Bolungarvík

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Bolungarvík
Basisdaten
Staat: Island Island
Region: Vestfirðir
Wahlkreis: Norðvesturkjördæmi
Sýsla: kreisfrei
Einwohnerzahl: 997 (1. Januar 2023)
Fläche: 109 km²
Bevölkerungsdichte: 9,15 Einwohner/km²
Postleitzahl: 415
Politik
Gemeindenummer 4100
Bürgermeister: Jón Páll Hreinsson
Kontakt
Adresse der Gemeindeverwaltung: Aðalstræti 12
415 Bolungarvík
Website: www.bolungarvik.is
Karte
Lage von Bolungarvík

Koordinaten: 66° 10′ N, 23° 15′ W

Die Stadt Bolungarvík (‚Holzhaufenbucht‘,[1] isländisch Bolungarvíkurkaupstaður) ist eine Stadtgemeinde in der Region Vestfirðir im äußersten Nordwesten Islands. Am 1. Januar 2020 hatte die Gemeinde 955 Einwohner.[2]

Geografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Blick auf Bolungarvík
Bolungarvík
Skálavík

Gemessen an der Einwohnerzahl ist Bolungarvík nach dem 13 Kilometer südöstlich gelegenen Ísafjörður die zweitgrößte Ortschaft der Region Vestfirðir. Überragt von den steil abfallenden Berghängen des markanten Traðarhorn liegt Bolungarvík an der kleinen, gleichnamigen Bucht, die zum größten Fjord der Region gehört, dem Ísafjarðardjúp.

Oberhalb des Ortes befindet sich der 638 m hohe Berg Bolafjall.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fischereimuseum Ósvör
Eingang der Braunkohlenmine

Bolungarvík war als wichtiger Fischereiplatz seit der Zeit der Landnahme immer von großer Bedeutung. In dieser Gegend war es eine Clan-Chefin, Þuriður sundafyllir, die mit ihrem Sohn Völundar-Steinn das Land um Bolungarvík in Besitz nahm. Der Überlieferung nach wohnte sie im Gebiet Vatnsnes im Tal Syðridalur südwestlich der heutigen Stadt.[3] Ihr wurde 1975 von Frauen aus dem Ort ein Denkmal errichtet.[4]

Der ehemals wichtigste und reichste Hof namens Hóll, der, wie häufig in Island, gleichzeitig Pfarrhof war, befindet sich auf einem Hügel (= isl. Bedeutung des Namens[5]) etwas oberhalb des Ortes.[4][6]

Der Fischfang ist schon immer die wichtigste Einnahmequelle des Ortes gewesen, und in der Bucht befanden sich bis Ende des 19. Jahrhunderts viele Fischerhütten, die hauptsächlich während der Fischfangsaison im Winter genutzt wurden.[4]

Ende des 19. Jahrhunderts wurde ein Laden eröffnet, ab 1903 erhielt der Ort das Marktrecht. In den Jahren 1917–1921 wurde in der Mine Gilsnáma im nahegelegenen Tal Syðridalur Braunkohle abgebaut.[4] 1932 wurde ein Schwimmbad gebaut, das zunächst mit Kohle beheizt wurde und das erste derartige Schwimmbad im Lande war. Ein neues wurde 1977 in Betrieb genommen.[4] Am 10. Januar 1974 erhielt der Ort das Stadtrecht.[7] 1910 lag die Einwohnerzahl bei 815, 1920 bei 767, 1930 bei 685, 1940 bei 649, 1950 bei 704, 1960 bei 775, 1970 bei 978 und 1980 bei 1 266.[8] 1989 zählte Bolungarvík 1 215 Einwohner.[9]

2003 war Bolungarvík Schauplatz von Nói Albínói, einem Film von Dagur Kári.[10]

Kultur und Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bolungarvík mit Leuchtturm Óshólaviti
Bolafjall
Dorfkirche

Anders als das nahe gelegene Ísafjörður hat Bolungarvík eher den Charakter eines Fischerdorfes, besticht aber durch die fast alpine Landschaft.

An Sehenswürdigkeiten ist vor allem das Naturhistorische Museum zu nennen, angeschlossen an das Naturhistorische Institut. Die verschiedenen Exponate zeugen vom Artenreichtum der Region, dazu finden sich insbesondere auch Informationen zum Naturraum Hornstrandir, der Region nördlich des Ísafjarðardjúp. In der 2010 angelegten Parkanlage Grasagarða Vestfjarða neben dem Vereinshaus Félagsheimili Bolungarvíkur sind die auf Island vorkommenden Pflanzen zu sehen und werden mit Beschilderung auf isländisch, lateinisch, deutsch und englisch erläutert.[11]

Die helle, wellblechgedeckte Kirche Hólskirkja von 1908 befindet sich oberhalb des Ortes auf dem Gehöft Hóll‚ „Hügel“.[12] Ihre Kanzel befindet sich genau über dem Altar. Die Kirche war bis 1925 im Privatbesitz der Bauern von Hóll, bis sie im gleichen Jahr von der Lutherischen Staatskirche gekauft wurde. Ausgemalt wurde die Kirche 1978. Die Hólskirkja besitzt zwei alte Glocken, die 1620 und 1775 gegossen wurden.

Die rekonstruierte Fischerhütten Ósvör am östlichen Ende der Bucht ist als ein Freilichtmuseum. Die Nachbauten der Wohn- und Arbeitshäuser zeugen von der Zeit, als hier noch mit Ruderbooten gefischt wurde. Sehenswert ist auch der oberhalb Ósvörs gelegene kleine, grellorangene Leuchtturm Óshólaviti von 1937.[13]

Auf den Bolafjall oberhalb des Ortes führt ein grober Jeeptrack, der im Juli und August für Autos freigegeben ist. Oben befindet sich eine inzwischen unbemannte Radarstation, die bis 2006 im Rahmen der NATO von der US-Armee betrieben wurde und seitdem der isländischen Küstenwache untersteht. Bei entsprechenden Wetterverhältnissen sieht man von dort weit über die Fjordmündung des Ísarfjarðardjúp und nach Hornstrandir.[14]

An schneereichen Wintertagen gibt es für Langläufer gespurte Loipen beim Ort.[15] In den Bergen der Gegend findet man zahlreiche Möglichkeiten zum Bergsteigen und Wandern.[16][17]

Wirtschaft und Dienstleistungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Trotz der eher nachteiligen Hafenlage sind Fischfang und -verarbeitung aufgrund der reichen Fanggründe nach wie vor die bedeutendste Einnahmequelle des Ortes. Daneben findet man noch weitere Arbeitgeber vor Ort, teilweise Geschäfte und Handwerksbetriebe, aber auch Tourismuseinrichtungen wie Hotels und Museen. Man setzt inzwischen vermehrt auf den Tourismus, wozu zum Beispiel das Freilichtmuseum zum Fischfang Ósvör dient.[4]

Der Hochseeangeltourismus ist eine wachsende Branche in Bolungarvík und bietet, zumindest im Sommer, weitere Arbeitsplätze.[18]

Am Ort gibt es einen Kindergarten, eine Grundschule, eine Musikschule sowie Sportanlagen mit Schwimmbad. Außerdem existieren eine Gemeindebibliothek, ein Mehrzweckgemeindehaus und ein Gesundheitszentrum.[19]

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bolungarvík war, wie viele abgelegene Regionen Islands, von Abwanderung vor allem in die Hauptstadtregion betroffen.

Datum Einwohner
1. Dez. 1997 1.094
1. Dez. 2003 944
1. Dez. 2004 934
1. Dez. 2005 918
1. Dez. 2006 905
1. Dez. 2007 904

Ab 2007 liegen die Daten jeweils für den 1. Januar vor.

Datum Einwohner
1. Jan. 2008 908
1. Jan. 2009 966
1. Jan. 2010 970
1. Jan. 2011 865
1. Jan. 2012 866
1. Jan. 2013 894
1. Jan. 2014 933
1. Jan. 2015 906
1. Jan. 2016 882
1. Jan. 2017 888
1. Jan. 2018 924
1. Jan. 2019 931
1. Jan. 2020 955
1. Jan. 2023 997

Der Bevölkerungsrückgang vom 1. Dezember 1997 bis 1. Januar 2023 beträgt somit 9,9 %.[20]

Verkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schon seit 1950[4] verband der Óshlíðarvegur als Teil des Djúpvegurs S61 Bólungarvík mit Ísafjörður.[21] Er führte entlang der steilen Küste und war stark durch Steinschlag und Lawinen gefährdet. Seit dem 26. September 2010 erreicht der Djúpvegur durch den 5426 m langen Bolungarvíkurgöng den Ort und bildet eine sichere Straßenverbindung.[22]

Von Bolungarvík aus führt der ungeteerte Skálavíkurvegur L630 11 km nach Westen in die inzwischen unbewohnte Bucht Skálavík.[21] Die Straße ist jedoch üblicherweise schneebedingt erst ab dem 1. Juli (und meist nur bis 31. August) für den PKW-Verkehr geöffnet (genau wie die Abzweigung auf den Berg Bolafjall); der aktuelle Straßenzustand kann online eingesehen werden.[23]

Die Entfernung zur Hauptstadt Reykjavík beträgt 432[24] Straßenkilometer.

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Bolungarvík – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. bulungr. In: Richard Cleasby, Guðbrandur Vigfússon (Hrsg.): An Icelandic-English Dictionary. Oxford 1874, S. 86 (Online)
  2. Hagstofa. Statist. Amt Islands (isländisch); abgerufen am 25. April 2020
  3. bolungarvik.is
  4. a b c d e f g Íslandshandbókin. Náttúra, saga og sérkenni. 1. bindi. Hg. T. Einarsson, H. Magnússon. Örn og Örlygur, Reykjavík 1989, 265
  5. H. U. Schmid: Wörterbuch Isländisch – Deutsch. Buske, Hamburg, 110
  6. Island in Kürze. Anton Stefánsson, abgerufen am 22. Oktober 2022.
  7. Vilhelm G. Kristinsson: Íslensk Samtíð, S. 113. Reykjavík 1990.
  8. Ewald Gläßer: Island, S. 179. Darmstadt 1986.
  9. Vilhelm G. Kristinsson: Íslensk Samtíð, S. 114. Reykjavík 1990.
  10. NÓI ALBÍNÓI. Frumraun Dags Kára Péturssonar í fullri lengd. In: Morgunblaðið. 23. Februar 2001, abgerufen am 3. August 2011 (isländisch).
  11. bolungarvik.is
  12. kirkjukort.net (Memento des Originals vom 20. Juli 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kirkjukort.net
  13. vgl. z. B. Off. tourist. Website (Memento vom 9. August 2011 im Internet Archive) (englisch); abgerufen am 3. August 2011
  14. Bolafjall. westfjords.is, abgerufen am 22. Oktober 2022.
  15. Gönguskíðabraut troðin. In: www.bolungarvik.is. Gemeinde Bolungarvíkurkaupstaður, 13. Februar 2008, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 1. März 2014 (isländisch).@1@2Vorlage:Toter Link/www.bolungarvik.is (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  16. Wanderkarten der Gegend. (Memento vom 8. November 2014 im Internet Archive; PDF) (isländisch); abgerufen am 7. August 2011
  17. vgl. z. B. Übersichtskarte über Wege im Raum Hnífsdalur und Ísarfjörður (isländisch); abgerufen am 7. August 2011
  18. Iceland Sea Angling (vorwiegend deutsch); abgerufen am 24. Mai 2012
  19. vgl. z. B. Off. Website der Gemeinde (Memento vom 20. September 2011 im Internet Archive) (isländisch); abgerufen am 7. August 2011
  20. Hagstofa. Statist. Amt Islands (isländisch); abgerufen am 25. April 2020
  21. a b Vegahandbókin. Hg. Landmælingar Íslands, 2006, 294
  22. Bolungarvikurgöng heute eröffnet. RÚV -Icelandic National Broadcasting Servic, abgerufen am 22. Oktober 2022 (isländisch).
  23. Icelandic Road and Coastal Administration: Road conditions and weather. 16. Juni 2015, abgerufen am 16. Juni 2015 (englisch).
  24. Bolungarvík-Reykjavík. Abgerufen am 14. Juli 2021 (isländisch).