Benutzer:Tannenberg1819/GugarkPogrom

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Das Gugark-Pogrom (aserbaidschanisch: Quqark poqromu), in Aserbaidschan auch das Gugark-Massaker (aserbaidschanisch: Quqark qətliamı) genannt, waren gewalttätige Übergriffe, die sich gegen die ethnischen Aserbaidschaner der Provinz Gugark in der Armenischen SSR (heute Teil der Provinz Lori der Republik Armenien) richteten.[1]

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Provinz Gugark auf der Lankarte Armeniens (rot markiert)

Im Gebiet Gugark, von seinen aserbaidschanischen Bewohnern "Böjük Garakilsä" (aserbaidschanisch Böyük Qarakilsə; auf Deutsch „Große Schwarze Kirche“) genannt, lebten Aserbaidschaner gegen Ende der 1980-er Jahre kompakt. Nach der Auflösung der Sowjetunion wurde die Region der neu etablierten Provinz Lori des unabhängigen Armeniens unterstellt.

Die seit 1987 ohnehin stark ausgeprägte anti-aserbaidschanische Stimmung in Armenien eskalierte mit der Ankunft armenischer Flüchtlinge aus Aserbaidschan im Raum Gugark zusehends. Die Spannungen zwischen Armeniern und Aserbaidschanern waren zu diesem Zeitpunkt extrem hoch, da sich beide Seiten einen Angriff der Gegenseite fürchteten.[2]

Übergriffe und Opferzahl[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ersten gewaltsamen Überfälle gegen die von Aserbaidschanern bewohnten Häuser in Gugark ereigneten sich im März 1988. Die örtlichen Behörden haben dabei mehrere Fälle von Schlägen und Raubüberfällen registriert.[3] Auch die aserbaidschanischen Händler auf dem Markplatz wurden attackiert, ihre Läden geplündert. Im November desselben Jahres erreichte die Gewalteskalation gegen die aserbaidschanische Minderheit im gesamten Armenien ihren Höhepunkt, die letztendlich in der vollständigen Vertreibung der Aserbaidschaner aus Armenien resultierte. In Gugark wurden die aserbaidschanischen Arbeitnehmer aus Fabriken und sonstigen Dienststellen entlassen und zur Flucht getrieben.[4] Der aufgebrachte Mob attackierte auch die Konvois der flüchtenden Aserbaidschaner[5], wobei es zu mehreren Todesopfern kam.  

Die Anzahl der in Gugark ermordeten Aserbaidschaner belief sich nach offiziellen Angaben auf elf. In Wanadzor wurden sieben Mordfälle registriert. Die armenische Journalistin Mane Papyan gab an, in Wanadzor wären sieben Aserbaidschaner getötet und die Übrigen verfolgt und ins Exil getrieben worden. Stepan Ajwasjan, Leiter einer örtlichen Kolchose erklärte später, die armenischen Täter hätten die Leichen der Getöteten in der Stadt Schahumjan (Provinz Lori) verbrannt, um diese unkenntlich zu machen.[6] Laut dem aserbaidschanischen Historiker Arif Yunus fielen 21 Aserbaidschaner in Gugark den gewaltsamen Ausschreitungen zum Opfer.[7]

Reaktionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Pogrom an Aserbaidschanern in Gugark meldete der armenische Rundfunk, der Vorsitzende der Kommunistischen Partei sowie Chef des lokalen Parlaments "politische Kurzsichtigkeit" demonstriert hätten und deshalb von der sowjetischen Führung von ihren Ämtern entbunden worden wären.[8] Eine Gruppe von 100 Ermittlern wurde aus Moskau in die Unruheregion entsandt, um Untersuchungen zu Tötungsdelikten einzuleiten. Doch zu einer wirklichen Aufklärung und zur konsequenten Strafverfolgung ist am Ende nicht gekommen. Die Täter wurden nie ermittelt und das Verfahren wieder rasch eingestellt.

Der erste Generalstaatsanwalt von Aserbaidschan İsmət Qayıbov kritisierte den generellen Gleichmut der sowjetischen Behörden, den Geschehnissen in Gugark auf den Grund zu gehen.

Dem ehemaligen Staatsanwalt von Wanadzor Grigori Schahwerdjan zufolge wurden die Verbrechen gegen Aserbaidschaner von kleinen Gruppen junger Armenier organisiert. Wie die Vorsitzende des aserbaidschanischen Nationalkomitees der Internationalen Helsinki-Föderation für Menschenrechte Arzu Abdulayeva konstatierte, blieben die Pogrome in Gugark abgesehen von wenigen Gerüchten für die aserbaidschanische Öffentlichkeit aufgrund der behördlichen Vertuschung lange Zeit weitestgehend im Verborgenen.[9]

Literatur und Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. James J. Coyle: Nagorno Karabakh, in: Russia's Border Wars and Frozen Conflicts. Springer Publishing, New York 2018, ISBN 978-3-319-84848-8, S. 207–256.
  2. Mane Papyan: Gugark after Sumgait. In: Caucasus Edition. Journal of Conflict Transformation. 22. April 2015, abgerufen am 1. Oktober 2021 (englisch).
  3. Виктор Хлыстун: 10 Баллов по шкале политбюро сотрудники КГБ СССР рассказывают о нестихийной катастрофе, приведшей к кровавему конфликту между Азербайджанцами и Армянами. 1. Februar 2001, abgerufen am 1. Oktober 2021 (russisch).
  4. Язэп Абзаваты: Непризнанные IV. Горькие плоды «Черного сада». In: Наше мнение. 15. Januar 2007, abgerufen am 1. Oktober 2021 (russisch).
  5. Marc Elie: « Au centre d’un double malheur » Le séisme du 7 Décembre 1988 en Arménie et l’expulsion des sinistrés azéris de Spitak. Revue d'études comparative Est-Ouest, 2013, abgerufen am 1. Oktober 2021 (französisch).
  6. Mane Papyan: События в Гугарке. Как громили азербайджанцев в Армении. In: Epress.am. 25. April 2015, abgerufen am 1. Oktober 2021 (russisch).
  7. Погромы в Армении: суждения, домыслы и факты. In: Газета "Экспресс-Хроника" №16. 16. April 1991, abgerufen am 1. Oktober 2021 (russisch).
  8. Felicity Barringer: "3 More Killed in Soviet Ethnic Protest". In: New York Times. 7. Dezember 1988, abgerufen am 1. Oktober 2021 (englisch).
  9. Jolyon Naegele: Azerbaijan: Armenians and Azerbaijanis Remember Suffering. In: Radio Free Europe/Radio Liberty. 9. März 1998, abgerufen am 1. Oktober 2021 (englisch).