Branntweinessig

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Branntweinessig, in Österreich Weingeistessig, ist ein Essig, der aus Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs gewonnen wird.[1][2] Bei der Fermentation wandeln Essigsäurebakterien den im Branntwein enthaltenen Alkohol aerob, d. h. unter Sauerstoffzufuhr, in Essigsäure um. In Deutschland ist Branntweinessig der meistproduzierte Essig.[3] Der Name „Branntweinessig“ bezieht sich auf die alte Bedeutung von Branntwein als durch Brennen hergestellte Spirituose.[4]

Da der Alkoholgehalt vor der Fermentation vergleichsweise hoch ist, wird er auf bis zu etwa 13 bis 14 % verdünnt und mit Nährmedien versetzt, um die Fermentation zu unterstützen.[5] Branntweinessig ist aufgrund seines Substrats geschmacksneutral, besitzt aber eine deutlich intensivere Säure als z. B. Weinessig und muss entsprechend vorsichtiger dosiert werden. Der Säureanteil liegt in der Regel bei 5 bis 10 %, seltener aber auch bei 12 bis 14 %. Der Restalkoholgehalt kann noch 0,5 % vol. betragen.[3]

Geläufig ist auch die Bezeichnung Tafelessig in Abgrenzung zu Weinessig oder aber für eine Mischung von Branntweinessig mit 25 % Weinessig.[3] Branntweinessig mit einem Anteil von 10 % Säure wird oft auch als Spritessig bezeichnet.

Spritessig aus Branntwein

Aufgrund seiner günstigen Herstellung findet Branntweinessig vor allem in der Lebensmittelindustrie bei der Herstellung von kalt gerührten Saucen, Mayonnaise, Senf, Ketchup und Marinaden für Aufstrichsalate Verwendung, wo ein leichterer Essig zu viel Flüssigkeit und Eigengeschmack einbringen würde. Die Nahrungsmittelhersteller benötigen Branntweinessig zum Einlegen oder als Würzmittel von Feinsaurem wie Gurken, Senf, Kürbissen etc. Im Einzelhandel wird häufig auch ein Essig angeboten, der zu 1/3 aus Weinessig und 2/3 aus Branntweinessig besteht.[6][7] Dabei spricht man auch von „Weinwürzigem Essig“ oder „Wein-Branntwein-Essig“.[8]

Essig, bestehend jeweils aus Branntweinessig (2/3) und Weinessig (1/3)

Auch wird Branntweinessig für industriell hergestellten Tsatsiki genutzt. Diesen kann man beim Öffnen eines Zazikibechers sofort riechen.

Eine spezielle Art des Branntweinessigs stellt der sog. Kartoffelessig dar. Im 19. Jahrhundert wurde Kartoffelessig aus Kartoffeln gewonnen.[9] In Russland, wo vielfach Wodka selber gebrannt wird, wird dieser „Wodkaessig“ direkt aus verdünntem Wodka hergestellt.[3] Dieser Essig dient dann zum Einlegen von Gurken, Kapern, Roter Bete u. a.

Als ein Edelbranntweinessig wird der Zirbenessig angesehen, der in der österreichischen Steiermark produziert wird. Er wird im traditionellen Verfahren aus mit Fruchtsaft verdünntem Zirbenschnaps hergestellt, der wiederum aus Zapfen der Zirbelkiefer gewonnen wird.[10]

Ebenso können auch solche Branntweine wie Kornbrand, Whisky oder Rum zur Produktion von Branntweinessig genutzt werden. Dieser wiederum kann für „Ansatzessig“ genutzt werden, in dem er mit Kräutern, Gewürzen oder Gemüse versetzt wird und dadurch ein bestimmtes Aroma erhält.[3]

Für die Herstellung einer aromareichen Vinaigrette ist reiner Branntweinessig eher ungeeignet.

Obwohl Branntweinessig aus Alkohol hergestellt wird, unterliegt er in Deutschland nicht der Branntweinsteuer als Verbrauchsteuer, da er keinen relevanten Restalkoholgehalt aufweist. Nach einer Erhebung des Statistischen Bundesamts wurden 2009 zur Herstellung von Essig (§ 132 Abs. 1 Nr. 2 BranntwMonG) 215.349 hl zur steuerfreien Verwendung geliefert.[11]

Einzelnachweise

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  1. Wolfgang Frede (Hrsg.), Handbuch für Lebensmittelchemiker, 3. Auflage, Springer, Heidelberg-Berlin 2010, S. 1161, ISBN 978-3-540-28198-6
  2. Kapitel B 8. In: Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (Hrsg.): Österreichisches Lebensmittelbuch. 4. Auflage. 22. Dezember 2017, S. 5 (verbrauchergesundheit.gv.at [PDF]).
  3. a b c d e Anne Iburg: Branntweinessig, in: DuMonts kleines Lexikon Essig & Öl - Herkunft - Geschmack - Verwendung – Rezepte, DuMont monte Verlag, Köln, ISBN 3-8320-8795-8, S. 76–79.
  4. Announcements and Reports. In: Journal of Consumer Protection and Food Safety. Band 12, Nr. 1, 1. März 2017, ISSN 1661-5867, S. 89–96, doi:10.1007/s00003-017-1095-z (springer.com [abgerufen am 13. März 2023]).
  5. Allgeier RJ et al., Newer Developments in Vinegar Manufacture, 1960 („manufacture of white or spirit vinegar“), in Umbreit WW, Advances in Microbiology: Volume 2, Elsevier/Academic Press Inc., ISBN 0-12-002602-3
  6. Alles Essig – oder ?: Branntwein-Weinessig, abgerufen am 30. April 2011
  7. essig-forum.de: Essigsorten (Memento vom 12. Oktober 2014 im Internet Archive)
  8. Ökotrophologie: Ausgewählte Fachthemen. In: Alexandra Höß (Hrsg.): Rationelle Hauswirtschaft. 1. Auflage. Band 1. Verlag Neuer Merkur GmbH, 1998, ISBN 3-929360-27-6, ISSN 0341-5295, S. 24 (219 S., eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. Pierer’s Universal-Lexikon: Kartoffelessig, abgerufen am 30. April 2011
  10. zirbenessig.at: Zirbenessig - Wissenswertes (Memento vom 15. Juni 2012 im Internet Archive)
  11. Statistisches Bundesamt: Arbeitsunterlage zur Branntweinsteuerstatistik 2009 (Memento vom 17. November 2012 im Internet Archive; PDF; 162 KB). 9.3: Steuerbefreiungen und -entlastungen