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Bremer Marktplatz

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Der Bremer Marktplatz von der westlichen Ecke aus betrachtet mit dem Blick auf das Rathaus, den Bremer Dom sowie das Haus der Bürgerschaft

Der Bremer Marktplatz ist der zentrale Platz im Zentrum der Hansestadt und einer der ältesten öffentlichen Plätze Bremens. Auf der gut 3.516 Quadratmeter großen Freifläche, in die fünf Straßen münden und an die sich zwei weitere Plätze anschließen, findet heutzutage, mit Ausnahme des Weihnachtsmarktes und des kleinen Freimarkts, kein Markt mehr statt. Von Einheimischen wird der Marktplatz auch als „Gute Stube“ der Stadt bezeichnet.

Lage

Der Bremer Marktplatz befindet sich in schräger nordwest-südöstlicher Lage im östlichen Teil der Altstadt auf der rechten Weserseite. In seine westliche Ecke münden die Langenstraße sowie die Stintbrücke und an seinem nördlichen Ende schließen sich die Obernstraße und der Liebfrauenkirchhof an. Im Osten grenzt der Platz an den Grasmarkt und im Süden an die Straße Am Markt.

Geschichte und Entwicklung

Der Marktplatz im Jahre 1630 von Südosten aus betrachtet. Am linken Bildrand befindet sich der Schütting und rechts ist das Rathaus zu sehen. In die Marktmauer integriert ist der Kaak.

Der Marktplatz entstand im Jahre 1404 im Zuge des Baus des Bremer Rathauses, für den das Gelände südlich des Rathauses eingeebnet und planiert wurde. Zuvor befand sich der Markt über einen Zeitraum von mehr als 600 Jahren auf dem Gelände der heutigen Liebfrauenkirche.

Noch im ersten Jahr stellte man auf dem Marktplatz die Roland-Statue auf. In den folgenden Jahren wurde eine 90 bis 100 Zentimeter hohe Steinmauer errichtet, die den Platz in einen inneren Bereich und einen äußeren Ring teilte. Der Markt wurde im inneren Bereich abgehalten und es galt die Regelung, dass nur Händler teilnehmen durften, deren Wagen durch einen der sieben Durchlässe in der Umfriedung passten. Mit dieser Verfügung plante der Rat der Stadt, den Marktkunden mehr Platz zum Umhergehen zwischen den einzelnen Verkaufständen zu gewährleisten, da zuvor ein oftmals zu großes Gedränge geherrscht hatte.

Zur Mitte des 18. Jahrhunderts baute man die Mauer ab und ersetzte sie durch einzelne Steinsäulen, die einen Kreis bildeten. Zur gleichen Zeit verlor der Marktplatz zusehends seine herausragende wirtschaftliche Bedeutung als Handels- und Umschlagplatzplatz für Bremen, obwohl noch einige Jahrzehnte der Markt dort stattfand. Im Jahre 1863 wurden auf dem Platz Sandsteinplatten verlegt, die die Form eines Hanseatenkreuzes bildeten. Das Kreuz sollte an die Bedeutung der Hanseatischen Legion während der Epoche der Befreiungskriege erinnern und nahm ziemlich genau den Kreis der Steinsäulen ein, welche dafür abgebrochen wurden. Die Sandsteinplatten wurden von Februar bis Juni 2002 erneuert.

Ausgrabungen

Während dieser Erneuerungen stieß man an verschiedenen Stellen auf archäologische Fundstücke aus dem 6. bis 18. Jahrhundert. Zwar erlaubte die Baubehörde keine umfassenden Grabungen, dennoch konnten punktuelle Untersuchungen durchgeführt werden. Die Ausgrabungen wurden vom Landesarchäologen betreut. Im Laufe der Wochen fand man unter anderem weitläufige Grundmauern jener Häuser, die vor der Einebnung des Marktplatzes an dieser Stelle gestanden hatten. Ferner gelang die Zutageförderung von 5.719 Knochen und Knochenstücken sowohl von Menschen als auch von Haustieren und Vögeln, Tonfragmenten und noch erhaltenen Alltagsgegenständen. Zu diesen zählten Knochennadeln, Knochenwürfel, Gefäße und Münzen.

Nach der Beendigung der archäologischen Arbeiten wurden für einige Wochen Glasplatten ebenerdig in die Ränder der Gruben eingelassen, so dass Passanten die Möglichkeit hatten, einen Blick auf die Fundstellen zu werfen. Im Sommer 2002 waren diese Platten Anstoß für eine öffentliche Diskussion, in der darum gestritten wurde, ob die Gucklöcher eine dauerhafte Einrichtung seien oder man sie nach dem Ende der Marktplatz-Sanierung entfernen sollte. Letztendlich entschied man die Gruben wieder aufzufüllen. Heute ist nichts mehr von ihnen zu sehen.

Bebauung

Das Gebäudeensemble, das den Bremer Marktplatz einrahmt, gilt als eines der schönsten in Deutschland. Mit der Roland-Statue und dem Rathaus wurde ein Teil davon im Juli des Jahres 2004 in die UNESCO-Welterbe-Liste aufgenommen.

Nordostseite

An der Nordostseite des Platzes befindet sich seit seiner Entstehung das Bremer Rathaus. Dieses wurde in den Jahren 1405 bis 1410 errichtet und besaß eine schlichte gotische Fassade. Seine heutige Form erhielt der Bau in den Jahren 1608 bis 1612 unter der Leitung des Architekten Lüder von Bentheim. Dieser erneuerte die komplette Marktplatz-Fassade und gestaltete sie im Stil der Weserrenaissance.

Südostseite

An dieser Seite wurde gegen Ende des 15. Jahrhunderts eine den Bremer Dom teilweise verdeckende Reihe von 17 aufwändig gestalteten Giebelhäusern gebaut.

Die Neue Börse mit dem Bremer Dom und dem Rathaus auf einer Postkarte um 1900

Diese bestanden knappe 400 Jahre, bevor sie im Zuge des Baus der Neuen Bremer Börse in den Jahren 1860 bis 1863 abgerissen wurden. Das neu entstandene neugotische Gebäude wurde 1864 eingeweiht und zählte aus architektonischer Sicht zu den herausragenden Bauten in Bremen zu jener Zeit, wurde jedoch von großen Teilen der Bevölkerung als zu klobig und unpassend an dieser Stelle empfunden.

Die Börse wurde am 20. Dezember 1943 bei einem Luftangriff der Alliierten während des Zweiten Weltkrieges vollständig zerstört. Die Ruine blieb lange Zeit stehen und wurde erst abgerissen, als die Handelskammer das Gelände im Jahre 1957 an die Stadt verkaufte.

Im darauffolgenden Jahr schrieb die Stadt einen Architekturwettbewerb für einen neuen Sitz der Bremischen Bürgerschaft auf dem Grundstück aus, der 71 Entwürfe einbrachte. Man entschied sich für zwei Entwürfe, die jedoch überarbeitet werden sollten. In der Öffentlichkeit entbrannte eine kontroverse Diskussion über die Gestaltung des Baus, und so wurde 1961 ein neuer Wettbewerb ausgeschrieben, den Wassili Luckhard gewann. Seine Pläne sahen eine senkrechte Stein- und Glasgliederung der Fassade mit acht angedeuteten Giebeln auf dem Dach vor. Obwohl auch dieser Entwurf vielen Bremer Bürgern zu modern für den Marktplatz erschien, wurde er umgesetzt und 1966 das neue Haus der Bürgerschaft eröffnet.

Südwestseite

An der Südwestseite des Bremer Marktplatzes erwarben die Bremer Kaufleute im Jahre 1444 ein Haus. Dieses ließen sie 1535 abreißen. Für den geplanten Neubau musste die Südseite des Marktplatzes, welche damals zum Weserseitenarm Balge leicht abfiel, aufgeschüttet werden. In nur zwei Jahren entstand von 1537 bis 1538 ein den strengen, feingliedrigen Renaissance-Bauten Flanderns ähnliches Gebäude, der Schütting. Die Kaufleute hatten es bewusst direkt gegenüber dem Rathaus bauen lassen, um den Ratsherren ihre Macht in der Stadt zu demonstrieren. Die Inschrift im Prunkportal buten un binnen – wagen un winnen („draußen und drinnen – wagen und gewinnen“) hat sich mittlerweile zu einer Art Bremer Stadtmotto entwickelt.

Der Schütting brannte nach einem Luftangriff am 6. Oktober 1944 bis auf die Grundmauern nieder, konnte jedoch bis 1956 in alter Form wieder aufgebaut werden.

Nordwestseite

An der Nordwestseite entstanden im 16. Jahrhundert einige Giebelhäuser, ähnlich denen, die ihnen bis 1860 gegenüberstanden.

Der Schütting und die Giebelhäuser, hinter dem Roland das Deutsche Haus

Das bekannteste von ihnen war das Haus Markt 11. Es wurde 1594 nach den Zeichnungen von Lüder von Bentheim errichtet, besaß zwei Giebel und beherbergte die Rathsapotheke und die Akzisemeisterei. Die Renaissancefront wurde um 1830 durch eine Biedermeierfassade ersetzt. 1893 brannten die oberen Stockwerke aus, und das Haus erhielt einen Mittelgiebel nach Plänen von Max Salzmann. Jenem Bombenangriff, der den Schütting zerstörte, fiel auch dieses Haus zum Opfer. Es wurde aber bis 1960 neu aufgebaut, und man setzte ihm wieder zwei Giebel auf.

Heute befinden sich in den Giebelhäusern eine Sparkassenfiliale, die Rathsapotheke, Cafés, Restaurants, Arztpraxen sowie Geschäfte.

An der Ecke Am Markt/Obernstraße steht das 1909 erbaute und im Krieg teilzerstörte Deutsche Haus mit der Inschrift Gedenke der Brüder, die das Schicksal unserer Trennung tragen. Diese Mahnung auf dem denkmalgeschützten Haus ist auch nach der Wiedervereinigung erhalten geblieben. Seit 2007 ist das Gebäude im Besitz der gemeinnützigen Körber-Stiftung.

Auf dem Marktplatz

Innerhalb der Marktmauer stand in den Jahrhunderten ihres Bestehens nur ein einziges festes Gebäude: Die Marktwache. Sie wurde vor 1756 gebaut und besaß eine achteckige Form und eine barocke Haube mit einer Laterne an der Spitze. Die Marktwache, die sich unweit des Prangers befand, diente während des Siebenjährigen Krieges als bremische Hauptwache. Um 1810 riss man die Wache ab.

Gerichtsbarkeit und Strafjustiz

Seit dem Beginn seines Bestehens war der Markplatz auch Ort der Gerichtsbarkeit und der Strafvollstreckung.

Durch den Bau des Rathauses musste im Jahre 1405 auch das Gericht des Stadtvogts an einen anderen Standort ausweichen, da der vorherige verbaut wurde. Man entschied sich für den Bereich unter dem zweiten Rathausbogen (von Westen). Anders als das Gericht des Stadtrates tagte dieses Gericht öffentlich. Zudem gehörten ihm auch bürgerliche Beisitzer an. Mit dem Umzug verlor das Gericht jedoch an Bedeutung gegenüber dem Ratsgericht. An den drei jährlichen Verhandlungstagen wurden vor allem Eigentums- und Anspruchskonflikte verhandelt. Zudem musste der Stadtvogt die Urteile des Ratsgerichts bestätigen. Mit der Auflösung der Stadtvogtei im Jahre 1802 hörte auch das Gericht auf zu bestehen.

Mit einem Pranger (dem so genannten Kaak) und einem Schandesel befanden sich auch die äußeren Zeichen der Gerichtsbarkeit auf dem Marktplatz. Der Pranger wurde im 16. Jahrhundert errichtet, wies eine achteckige Form auf und war an der Ostseite des Platzes in die Marktmauer integriert. Im Inneren des kleinen Gebäudes führte eine enge Wendeltreppe auf die obere Plattform, auf der der Schandpfahl stand. An diesen wurden die Verurteilten angebunden und ausgepeitscht. Je nach Art des Verbrechens mussten sie jedoch auch lediglich die öffentliche Schande ertragen. Der Kaak wurde im Jahre 1786 wegen Baufälligkeit abgerissen.

Vermutlich bereits vor dem Kaak stellte man den Schandesel auf dem Platz auf. Sein Standort lag nahe dem des Prangers, allerdings außerhalb der Marktmauer. Der Schandesel war ein Holzgestell mit vier Beinen, auf dem ein Körper in der Form eines Esels montiert war. Die Delinquenten wurden auf ihn gesetzt und zum Teil auch festgebunden. Auf dem Schandesel fand aber keine Auspeitschung statt. Er diente, wie der Name schon andeutet, der Hervorhebung der Schande des Verbrechens. Zwischen 1734 und 1738 entfernte man ihn.

Veranstaltungen

Der Marktplatz von der Aussichtsplattform des Südturmes des Bremer Doms mit Blickrichtung gen Westen gesehen.

Neben dem normalen Wochenmarkt war der Marktplatz auch immer wieder Veranstaltungsort für andere Feste. So diente er vom Anfang des 15. Jahrhunderts bis 1919 als einer von mehreren Standorten des Bremer Freimarkts. Heutzutage findet dort zeitgleich mit dem großen Vorbild auf der Bürgerweide der nostalgische Kleine Freimarkt statt. Gegen Ende eines jeden Jahres, von den letzten Novembertagen bis Heiligabend ist auf dem Marktplatz und den umliegenden Plätzen der Weihnachtsmarkt aufgebaut. In jüngerer Zeit wurden auf dem Platz beispielsweise das Weinfest, der Tag des Kaffees und das Kinderfest SpielRäume schaffen organisiert.

Des weiteren werden auf dem Marktplatz die Siegesfeiern des SV Werder Bremen abgehalten, wenn dieser den DFB-Pokal oder die Deutsche Fußballmeisterschaft gewinnt. Beim Doublegewinn in der Saison 2003/04 feierten zweimal gut 40.000 Fans die Mannschaft, die sich auf dem Rathausbalkon präsentierte.

Doch auf dem Bremer Marktplatz wird nicht nur gefeiert: Seit dem 16. August 2004 findet jede Woche eine Montagsdemonstration auf dem Platz statt, die sich in ihrer Kritik an aktuellen politischen Themen orientiert. Bereits seit 1982 besteht die Initiative der Mahnwache für den Frieden, die Donnerstags zwischen 17 und 18 Uhr abgehalten wird.

Besonderheiten

Das „Bremer Loch“ – eine Spendenplatte neben dem Haus der Bürgerschaft

An der domseitigen Ecke des Bürgerschaftsgebäudes befindet sich eine „Bremer Loch“ genannte unterirdische Spendenbüchse, welche in das Pflaster eingelassen ist. Sie besitzt oberflächlich Ähnlichkeit mit einem Gullydeckel, hat einen Durchmesser von 50 Zentimetern und eine Tiefe von 90 Zentimetern. Bei Einwurf von Münzen in den Spendenschlitz gibt sie die Laute der Bremer Stadtmusikanten wieder. Mit den Spenden unterstützt die Wilhelm-Kaisen-Bürgerhilfe ausgewählte Projekte. Eingeweiht wurde das „Bremer Loch“ am 27. Juli 2007 im Beisein von Bürgerschaftspräsident Christian Weber, der zugleich auch Vorsitzender der Stiftung ist.

Anbindung

Der gesamte Marktplatz ist, ebenso wie einige anschließende Straßen, als Fußgängerzone gekennzeichnet. Vom Grasmarkt führen jedoch Straßenbahnschienen für die Linien 2 und 3 an der nordwestlichen Seite des Platzes zwischen Rathaus und Roland entlang zur Obernstraße.

Literatur

Weblinks

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