Brutblätter

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Brutblätter

Bryophyllum calycinum
Tafel aus der Erstbeschreibung von 1805

Systematik
Kerneudikotyledonen
Ordnung: Steinbrechartige (Saxifragales)
Familie: Dickblattgewächse (Crassulaceae)
Unterfamilie: Kalanchoideae
Gattung: Kalanchoe
Sektion: Brutblätter
Wissenschaftlicher Name
Kalanchoe sect. Bryophyllum
(Salisb.) Boiteau

Die Brutblätter (Bryophyllum) sind eine Sektion in der Pflanzengattung Kalanchoe, aus der Familie der Dickblattgewächse (Crassulaceae). Charakteristische Merkmale sind die in den Einbuchtungen der Blattränder gebildeten Brutknospen und die meist hängenden Blüten.

Die in den Einbuchtungen der Blattränder gebildeten Brutknospen von Kalanchoe daigremontiana.

Die Arten der Sektion Bryophyllum sind terrestrisch oder epiphytisch wachsende, zweijährige oder ausdauernde sukkulente Pflanzen, selten sind es Halbsträucher oder Sträucher. Meist ist der Stängel aufrecht. Bei kletternden und schlingenden Arten ist der Stängel dünn und wird oft mehrere Meter lang. Die gegenständig oder quirlig (meist drei Blätter) angeordneten Laubblätter sind sukkulent, einfach, gelappt, fiederschnittig oder gefiedert. In den Einbuchtungen der Blattränder werden oft Brutknospen gebildet. Meist ist ein Blattstiel vorhanden. Nebenblätter fehlen.

Die end- oder achselständigen Blütenstände sind schirmtrauben- oder selten rispenähnlich aufgebaut und enthalten wenige bis viele Blüten. In den Kerben der Blätter oder den Achseln des Blütenstandes werden häufig Brutknospen gebildet. Die großen, meist hängenden, gestielten Blüten sind vierzählig und zwittrig. Die vier Kelchblätter sind selten frei, meist aber zu einer glockig oder blasig aufgetriebenen Röhre verwachsen. Die vier Kronblätter bilden eine meist gerade oder eine etwas erweiterte Kronröhre, die in vier rundlichen, eiförmigen, dreieckig abstehenden oder zurückgebogenen Blütenzipfeln endet, diese sind meist kürzer, selten länger als die Kelchröhre. Es sind zwei Kreise mit je vier Staubblättern vorhanden; diese sind scheinbar unterhalb der Mitte der Kronröhre, selten darüber, angeheftet. Die vier Fruchtblätter sind frei oder an ihrer Basis verwachsen. Die Griffel sind länger als die Fruchtblätter. Es sind Nektarschuppen vorhanden. Die vier Balgfrüchte enthalten viele Samen.

Verbreitung und Systematik

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Mit Ausnahme von Kalanchoe adelae, die auch auf den Komoren verbreitet ist, stammen alle Arten aus Madagaskar und sind dort endemisch. Kalanchoe daigremontiana, Kalanchoe pinnata und Kalanchoe prolifera sind in vielen tropischen Gebieten verwildert.

Botanische Geschichte

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Abbildung von Bryophyllum calycinum auf Tafel 22 in Band 2 von Augustin-Pyrame de Candolles Organographie végétale (1827)
Tafel 1409 mit Bryophyllum calycinum im von William Curtis herausgegebenen Botanical Magazin (Band 34 von 1811)

Richard Anthony Salisbury verfasste 1805 die Erstbeschreibung von Bryophyllum calycinum (heute ein Synonym zu Kalanchoe pinnata) und stellte damit gleichzeitig die neue Gattung Bryophyllum auf.[1] Der wissenschaftliche Name der Gattung bedeutet sprossendes Blatt und leitet sich von den griechischen Worten βρύω (bryein = sprossen, wachsen) und φύλλον (phyllon = Blatt) ab.[2]

Die taxonomische Klassifikation der Gattung Kalanchoe ist problematisch und noch nicht abgeschlossen. Das betrifft insbesondere die Frage, ob Bryophyllum als eigenständige Gattung oder als Sektion der Gattung Kalanchoe behandelt werden sollte.

Raymond-Hamet stellte 1907 als erster die Arten der Gattung Bryophyllum formal in die Gattung Kalanchoe.[3][4] Pierre Boiteau und Octave Mannoni vereinigten 1948/49 die Gattungen Bryophylloum und Kitchingia mit Kalanchoe und gaben ihnen nach den Nomenklaturregeln den Rang von Sektionen.[5][6]

Alwin Berger und Hermann August Theodor Harms hingegen hielten 1930 in ihrer Bearbeitung der Familie der Dickblattgewächse für Adolf Englers Die natürlichen Pflanzenfamilien den Status von Bryophyllum als eigenständige Gattung aufrecht.[7]

Eine moderne Monographie der Gattung Kalanchoe fehlt.

Johann Wolfgang von Goethe lernte Bryophyllum calycinum im Botanischen Garten Belvedere kennen. Dort beobachtete er 1818 die Bildung von kleinen Pflänzchen, die an den Blatträndern der Mutterpflanze herauswuchsen. Bis zu seinem Tod beschäftigte er sich immer wieder, wie nachgelassene Manuskripte zeigen, mit der Pflanze. An Marianne von Willemer, der er 1826 ein Blatt schickte, schrieb er eine kurze „Pflegeanleitung“:

„Flach auf guten Grund gelegt,
Merke wie es Wurzel schlägt!“[8]

Medizinische Verwendung

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Die Arten Kalanchoe pinnata und Kalanchoe daigremontiana finden medizinische Verwendung. Seit Jahrzehnten wird insbesondere Kalanchoe pinnata in der Anthroposophischen Medizin zur Wehenhemmung (Tokolyse) eingesetzt.[9] Zahlreiche weitere positive Eigenschaften werden beschrieben, wie die Wirksamkeit bei Leishmaniose, Gelbsucht (Hepatitis), Bluthochdruck (arterieller Hypertonus) und bei der Wundheilung. Kalanchoe pinnata wird deswegen seit langem in der traditionellen Medizin Afrikas, Indiens, Chinas und Australiens eingesetzt. Darüber hinaus werden antidiabetische, antibakterielle, immunosuppressive, antimutagene und Effekte bei Tumorerkrankungen beschrieben, die aber zum Teil noch Gegenstand experimenteller Untersuchungen sind.[10]

  • J. T. Baldwin Jr.: Kalanchoe: The Genus and its Chromosomes. In: American Journal of Botany. Band 25, Nr. 8, Oktober 1938, S. 572–579.
  • B. Descoings: Kalanchoe. In: Urs Eggli: Sukkulenten-Lexikon. Band 4. Crassulaceae (Dickblattgewächse). 2003, ISBN 3-8001-3998-7, S. 147–188.
  • Hermann Jacobsen: Das Sukkulentenlexikon. 3. Auflage. Fischer, Jena 1983, S. 269–278.
  • Günter Steiger: Diesem Geschöpfe leidenschaftlich zugetan. Bryophyllum calycinum Goethes »pantheistische Pflanze«. Nationale Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen Literatur in Weimar 1986, ISBN 3-7443-0009-9.
  • Albert H. Tillson: The Floral Anatomy of the Kalanchoideae. In: American Journal of Botany. Band 27, Nr. 8, Oktober 1940, S. 595–600.
  • Bryophyllum. In: Flora of Pakistan. Band 209. (online).

Einzelnachweise

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  1. Richard Anthony Salisbury: Bryophyllum calycinum. In: William Hooker: Paradisus Londinensis: or Coloured Figures of Plants Cultivated in the vicinity of the Metropolis. Band 1, Tafel III, London 1805 (online)
  2. Fritz Clemens Werner: Wortelemente lateinisch-griechischer Fachausdrücke in den biologischen Wissenschaften. 1. Auflage. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1972.
  3. R. Hamet: Monographie du genre Kalenchoe. In: Bulletin de l'Herbier Boissier. (Bestimmungsschlüssel) Serie 2, Band 7, S. 870–900.
  4. R. Hamet: Monographie du genre Kalenchoe (suite et fin). In: Bulletin de l'Herbier Boissier. Serie 2, Band 8, Nr. 11, S. 17–48.
  5. P. Boiteau, O. Mannoni: Les Kalonchoe (suite). In: Cactus. Paris 1948, Nr. 13, S. 7–10; Nr. 14, S. 23–28; Nr. 15–16, S. 37–42; Nr. 17–18, S. 57–58.
  6. P. Boiteau, O. Mannoni: Les Kalonchoe (suite). In: Cactus. Paris 1949, Nr. 19, S. 9–14; Nr. 20, S. 43–46; Nr. 21, S. 69–76; Nr. 22, S. 113–114.
  7. Alwin Berger, August Theodor Harms: Crassulaceae. In: Adolf Engler (Hrsg.): Die natürlichen Pflanzenfamilien. Band 18a, 2. Auflage. Leipzig 1930, S. 352–485.
  8. Brief von Johann Wolfgang von Goethe an Marianne von Willemer vom 12. November 1826. In: Hans-J. Weitz (Hrsg.): Marianne und Johann Jakob Willemer, Briefwechsel mit Goethe. Dokumente. Lebenschronik. Erläuterungen. Frankfurt am Main 1965, S. 177.
  9. A. Paula Simoes-Wüst, Lukas Rist: Bryophyllum in der präklinischen und klinischen Forschung. In: Der Merkurstab. Heft 5, 2007, S. 415–420, abgerufen am 10. Dezember 2010. (online)
  10. A. Kamboj, A. K. Saluja: Bryophyllum pinnatum (Lam.) Kurz.: Phytochemical and pharmacological profile : A review. In: Phcog Rev. [serial online] 3, 2009, S. 364–374, abgerufen am 10. Dezember 2010.
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