.

Doch Clara Hammerl und ihre Kinder beginnen sich von Mallorca abzunabeln. Die Winter 1909 und 1910 verbringt die Famile in Madrid, wo Antònia und Guillem auf der Institución Libre de Enseñanza – sozusagen der Mutterschule der Institució in Pollença – unterrichtet werden. 1912 geht es dann nach Berlin, wo die Kinder Deutsch lernen sollen und Antònia sich zunächst zur Fotografin ausbilden lässt – ein Vorhaben, das sie nach der Rückkehr nach Spanien, wahrscheinlich 1914, wieder fallen lässt. Zurück auf Mallorca mietet Clara Hammerl eine Wohnung in Palmas Stadtviertel El Terreno an, damit Guillem die Schule beenden kann. 1916 schließlich der definitive Bruch: Clara Hammerl legt die Leitung der Sparkasse nieder. Die Familie zieht nach Madrid, wo Guillem seine Studien als Landwirtschaftsingenieur aufnimmt. Die 58-jährige Clara Hammerl widmet sich fortan praktisch ausschließlich ihren beiden Kindern.

Obwohl sie ein gutes Vierteljahrhundert nicht nur in Pollença gelebt, sondern sogar die Geschicke des Ortes mitbestimmt hatte, war sie immer ein Fremdkörper geblieben. Auch andere Mitstreiter ihres Mannes wurden angefeindet, sie aber war Deutsche, Protestantin, Frau. Außerordentlich hoch gewachsen und ungewöhnlich blond, fiel sie äußerlich auf. Keines ihrer Kinder war getauft. Die Witwe trug nicht Schwarz, sondern Weiß. Sie kleidete sich nicht wie wie die Landadligen und nicht wie die Bauern. Sie trug Hüte, die doch eigentlich den Männern vorbehalten waren. Die Wohlhabenden des Ortes ließen sich ­herumkutschieren, sie legte die Strecke zur possessió oder zur Schule lieber zu Fuß zurück. Vor allem aber: Wo die Einheimischen mitunter fünf gerade sein ließen, bestand Clara Hammerl auf Prinzipien.

Besonders zu spüren bekamen das ihre Kinder. „Sie hat ihre deutschen Überzeugungen nie aufgegeben. Sich immer korrekt verhalten, sich selbst und anderen gegenüber. Meine Erziehung war von absoluten Regeln bestimmt, die sie mich nicht vergessen ließ (...). Lügen war eine Todsünde, und nichts ging über die persönliche Hygiene", erinnert sich Guillem. Als er einmal vergaß, nach dem Abendessen die Servietten in den Serviettenring zu stecken, suchte seine Mutter ihn mit dem Ring in der Hand bei den Nachbarjungen auf, um ihn an das Versäumnis zu erinnern. „Ich glaube, ich habe nie wieder vergessen, diese Pflicht zu erfüllen, bis heute."

Die Charakterstärke und Strenge sollte sich noch in eine weiteren Aspekt zeigen: Clara Hammer gelingt es nicht, ihre Kinder ziehen zu lassen. Zunächst verjagt sie in Berlin einen preußischen Offizier, der Antònia umwirbt und ihrer Tochter bei einem Tanzabend ein klein wenig zu nahe kommt – der junge Mann stirbt Monate später im Ersten Weltkrieg. Zurück auf Mallorca geht sie dann mit einer Axt auf Esteve Rotger los, einem jungen Mann, der bei Cifre zur Schule gegangen war und auf dem Hofe der Familie gearbeitet hatte. Unvermutete ständische Dünkel bei einer Frau, die ihr Lebtag die Gleichheit aller Menschen predigte, oder – wahrscheinlicher – tief sitzende Verlustängste bei einer Mutter, die drei Kinder verloren hatte? Fest steht, dass es über die Beziehung zu Esteve Rotger zwischen 1916 und 1918 zum Bruch zwischen Mutter und Tochter kommt. Antònia brennt mit ihrem Freund nach Barcelona durch, heiratet und wandert von dort nach Rosario in Argentinien aus.

Da Antònia darauf besteht, das Erbe ihres Vaters ausgezahlt zu bekommen und auch die Ausbildung von Guillem bezahlt sein will, ver­kauft die Familie zwischen 1920 und 1922 die ihr verbliebenen Ländereien der possessió Colonya an die Bauern, die zuvor die Felder bestellt hatten. Clara und ihr Sohn ziehen in die USA, wo Guillem in Corvallis (Oregon) bis 1924 Landwirtschaft studiert. Sein ursprünglicher Plan, nach dem Studienabschluss zusammen mit einem Schulfreund in Pollença in den Obstexport einzusteigen, zerschlägt sich. Aus Guillem Cifre wird der US-Bürger William Cifre. Er verlobt sich mit einer Kommilitonin und wird kurz darauf von einem multinationalen Unternehmen nach Buenos Aires geschickt.

Die letzten Jahre sind turbulent. Clara kehrt kurzzeitig nach Pollença zurück, weiß dort aber ohne Mann, Familie, Landgut und Aufgabe offenbar nicht mehr viel mit sich anzufangen. Die 66-Jährige reist zu ihrem Sohn nach Buenos Aires – der allerdings kurz darauf wieder in die USA zurückkehrt und heiratet. Kurz vor oder aber auch nach seiner Rückkehr – die Informationen zu dieser Zeit sind spärlich –, besucht Clara auch Antònia, die in der Zwischenzeit zwei Kinder zur Welt gebracht hat: Guillermo und Gustavo Adolfo Rotger.

Der Großmutter hat es besonders der jüngere der beiden Enkel, Gustavo Adolfo, angetan und tut noch einmal etwas Außergewöhnliches: Sie nimmt den Jungen mit auf eine Reise nach Pollença. „Es verstrichen Monate – und ­Doña Clara kam nicht mit dem Kind zurück", schreibt die Geografin Ana Jofre in einem Buch über balearische Auswanderer in Argentinien. Schließlich muss Antònia den beiden nachreisen, um ihren Sohn wiederzuerlangen. Der Showdown zwischen den beiden Frauen führt zu einer letzten überraschenden Wendung: Die beiden versöhnen sich, und Clara Hammerl beschließt, zu ihrer Tochter nach Argentinien zu ziehen.

Es sollte kein geruhsamer ­Lebensabend werden. Esteve Rotger, den Clara anscheinend immer noch nicht leiden kann, verliert in der Weltwirtschaftskrise seine ­Bäckerei, die Familie verarmt und muss bei einem Cousin des Schwiegersohns, tief in der argentinischen Provinz, in Rufino (Santa Fé) Zuflucht suchen. Dort, fernab von Bromberg, Berlin, Pollença und ­Lyon, stirbt Clara Emma Friedericke Agnes Laura Hammerl am 9. Oktober 1931 im Alter von 73 Jahren.

Pere Salas ist Dozent für Geschichte an der Universitat de les Illes Balears, Fanny Llabrés Mesquida ist Sozialforscherin. Übersetzung und journalistische Bearbeitung: Ciro Krauthausen

https://www.mallorcazeitung.es/boulevard/szene/2012/06/14/in-der-fremde-das-bewegte-54183817.html

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Clara Hammerl – von Berlin nach Pollenca Clara Hammerl – wer war das eigentlich?

• Eine herausragende Frau, ganz ohne Zweifel! • Eine deutschstämmige Wahlmallorquinerin, das ist bewiesen! • Die erste weibliche Sparkassenchefin in Spanien, das ist für die damalige Zeit beachtlich! • Zu Lebzeiten in Pollenca durchaus kritisch beäugt, gar angefeindet, das ist nicht jedem bekannt!

Sind Sie neugierig geworden und wollen Sie etwas mehr über die Geschichte dieser Frau wissen, lesen Sie gerne weiter. Das Konsulat hat für Sie einige Informationen in diesem Blog zusammengetragen. Vorab stellen Sie sich aber sicherlich auch die Frage, warum wir uns überhaupt in diesem Blog mit Clara Hammerl beschäftigen. Das ist schnell gesagt: Im Zuge der von der Dirección de Igualdad der Inselregierung 2016 ins Leben gerufenen vierjährigen Kampagne „Mallorca té nom de dona“ wird jedes Jahr einer für die Geschichte der Balearen wichtigen weiblichen Persönlichkeit gewidmet. Nach dem Motto, wer nicht genannt wird, den gibt es nicht bzw. der wird vergessen, werden diesen Frauen neben vielen Veranstaltungen auch Straßen, Plätze, Wege und andere öffentliche Einrichtungen gewidmet. Dieses Jahr gilt der deutschstämmigen Inselbewohnerin Clara Hammerl. Das Konsulat unterstützt diese Kampagne sehr gerne.

Nun aber zu Clara Hammerl…. Clara Emma Fredericke Agnes Laura Hammerl wurde am 15. März 1858 im preußischen Bromberg geboren. Sie studierte und arbeitete in Berlin, unter anderem als Sprachlehrerin, wo sie 1887 auch Ihren zukünftigen Mann, den Mallorquiner Guillem Cifre de Colonya, kennenlernte. Nach der standesamtlichen Hochzeit im Oktober 1889 in Berlin-Kreuzberg ging das Paar im November desselben Jahres nach Pollenca. Das Leben auf der Insel war kein Zuckerschlecken für die große Blonde aus dem Norden, die unter dem Spitznamen „la giganta“ (die Riesin) bekannt war. In dem kleinen erzkatholischen Dorf Pollenca, das um diese Zeit ca. 7000 Einwohner hatte, wurde die fortschrittlich denkende Lutheranerin nicht akzeptiert und gar angefeindet.

Das Ehepaar war ein großer Befürworter der Freien Institution der Bildung. Clara Hammerl sowie ihr Ehemann waren der Auffassung, dass Bildung das grundlegende Instrument für den Fortschritt und die gesellschaftliche Gleichheit darstelle. Guillem Cifre de Colonya gründet neben einer Sparkasse in Pollenca mit Hilfe seiner Frau auch eine Schule, die den Prinzipien der freien Bildung entsprach. Das Finanzinstitut wurde mit der Intention eröffnet, auch den „kleinen Leuten“ die Möglichkeit zu geben, Eigentümer zu sein. Dies entsprach der liberalen Vorstellung, die Guillem Cifre sowie seine Frau Clara hatten. Die Preußin war eine fleißige und harte Arbeiterin. Nicht nur half sie beim Aufbau der Institutionen ihres Mannes, auch auf den Feldern der Familie arbeitet sie mit. Immer in weiß gekleidet; dies entsprach ihrer Auffassung von Reinheit und Ordnung. Was natürlich großen Gesprächsstoff in der kleinen Gemeinde lieferte, in dieser ihr Bild auch bis nicht vor allzu langer Zeit immer noch eher negativ übermittelt wurde.

Clara und Guillem hatten zwei Kinder, Antonia und Guillem. Im Familienleben des Paares gab es aber derbe Rückschläge durch mehrere Fehlgeburten und Kindstode. Diese privaten Tragödien hinterließen ihre Spuren vor allem bei Guillem. Die schweren Depressionen, die er bekam, wurden irgendwann so schlimm, dass er 1908 Selbstmord beging. Nach dem Tod ihres Mannes führte Clara Hammerl sein Lebenswerk weiter und so wurde sie von 1908 bis 1916 Chefin der Colonya Caixa Pollenca und damit die erste Frau in der Führung eines Finanzinstitutes in ganz Spanien. Dennoch wurde sie in Pollenca nie richtig akzeptiert. Die Frau, die ihrer Zeit zwei Schritte voraus war, starb am 9. Oktober 1931 in Argentinien, nachdem sie ihrer Tochter dahin gefolgt war, da sie in Pollenca nach dem Tod ihres Mannes und der ordentlichen Übergabe der Bank sowie der Schule nicht mehr viel hielt.

Die Schule in Pollenca wurde im Verlauf des spanischen Bürgerkrieges geschlossen, aber die Colony Caixa Pollenca existiert noch heute. Der Historiker Pere Salas Vives hat kürzlich eine Biografie über das Leben der Clara Hammerl in katalanischer Sprache verfasst. Das tat er, nachdem er sich intensiv mit dem Leben ihres Mannes Guillem beschäftigte und dabei erkannte, dass dem ausgesprochen großen Vorbild weiblicher Stärke an seiner Seite kein Tribut gezollt wurde. Das Buch „Carla Hammerl – una dona de paraula-“ erschien 2016 in Pollenca. Als Symbol gegen das Vergessen und als Zeichen für junge Mallorquinerinnen und Mallorquinern, dass es auch weibliche Vorbilder in der Geschichte ihrer Insel gibt, wurden bereits in Génova eine Straße, nämlich die Carrer Clara Hammerl, sowie die Schule IES Carla Hammerl in Pollenca mit dem Namen dieses starken Vorbilds versehen. Dies ist nicht nur eine Geschichte von einer herausragenden Frau in der mallorquinischen Geschichte, sondern zeigt auch, wie international und weltoffen Mallorca schon vor langem und lange vor dem Massentourismus war.

Sollten Sie neugierig geworden sein, schauen Sie doch gelegentlich auf unsere Website www.palma.diplo.de und die Veranstaltungshinweise. Gerne werden wir Sie über die 2017 geplanten Veranstaltungen im Bezug auf diese bewundernswerte Frau informieren.

Es grüßt Sie herzlichst Ihr deutsches Konsulat

https://konsulat.mallorcamagazin.com/2017/03/clara-hammerl-von-berlin-nach-pollenca.html

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(Foto: Guillem Bestard) Abb. 14: Der Sozialreformer Guillem Cifre de Colonya aus Pollença und seine Frau, die Deutsche Clara Hammerl, mit ihren Kindern in Cala Barques (Calas de San Vicente), ca. 1906/07

ausführlich zu Cifre de Colonya und seinem Werk, einschließlich Gründung und Betrieb der Schule in: Pere Salas Vives, Cuillem Cifre de Colonya (1852-1908). Un sant que no anava a missa, Pollença 1999, die Schilderung eines Besuchs bei Cifre de Colonya und seiner Frau in: E. Seeger, Streifzüge auf Mallorca, Leipzig 1910, S. 154f ; zu den Mitstreitern Cifre de Colonyas: Maria Rosa Albis, Margalida Cànaves, Fanny Llabrés, Pere Salas, Maria Cerdà, Els protagonistes de l’obra de Colonya. Col·laboradors i continuadors del llegat de Guillem Cifre, Pollença 2009.

Quelle: Universität Erfurt, Dissertation, Infrastrukturen des Glücks. Eine Bild-, Raum- und Infrastrukturgeschichte Mallorcas im 19. und 20. Jahrhundert unter Berücksichtigung des Tourismus zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Philosophie (Dr. phil.) Philosophische Fakultät Ekkehard Schönherr Datum der Einreichung: 10. April 2014 Datum der Promotion: 25. September 2014 2 urn:nbn:de:gbv:547-201600417 S. 108, https://www.db-thueringen.de/servlets/MCRFileNodeServlet/dbt_derivate_00036218/schoenherr.pdf

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Eine Ostpreußin auf Mallorca Redaktion

Der Hinweis kam von Burkhard Evers, unserem treuen Land ander Memel-TILSITER RUNDBRIEF-Leser in Spanien. Er verwies auf eine Ostpreußin, die, geboren am 15. Mäz 1858 in Bromberg, 1889 als erste Deutsche nach Mallorca ausgewandert war. Dort leitet sie von 1908 – 1916 die Sparkasse Caixa Pollença und war damit die erste Frau in der Führung eines Finanzinstituts in Spanien. Die Inselzeitung, Ausgabe 57, Februar 2018, schreibt unter der Überschrift „Deutscher Comic über erste Mallorca-Auswanderin“ Folgendes: „Der auf Katalanisch erschienene Comic über die erste deutsche Mallorca-Auswanderin ist nun auch in deutscher Sprache erschienen. Wie Konsulin Sabine Lammers erklärte, habe man die gezeichnete Geschichte über Clara Hammerl aus dem Katalanischen übersetzen lassen und werde sie demnächst an Deutschlehrer auf der Insel verteilen. So könnte ihre Geschichte als zusätzliches Lernangebot genutzt werden. Der Inselrat hatte Clara Hammerl bereits im vergangenen Jahr zur „Frau des Jahres“ gekürt. Hammerl, die aus Ostpreußen stammt, war 1889 der Liebe wegen auf die Insel ausgewandert. Zwei Jahre zuvor hatte sie den Mallorquiner Guillem Cifre de Colonya kennengelernt und war ihm später in seine Heimat Pollença gefolgt. Für [die] damalige Zeit galt die Entscheidung als etwas Besonderes, nicht zuletzt, weil Clara Hammerl überzeugte Protestantin im katholischen Mallorca war. Der Comic „Clara Hammerl. Der Weg zur Gleichheit“ gibt Einblicke in das Leben der Frau, die sich als Leiterin der von ihrem Mann gegründeten Sparkasse „Colonya Caixa Pollença“ einen Namen machte.“

Quelle: Land an der Memel - Tilsiter Rundbrief Nr. 103, Weihnachten 2018, S. 147 (Seite 149 der PDF-Datei), mit Foto von Clara Hammerl, aus: Die Inselzeitung, Ausgabe 57, Februar 2018, https://tilsit-stadtundland.de/wp-content/uploads/2021/04/LadM-TR-103-2018-Weihnachten.pdf https://tilsit-stadtundland.de/wp-content/uploads/2021/04/LadM-TR-103-2018-Weihnachten.pdf

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Von der "Riesin" zur Frau des Jahres Alexander Sepasgosarian | Pollença, Mallorca | 05.04.2017

Einfach nur Shoppen gehen, Golf spielen und an der Hafenpromenade Cappuccino trinken, wie das viele deutsche Mallorca-Residentinnen lieben - das wäre nichts gewesen für Clara Hammerl. Denn zum einen gab es damals all diese Annehmlichkeiten noch gar nicht auf der Insel, und zum anderen wäre die arbeitssame und strenge Lutheranerin gar nicht der Typ für solch nutzlosen Zeitvertreib gewesen. Für die Preußin aus Bromberg waren Pflichterfüllung, Tatkraft, Sauberkeit, Fleiß und Zuverlässigkeit oberste Maxime. "Sie war eine Frau, die fest zu ihrem Wort stand", sagt der Historiker Pere Salas Vives, der jüngst eine Biographie in katalanischer Sprache über Clara Hammerl veröffentlich hat.

Die Deutsche kann heute als eine der frühesten und zugleich bedeutendsten Insel-Residenten angesehen werden. Mehr noch, sie war die erste Frau in Spanien, und vermutlich in der ganzen Welt, die einer Sparkasse und damit einem finanzwirtschaftlichen Institut vorstand.

Umso weniger nachvollziehbar ist, dass Clara Hammerl über Jahrzehnte in Vergessenheit geraten konnte. Erst 2008 wurde ihr Vermächtnis wiederentdeckt, als im Rahmen der ersten Frauen-Messe auf den Balearen die Mitglieder des Unternehmerinnenverbandes Clara Hammerl als historische Vorkämpferin auf Mallorca würdigten. Im Jahre 2013 zog das Rathaus von Pollença nach und ernannte die Deutsche posthum zur Ehrenbürgerin der Gemeinde im Inselnorden. Dort ist auch eine Schule nach der Deutschen benannt. Mehr noch: Der Inselrat von Mallorca erklärte die Vorkämpferin für Erziehung, Bildung und effektive Betriebswirtschaft zur "Frau des Jahres" auf der Insel. Und das balearische Fernsehen IB3 wird am 8. März um 21.35 Uhr ein eigens produziertes Dokudrama über die erste Mallorca-Residentin ausstrahlen. Der größte Verdienst dieser Ehefrau, Mutter, Witwe und Ausländerin auf Mallorca: Sie setzte nach dem Tod ihres Mannes Guillem Cifre de Colonya dessen Werk fort und leitete von 1908 bis 1916 die Sparkasse Caixa Pollença: ein kleines, feines Finanzinstitut, das nach wie vor und ohne Bankenfusion eigenständig existiert.

Doch wer war diese Deutsche überhaupt? Clara Hammerl erblickte 1860 unweit von Danzig als Tochter eines Lokomotivführers das Licht der Welt. 1883 zog die junge Frau nach Berlin, wo sie als Lehrerin arbeitete. Hier lernte sie 1887 den Mallorquiner Guillem Cifre de Colonya kennen. Der Pädagoge hatte 1879 in Pollença eine laizistische Schule sowie 1880 die Sparkasse gegründet. Der engagierte Unternehmer strebte danach, benachteiligten Schichten in seiner Heimat Bildung, Kultur und letztlich Emanzipation nahezubringen. Guillem Cifre war ein großer Anhänger des deutschen Philosophen Karl Krause (1781-1832), der in seiner Heimat zwar nie die ihm zustehende Bekanntheit erreichte, dafür aber mit seinem Gedankengebäude des organischen Wachstums und des Aktivseins für sich selbst und die Gemeinschaft bei den spanischen Intellektuellen in hohem Ansehen stand. So machte sich der Mallorquiner Cifre auf, Deutsch zu lernen, um Krause im Original lesen und verstehen zu können. Zu diesem Zweck war der begüterte Landbesitzer eigens nach Deutschland gereist. Dabei lernte er in der Sprachlehrerin seine spätere Frau kennen. Das Paar war auf einer Wellenlänge, was Bildung und Kultur sowie den Kampf gegen Analphabetentum und Unwissen anging: Cifre aus einem aufklärerischen, modernisierenden Impetus heraus, Hammerl aus evangelischer Tradition.

Das Paar heiratete 1889, Clara zog nach Pollença, dort kamen drei Kinder zur Welt, die Tochter Emma starb jedoch 1900 im Alter von sechs Jahren. Dieser Verlust legte sich wie ein Schatten über das Familienleben, insbesondere Guillem Cifre konnte den Verlust nicht überwinden.

"Für Clara Hammerl war das Leben im Norden der Insel eine schwere Prüfung", sagt ihr Biograph Pere Salas. Die hochgewachsene blonde Frau wirkte wie ein Fremdkörper in der Dorfgemeinschaft und wurde von vielen nur "die Riesin" genannt. Ihre ersten Mallorca-Jahre waren von Einsamkeit geprägt: Zwar sprach Hammerl Spanisch, doch in jenen Zeiten beherrschten nur wenige Gebildete der Oberschicht Kastilisch. Es handelte sich um Vertreter des erzkonservativen Adels und des Klerus. Diese Schicht lehnte zum einen die gesellschaftlichen Modernisierungsbestrebungen Cifres ab und hegte zum anderen Argwohn gegenüber der Nicht-Katholikin Hammerl. Zwar lernte Hammerl mit der Zeit auch Katalanisch, doch richtig heimisch wurde sie in dem Dorf nie. "Pollença", so beklagte sie sich einmal in einem Brief an einen Bekannten, "ist ein Ort außerhalb dieser Welt."

Clara Hammerl erlebte im Rahmen ihrer Familie glückliche und weniger glückliche Jahre. Die Beziehung zur ältesten Tochter war angespannt. Antonia, geboren 1891, strebte nicht nach höherer Bildung, sondern wollte schlicht Mutter und Ehefrau sein. Ein Lebensweg, den die resolute Hammerl lange nicht gutheißen wollte.

Acht Jahre nach dem Tod der kleinen Emma nahm sich 1908 ihr an einer Depression erkrankter Mann während einer Reise in Frankreich das Leben. Sein Werk, die Schule und die Sparkasse, die bei der einfachen Landbevölkerung das Ansparen von Kleinbeträgen fördern sollte, standen ohne Führung da. Da beschloss der Vorstand des Geldinstituts, Clara Hammerl mit der Aufgabe zu betrauen. Das spricht für das Ansehen, das die Frau in jener Zeit ungeachtet aller Widerstände für sich hatte aufbauen können, ist Pere Salas überzeugt.

Hammerl leitete die Sparkasse acht Jahre, bis sie einen Nachfolger aufgebaut hatte, dem sie das Werk in die Hände legen konnte. Anschließend begleitete sie ihren Sohn zum Studium der Agrarökonomie in die USA. Ihr Ziel war es, Guillem solle eines Tages die Ländereien in Pollença als Gutsverwalter modernisieren. Doch der Sohn zog es vor, nach dem Studium in den USA zu bleiben. Am Ende folgte Hammerl ihrer Tochter Antonia nach Argentinien nach, wo sie 1931 starb.

Wenige Fotos erinnern heute an Clara Hammerl und ihr Wirken in Pollença. Die Deutsche half stets bei den Ernten mit. Die "Riesin" trug selbst bei der Landarbeit immer Gewänder in tadellosem Weiß, als Zeichen der stets angestrebten Reinheit in allem Tun.

Infos zum Buch: "Clara Hammerl. Una dona de paraula", ISBN: 978-84-16416-08-8

(aus MM 9/2017) https://www.mallorcamagazin.com/nachrichten/gesellschaft/2017/04/05/53432/von-der-riesin-zur-frau-des-jahres.html


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  • In der Fremde: Das bewegte Leben der Clara Hammerl auf Mallorca. Späte Anerkennung für einen freien Geist: Wohl erstmals auf Mallorca wird eine Schule nach einer Deutschen benannt - ab kommenden Schuljahr heißt die Oberschule von Port de Pollença "IES Clara Hammerl". Die Deutsche zog 1889 nach Pollença und leitete dort unter anderem die noch heute bestehende Sparkasse. Das ist ihre Geschichte (Langfassung)

Von Pere Salas Vives und Fanny Llabrés Mesquida, Mallorca Zeitung 14.06.2012, https://www.mallorcazeitung.es/boulevard/szene/2012/06/14/in-der-fremde-das-bewegte-54183817.html

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Einzelnachweise

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  1. Mallorca Zeitung, 30. November 2016, https://www.mallorcazeitung.es/boulevard/2016/11/30/doku-film-ueber-clara-hammerl-54165163.html
  2. Mallorca Zeitung, 22. Mai 2017, https://www.mallorcazeitung.es/boulevard/2017/05/22/gedenkjahr-fuer-clara-hammerl-vorgestellt-54160569.html
  3. Mallorca Zeitung, 17. Januar 2018, https://www.mallorcazeitung.es/boulevard/2018/01/17/comic-ueber-erste-deutsche-mallorca-54150801.html
  4. „Eine Büste in Pollença für die deutsche Mallorca-Pionierin. Der Inselrat setzte der Ende des 19. Jahrhunderts auf die Insel gereisten Clara Hammerl ein Denkmal“, in: Mallorca Zeitung, 18. Dezember 2017, https://www.mallorcazeitung.es/aktuelles/2017/12/18/eine-bueste-in-pollenca-fuer-54152030.html