Benutzer:Stichwort123/Volumengeschwindigkeiten

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Die Volumengeschwindigkeit eines Starrkörpers ist die dem Betrag nach größte Geschwindigkeit, die in der Menge seiner Körperpunkte auftritt. Die Volumengeschwindigkeit von Starrkörpern ist somit ein nicht negativer Skalar, also ein „Tempo“. Sie ist eine Funktion der Änderung seiner Pose im Zeitverlauf.

Analog zur Volumengeschwindigkeit von Starrkörpern lassen sich auch Beschleunigung und Ruck entsprechend als Verallgemeinerung von Größen der Kinematik definieren.

Mit diesen verallgemeinerten kinematischen Größen lassen sich Trajektorien für Starrkörper entwerfen.[1] Die Robotik definiert Trajektorien als Pfade mit Zeitbezug, wobei Pfade geordnete Mengen von Posen sind.[2] Bahn als Bezeichnung fasst Pfad und Trajektorie zusammen.

Technische Einordnung

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Die Bahnsteuerung bei CNC-Maschinen bewegt den im englischen als TCP (Tool Center Point) bezeichneten ausgezeichnete Punkt eines Werkzeuges auf einem Pfad, also eines vorgegebenen Geschwindigkeitsverlaufs entlang eines programmierten Pfades.

Bei der Werkstückbearbeitung mittels Werkzeugmaschine ist vor allen Dingen die Geschwindigkeit des TCP von Interesse, denn hier arbeitet das Werkzeug am Werkstück. Die Pfade sind die Pfade von Punkten.

In der Materialhandhabung dagegen sollen Starrkörper bewegt werden. Dabei kommt deren räumliche Ausdehnung ins Spiel. Die Gefahr von Kollisionen mit anderen Starrkörpern soll durch Geschwindigkeitsvorgaben gemindert werden. Bei ungewollten Kollisionen sollen Schäden begrenzt werden, und Fragen des Arbeitsschutzes spielen eine Rolle.

In Zusammenhängen der Materialhandhabung genügt die Betrachtung einer pauschalen Punktgeschwindigkeit von Starrkörpern nicht mehr. Denn beim Vorliegen von Drehbewegungen können auf der Oberfläche von Starrkörpern ganz unterschiedliche Geschwindigkeiten auftreten.

Bedeutung der Starrkörpergeschwindigkeit

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Der Zeitpunkt, in dem eine Pose des Pfads im Rahmen der CNC-Technik eingenommen wird, bestimmt der vorgegebene Geschwindigkeitsverlauf, der sich auf den Tool Center Point bezieht.

Bei Handhabungseinrichtungen werden jedoch Starrkörper bewegt, in deren Außenkontur ganz unterschiedliche Geschwindigkeiten auftreten können. Eine Generierung von Trajektorien auf der Basis einer Volumengeschwindigkeit auf Starrkörpern ist darauf abgestimmt. Diese Geschwindigkeit lässt sich in natürlicher Weise auf einem zugrunde liegenden Verschiebungsabstand von Starrkörpern zurückführen, der mit der robot distance metric auf Punktmengen[3]gegeben ist, die auch als robot displacemenet metric (or DISP distance) bezeichnet wird. Diese Mertik schaut auf den Punkt einer Punktmenge, der bei einer konkreten Bewegung den größte Verschiebungsabstand erfährt. Dieser Punkt erfährt natürlich auch die größte Geschwindigkeit bei einer Bewegung

Dieser Verschiebungsabstand von Starrkörper umfasst sowohl Translationen als auch Rotationen.Daher können bei einer Vorgabe einer Volumengeschwindigkeit Angaben zu Winkelgeschwindigkeiten entfallen. Bei einer Trajektorie, die auf der Volumengeschwindigkeit auf Starrkörper gründet, gibt es eine einzigen nicht negativen Skalar, der sowohl Translationensgeschwindigkeit aus auch Winkelgeschwindigkeiten festlegt.

Wenn räumlich ausgedehnte Starrkörper wie etwa Flachglas bewegt werden, dann ist wegen dessen Bruchgefahr besondere Sorgfalt geboten. Hohe lokale Geschwindigkeiten des bewegten Starrkörpers erhöhen die Bruchgefahr. Die Geschwindigkeit eines Sauggreifers, mit dem das Flachglas gehalten wird, ist hier von nachgeordneter Bedeutung, da infolge von Drehbewegungen an den Ecken des Flachglases extreme Geschwindigkeiten auftreten können. Es genügt hier also nicht, bloß die Geschwindigkeit eines TCP zu betrachten. Um die in allen Punkten des Flachglases maximal auftretenden Geschwindigkeiten zu begrenzen, kann man eine maximale Volumengeschwindigkeit auf Starrkörper als Parameter der Auslegung von Trajektorien vorgeben. Dem Flachglas selbst wird somit ein Tempo zugeordnet.

Eine solche Geschwindigkeit wird als Volumengeschwindigkeit (auf Starrkörper) bezeichnet.

Spannt eine Punktmenge mit ihrer konvexen Hülle ein Volumen in R3 mit einem Rauminhalt größer 0 auf, oder sind die Punkte der Punktmenge nicht kollinear angeordnet, dann leitet sich aus diesem Verschiebungsabstand auch ein Abstand auf Posen ab. Eine solche Metrik auf Posen erlaubt Geschwindigkeitsvorgaben, die zugleich Translationen und Rotationen umfassen. Dies kann die Robotersteuerung erleichtern.

Eine Volumengeschwindigkeit von Starrkörpern ist damit auch eine Posengeschwindigkeit.

Es erweist sich als vorteilhaft, die Volumengeschwindigkeit eines Starrkörpers durch die Volumengeschwindigkeit eines konvexen Polyeders abzuschätzen, das den Körper eng umschließt. Die Volumengeschwindigkeit eines konvexen Polyeders ist die dem Betrag nach größte Geschwindigkeit, die in der Menge seiner Körperpunkte auftritt.

Volumengeschwindigkeit von konvexen Polyedern

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Der Verschiebungsabstand eines konvexen Polyeders nach der robot distance metric ist wie bei Starrkörpern das Maximum der Verschiebungsabstände seiner Punkte. Dieser Verschiebungsabstand ist aber auch gleich dem Maximum der Verschiebungsabstände seiner Eckpunkte und gleich dem Maximum der Verschiebungsabstände jeder Punktmenge, deren konvexe Hülle das konvexe Polyeder aufspannt. [1]

Das bedeutet, dass innerhalb eines Polyeders – Drehungen und kartesische Verschiebungen eingeschlossen – die Volumengeschwindigkeit eingeschlossener Starrkörper das Maximum des Geschwindigkeitsbetrages der Polyedereckpunkte nicht übersteigen kann.

Schließt man also also einen beliebigen Starrkörper in die konvexe Hülle einer endlichen Punktmenge ein, dann ist seine Volumengeschwindigkeit kleiner gleich der betragsmäßig größten Geschwindigkeit, die in der umschließenden Punktmenge auftritt. So kann man die Volumengeschwindigkeit eines Starrkörpers durch die Volumengeschwindigkeit der Eckpunktmenge eines ihn umschließenden konvexen Polyeders abzuschätzen.

Trajektorienerzeugung

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Die Volumengeschwindigkeit von Starrkörpern kann in naheliegender Weise zu einer Volumenbeschleunigung auf Starrkörper einem Volumenruck auf Starrkörperruck verallgemeinert werden, wobei diese Größen positive Skalare, aber keine vektoriellen Größen sind. Bei diesen kinematischen Größen beziehen sich auf einen zu durchlaufenden Pfad. Weist der Pfad - wie in der Handhabungstechnik nahe liegend - nur geringfügige Krümmungen auf, so entsprechen Volumenegeschwindigkeit, Volumenbeschleunigung und Volumenruck etwa den Beträgen ihren vektoriellen Entsprechungen.

Die Vorgabe einer maximalen Volumengeschwindigkeit dient der sichern Bewegung von Starrkörpern. Eine Begrenzung der Volumenbeschleunigung soll auftretende Trägheitskräfte zu begrenzen, Begrenzungen des Volumenrucks mindern die Schwingungsanregungen.

Basierend auf diesen verallgemeinerten kinematischen Größen kann dem Pfad eines Starrkörpers – einem Geschwindigkeitsprofil folgend – eine Trajektorie zugeordnet werden. Die Festlegung eines Geschwindigkeitsprofils erfolgt im Rahmen einer angepassten Geschwindigkeitsführung und Beschleunigungsführung. Beispielsweise kann unter Vorgabe einer maximalen Volumengeschwindigkeit eines Starrkörpers und einer abschnittsweise konstanten und begrenzten Volumenbeschleunigung eine Geschwindigkeitsführung nach Art einer Trapezfunktion vorgegeben werden.

Der Erzeugung einer Trajektorie liegt ein vorgegebenen Pfad zugrunde, also eine geordnete Menge von Posen. Bei einer endlichen Menge von Posen, sozusagen Stützstellen für den Pfad, oder einer Posenkurve, die durch parametrisierte Posenfunktion gegeben ist, kann dem Pfad eine Pfadlänge zugeordnet werden, falls ein Starrkörper vorgegeben ist. Die Pfadlänge ergibt sich bei einer endlichen Posenmenge als Summe der Längen von Streckenzügen auf dem Pfad, oder als Bogenlänge bei einer der parametrisierten Posenfunktion. Hier sind alle Längen durch die robot distance metric definiert. Die Geschwindigkeitsführung auf einer solchen Strecke kann ganz analog zur Geschwindigkeitsführung und Beschleunigungsführung von Werkzeugmaschinen erfolgen, wo die Weglänge allerdings auf dem euklidischen Abstand fußt.

Hochdynamischem Kinematikmaschinen, die Körper schütteln oder großen abrupten Richtungsänderungen aussetzen sind deshalb nicht vorteilhaft auf der Basis von Volumengeschwindigkeiten zu steuern. Die Betrachtung von Geschwindigkeiten allein und Basis ihres Betrages der Geschwindigkeit auf positive Skalare ist dann unzulässig und vektoriielle Betrachtungen der kinematischen Größen wären zu beachten.

Zusammenfassung der kinematischen Kontrolle von Starrkörpern

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Die auf das Volumen von Starrkörpern bezogenen kinematischen Größen sind Verallgemeinerungen kinematische Größen. Bei den verallgemeinerten Größen handelt es sich um nicht-negative Skalare.

Da die verallgemeinerten kinematischen Grüßen Starrkörpergeschwindigkeit, Starrkörperbeschleunigung und Starrkörperruck nichtnegative Skalare sind, sind sie nicht geeignet zur Definition von Trajetorien mit abrupten Richtungsänderungen. Im Rahmen der Anwendung in der Handhabungstechnik kann auf vektorielle Beschreibungen verzichtet werden

Bei der Geschwindigkeitsführung und Beschleunigungsführung können unterschiedliche Volumengeschwindigkeiten verschiedener Starrkörper gleichzeitig berücksichtigt werden.[1] Ebenso können unbewegten Starrkörpern im Arbeitsraum virtuelle Volumengeschwindigkeiten zugerechnet werden, wenn sich deren scheinbare Geschwindigkeiten das Tool-Koordinatensystem des Manipulators bezieht.[1]

Anwendungen in der Dynamik

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Die Modellierung dynamischer Lasten mit einzelnen Punktmassen ist in der Robotik Stand der Technik[4]. Die oben vorgestellte Methode zur Vorgabe maximaler Volumengeschwindigkeiten von Polyedern lässt sich zur Begrenzung dynamischer nutzen. Besetzt man die Eckpunkte spezieller Oktaeder geeignet mit Massepunkten , so kann die Menge dieser Massenpunkte jede beliebige dynamische Last nachbilden.

Die dynamischen Eigenschaften eines Starrkörpers lassen sich mit einem auf auf seinen Schwerpunkt bezogenen Trägheitstensor, seiner Masse sowie den Koordinaten deines Schwerpunktes vollständig beschreiben. Zu diesen dynamischen Eigenschaften ist eine Gruppe von 6 Massepunkten gleichwertig.

Diese Massepunkte sind die Eckpunkte einen Oktaeders. Die Eckpunkte des Oktaeders sind punktsymmetrisch zum Schwerpunkt des Starrkörpers angeordnet, und ihre Massen betragen jeweils 1/6 der Starrkörpermasse. Jeweils 2 gegenüberliegende Massepunkte definieren mit ihrer Verbindungsgeraden eine Hauptträgheitsachse, der Abstand dieser beiden Massepunkte voneinander errechnet sich aus den Haupträgheitsmomenten.

Das Konzept einer solchen Sechsergruppe als Ersatz von Trägheitstensoren macht komplizierte dynamische Berechnungen nach Newton-Euler überflüssig. Stattdessen kann vereinfachend nach Newton-d’Alembert gerechnet werden. Dabei werden auf dem Pfad für jeden Massepunkt aus seiner Beschleunigung eine Kraft und ein Moment errechnet, Kräfte und Momente werden jeweils addiert. Aus den Summen können dann bei Hexapoden beispielsweise auch Beinkräfte errechnet werden.

Die kinematischen Größen sind hier vektorielle Größen. Der Bezug zu den Volumengeschwindigkeiten liegt in dem Umstand, bei der Umsetzung von Maximalgeschwindigkeiten in der Robotersteuerung ebenfalls Polyeder und Massepunkte als Daten verwaltet werden, und in diesem Zuge dann auch gleich bei der Trajektorienauslegung auch gleich Kräfte und Momente berücksichtigt werden können.


Kategorie:Handhabungstechnik

  1. a b c d Patentanmeldung DE102021125628 B3 : Geschwindigkeitsvorgaben zur Trajektorienbestimmung von Kinematiken. Angemeldet durch Physik Instrumente (PI) GmbH & Co KG, Angemeldet am 4. Oktober 2021, Veröffentlicht am 13. Oktober 2022, Erfinder: Erik Mankin Patentscope WIPO,
  2. Norm ISO 8373:2012 Robots and robotic devices — Vocabulary
  3. Steven M. LaValle: Planning Algorithms. In: https://lavalle.pl/planning/. Abgerufen am 24. November 2023 (englisch).
  4. Patentanmeldung EP3589458 B1: VORRICHTUNG ZUR BEWEGUNGSANALYSE UND ANTRIEBSVORRICHTUNG. Angemeldet durch Physik Instrumente (PI) GmbH & Co KG, Angemeldet am 21. Februar 2018, Veröffentlicht am 25. Mai 2024, Erfinder: Erik Mankin,Christian Muellerleile, Christian Rudolf Patentscope WIPO,